Bundesländer und alle Parteien hinweg, darauf verständigt, dass wir 4,5 % umschichten. Ich habe vorhin betont, dass neben mir noch andere befürworten, es für diese Förderperiode dabei zu belassen, weil es so beschlossen war.
Es ist eben nicht so, wie Sie behaupten, dass jeder umgeschichtete Euro ausschließlich direkt staatlichen Förderprogrammen für die Landwirtschaft zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können die Länder entscheiden, dass er dem gesamten ländlichen Raum zugutekommt, was ja nicht verkehrt ist. Das können die einzelnen Länder selbst bestimmen. Nur habe ich mir 2015 ausbedungen, dass die 4,5 % in Bayern ausschließlich für Förderprogramme eingesetzt werden, an denen die Landwirtschaft partizipiert, also zum Beispiel für das Umweltprogramm oder das Kulturlandschaftsprogramm. Aber das ist nicht zwingend. In einigen Bundesländern, in denen es grüne Agrarminister gibt, wird das Geld nicht ausschließlich für die Landwirtschaft eingesetzt. Ich möchte den Finger warnend erheben, um zu vermeiden, dass die Landwirtschaft scheinheilig bessergestellt werden soll, aber eher das Gegenteil erreicht wird.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der FREIEN WÄHLER. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kein Abriss von Isar 1 unter einem beladenen Brennelemente-Becken (Drs. 17/13694)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion.
Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Steinberger von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das bayerische Umweltministerium steuert einen gefährlichen Kurs. Erstmals in Deutschland darf ein Atomkraftwerk abgerissen werden, obwohl der Reaktor noch mit abgebrannten Brennelementen voll ist. Es geht um den Reaktor Isar 1 bei Landshut. Dieses AKW soll auf Wunsch des Betreibers so schnell wie möglich rückgebaut werden. Wir sagen jedoch, hier muss Sicherheit vor Schnelligkeit gehen.
Bei Isar 1 gibt es eine Gefahrenstelle. Das Abklingbecken dieses Reaktors ist mit 1.700 Brennelementen gefüllt. Das sind 300 Tonnen hoch radioaktives Material. Dieses Lagerbecken liegt bei dieser Baureihe außerhalb des Sicherheitsbehälters und ist denkbar schlecht geschützt. Teilweise sind die Wände, die den Atommüll schützen sollen, weniger als 40 cm dick – manche Einfamilienhäuser haben dickere Wände. Dazu kommt, dass täglich Hunderte von Passagierflugzeugen darüber fliegen und der Reaktor auch gegen Terroranschläge alles andere als gut geschützt ist.
Jetzt könnte man sagen, das Atomkraftwerk ist schon vor sechs Jahren abgeschaltet worden, und deshalb ist die Gefahr nicht mehr ganz so groß. – Das stimmt. Die Brennelemente im Abklingbecken müssen aber nach wie vor ständig gekühlt werden und ständig unter Wasser bleiben. Es ist nicht auszudenken, was passiert, wenn dieses Becken beim Abriss des Reaktorgebäudes beschädigt würde.
Die Firma PreussenElektra – früher hieß sie noch E.ON – hat nun die Abrissgenehmigung vom Umweltministerium erhalten. In dieser Genehmigung gibt es aber keine Auflagen für die Brennstofffreiheit. Es gibt keine Auflage, dass die Brennelemente erst aus dem Lagerbecken entfernt werden müssen, bevor mit dem Abriss begonnen werden darf. Im Gegenteil: Der Betreiber erhält einen Freibrief dafür, wann und wo er mit dem Abriss beginnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist einmalig in Deutschland und, soweit wir wissen, auch weltweit. Noch nie wurde ein solches Risiko eingegangen. Das ist grob fahrlässig.
