Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Redebeitrag der Kollegin Kurz kann und will ich natürlich nicht toppen. Dies hängt vielleicht auch damit zusammen, dass ich geografischmundartmäßig überhaupt keinen Dialekt habe, da ich aus dem Altmühltal komme, wo sich der fränkische, der schwäbische und der oberbayerische Dialekt überlappen. Dazu gibt es eine Reihe von Doktorarbeiten. Ich würde also in Ihrem Gesetz untergehen, was ich natürlich nicht möchte.
Zwei Vorbemerkungen: Erste Vorbemerkung, Herr Hahn. Sie würden als Lehrer oder als Elternteil – ich benutze jetzt Mundart – ganz klar verschissen haben, und zwar aus folgendem Grund:
Was man fordert, muss man selber machen. Zum Dialekt: Es hat wehgetan, Sie als Redner gehört zu haben, der das Ganze in einer Kunstsprache vorgestellt hat.
Eine zweite Bemerkung: Wenn es Ihnen schon so um die Gleichberechtigung, in diesem Fall von Hochsprache und Mundart, geht, dann fangen Sie doch mit der Gleichberechtigung von Frauen in Ihrer Partei an. Das wäre auch nicht schlecht.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist fehlerhaft, er ist wirklichkeitsfremd, er ist unnötig und gleichzeitig diffamierend. Er ist einfach lächerlich und deswegen Zeitverschwendung.
Wir nehmen uns aber die Zeit. Der Gesetzentwurf ist schon in seiner eigenen Sprache fehlerhaft. Über die Kleinigkeit, dass Sie "grammatisch" und "grammatikalisch" verwechseln – Sie verwenden die Begriffe falsch –, kann man hinwegsehen; vielleicht haben Sie es nicht so mit Fremdwörtern – das hängt vielleicht mit Ihrer Partei zusammen. Dass Sie sich selbst in der Materie nicht gut auskennen, zeigt die Problemstellung in Ihrem Gesetzentwurf. Im letzten Absatz – ihn muss man genau lesen – leisten Sie sich nämlich Folgendes. Sie fordern, bayerische Dialekte zu schützen, und schreiben "bayerisch" mit Buchstabe "i". Sie meinen in diesem Kontext aber, bayerische Dialekte mit "y" zu schützen. Es ist unmöglich, einen so oberflächlichen Gesetzentwurf vorzulegen. Sie vermischen das, was Sie fordern. Das spricht eine deutliche Sprache.
Der Gesetzentwurf ist wirklichkeitsfremd. Sie nehmen als Vorbild Norwegen und führen an, dass neben der offiziellen Hochsprache sechs Regionalsprachen vorhanden sind. Sie haben in einem Sprachlexikon gut nachgesehen – für mich sieht es mehr nach Wikipedia aus. Sie führen acht bayerische Untersprachen auf und sagen dann selbst, dass es natürlich noch viele regionale Unterteilungen gibt. Ihnen ist anscheinend nicht klar, dass man, wenn man alles, was Sie fordern, umsetzen würde, von mindestens fünfzig Mundarten ausgehen müsste, die regional nicht einmal klar zu lokalisieren sind.
Das Schlimmste ist aber: Dieses Gesetz ist unnötig und – das hat Kollege Dorow schon angesprochen – eigentlich auch sehr diffamierend. Das Gesetz ist unnötig, da die Dialektpflege ein fest etablierter Bestandteil der Kultur- und Heimatpflege des Freistaats ist und vom Freistaat auch großzügig gefördert wird. Mir als Ehrenamtsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung sei in diesem Zusammenhang die Bemerkung erlaubt: Was man speziell im Bereich unserer Mundarten, der Mundartförderung und der Heimatpflege im Ehrenamt an Vielfalt erlebt, ist sehr schön und beglückend. Ich möchte an dieser Stelle als Ehrenamtsbeauftragte die Gelegenheit nutzen, all den Ehrenamtlichen ein herzliches Dankeschön zu sagen. Es geht nämlich, so wie es Kollege Dorow gesagt hat, um gelebte Heimat und gelebte Sprache. Danke! Ganz viele Leute machen das freiwillig, weil es aus ihnen heraussprudelt, nicht, weil ihnen das eine AfD vorschreibt.
