Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Gebt der Wirtschaft diese Luft, die sie braucht, um die Potenziale ausschöpfen zu können. Nachdem ich schon bei den Gaststätten bin, nutze ich die Chance und sage: Ich sehe im Tourismus eine Schlüsselbranche und eine Wachstumsbranche der Zukunft.

(Volkmar Halbleib (SPD): Arbeitsschutz ist für Sie kein Begriff!)

Wenn wir im Tourismus im Jahr 5 % Wachstum haben, während wir bei anderen Branchen momentan hoffen, dass es nicht zurückgeht, müssen wir beim Tourismus die Handbremse lösen, damit unsere Wirte, unser Tourismusgewerbe und unsere Übernachtungsbetriebe und damit Bayern insgesamt die Schönheit der Landschaft in Geld umsetzen und auch international daran noch mehr verdienen können. Denjenigen, die viel ins Ausland in Urlaub fahren, sage ich: Bleibt heuer einmal zu Hause, macht Urlaub zu Hause. Das ist klimafreundlich und nutzt unseren Wirten und der Tourismusbranche.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Noch einmal: Wir arbeiten an energiepolitischen Lösungen. Wir tun, was wir tun können. Vieles muss der Bund verbessern. Wir machen über alle Bereiche hinweg Innovationen. Das liegt federführend in der Zuständigkeit meines Ministeriums, aber auch in der Zuständigkeit des neuen Digitalisierungsministeriums und der anderen Ministerien. Wir müssen dieses Potenzial heben. Wir sind mit den Zukunftstechniken unterwegs. Wir sehen auch, wo die Märkte von morgen sind.

Der Ministerpräsident war kürzlich mit einer Delegation in Afrika. Ich bin davon überzeugt, dass Afrika, vor allem Nordafrika als erste Bastion und später auch weiter der Süden, einer der Wirtschaftsräume der Zukunft sein wird, wo wir mit der Wirtschaft auf ganze Regionen stabilisierend einwirken können. Wir werden in der nächsten Zeit noch mehr den Blick auf Afrika richten.

Wir sagen aber auch ganz klar: Der Osten muss wirtschaftlich gut angebunden werden. Ich sage es an der Stelle auch: Wir werden weiterhin Gas aus Russland brauchen. Ich bin auch dafür, dass wir die Nord-Stream-2-Leitung fertigbauen, wenn sie schon halb fertig ist. Wir sollten nicht nur auf amerikanisches FrackingGas hoffen, sondern auch das Gas aus Russland mitnehmen. Wir brauchen es, um unsere Energieversorgung sicher aufstellen zu können.

Wir haben darüber hinaus Konzepte für die Vernetzung der Wirtschaft. Wir haben es am Montag in Augsburg bewiesen. Danke an den Ministerpräsidenten und an die CSU dafür, dass wir so schnell zu einer Lösung kommen konnten. Danke auch an Bernhard Pohl und Fabian Mehring als Abgeordnete vor Ort, die dieses Thema eingebracht und den Kontakt zur dortigen Wirtschaft hergestellt haben, um eine Karbonstrategie, eine Leichtbaustrategie zu realisieren und die Betriebe miteinander zu vernetzen. Das Vernetzen, das gemeinsame Denken und Arbeiten, ist ein Markenzeichen meiner Politik, auch wenn andere meinen, es sei nicht so. Ich habe den Energiegipfel einberufen, an dem von den Trassengegnern bis hin zur Großindustrie alle teilgenommen haben. Ich habe den Flächenspargipfel einberufen, an dem vom Umweltverband bis zur Industrie alle teilgenommen haben. Ich habe gesagt: Wir brauchen die Fläche. Mein Ziel ist es, weiterhin im Konsens in diesem Land voranzukommen. Wir müssen darauf hinwirken, dass wir eine Spaltung der Gesellschaft und ständige Verunsicherungen vermeiden, denn Kapital und Investitionen sind ein scheues Reh.

Wenn dann auf Bundesebene oder wo auch immer Enteignungsdebatten ausgelöst werden, die die Leute verunsichern, überlegt sich so mancher, ob er noch in Deutschland investieren soll. Wenn irgendwelche Grünschnäbel von den Roten sagen, sie würden in Kürze über die Enteignung von Großkonzernen nachdenken, dann sagen die Unternehmer doch: Wenn die demnächst in einer rot-rot-grünen Regierung mehr zu sagen haben, machen sie uns den Ofen aus.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Deshalb müssen wir uns davon klar distanzieren. Bitte bestätigen Sie uns, dass diese Meinung nicht mehrheitsfähig ist, sonst sagen uns die Unternehmer: Wenn ich mir überlege, hier oder anderswo zu investieren, dann gehe ich woanders hin.

