Darüber hinaus sind auch Hindernisse bei der Vorlage der Akten an den UA festzustellen. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde nicht nur durch eine Vielzahl von Verstößen gegen die Dokumentationspflicht und ein Verschwinden von Akten mit zentraler Bedeutung erschwert. In mehreren Fällen wurde die Zustellung von Akten von den zuständigen staatlichen, kommunalen Stellen ohne erkennbare sachliche Gründe verzögert. Außerdem wurden Dokumente unvollständig, ungeordnet oder mit geschwärzten Passagen vorgelegt.
Es ist schon äußerst erstaunlich, dass bis zum Beginn des Untersuchungsausschusses weder Behördenvertreter noch Ministerialbeamte auf die Idee gekommen sind, den Patienten Steigerwald um eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu bitten. Erst im Verlauf der Beweisaufnahme hat Herr Steigerwald auf
Initiative des Mitglieds der FREIEN WÄHLER die sofortige Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erteilt.
Festzuhalten ist auch, dass die hohe Bedeutung der im Ermittlungsverfahren sichergestellten Unterlagen und Daten für die Erledigung des Auftrags des Untersuchungsausschusses von der Ausschussmehrheit verkannt wurde. Dies gilt auch für die Auswertung der sichergestellten Asservate.
An dieser Stelle ist es höchst erstaunlich festzustellen, dass hohe Ministerialbeamte, die eine besondere Qualifikation, Eignung und Befähigung haben, im Untersuchungsausschuss bei der Befragung ausgeprägte Erinnerungslücken, ein schlechtes Gedächtnis und erhebliche Gedächtnislücken offenbarten. Herr Kollege Arnold, Sie haben darauf hingewiesen.
Für mich ist es unvorstellbar und undenkbar, dass Zeugen vor einem Untersuchungsausschuss keine Erinnerungen an bedeutende Vorgänge haben, zumal dann, wenn sie selbst ein paar Wochen vor der Zeugenaussage im UA rund 160 Aktenordner gesichtet und gelesen haben. Sie haben die wichtigsten Dokumente herausgezogen und bearbeitet, daraus drei komprimierte Aktenordner zusammengestellt, um weitere geladene Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss zu briefen und zu informieren, um sie auf die Sitzung vorzubereiten. Dass diese Leute dann in der Sitzung sagen, sie wüssten von nichts, ist mir schleierhaft.
Leider muss ich auch eine Behinderung der Arbeit des Untersuchungsausschusses durch den Untersuchungsausschuss selbst feststellen; denn der Vorschlag auf Beiziehung der Ermittlungsakten nebst allen potenziellen relevanten Beweismitteln wurde nicht aufgegriffen, ebenso wenig der Wunsch nach der Vorlage der im Gerichtsverfahren vorhandenen Asservate. Demzufolge hat der Untersuchungsausschuss nicht alle sich anbietenden Informationsquellen ausgeschöpft. Herr Kollege Dr. Herrmann, dies schließt sich nahtlos an Ihre Darstellung an. Hätten wir dies getan, hätten Sie niemals eine solche Rede halten können, wie Sie das heute getan haben.
Eine Vielzahl von FW-Anträgen, welche eine Aufklärung versprachen, wurde abgelehnt, zum Großteil ohne Begründung. Viele dieser Anträge fanden nicht einmal eine qualifizierte Minderheit. Eine konsequente Abwägung zwischen der Geheimhaltung und dem berechtigten öffentlichen Interesse fand kaum statt, insbesondere dann nicht, wenn es um § 30 AO ging. Ab
schließend ist festzustellen: In der verfassungsrechtlich nicht angezeigten besonderen Gewichtung des Steuergeheimnisses wurde letztlich zugunsten der ehemaligen Ministerin mit zweierlei Maß gemessen.
Zu der Frage D 21, ob Abgeordnete zur Unterlassung von Behauptungen in der Öffentlichkeit durch die ehemalige Ministerin aufgefordert wurden, ist Folgendes zu sagen: Zu dieser Frage erstellte das Mitglied des Ausschusses Verfassungsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer, Herr Dr. Strate, ein Gutachten. Er stellte fest, dass auf dem entsprechenden Fax der Briefkopf der Staatskanzlei verwendet wurde, welcher Christine Haderthauer als Leiterin der Staatskanzlei und als Staatsministerin für Bundesangelegenheiten und Sonderaufgaben auswies. Dr. Strate stellte fest, dass dieses Schriftstück als amtliche Erklärung einzuordnen ist. Weiterhin führte er aus, sie habe unter Einsatz von Steuermitteln für eine private Angelegenheit, wie sie selbst auch immer wieder sagte, öffentliche Sach- und Finanzmittel missbräuchlich verwendet. Herr Kollege Dr. Herrmann, Sie haben bestätigt, dass das alles privat war.