Sie unterstellen den Schulen etwas. Das weise ich ganz klar zurück. Daran sieht man, dass Sie von vorvorgestern sind. In den Siebzigerjahren gab es in der Wissenschaft die Tendenz, die Mundart etwas negativ darzustellen. Dies ist aber völlig überholt. Unsere Erzieherinnen und Erzieher, unsere Lehrerinnen und Lehrer sind gut ausgebildet und wissen natürlich: Mundart ist der erste Spracherwerb und ist durch nichts zu ersetzen. Deshalb wird dies in der Schule auch so gehandelt. – Das war jetzt ein Wort, das Ihnen nicht behagt; ich kenne aber kein bayerisches Wort als Ersatz.
Auf jeden Fall hat die Mundart in den Schulen ihren Platz und wird auf keinen Fall negativ bekrittelt, sondern wird im Gegenteil gefördert. Für diese Förderprogramme müssen Sie nicht bei Wikipedia nachsehen, sondern Sie können sie auf der Seite des Kultusministeriums finden und werden sehen, was alles für die Mundartförderung getan wird.
Artikel 3 Ihres Gesetzentwurfs – Deutsch als Landessprache – ist lächerlich. Artikel 6 Ihres Gesetzentwurfs lege ich Ihnen ans Herz. Sie fordern darin, dass die Behördensprache klar sein soll und sich Behörden klar ausdrücken sollen. Das empfehle ich Ihnen auch für Ihre Anträge.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Bayern! Das Deutsche kann aus dem Reichtum seiner Dialekte doch nur schöpfen. Das große Problem sind doch die sterbenden Dialekte. Es handelt sich um wertvolle Schätze, um Ausdrucksweisen, die auch die Kreativität nicht nur in der Sprache, sondern auch in unserem Handeln beeinflussen. Sie haben die Hochsprache über Jahrhunderte bereichert.
Ich komme auf das Beispiel von Herrn Dorow zurück. Der Schmarrn, den Sie wahrscheinlich ganz genauso erzählt haben, ist auch an der Nordseeküste ein Begriff. Das ist doch genau das "Mia san mia", das wir in Bayern auch wollen. Das ist das schönste Beispiel dafür, dass die grüne kosmopolitische Tendenz, die man immer sieht, das Globalistische, nicht richtig ist. Warum verwendet denn ein Weltkonzern wie Bayern München einen solchen Ausdruck wie "Mia san mia"? – Weil es überhaupt kein Widerspruch ist.
Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Bewusstsein für den kulturellen Reichtum, und zwar hier bei uns und mit den noch lebenden Dialekten. Leider hat Bayern in den letzten Jahrzehnten viele Dialektsprecher verloren. Das ist ein großer kultureller Verlust.
In vielen ländlichen Gegenden sind die Dialekte noch lebendig. Geschätzter Kollege Dorow, Sie haben gesagt, dass das in den Siebzigerjahren ein Problem war und heute angeblich kein Problem mehr sein soll. Das liegt doch daran, dass heute viel weniger Dialekt gesprochen wird als in den Siebzigerjahren. Warum? – Schauen Sie sich doch einmal Ihre Politik an. Sie bevorzugen das Hochdeutsche. Damals – dies wirkt sich bis heute aus – wollten Sie nicht, dass die lokale Bevölkerung ihre Dialekte spricht. Das Internationalistische – da laufen Sie den GRÜNEN hinterher –, das Englische wird in Ihrer Wortwahl immer häufiger; die Migration tut ein Übriges. Meine Damen und Herren, das ist auf jeden Fall nicht die Meinung der AfD.
