Protokoll der Sitzung vom 24.01.2017

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kaniber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die GRÜNEN und die SPD haben in den formulierten Zielen der vorliegenden Anträge sehr eindeutige Worte gewählt. Diese möchten wir ausdrücklich unterstützen. Das sind die Gleichstellung an den bayerischen Hochschulen, die Verwirklichung und die Förderung der Chancengleichheit in der Wissenschaft. Wer könnte gegen diese Ziele sein?

(Beifall bei der CSU)

Wir teilen Ihre Ziele absolut. Wir gehen auch mit Ihnen mit. Allerdings haben wir eine andere Vorstellung davon, wie wir diesen Weg gehen und diese Ziele erreichen wollen. Die GRÜNEN und die SPD glauben nämlich, unseren Hochschulen ein sehr enges Korsett voller Vorschriften anlegen zu müssen. Ich möchte an dieser Stelle ein paar dieser Vorschriften nennen: Die Rede ist von festen Quoten in Hochschulräten und Berufungskommissionen, von neuen Stabsstellen im Ministerium, von Institutionalisierung von Dialogen, Leitfäden, Gleichstellungsplänen, Monitoring usw. Wir, die CSU, vertreten hier klar eine andere Philosophie. Wir wollen ein kollegiales Miteinander mit unseren Hochschulen pflegen. Wir wollen die Freiheit der Wissenschaft fördern und die Hochschulautonomie achten und respektieren.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Uns ist es wichtig, die mit den Hochschulen ausverhandelten Zielvereinbarungen auch in Zukunft im konstruktiven Miteinander festzulegen. Hier kristallisiert sich sehr deutlich der Unterschied zwischen Ihrem

und unserem politischen Denken und Handeln heraus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die GRÜNEN fordern in ihrem Antragspaket folgende Änderungen des Bayerischen Hochschulgesetzes:

Erstens. Sie fordern eine gesetzliche Frauenquote von 40 % in Berufungsausschüssen und Kommissionen.

Zweitens. Sie fordern eine fächergruppenbezogene Zielquote nach dem Vorbild des Hochschulgesetzes von Nordrhein-Westfalen. Ich möchte hier nur einen kleinen Schwenk machen. Diese Forderung ist verfassungsrechtlich sogar bedenklich.

Drittens. Sie fordern eine gesetzliche Verankerung der Mitgliedschaft der Frauenbeauftragten in den Hochschulleitungen. Demnach soll der Artikel 20 von einer Kann-Bestimmung in eine Soll-Bestimmung umgewandelt werden.

Das ist aber immer noch nicht genug. Die GRÜNEN fordern auch noch verbindliche Leitfäden für geschlechtergerechte Berufungsverfahren, und – der Wortschatz ist phänomenal – sie fordern zur aktiven Rekrutierung von Professorinnen auf. Ich finde, Sie gehen schon ein bisschen zu weit. Kurzum, die GRÜNEN wünschen sich, dass Frauenförderung nicht dynamisch von unten wächst, sondern von oben aufoktroyiert wird. Das wird von der Partei der GRÜNEN gefordert. Das kann ich fast nicht glauben.

(Beifall bei der CSU – Katharina Schulze (GRÜNE): Immer das Gleiche!)

Von den GRÜNEN, die in ihren frühen Jahren das Hohelied auf Graswurzelrevolution und einen Marsch durch die Institutionen gesungen haben! Aber das ist ganz egal.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Übrigens haben wir die betroffenen Hochschulverbünde gefragt, was sie von einer solchen Reform des Bayerischen Hochschulgesetzes halten würden.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das Ergebnis war eindeutig. Die Hochschulverbünde Universität Bayern und Hochschule Bayern haben sich eindeutig gegen die Einführung neuer gesetzlicher Regelungen ausgesprochen. Das ist ein sehr deutliches Signal. Das ist ein sehr deutliches Votum. Wir, die CSU, respektieren dieses Signal gerne und nehmen es auch ernst. Wir lehnen diese Anträge ab,

nicht nur, weil die Betroffenen dagegen sind, sondern auch, weil wir in diesem Bereich eine andere Denkweise und politische Auffassung haben. Genau deswegen lehnen wir die Anträge ab.

(Beifall bei der CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die fünf Anträge der SPD laufen darauf hinaus, die Hochschulen in ein engmaschiges Netz an Vorschriften zu zwängen. SPD und GRÜNEN ist es offenbar entgangen, dass die bayerischen Hochschulen schon jetzt positive Zahlen vorweisen. Natürlich kommen die Zahlen etwas zu langsam und vielleicht auch nicht ganz zufriedenstellend, aber die Zahlen gehen in eine positive Richtung.