Weiter heißt es in dem Gutachten: Die Bayerische Verfassung sieht Weisungs- oder Kontrollrechte ihrer Regierung gegenüber dem Landtag und seinen frei gewählten Abgeordneten nicht vor. Eine Verantwortlichkeit besteht vielmehr umgekehrt. Somit hat Christine Haderthauer die Bayerische Verfassung auf den Kopf gestellt, so der Gutachter weiter. Die verfassungsrechtlichen Kontrollmöglichkeiten bestehen stets in Richtung der Regierung und ihrer Mitglieder durch das Parlament und nicht umgekehrt. Dieses amtliche Handeln der Staatsministerin a.D. wiegt umso schwerer, als es zudem in die Stellung der Abgeordneten des Bayerischen Landtags eingreift. Die Verfassung schützt die Freiheit des Mandats, sie schützt es vor staatlichen Beeinflussungen oder Eingriffen.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 17. September 2013 darauf instruktiv hingewiesen: Das freie Mandat gemäß Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes, die freie Willensbildung der Abgeordneten und damit auch eine von staatlicher Beeinflussung freie Kommunikationsbeziehung zwischen den Abgeordneten und den Wählerinnen und Wählern.
Der Gutachter Dr. Strate kommt zu der Auffassung, dass die Handlungen der Staatsministerin a.D. rechtswidrig waren, zum Nachteil der Landtagsabgeordneten Streibl und meiner Person. Letztlich habe sie ihre Befugnisse als Leiterin der Bayerischen Staatskanzlei und als Staatsministerin evident überschritten. Aus
diesem Grunde hat sich die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER auch entschlossen, ein Organstreitverfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof einzuleiten. Deswegen ist dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen.
Erstens. Ein bemerkenswertes soziales Engagement der ehemaligen Ministerin konnte nicht festgestellt werden. Der Modellbau war ein auf Gewinn ausgerichtetes Geschäft, wie es so auch im Gesellschaftervertrag verankert ist. Wäre es anders gewesen, hätte auch das Finanzamt wegen Liebhaberei tätig werden müssen. Bei der Dauer von 25 Jahren kann ich mir nicht vorstellen, dass keine Gewinne angefallen sind.
Zweitens. Insgesamt hat der UA "Modellbau" die große Chance zur umfassenden Aufklärung der Modellbau-Affäre nicht genutzt. Der Beitrag von Herrn Dr. Herrmann hat das eindrucksvoll bestätigt.
Drittens. Die ehemalige Staatsministerin – sie ist keineswegs rehabilitiert – ist juristisch mit einem "blauen Auge" davongekommen. Schon jetzt ein Schlussfazit zu ziehen, wie das in einer CSU-Pressemitteilung zu lesen war, die auszugsweise in der "SZ" veröffentlicht worden ist, ist völlig verfehlt.
Aus rechtsstaatlichen Gründen und aus demokratischer Überzeugung muss das Verfahren gegen die ehemalige Staatsministerin zu Ende geführt werden. Die FREIEN WÄHLER und ich persönlich vertrauen fest auf die Rechtsstaatlichkeit und auf die strikte Einhaltung demokratischer Grundprinzipien. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Kollegin Gote das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir schließen heute ein Kapitel ab, das zu den unappetitlichsten gehört, die der CSU-Regierung in diesem Land in den letzten Jahren zuzuordnen sind.
Hier geht es um zwei Personen, die sich nach eigener Aussage als "geniales Team" verstanden, ein Mediziner im Staatsdienst und eine Rechtsanwältin, die später CSU-Ministerin geworden ist. Sie hatten eine Geschäftsidee zum eigenen Vorteil, die in den Augen vieler rechtschaffener Bürgerinnen und Bürger gera
dezu unglaublich klingt: Sie lassen einen verurteilten Dreifach-Mörder in der Forensik Modellautos bauen, die sie teuer verkaufen. Die Begleitumstände gerade in den ersten Jahren im Bezirksklinikum Ansbach sind atemberaubend. Sie kennen diese Begleitumstände. Ich führe das nicht weiter aus.