Herr Kollege Dorow, eines muss man sagen: Sie könnten schon etwas für die bayerischen Dialekte tun, wenn Sie wenigstens das Gendern verhindern würden. Das ist doch eine elitäre Kunstsprache, die von oben aufgesetzt wird. In Ihrem Hochschulinnovationsgesetz, das gerade behandelt wird und das Sie zusammen mit den FREIEN WÄHLERN beschlossen haben, halten Sie sich noch nicht einmal an Ihre eigenen Parteibeschlüsse, die eigentlich das Gendern nicht wollen. Dies findet also in Ihre eigenen Gesetzentwürfe Eingang. Es ist ein Drama, wenn eine solche Partei Bayern führt.
Dass die GRÜNEN außer sich sind – Sie haben ja das Außer-sich-Sein kritisiert –, erkennt man daran, wie laut sie eben waren. Sie tuscheln jetzt wieder, statt sich diesem wichtigen Thema zu widmen.
Eines muss man sagen, Frau Kurz von den GRÜNEN: Da muss extra die AfD kommen, da muss extra ich kommen,
Frau Gottstein von den FREIEN WÄHLERN, diese Wörter, die Sie hier benutzen, mag man vielleicht auch im Dialekt sagen können. Aber ich mache mir hier die Hände nicht schmutzig. Ich werde hier keine Fäkalsprache benutzen. Das bleibt Ihnen anheimgestellt.
Meine lieben Freunde von der AfD, liebe Staatsregierung, ich sage als letzten Satz eines: Wenn die Bayern nicht ihre Eigenart verlieren wollen, für die sie in der ganzen Welt geschätzt werden und als deren Ausdruck sie jetzt nach zwei Jahren Pause im dritten Jahr wieder ein Oktoberfest in ihrer traditionellen Kleidung mit allem, was dazugehört, feiern dürfen, dann müssen Sie jetzt handeln. Da keine andere Fraktion hier so einen Antrag einbringt, sage ich: Stimmen Sie bitte unserem Sprachschutzgesetz zu!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit einem Bekenntnis: Ich bin ein großer Anhänger und Sammler fränkischer Mundartliteratur und ein Fan der unterschiedlichen fränkischen Dialekte in allen Kulturformen. Aber gerade als leidenschaftlicher Dialektfan kann man diesen Gesetzentwurf nur ablehnen. Dafür gibt es wirklich gute Gründe. Herr Prof. Hahn, das war eine armselige Vorstellung, die Sie heute hier geliefert haben!
Erstens. Es gibt für diesen Gesetzentwurf an keiner Stelle irgendeine überzeugende Begründung. Sie haben auch heute keinen einzigen Grund genannt. Die AfD bleibt wie immer bei ihren Initiativen den Beleg für die Behauptung eines gesellschaftlichen Missstandes schuldig. Wo ist die Diskriminierung von Dialektsprechern im Freistaat Bayern? Wo ist die Verdrängung des Dialektes durch den Staat? Allein dieser Bayerische Landtag ist doch Beleg dafür, dass der Gebrauch des Dialektes fröhlich und selbstverständlich an der Tagesordnung ist. Ich brauche nur an manche Mitglieder der Staatsregierung zu denken: Der hier sitzende Minister und stellvertretende Ministerpräsident ist ein beredtes Beispiel dafür.
Zweitens. Der Gesetzentwurf befördert genau das, was er vermeintlich verhindern will. Gerade dieser Gesetzentwurf stellt einen Eingriff in den freien Sprachgebrauch und die freie Dialektverwendung durch eine schwer nachvollziehbare und noch schwerer vollziehbare gesetzliche Sprachbürokratie dar. Da ist im Gesetzentwurf von "Standardvarietät" die Rede, von "Sprachvarietät", von "Isoglossengrenzen" und von "Code-switching". Der Gesetzentwurf ergießt sich in sprachwissenschaftlichen Belehrungen. Die AfD erweist dem Dialekt doch einen Bärendienst, indem sie den Dialekt in ein gesetzliches Zwangskorsett zwängen will und aus dem normalen, natürlichen, selbstverständlichen Umgang mit Hochsprache und Dialekt einen gesetzlichen Sprachbürokratismus machen will, dessen Vollzug völlig schleierhaft bleibt.