Erstens. Der Frauenanteil konnte gesteigert werden, und zwar auf allen Qualifikationsebenen. Außerdem ist eine erfreuliche Dynamik zu verzeichnen. Im deutschlandweiten Vergleich haben wir in Bayern eine überproportionale Steigerung erreicht. Von 2005 bis 2014 hat sich der Frauenanteil in den Hochschulräten fast verdoppelt.

Zweitens. Der Anteil an Professorinnen hat sich von 1994 bis 2013 um 230,8 % gesteigert,

(Isabell Zacharias (SPD): Ganz mau gestartet!)

während die Steigerungsrate im Bund bei 184 % lag.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr (SPD))

Machen Sie doch nicht immer polemische Zurufe.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Das ist ja ein Schneckentempo!)

Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Wir brauchen daher keine neuen Stabsstellen im Wissenschaftsministerium und keine allumfassende Gender-Mainstream-Strategie, wie sie die SPD gerne hätte.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen weiterhin in engem und vertrauensvollem Dialog mit den Hochschulen Zielvereinbarungen treffen und die Hochschulen in der nächsten Runde gerne noch ein Stückchen mehr in die Pflicht nehmen. Wir wollen uns vielleicht auch noch mehr Rechenschaftsberichte geben lassen, um zu sehen, wie es hoffentlich weiterhin bergauf geht. Eines ist natürlich auch uns klar: Ich behaupte heute nicht, dass wir uns mit dem Erreichten zufriedengeben können und sollten. Aber wir sollten das, was wir bzw. was die Hochschulen erreicht haben, nicht einfach beiseiteschie

ben. Auch die positive Entwicklung muss gewertet werden.

Trotzdem werden wir selbstverständlich auch weiterhin aufmerksam den Gleichstellungsbericht studieren. Dieser wird im zweijährlichen Rhythmus vorgelegt. Wir, die CSU, widersprechen der SPD in diesem Punkt auch. Es soll nicht zu einem jährlichen Bericht kommen; denn Daten können nicht noch schneller erhoben werden. Man muss den Herrschaften auch Zeit lassen, sich zu entwickeln und zu evaluieren.

(Widerspruch bei der SPD)

Ein jährlicher Bericht würde lediglich zu mehr Bürokratie und zu mehr Papier an den Hochschulen und in den Wissenschaftsverwaltungen führen. Wir bitten um Verständnis, dass wir Ihnen auch in diesem Punkt keine Unterstützung gewähren.

Auch eine Zwangsverankerung der Frauenbeauftragten in den Hochschulleitungen lehnen wir entschieden ab. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Universitäten und unsere HAWs für sich selbst den besten und effizientesten Weg finden, um Frauen zu fördern. Das werden wir anhand der Zielvereinbarungen stets nachprüfen und sicherstellen. Auch hier gilt das Motto: Eines schickt sich nicht für alle. In Fächern, in denen trotz intensiver Bemühungen nur selten Frauen berufen werden können, zum Beispiel in den MINTFächern und in den ingenieurwissenschaftlichen Fächern, ist ein anderes Vorgehen als in den sprachwissenschaftlichen Fächern notwendig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch ein kurzes, ganz offenes Wort sagen. Wir alle wissen, dass es grundsätzlich in allen Bereichen sehr schwierig ist, die Motivation von Frauen zu wecken, für Spitzenpositionen zu kandidieren. Aber wir glauben auch, dass es auf keinen Fall die Motivation steigern kann, wenn man hier die Frauenquote einführt. Es ist immer so, und dabei bleibt es: Karriere wird auch aus Mut gemacht. Entsprechend wird die Entscheidung jeder einzelnen Frau ausfallen.

Genauso kann man Frauen an Hochschulen nicht durch Quoten dazu bringen, dass sie sich auf Stellen bewerben. Der einzig richtige Weg ist nach Auffassung von uns von der CSU-Fraktion, Frauen in Wissenschaft und Forschung die gleichen Chancen zu geben und bestehende Hindernisse abzubauen. Vor allem sollten wir den Hochschulen zutrauen, dass sie im Rahmen ihrer Autonomie jeweils die besten Lösungen finden, um mehr Frauen eine Karriere in Forschung und Wissenschaft zu ermöglichen. Dabei sind wir, wie die genannten Zahlen zeigen, zwar nicht auf einem sehr guten Weg, aber auf einem guten Weg. Wir sollten diesen Weg entschlossen weitergehen.