Wir sind mit unserem Ansinnen nicht allein. Auch die Entsorgungskommission des Bundes empfiehlt aus sicherheitstechnischer Sicht eine schnellstmögliche Räumung des Nasslagers, und zwar bevor mit dem
Abriss begonnen wird und nicht danach. Ein Gutachten, das die GRÜNEN-Fraktion in Auftrag gegeben hat, kommt zum gleichen Schluss, nicht aber die Staatsregierung; sie sieht hier kein Problem.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier wird ohne Not ein Risiko eingegangen. Damit macht man die Anwohner des AKW Isar 1 zu Versuchskaninchen und hofft, dass schon alles gut gehen wird. Zu den Anwohnern rund um Isar 1 möchte ich noch anmerken, dass man meint, es seien nicht so viele. Im Umkreis von 20 km leben aber über 200.000 Menschen. Wir sagen deshalb: Die Sicherheit dieser Menschen muss wesentlich höher aufgehängt werden.
Früher gab es noch das Argument, es stünden keine passenden Castoren zur Verfügung; allerdings tragen die Betreiber auch einen Teil der Verantwortung dafür, dass das so gewesen ist. Nun gibt es diese Castoren aber, und es könnte schon bald mit der Beladung begonnen werden. Wir fragen uns deshalb, warum das Ministerium die Brennstofffreiheit nicht vorschreibt, bevor im Reaktorgebäude abgerissen werden darf. Ist die Staatsregierung vor dem Betreiber eingeknickt?
Der Stand von Wissenschaft und Technik sollte das Grundprinzip bei der Atompolitik sein. Die Staatsregierung weicht ohne Not von diesem Grundprinzip ab. Ich verstehe dieses Vorgehen nicht; denn Sicherheit muss vor Schnelligkeit gehen.
Unsere Bitte an das Umweltministerium ist deshalb: Bessern Sie Ihren Genehmigungsbescheid in dieser Hinsicht nach! – Zum Schutz der niederbayerischen Bevölkerung bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag.
Danke schön, Frau Kollegin Steinberger. – Der nächste Redner ist der Kollege Dr. Martin Huber. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die GRÜNEN suggerieren mit ihrem Antrag, bei Isar 1 würden demnächst die Bulldozer mit Abrissbirne anfahren. Das stimmt nicht. Es handelt sich hier um Abbaumaßnahmen, die eher chirurgischen Eingriffen gleichen; die Brennelementesysteme sind nicht direkt betroffen.
Verbraucherschutz als bundesweit erste Behörde der PreussenElektra GmbH eine Genehmigung für die Stilllegung und den Abbau des Kernkraftwerkes Isar 1 erteilt. Klar ist: Es geschieht nichts, was nicht genehmigt ist, auch nicht auf Initiative des Bundes. Gemäß Bundesumweltministerin Hendricks solle das oberste Gebot bei allen vorbereitenden Planungen und den anschließenden Rückbauarbeiten stets die Sicherheit für die Mitarbeiter, die Bevölkerung und die Umwelt sein.
Ein permanentes Controlling, auch unter Einbeziehung externer Kontrolleure wie des TÜV SÜD, findet statt. Zudem kommt Bayern als erstes Bundesland seiner immensen Verantwortung gegenüber unserer Bevölkerung nach, sprich: Bayern sorgt für den Rückbau eines der Atomkraftwerke, die nach Fukushima abgeschaltet worden sind. Beim Rückbau nutzen wir das vorhandene Know-how, weil wir so die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbeziehen können, die das Kraftwerk noch aus dem Betrieb kennen.
Die Genehmigung zum Rückbau von Isar 1 ist ein weiterer wichtiger Schritt beim Ausstieg aus der Kernenergie und zugleich ein deutliches Zeichen für das Voranschreiten der Energiewende in Deutschland. Eines gilt es dabei in Richtung der GRÜNEN anzumerken: Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass es Ihnen beim Abschalten der Kernkraftwerke nicht schnell genug gehen kann, während Sie jetzt beim Rückbau der Kraftwerke auf ein Schneckentempo umschalten.