Drittens. Der Gesetzentwurf ist absolut widersprüchlich. Man rätselt, worum es eigentlich gehen soll: um den Schutz des Dialektes oder den Schutz der deutschen Hochsprache? Das Recht auf Dialektsprechen, das nach unserer Einschätzung nicht gefährdet ist, geht auch zulasten der deutschen Hochsprache. Das ist logisch. Umgekehrt ist die Betonung der deutschen Hochsprache in Ihrem Gesetzentwurf zugleich eine Relativierung des Dialekts. Beides in einem Gesetzentwurf gleichzeitig mit höchster Priorität zu versehen, ist unlogisch und verursacht mehr Fragen, als Antworten gegeben werden. Bisher war die Erzählung der AfD, dass die deutsche Hochsprache einen Abwehrkampf gegen "Denglisch", Gendersprache und Fremd- und Lehnwörter aus anderen Sprachen führt und führen muss. Jetzt gibt es plötzlich eine andere Erzählung. Jetzt gefährdet die deutsche Hochsprache angeblich die Dialekte. Die eine Erzählung ist so falsch wie die andere. Richtig ist doch: Hochsprache und Dialekt haben unterschiedliche Aufgaben und Funktionen bei einem sehr vielfältigen Sprachgebrauch.
Viertens. Der Gesetzentwurf ist aus der Zeit gefallen. Denn wer die letzten dreißig Jahre Revue passieren lässt, stellt fest, dass die Dialekte eine starke Renaissance erfahren, ob bei Kabarett, Rock- und Popproduktionen, Fernsehserien oder in vielen Produktionen der Theater in Bayern. Es wird viel getan – darauf haben
Kollegen schon hingewiesen –, um den selbstverständlichen Gebrauch von Dialekt zu stärken. Dazu ist schon einiges ausgeführt worden.
Fünftens. So bleibt nur eine abschließende politische Bemerkung: Der Gesetzentwurf soll offenkundig dazu dienen, unsere Sprache nach dem Lehrbuch der rechtsextremen Identitären Bewegung zur permanenten ideologischen Auseinandersetzung zu missbrauchen. Das hat mit der Liebe zur deutschen Sprache und zum Dialekt nichts, aber auch gar nichts zu tun. Denn die vorgetäuschte Liebe zur deutschen Sprache und zu Dialekten ist bei Ihnen etwa so glaubwürdig wie die Forderung von Tino Chrupalla, Parteivorsitzender der AfD, in einem Interview vor der Bundestagswahl, dass wieder mehr deutsche Gedichte gelehrt werden sollen. Auf die Frage eines jugendlichen Reporters nach seinem deutschen Lieblingsgedicht konnte Chrupalla nicht eine einzige Verszeile nennen. – So weit, so entlarvend.
Abschließend und zusammengefasst auf Unterfränkisch: Aufgemerchd, liebe AfD, ich geb euch an fränkischen Dipp-Dopp-Dipp: So a Gesetzentwurf – so würden wir in Franken sagen – is a rechter Schmarrn und ghörd in den Rabierkorb, aber ned in unnern Landach.
Liebe Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die AfD findet also, dass es an der Zeit sei, dass sich die bayerische Bevölkerung in Zukunft eines Sprachschutzgesetzes bedient, und zwar zur Pflege und zum Schutz der bayerischen Dialekte. Die Diskriminierung und Schlechterstellung von Dialektsprechern sei für eine zukunftsgewandte Gesellschaft nicht länger hinnehmbar.
Klar ist: Egal, wie sehr und wie oft die AfD dies behauptet: Niemand wird wegen seines Dialektes diskriminiert. Niemand ist wegen seines Dialektes schlechter gestellt, weder in Bayern noch in Deutschland.