Genauso überlegt man sich, woanders hinzugehen oder sein Geld woanders anzulegen, wenn die Debatten über Immobilien genauso geführt werden. Wenn den Vermietern immer mehr vorgeschrieben wird, wie viel Miete sie noch verlangen dürfen, werden sie nicht mehr in Immobilien, sondern in Aktien investieren. Wenn wir den Vermietern damit drohen, dass ihnen ihr größeres Mietobjekt irgendwann einmal nicht mehr gehört, weil wir sie steuerlich fertigmachen, werden sie auch woanders investieren. Deshalb auch hier der Appell an die SPD in der Bundesregierung: Schaffen Sie endlich die Erbschaftsteuer ab, damit in Bayern Investitionssicherheit geschaffen wird und damit Kapital und Eigentum in Familienbesitz bleiben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Vor wenigen Tagen – ich kann Ihnen die Adresse geben, damit Sie sich mit den Leuten auseinandersetzen können – habe ich mit einer Vermieterin in München gesprochen, die ein Mietshaus in Privatbesitz hat. Sie hat das Haus kürzlich renoviert und jetzt kein Geld mehr, weil sie so viel in die Renovierung gesteckt hat. Jetzt steht der Erbfall an. Wenn die Erben Hunderttausende an Euro Erbschaftsteuer zahlen müssen, dann verkaufen sie dieses Haus an irgendeinen Investmentfonds. Dann gehört das Haus anderen Leuten. Das verursachen Sie mit Ihrer Erbschaftsteuer, an der Sie so knallhart festhalten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wir sehen auch die Notwendigkeit, die Autoindustrie gegen Ihre Ideologie zu verteidigen. Die GRÜNEN sagen, bis 2030 soll der Verbrennungsmotor abgeschafft sein. Wenn Sie sagen würden, die fossilen Energien sollten als Energiequelle erledigt sein, dann wäre das eine nachvollziehbare Perspektive. Sie stellen aber nur den Verbrennungsmotor in Frage. Ist Ihnen denn bewusst, dass ich den Verbrennungsmotor im Zweifel auch mit nachwachsenden Rohstoffen, mit Gas oder mit EFuels, betreiben kann, während ich andererseits Ihren heiligen Elektromotor mit Braunkohlestrom aus der Lausitz betreiben muss?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wenn man über das Klima redet, kann man nicht sagen: Die Batterie ist gut, und der Verbrenner ist böse. Man muss sich den Brennstoff anschauen. Im Zweifel kann der Verbrenner mit nachwachsenden Rohstoffen besser sein als die Batterie mit der Braunkohle.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Mit unserer Autostrategie wollen wir innovationsoffen sein. Wir sichern Arbeitsplätze in Bayern, weil wir das eine tun, ohne das andere zu lassen. Der Autoindustrie heute den Verbrenner wegzunehmen, ist nicht nur ein Schuss ins Knie, sondern ein Schuss in den Kopf und in das Knie zugleich. Das dürfen wir nicht tun.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Ich bin der Überzeugung, dass wir auf dem richtigen Weg unterwegs sind. Ich habe noch eine knappe Minute Redezeit. Vielleicht werde ich etwas überziehen.

Im Hinblick auf das Flächensparen müssen wir mit einem kühlen Kopf und Vernunft vorgehen, um nicht so zu enden wie Sie mit dem Volksbegehren "Rettet die Bienen".

