Der nächste Redner ist ein weiterer Redner aus Schwaben, nämlich der Abgeordnete Harald Güller für die SPD-Fraktion.
Herr Vizepräsident aus Schwaben, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein gutes Beispiel, wie quer die eine oder andere Diskussion hier läuft. Herr Kollege Mannes, vielleicht sollte man sich den Antrag noch einmal genau anschauen. "Sonderwirtschaftszone", da denkt man an internationale Unternehmen in
zum Beispiel Macau, China, die riesige Erleichterungen im Steuerbereich bekommen, die bei der Entbürokratisierung eine andere Behandlung bekommen etc., die von allen Genehmigungsvoraussetzungen befreit werden.
Ihr Antrag lautet ganz anders. In diesem geht es um "Sonderwirtschaftsregionen". Das ist ein europäischer Begriff, der förderrechtlich so festgeschrieben ist. Es geht sage und schreibe um die Ansiedlung von bayerischen IT-Digital-Start-ups, und das Ganze in einigen Kommunen in Niederbayern und Oberfranken.
Niederbayern hat insgesamt 1,2 Millionen Einwohner. Oberfranken hat eine Million Einwohner. Es geht also um einige Kommunen dieser Regionen mit insgesamt 2,2 Millionen Einwohnern. Sie erzählen uns ernsthaft in 10 bis 15 Spiegelstrichen, wie toll es funktioniert, wenn Sie allein an dieser Stelle steuerliche Maßnahmen machen, schreiben aber dann selber in die Begründung – ehrlicherweise, muss man sagen – noch mal rein, dass die steuerlichen Vorschläge bewirken würden, dass 1,4 mehr Start-ups gegründet würden.
1,4 mehr Start-ups, bei zehn Millionen Einwohnern. Zehn Millionen! Für ganz Niederbayern und Oberfranken wären das mit Ihren gesamten steuerlichen Maßnahmen dann praktisch 0,31 Start-ups. Da Sie aber sagen, dass das Ganze nur ein Teil von Niederbayern und Oberfranken ist – großzügigerweise sagen wir mal, dass das die Hälfte ist –, geht es in Ihrem Antrag um 0,15 Start-ups in ganz Niederbayern und Oberfranken.
Dafür setzen wir uns zusammen und reden dann eine halbe oder dreiviertel Stunde lang, nur damit Sie beweisen können, dass Sie bei Google scannen können, wer gerade eine Studie veröffentlicht hat, und die zwei Teile zusammenfügen: Wir müssen Start-ups fördern, wir müssen regional was tun, und es gibt so etwas wie einen europäischen Fonds für regionale Entwicklung – davon habe ich als AfD auch schon was gehört, super! –, das bringe ich in einem Antrag zusammen.
Miteinander zu tun hat das alles gar nichts. Effektive Wirtschaftsförderung ist das auch nicht. Sie greifen lediglich auf, was die demokratischen Parteien in diesem Hause schon lange tun, nämlich, dass wir uns über das Thema Start-up-Szene untereinander austauschen. Wir haben teilweise unterschiedliche Auffassungen und unterschiedliche Ideen, wie wir die Start-up-Szene zum Beispiel im Bereich IT und Digitalisierung nach oben bekommen können. Aber das machen wir seit Jahren, und da passiert auch etwas, sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene. Ob das immer das Richtige ist, darüber kann man, wie gesagt, diskutieren.
Das Zweite ist: Wir sagen, dass in Bayern Strukturpolitik notwendig ist. Es muss zu mehr ausgeglichenen Lebensverhältnissen kommen. Auch da sind die demokratischen Parteien in diesem Hause nicht generell unterschiedlicher Auffassung. Auch da sind wir nur unterschiedlicher Auffassung, was die richtigen Inhalte sind, die umzusetzen sind. Darüber streiten wir uns hier drinnen. Aber dazu brauchen wir ganz definitiv nicht einen völlig fehlgeleiteten Antrag der AfD, der nur Worte aneinanderreiht. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen, Kolleginnen und Kollegen.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ja zwei Typen von Anträgen, die von der AfD kommen: Das eine
sind solche mit – ich nenne es mal so – rechtspopulistischen Themen, um die eigene Klientel zu bedienen, und das andere ist die Sorte, die aus anderen Anträgen von mehr oder weniger benachbarten oder weiter entfernten Fraktionen kopiert ist, um zu versuchen, dafür irgendwie Zustimmung zu bekommen. Das kann man durchaus machen. Aber da muss man wenigstens beim Kopieren aufpassen. Der Kollege Güller hat das ganz richtig geschildert: Wenn solche verschiedenen Dinge in einen Antrag zusammenkopiert werden, ist das ja noch viel schlimmer. Sie sollten wenigstens richtig lesen. Ich glaube, das ist ein richtiges Musterbeispiel dafür, wie Sie solche Anträge immer wieder konzipieren. Ich finde es auf der anderen Seite einen Zeitdiebstahl, wenn Sie das schon im Ausschuss vorgeführt bekommen, was das für ein unsinniges Konglomerat ist, das Sie uns da bieten, und uns das dann wieder vorlegen.