Die PreussenElektra GmbH verfügt über umfangreiche Erfahrungen und über Know-how beim Rückbau von Kernkraftwerken. Zum Beispiel konnte der zwölf Jahre andauernde nukleare Rückbau des Kernkraftwerkes Würgassen im ostwestfälischen Kreis Höxter, ebenfalls ein Siedewasserreaktor, im August 2014 sicher und erfolgreich sowie im vorgegebenen Budgetrahmen abgeschlossen werden. Zudem ist sich der Betreiber seiner verantwortungsvollen Funktion bewusst und wird über den Rückbaufortschritt zum Beispiel im Rahmen von Informationstagen kontinuierlich berichten. Damit soll Transparenz gegenüber den Anwohnern und der Öffentlichkeit geschaffen werden.
In den "Leitlinien zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen" wird die möglichst frühzeitige Durchführung der geforderten Maßnahmen empfohlen. Das stimmt. Allerdings werden sie nicht als Voraussetzung oder Bedingung genannt. Die Entsorgungskommission, ein Gremium, das beim Bundesumweltministerium angesiedelt ist, hat diese Leitlinien herausgegeben. Dieses Gremium war auch in die Prüfung des bayerischen Antrags eingebunden und mit der Vorgehensweise ausdrücklich einverstanden. Alle Tätigkeiten in einem
Kernkraftwerk werden hinsichtlich ihrer Rückwirkungsfreiheit auf die für den sicheren Betrieb der Anlage erforderlichen Systeme überprüft. Unter diesen Bedingungen kann mit dem Abbau von Anlagenteilen begonnen werden, während sich noch Brennelemente im Lagerbecken befinden. Die jetzt zur Genehmigung anstehenden Abbaumaßnahmen betreffen Systeme, die nichts mit der Kühlung oder Handhabung der Brennelemente zu tun haben.
Alle das Kraftwerk betreffende Rückbauarbeiten konzentrieren sich zunächst auf den Abbau von Anlagenteilen und Versorgungseinrichtungen, die für den Restbetrieb nicht mehr benötigt werden. Restbetrieb bedeutet hier zum Beispiel die Kühlung des Lagerbeckens und die Belüftung der Anlage.
Für die Behandlung der Materialien ist ein Reststoffbearbeitungszentrum erforderlich, das im Maschinenhaus eingerichtet wird. Dort werden die demontierten Anlagenteile zerkleinert, dekontaminiert und freigemessen. Laut der PreussenElektra wird der voranschreitende Abbau der Anlage nach außen erst sichtbar, wenn es gemeinsam mit dem zweiten Block des Kraftwerks an den konventionellen Abriss geht. Das wird voraussichtlich erst Mitte der 2030er-Jahre der Fall sein. Somit bitte keine Angstmache mehr! – Wir lehnen den Antrag ab.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Der deutsche Atomausstieg ist voll im Gang. Die Zukunft gehört nun endgültig den erneuerbaren Energien. Darüber freuen wir uns alle. Wir als SPD haben erkannt, dass die Atomenergie ein Irrweg war. Deshalb haben wir gemeinsam mit den GRÜNEN den Atomausstieg in der Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Der Ausstieg aus der Atomenergie ist die logische Konsequenz aus den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima. Bereits seit 2011 haben wir diesbezüglich einen gesamtgesellschaftlichen Konsens.
Das letzte deutsche Kernkraftwerk wird im Jahr 2022 abgeschaltet. Die Epoche der Atomkraft in Deutschland wird damit Geschichte sein.
Aber unter Berücksichtigung des Atomausstiegs werden allein in Deutschland im Jahr 2040 circa 277.000 Kubikmeter schwach und mittelradioaktive Abfälle sowie 29.000 Kubikmeter an hoch radioaktiven Abfällen angefallen sein. Mit jeder Stunde fortlauf
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in Bayern schreitet die Energiewende voran. Nach 34 Jahren in Betrieb hat das bayerische Umweltministerium am 24. Januar 2017 dem jetzigen Betreiber PreussenElektra die Genehmigung für Stilllegung und Rückbau des Kernkraftwerks Isar 1 erteilt. Der Rückbau soll noch 2017 beginnen.