Das ist ein wahrlich unrühmliches Kapitel; denn schon die Geschäftsidee offenbart doch, dass hier jegliche moralischen Maßstäbe völlig verloren gegangen sind. Ich wundere mich, dass Ihnen das nicht stärker zum Bewusstsein gekommen ist.
Weder auf Fach- oder Aufsichtsebene noch auf Regierungs- oder Parteiebene gab es ein Korrektiv, das diesem Treiben über viele Jahre hinweg Einhalt geboten hätte. Es gab keine Aufklärung, keine Distanzierung und keine Reue, weder von Frau Haderthauer noch von der CSU-Fraktion oder der Staatsregierung. So musste es nach zähem Bohren der Opposition und der Medien zu diesem Untersuchungsausschuss kommen, den wir heute mit dieser Debatte abschließen.
Auch ich möchte danken. Ich möchte mich für die kollegiale Zusammenarbeit mit allen Fraktionen im Untersuchungsausschuss bedanken. Die CSU-Fraktion nehme ich hier ausdrücklich nicht aus. Ich möchte dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden danken. Ich danke auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Landtagsamtes und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen der CSU, der SPD und der GRÜNEN, die, wo immer es ging, konstruktiv zusammengearbeitet haben und die unsere politische Arbeit begleitet und ermöglicht haben.
Ich danke auch den Vertreterinnen und Vertretern der Ministerien. Wir konnten die Modellbau-Affäre durch den Untersuchungsausschuss weitgehend aufklären. Eine vollständige oder eine völlig zufriedenstellende Aufklärung wurde jedoch durch die fehlende Aussagebereitschaft des Ehepaars Haderthauer verhindert. Dies ging so weit, dass der Zeuge Dr. Haderthauer trotz Ladung nicht vor dem Untersuchungsausschuss erschien. Für uns ist das ein unglaublicher Vorgang, der offenbart, wie sehr er dieses demokratische Gremium missachtet hat. Ich finde wie der Vorsitzende auch: Das ist ein für einen hochbesoldeten Staatsbeamten unhaltbares Verhalten.
zen. Die Aufklärungsarbeit wurde zudem dadurch erschwert, dass die Vorgänge zum Teil weit in der Vergangenheit liegen. Sagen wir es so: Zeugen konnten oder wollten sich vielleicht nicht mehr erinnern.
Als Ministerin hat sich Christine Haderthauer ab Bekanntwerden der Vorwürfe uneinsichtig, anmaßend und repressiv gegenüber Kritikerinnen und Kritikern sowie Journalisten und Journalistinnen verhalten. Bis heute ist von ihr kein Wort der Einsicht, kein Wort der Reue zu ihrem verfehlten Handeln und keine Demut zu hören oder zu sehen. In der Gesamtschau wird deutlich, dass sie die charakterliche Eignung für ein Ministeramt nie besessen hat.
Es ist erschreckend, dass das von Ministerpräsident Seehofer nicht früher erkannt wurde. Er hätte sie nie zur Ministerin berufen dürfen. Es war geradezu verantwortungslos, ihr nach der Landtagswahl 2013 das Amt der Staatskanzleichefin anzuvertrauen. Das war eine grobe Fehleinschätzung durch den Ministerpräsidenten. Die Modellbauaffäre wurde bereits im Sommer 2013 intensiv thematisiert. Haderthauer unterließ es, die Vorwürfe umfassend aufzuklären. Er sei kein Ersatzstaatsanwalt, so Ministerpräsident Seehofer in seiner Zeugeneinvernahme. Das ist allerdings nur ein allzu durchsichtiger Versuch, sich seiner Verantwortung zu entziehen; denn als Ministerpräsident muss er für sein Kabinett einstehen. Persönliche Verfehlungen, mangelnde Integrität und eine schlechte Amtsführung betreffen ihn unmittelbar.
Christine Haderthauer hätte spätestens nach dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 22.05.2014 dem Bayerischen Landtag und der Öffentlichkeit umfassend Auskunft über die Modellbauaffäre geben müssen. Sie berief sich weiterhin zu Unrecht darauf, dass es sich um eine Privatangelegenheit weit vor ihrer Zeit als Mitglied des Landtags und Ministerin handle. Stattdessen instrumentalisierte sie die Pressestelle der Staatskanzlei, um unliebsame Fragen abzuwehren. Diese vermischte auf ihre Anweisung hin private und berufliche Interessen der Ministerin, unter anderem dadurch – wir haben es schon gehört –, dass die Klageschrift ihres Ehemanns an Journalisten und Journalistinnen weitergeleitet wurde. Dass dies auch rücksichtslos gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war, sei hier nur am Rande bemerkt.