Ganz unabhängig davon habe ich bei der Diskussion jetzt auch festgestellt, dass man unter dem Begriff Sonderwirtschaftszonen durchaus unterschiedliche Sachen verstehen kann. Unsere Bundespartei hat diesen Begriff auch öfters mal verwendet, aber in einem völlig anderen Zusammenhang. Was Sie hier haben, ist ja eine Mischung aus Start-up-Förderung und Wirtschaftsstrukturhilfe und dem, was man da noch alles reinpacken kann.
Die Zitierung von Niederbayern und Oberfranken provoziert zu Kommentaren. Aber die spare ich mir jetzt.
Danke schön. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wir führen diese Abstimmung in namentlicher Form durch. Dazu haben Sie Ihre entsprechenden Stimmgeräte. Die Abstimmungszeit beträgt zwei Minuten. Wenn es Probleme mit der Technik gibt, wenden Sie sich bitte an unsere Kolleginnen vom Parlamentsreferat. – Die Abstimmung beginnt.
Gibt es noch technische Probleme? Haben alle Abgeordneten ihre Stimme abgegeben? – Dann erkläre ich die Abstimmungszeit für beendet. Die Stimmen werden extern ausgezählt, und wir kommen nun zum nächsten Tagesordnungspunkt.
Antrag der Abgeordneten Franz Bergmüller, Gerd Mannes, Ferdinand Mang u. a. und Fraktion (AfD) Ermöglichung nötiger Investitionen in bayerische Infrastruktur, Bildung und Forschung mit einem Deutschlandfonds (Drs. 18/18120)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 32 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Der erste Redner ist der Kollege Gerd Mannes von der AfD-Fraktion.
Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, ihre Plätze wieder einzunehmen. – Herr Mannes, Sie haben das Wort.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren! Die Staatsregierung rühmt sich gerne damit, dass Bayern ein moderner Industrie
standort ist. Ministerpräsident Söder tut so, als hätte er höchstpersönlich ein Wirtschaftswunder vollbracht. Der Freistaat steht aber wirtschaftlich nicht wegen, sondern trotz der Politik der Staatsregierung immer noch verhältnismäßig gut da.
Es ist das Verdienst der innovativen Unternehmer und deren Mitarbeiter, dass sich Bayern in vielen Bereichen Weltspitze nennt. Die Kartellparteien sind in diesem Zusammenhang eher Bremsklotz als Motor. Das zeigt sich auch im Bereich Infrastruktur, ohne die ein Industriestandort nicht funktioniert.
Der Investitionsstau im Zuständigkeitsbereich der Regierung muss mittlerweile als katastrophal bezeichnet werden. Einige Beispiele dazu: Die Hälfte unserer Autobahnbrücken ist über 50 Jahre alt. Die Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen nach FTTB-Prinzip liegt im ländlichen Bereich bei 6 %. Im EU-Durchschnitt sind es 18 %. Gerade die CSU wirft gerne mit Begriffen wie Hightech oder Innovation um sich. Gleichzeitig ist das Umland größerer Städte immer noch ein einziges Funkloch. Es ist höchste Zeit, die sich anbahnende Infrastrukturkrise anzugehen und wirksam gegenzusteuern. Deutschland braucht einen Investitionsfonds. Seine Aufgaben sind die Steigerung und Verstetigung staatlicher Investitionen in Infrastruktur. Dieser Fonds entspräche den Vorschlägen des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums.
Auch führende Wirtschaftsinstitute wie das Ifo-Institut schlagen einen derartigen Fonds vor. Studien des IW Köln belegen, dass alleine für den Freistaat Bayern bis 2030 eine staatliche Investitionslücke von bis zu 80 Milliarden Euro besteht. Studien zeigen auch, dass das bayerische Wirtschaftswachstum ohne diese Investitionen mittelfristig auf unter 1 % sinken würde. Wir befinden uns also bereits mitten in einer hausgemachten Krise, die sich verheerend auf unsere zukünftige Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.
Ihnen allen hier fällt das anscheinend nicht auf; der Verfall der Infrastruktur geschieht schleichend. Einige im Plenum würden ihn wohl erst bemerken, wenn Autobahnbrücken einstürzen oder Hörsäle an Universitäten durch Rohrbrüche geflutet werden. Damit es nicht so weit kommt, widmet sich die AfD dieser Problematik.
Mit unserem Antrag fordern wir die Einrichtung eines Deutschlandfonds für Infrastruktur. Modellrechnungen zeigen, dass die Mehrinvestitionen eines solchen Fonds das Wachstum des bayerischen Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahrzehnt um 1,4 % jährlich anheben würden. Regelmäßige Investitionen in Straßen, Netze und Schulen sind die Grundlage für die gute Zukunft unseres Freistaats. Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Nächster Redner ist der Kollege Josef Zellmeier von der CSU-Fraktion. – Herr Zellmeier, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag liest sich auf den ersten Blick gut, ein bisschen plakativ und populistisch, aber er ist nicht so gut, wie er scheint. Natürlich sind Investitionen gerade in der jetzigen Zeit grundsätzlich sinnvoll und positiv; allerdings ist der Ansatz, einen Deutschlandfonds zu schaffen, bei dem ein zentraler Investitionsrat entscheidet, völlig fehlgeleitet.