Neue Bürokratie, neue Vorschriften und Gesetzesänderungen lehnen wir daher entschieden ab. – Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist Prof. Dr. Piazolo.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns darüber einig – das habe ich auch bei Frau Kaniber zu hören geglaubt –, dass es zu wenige Professorinnen in Bayern gibt. Bei dieser Feststellung könnten wir uns einig sein. Zu wenige gibt es nicht nur bei denjenigen, die schon länger da sind, sondern auch bei den Neuberufungen. Auch bei den Neuberufungen tut sich noch zu wenig. Ich konstatiere gerne und gebe gerne zu, dass sich da in den letzten Jahren schon etwas verbessert hat, aber ich glaube, nicht in dem Tempo, wie wir es uns wünschen.

Ich bin zwar ein großer Verfechter der Hochschulautonomie. Aber ich möchte doch anführen, dass sich die Lage, wenn ich die Zahlen richtig in Erinnerung habe, auch durch die Freigabe der Berufungsverfahren an die Hochschulen nicht verbessert hat. Teilweise hat sie sich sogar verschlechtert. Man muss auch darüber nachdenken, ob die Freigabe der Berufungsverfahren an die Hochschulen hinsichtlich der Gleichstellung wirklich viel bewirkt hat.

Die Anträge enthalten viele richtige Anknüpfungspunkte. Darüber haben wir im Ausschuss schon diskutiert. Als Beispiel will ich ausdrücklich das Kaskadenmodell hervorheben, das in einem Antrag der Fraktion der GRÜNEN dargestellt wird. Das halte ich für sehr interessant und attraktiv. Das sollte man durchaus ausprobieren, weil man hier nicht mit einem Holzhammer versucht, alles sofort zu verändern, was sicher auch nicht geht, sondern vorsieht, langsam und schrittweise die Zahl der Professorinnen zu erhöhen. Das ist sehr vernünftig.

Ansonsten gibt es zwar viele weitere gute Ideen; aber ich möchte den Blick noch darüber hinaus richten, weil ich trotz der guten Ansätze glaube, dass man selbst mit diesem Instrumentarium das Ziel, möglichst viele Frauen auf Professorenstellen zu bringen, nicht erreichen können wird.

In anderen Bereichen funktioniert es ja sehr gut. Das sieht man bei der Gerichtsbarkeit. Ich kenne die Zahlen nicht ganz genau, aber meine, bei den Neueinstellungen in der Gerichtsbarkeit liegt der Frauenanteil sogar bei über 50 %. In der Verwaltung insgesamt

sieht es sehr positiv aus. Das ist auch bei den Lehrern der Fall. Insofern stellt sich schon die Frage: Wo ist der Unterschied, und warum gelingt es bei den Hochschulen nicht, mehr Frauen zu gewinnen?

Ich glaube, man muss Verschiedenes grundsätzlich ändern. Erstens ist die Qualifizierungsphase zu lang. Teilweise vergehen nach dem Studium zwölf bis zwanzig Jahre, bis jemand es schafft, eine Professorenstelle zu bekommen. Das ist für viele Frauen von größerem Nachteil als für Männer. Wir müssen schon sehen, wie wir diese Qualifizierungsphase etwas verkürzen können.

Zweitens ist diese Phase zu unsicher. Dieses Thema beschäftigt uns im Hochschulausschuss sehr intensiv. Wenn es nur Verträge gibt, die teilweise nur ein halbes Jahr oder ein Jahr lang gelten und diese dauernd verlängert werden müssen, glaube ich, dass Frauen darunter noch mehr leiden als Männer. Die Zahlen belegen das. Also müssen wir uns auch dafür einsetzen, dass wir die Verträge in der Qualifizierungsphase verlängern. Dafür gibt es inzwischen schon Ansätze; aber sie greifen meines Erachtens noch nicht, weil sie wenig verbindlich sind.

Drittens sind die Karrieren zu wenig planbar. Wenn man als Jurist oder Juristin ein zweites Staatsexamen mit einer ganz bestimmten Note hat, kann man zum Gericht marschieren, und innerhalb von mehr oder weniger als zwei Tagen ist man Richterin oder Richter. Es hängt an der Note. Zwei Tage sind vielleicht etwas knapp angesetzt; aber es geht sehr, sehr zügig. Das ist planbar, und man weiß dann auch, was auf einen in den nächsten Jahren zukommt: wahrscheinlich ein bisschen Staatsanwaltschaft und dann verschiedene Gerichte. Das kann man an Hochschulen nicht wissen. Ich glaube, das schreckt sowohl Männer als auch Frauen ab, aber auch da die Frauen mehr als die Männer.

Hinzu kommt – ich weiß, auch da begebe ich mich vielleicht auf ein gefährliches Pflaster –: Auch die Betreuungssituation ist in der Qualifizierungsphase nicht sehr gut. Auch das betrifft die Frauen mehr als die Männer. Das ist immer noch eine der Tatsachen.