eindeutige, von ihr persönlich zu verantwortende Versuch, die Medienberichterstattung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Dieser Anruf durch die Staatskanzlei war ein Missbrauch staatlicher Autorität und baute gegenüber den Medien eine unangemessene, anmaßende Drohkulisse auf. Die Geschäfte des Ehepaars Haderthauer mit den Modellautos waren kein von Idealismus geprägtes Engagement finanzieller Art, wie die CSU-Ministerin noch kurz vor ihrem Rücktritt der Öffentlichkeit weismachen wollte. Der Zeuge Haderthauer setzte nach eigenen Aussagen in seinem Gerichtsprozess seine Ehefrau als Strohfrau ein – das hat er selber so gesagt –, um sich in der SAPOR Modelltechnik GbR ohne Interessenkonflikte aufgrund seiner Anstellung im BKH Ansbach engagieren zu können. Kolleginnen und Kollegen, das zeigt doch, dass den beiden von Anfang an durchaus klar war, dass ihr Handeln nicht wirklich korrekt war. Sonst braucht man keine Strohfrau.
Haderthauer behauptete, dass sie bei ihrer Wahl in den Landtag im Jahr 2003 klare Verhältnisse in Bezug auf die Firma SAPOR Modelltechnik GbR habe schaffen wollen. Das hat sie aber allenfalls halbherzig getan. Die Übertragung der Gesellschafteranteile – wir haben es schon mehrfach gehört – war unwirksam, und sie blieb – das kann man mit schönen Worten umschreiben, mit juristisch sicherlich korrekten Ausführungen – bis 2011 Gesellschafterin der SAPOR Modelltechnik GbR. Darüber hinaus sorgte sie keinesfalls für klare Verhältnisse bezüglich der Domain und des Firmenkontos. Herr Herrmann, ich kann Ihnen da nicht folgen. Ich finde, Sie versuchen, das kleinzureden. Sorry, wenn ich eine Domain für eine Firma halte, kann ich im Nachhinein nicht behaupten, ich hätte mit dieser Firma nichts zu tun. Das ist einfach nicht möglich.
Als Christine Haderthauer im Jahr 2008 Sozialministerin wurde, bemühte sie sich keineswegs aus eigener Initiative um klare Verhältnisse. Vielmehr musste ihr Ministerium sie darauf aufmerksam machen, dass es einen klaren Interessenkonflikt gab, da ihr Ehemann Geschäfte mit einer bayerischen Maßregelvollzugseinrichtung machte, über die sie die Fachaufsicht führte. Erst aufgrund dieses Hinweises wollte ihr Ehemann Ende Oktober 2008 die Firma völlig überstürzt verkaufen.
Etwas Vergleichbares wie die Arbeitstherapie Modellbau gab es in keiner anderen forensischen Einrichtung. Im Zusammenhang mit der Modellbautherapie
im BKH Ansbach entstanden Sicherheitsprobleme, nicht nur aufgrund der damaligen baulichen Situation und der Streitigkeiten zwischen Pflegepersonal und Ärzteschaft, sondern auch wegen absolut unzuverlässiger, unzureichender Überwachung des Umgangs mit Arbeitsmaterial, Geld, Post, Schlüsseln usw.
Allerdings hob sich auch die Modellbautherapie im BKH Straubing nach der Verlegung dorthin von anderen Arbeitstherapien ab. Die zwischen dem Zeugen Dr. Haderthauer und der Klinikleitung geführten Preisverhandlungen waren intransparent. Zudem ließ man sich über etliche Jahre in den Verhandlungen von Dr. Haderthauer massiv unter Druck setzen. Das hat der Untersuchungsausschuss eindrucksvoll belegt. Vom BKH Straubing geforderte Preiserhöhungen wurden stets mit dem Argument abgelehnt, dass sich die Modellbautherapie für die SAPOR Modelltechnik GbR dann nicht mehr lohnen würde. Sie hat sich also doch gelohnt. Es ist keineswegs so, dass hier die Haderthauers oder später Dr. Haderthauer das Opfer einer wirtschaftlichen Fehlinvestition gewesen wären. Er hat auch noch spät in den Verhandlungen mit dem BKH Straubing deutlich gemacht, wo seine wirtschaftliche Schmerzgrenze liegt. Das impliziert aber, dass er nach wie vor gute Gewinne machte.