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Am Ende will man die Bienen retten und schneidet Obstbäume um, weil es nicht zu Ende gedacht ist. Derzeit laufen Gespräche. Die ersten Gespräche haben schon stattgefunden, weitere werden folgen. Wir müssen mit allen, mit den kommunalen Spitzenverbänden, mit der Bauindustrie, mit den Architekten und Vertretern aus Umwelt und Wirtschaft reden, um das Ziel zu erreichen. Wir müssen von dem hohen Flächenverbrauch von 10 bis 12 Hektar täglich in Bayern auf die Hälfte herunterkommen. Wir dürfen aber an dieser Stelle nicht wieder das Kind mit dem Bade ausschütten. Irgendwann kommen wir mit Flächenzertifikaten um die Ecke, die dazu führen, dass kein Haus mehr gebaut werden kann und die Mietpreise um 20 % steigen. Am Ende sagen wir: An diesen Kollateralschaden haben wir nicht gedacht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Erst denken, dann reden. Den Regionalen Planungsverbänden soll eine Schlüsselrolle im Hinblick auf das Flächensparen und das Flächenmanagement zukommen. Wir sollten die Regionalen Planungsverbände auch personell stärken, damit sie Aufgaben übernehmen und gemeinsam mit den Kommunen sinnvolle Lösungen erarbeiten können. Wenn sich hundert Kommunen in einem Planungsverband zusammentun, baut die eine Kommune heuer etwas mehr Wohnungen, dafür macht die andere ein Jahr einmal gar nichts. Eine weitere Kommune muss den Flächenverbrauch aufgrund einer Verkehrsachse aushalten. Wir sollten im regionalen Zusammenhang denken, aber dennoch sensibel und flexibel mit dem Thema umgehen. Wir sollten nicht die einzelne Kommune mit Maßnahmen konfrontieren, die sie nicht umsetzen kann. Wenn wir das Wachstum auf dem Land verhindern, stellen wir nach zwei Jahren fest, dass wir den Wohnungsmarkt kaputt gemacht und die Unternehmen ins Ausland gejagt haben. Am Ende bricht das Ganze zusammen. Wir sollten nicht mit dem Kopf durch die Wand gehen, sondern mitdenken. Das ist auch beim Flächenmanagement dringend notwendig. Wir haben den Plan, wir werden ihn gemeinsam umsetzen. Meine Damen und Herren, wir werden alle mitnehmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Zusammenfassend steht das unter der Überschrift: Substanzerhalt und Substanzausbau durch Innovation. Bayern hat noch viel Substanz. Wir wollen diese erhalten, wo sie da ist, beispielsweise in der Autoindustrie. Wir wollen diese Substanz nicht verlieren, sondern sie auch in vielen anderen Bereichen wie im Tourismus, im Mittelstand und der Industrie ausbauen. Wir wollen die Energiewende sinnvoll gestalten, damit wir in Bayern möglichst viel selber daran verdienen und versorgungssicher sind. Wir wollen den Blick aber auch über die Landesgrenzen hinaus richten und andere Länder vor allem im Bereich der Energiepolitik einbinden. Mittlerweile stehe ich mit vielen Bundesländern von Thüringen über Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bis hin zu Niedersachsen in engem Kontakt, um den Bund auf das richtige Gleis zu führen. In der Wirtschaftspolitik sind wir von Afrika bis Europa unterwegs. Jetzt müssen wir den Brexit noch ordentlich hinbekommen.

Mein Ziel ist es allerdings, den Brexit nicht hinzubekommen, sondern zu verhindern. Das ist mein Ziel. Ich sage das ganz klar.

(Unruhe)

Jetzt kann man fragen: Was kann die bayerische Politik an dieser Stelle machen? – Ich war bereits in Schottland und habe mit Politikern und Unternehmern gesprochen. In England wollen wir einen Unternehmerabend durchführen, um die Unternehmer zusammenzuführen. Ich bin im Gespräch mit den Leuten vor Ort. Sie schreien nur dazwischen, sind jedoch nicht dort, wo es brennt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Ich glaube, damit setzen wir eine richtige Strategie auf und stellen in Europa die richtigen Weichen. Bayern ist übrigens das Land mit den meisten konsularischen Vertretungen. Gestern war ich beim Abend des Konsularischen Korps. Bayern ist in 107 Ländern vertreten – mehr als jedes andere Bundesland. Wir haben unsere Fühler ausgestreckt, und werden das auch weiter tun.

Unterm Strich gesagt: Bayern steht gut da. Wir müssen alles dafür tun, damit es noch besser wird. Ich setze auf Mitarbeit, soweit dies im Rahmen einer konstruktiven Debatte erfolgt. Ich bin der Überzeugung, dass Bayern weiterhin stark sein wird, weil wir vernünftig mit den Menschen reden und ihre Sorgen ernst nehmen. Wir setzen Ziele zeitnah um und verlieren uns nicht in ideologischen Debatten, die die Gesellschaft spalten. Bayern wird vernünftig regiert, und das soll so bleiben.