Laut einem Gutachten der Firma Intac aus dem Jahr 2015 befinden sich noch 1.700 Brennelemente und 44 defekte Sonderbrennstäbe in den Brennelementelagerbecken von Isar 1. Mit dem Abbau soll nun ohne vorherige Leerung des Beckens begonnen werden. Der Abbau soll nach den Plänen des Betreibers auch Bereiche betreffen, in denen sich Sicherheitssysteme befinden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Staatsregierung, allen voran die bayerische Umweltministerin, spielt hier wissentlich mit dem Feuer. Gegen die Erteilung einer Genehmigung zum Abbau des AKW ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Wir begrüßen das Voranbringen der Energiewende ausdrücklich. Doch müssen wir uns fragen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU: Isar 1 ist rund 14 Kilometer von Landshut entfernt. Was meinen Sie denn, was passiert, wenn es zu einem unvorhersehbaren Zwischenfall kommt?
Das Lagerbecken mit rund 1.700 Brennelementen befindet sich außerhalb der Sicherheitszone des sogenannten Sicherheitsbehälters und ist somit durchaus verwundbar. Das sagen nicht wir von der SPD, sondern verschiedene unabhängige Fachgutachten, die unter anderem durch das bayerische Umweltministerium in Auftrag gegeben wurden, kommen zu diesem Schluss.
Im Umweltausschuss am 24. November 2016 habe ich den zuständigen Fachmann des Umweltministeriums, Herrn Ministerialrat Dr. Unger, gefragt, ob der Abbau sicherer wäre, wenn die Brennelemente vorher entfernt werden. Herr Dr. Unger hat mir mitgeteilt, dass mit der Entfernung der Kernbrennstoffe aus der Anlage tatsächlich eine Minderung des Risikopotenzials einhergehe. Aufgrund der Erfahrungen und der Gefährlichkeit dieser Stoffe sollten wir uns das hinter die Ohren schreiben. Das heißt, durch die einfache Maßnahme, mit dem Abbau erst nach der Herstellung der Kernbrennstofffreiheit im Gebäude zu beginnen, ließe sich das Gefahrenpotenzial für die Menschen in direkter Umgebung deutlich verringern.
Im Übrigen hat sich auch die Entsorgungskommission der Bundesrepublik Deutschland in ihren "Leitlinien
zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen" eindeutig für die Herstellung von Kernbrennstofffreiheit als Maßnahme zur Vorbereitung des Abbaus der Anlage ausgesprochen. Hierzu heißt es: Aus sicherheitstechnischer Sicht sollte nach Beendigung des Leistungs- oder Produktionsbetriebs das Herstellen der Kernbrennstofffreiheit möglichst frühzeitig durchgeführt werden.
Eine Einflussnahme des CSU-geführten Umweltministeriums wäre laut diverser Gutachten bei Erteilung der ersten Stilllegungs- und Abbaugenehmigung durchaus möglich gewesen. Zum Schutz der Menschen muss das Vorsorgeprinzip immer oberste Priorität haben. Wenn wir hier nur 1 % an zusätzlicher Sicherheit gewinnen, dann ist es wegen der Gefährlichkeit einer solchen Anlage wichtig, dies auch auszunutzen.
Warum also wehrt sich die CSU, die diesen Antrag im Ausschuss als einzige Fraktion abgelehnt hat, gegen den Schutz der bayerischen Bevölkerung? Warum prescht die Ministerin im Alleingang vor und erteilt die Genehmigung zum Abbau?
Ich möchte diejenigen sehen, die nach einem Störfall sagen: Wir haben aus wirtschaftlichen Gründen auf die größtmögliche – dies betone ich ganz besonders – Sicherheit verzichtet. – Das können wir nicht hinnehmen.