Wir Bayern haben immer das Selbstbewusstsein gehabt, dass wir die Dinge besser können. Wenn uns der Bund das Geld gibt, um zu investieren, nehmen wir es gerne, aber wir würden ungern erleben, dass andere über uns entscheiden, dass wir wieder Mehrheiten haben, durch die die Gelder dorthin fließen, wo es in der
Vergangenheit Fehler und Defizite gab und wo nichts Kreatives geschaffen wurde, wie es in Bayern der Fall war.
So eine zentrale Einrichtung lehnen wir kategorisch ab; das Geld müsste in Bayern verteilt werden und nicht wie eine Art zweiter Länderfinanzausgleich, von dem wieder Bestimmte profitieren, die in der Vergangenheit nicht richtig gewirtschaftet haben. In Bayern haben wir eine Investitionsquote von 15,9 %; das ist mehr als in allen anderen westlichen Bundesländern. Multipliziert man die 11,3 Milliarden Euro mit 10 Jahren, wären wir bei 113 Milliarden Euro. Das ist mehr, als wir bei einem Deutschlandfonds bekämen, auch wenn wir nach dem Königsteiner Schlüssel verfahren und nicht benachteiligt würden.
Wir brauchen das in dieser Form also nicht; wir brauchen in Bayern eigene Entscheidungen und keinen bundeseinheitlichen Brei, der uns noch nie weitergebracht hat. Mit unserer Arbeit waren wir immer selbst kreativ genug und brauchen nicht die Belehrungen eines Deutschlandfonds. Die Schuldenbremse würde damit auch umgangen: Ein Fonds, der eigene Kredite aufnehmen soll, klingt ganz danach. Auch das lehnen wir ganz entschieden ab.
Im Übrigen enthält auch die Begründung des Antrags inhaltliche Fehler. So wird davon gesprochen, dass drei Viertel der bayerischen Unternehmen Infrastrukturprobleme haben oder beeinträchtigt werden. Das ist so nicht zutreffend; das Institut der deutschen Wirtschaft spricht von 13 % in Bayern. Auch das ist wieder typisch für Bayern: Wir sind hier deutlich besser als die anderen aufgestellt und wollen das auch in Zukunft bleiben.
Die kommunalen Finanzen sind in Bayern auch wesentlich besser als in anderen Bundesländern; nur um einen Vergleich zu ziehen: Im Saarland haben wir Kassenkredite von 2.073 Euro pro Einwohner, während wir in Bayern nur 14 Euro pro Einwohner haben. Auch in diesem Bereich ist Nachhilfe also nicht notwendig, denn es hilft nicht, wieder gerade die Länder zu unterstützen, die im Länderfinanzausgleich deutlich von uns profitieren.
Danke, Herr Zellmeier. Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult; es gibt noch eine Zwischenbemerkung vom Herrn Abgeordneten Bergmüller von der AfD.
Sehr geehrter Herr Haushaltspolitiker Zellmeier von der CSU, wenn Sie davon sprechen, dass hier versteckte Nebenhaushalte existieren, frage ich mich, was der Freistaat Bayern eigentlich mit dem BayernFonds gemacht hat. Es soll nicht so aussehen, als würden Sie Maßnahmen in Bayern gutheißen, einen Deutschlandfonds als Infrastrukturfonds aber für schlecht halten.
Nach Ihrem Selbstverständnis als bayerische Staatspartei haben Sie immer die Impulse für Deutschland gesetzt; nun sagen Sie indirekt, dass Sie den Investitionsstau in Bayern lösen. Der Investitionsstau bei Brücken und Infrastruktur ist unstrittig; ich glaube, da stimmen Sie mir zu. Wo wollen Sie das denn aufarbeiten, wenn das über den Staatshaushalt nicht geht? Wir sind uns völlig einig, dass die Schuldenbremse einzuhalten ist.
Dieses Mittel wurde von Ihnen mit dem BayernFonds schon kreiert. Deshalb frage ich Sie: Wie würden Sie es denn machen?
Kollege Bergmüller, wenn man das Thema aufgreifen will, sollte man den Länderfinanzausgleich ins Auge fassen. Unser Finanzminister hat erst vor Kurzem gesagt, wie stark wir weiterhin einzahlen: 9 Milliarden Euro sind ein gewaltiger Betrag; das sind 60 % des gesamten Länderfinanzausgleichs. Entscheiden wir in Bayern, wo das eingesetzt wird, dann werden wir auch entsprechend unserer Wirtschaftskraft profitieren.
Vom Deutschlandfonds würden doch wieder die Länder profitieren, in denen es am meisten fehlt, und das ist nicht Bayern. In Bayern haben wir die beste Situation. Dieser Deutschlandfonds wird nicht zu unseren Gunsten ausfallen, sondern es wird wieder ein Hilfsfonds für die Länder sein, die ihre Aufgaben nicht gemacht haben, und das lehnen wir ab.