(Lang anhaltender Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gab mehrere Meldungen für Zwischenbemerkungen. Als Erster hat Herr Kollege Mannes von der AfD-Fraktion das Wort.

Herr Staatsminister, ich habe eine Frage zur Energiewende. Sie haben angedeutet, wie die Energiewende aus Ihrer Sicht gelingen könnte. Dazu habe ich zwei Fragen. Ganz konkret: Mit welchem Energiemix wollen Sie in Zukunft Bayern versorgen? Was soll das ganz konkret kosten? – Wenn Sie das kurz ausführen könnten.

Wenn die Kernenergie vom Netz geht, brechen zwei bis fünf Gigawatt weg. Zeitgleich war Bayern immer wieder in einem gewissen Umfang Stromexporteur, in letzter Zeit jedoch weniger. Wir müssen die erneuerbaren Energien so weit ausbauen, wie es die Akzeptanz der Bevölkerung zulässt. Den Rest müssen wir durch mehr eigene Gaskraftwerke in Bayern kompensieren. Die Netze, die schon bestehen, müssen das in den nächsten Jahren abdecken. Ob in sieben bis neun Jahren der SuedLink und der SuedOstLink hinzukommen, werden wir sehen. Das kann ich heute weder deutlich beschleunigen noch verlangsamen.

Der Strommix wird somit aus erneuerbaren Energien, Gaskraftwerken und dem vorhandenen Gasnetz bestehen. Zeitgleich bin ich dabei, eine Wasserstoffstrategie aufzusetzen. Ich habe mir bereits die ersten Akteure an den Tisch geholt. Dazu zählen die chemische Industrie, die Autoindustrie und all diejenigen, die die Technik haben. Außerdem brauchen wir Kommunen, die bereit sind, ihre Flotte mit Wasserstoff-Bussen zu ergänzen. Ich habe auch schon Kontakt zur Bundesebene aufgenommen. Da müssen wir noch einen Anstoß geben. Ich sehe den nächsten Schritt in einer bayerischen und deutschen Wasserstoffstrategie, die sich von unten entwickelt. Wir sollten die Elektromobilität zumindest flankieren. Es ist nicht sinnvoll, dies jetzt in Euros zu fassen. Selbstverständlich kostet alles Geld, aber es

handelt sich überwiegend um rentierliche Investitionen. Die reine Herstellung der Versorgungssicherheit nach dem Abschalten der Atomkraftwerke ist ein überschaubarer Prozess. Das beginnt bei mehreren Millionen Euro und geht bis in den unteren Milliardenbereich hinein. Damit ist die Versorgung sichergestellt, wenn die Atomkraft vom Netz geht. Da hoffe ich, dass die Milliarden nicht nur in die Kohleregionen fließen, sondern auch hierher nach Bayern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zur nächsten Zwischenbemerkung hat der Kollege Martin Stümpfig von den GRÜNEN das Wort.

Herr Staatsminister Aiwanger, nach Ihrem Schweinsgalopp durch alle Themen ist allen Bürgerinnen und Bürgern, die das gehört haben, klar:

In zwanzig Minuten die Welt erklärt!

(Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN)

Diese Staatsregierung, Ihr Ressort, hat wirklich kein Konzept im Bereich Wirtschaft oder Energie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich frage Sie: Wie kann es sein, dass man ein Geothermie-Förderprogramm auslaufen lässt, obwohl das Potenzial in Bayern so groß ist? Wir könnten 20 % der Häuser in Bayern mit Wärme versorgen. Sie lassen dieses Programm auslaufen. Sie kürzen die Fördermittel im Bereich der staatlichen Sanierungen von 25 auf 20 Millionen.

Das 10.000-Häuser-Programm wird gekürzt. Bei der Windkraft gibt es keinerlei Ausbau mehr. Die Kontingente bei der Solarkraft sind ausgeschöpft, aber Sie legen nichts nach. Zu den Leitungen reden Sie mal so und mal so, je nachdem, wo Sie vor Ort sind. Sie haben keinerlei Konzept in der Energiepolitik. Bei unserem Energiekongress am Samstag stand Herr Prof. Schellnhuber an diesem Podium. Er hat klar gesagt: Wir stehen an der Schwelle zur Zerstörung unserer Zivilisation. Wir müssen die CO2-Emissionen bis 2030 halbieren.

Herr Kollege – –