Ich kann weiterhin nicht glauben, dass es unseren Unternehmerinnen und Unternehmern immer noch so schwer gemacht wird, Auszubildende im Rahmen der 3plus-2-Regelung einzustellen. Sie sind gut darin, Abschiebegefängnisse und Anker-Einrichtungen zu bauen.
Integration bedeutet Zugang zu Bildung, Sprache, Arbeit, Kultur sowie zum gesellschaftlichen Leben. Integration bedeutet auch, klare Kante gegen alle zu zeigen, die gegen Geflüchtete hetzen und einen Spaltpilz in die Gesellschaft treiben. Denn wer ausgrenzt, der spaltet; wer spaltet, der schwächt das Land. Zusammenhalt macht uns stark, und gemeinsam gewinnen wir.
Herr Abgeordneter Mistol, ich bedanke mich. – Ich darf als nächsten Redner Herrn Abgeordneten Cemal Bozoğlu von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufrufen. Herr Bozoğlu, bitte.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich 1979 aus der Türkei als Kind sogenannter Gastarbeiter nach Deutschland eingewandert bin, war die gesellschaftliche Herausforderung nicht viel anders als jetzt. Es war eine Zeit, in der viele Migrantenfamilien ihre Kinder aus den ehemaligen Herkunftsländern zu sich holten. Dazu kamen die Menschen, die
aus politischen Gründen etwa den Iran oder die Türkei verlassen mussten. Es galt, Zehntausende junger Erwachsener binnen kürzester Zeit aufzunehmen.
Damals wurde das Programm MBSA – "Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung" junger Ausländer – in Zusammenarbeit mit den Berufskammern entwickelt. Bei diesem Programm gingen Sprachbildung mit beruflicher und sozialer Integration Hand in Hand. Die jungen Menschen hatten nach einem Jahr eine Orientierung und die Möglichkeit, sich weiter zu entfalten.
Ich merke rückblickend, welch großer Türöffner diese Maßnahmen für mich waren. Ich habe die Sprache gelernt, hatte eine berufliche Perspektive und erste soziale Anknüpfungspunkte. Damit war der Grundstein für die Integration gelegt. Menschen aus dieser Generation sind zu tragenden Säulen unserer Gesellschaft geworden.
Wer integrieren und das Fundament für ein richtiges Zusammenleben legen will, der muss Ängste und Vorurteile abbauen. Oft bewirken dabei die kleinen Symbole mehr als es Bußgeld oder die Einschränkung von Freiheiten je könnten. Ich stelle mir ernsthaft die Frage, ob wir es in Bayern schaffen, Brücken zu bauen, oder ob wir Bestrebungen hin zu einer inklusiven und bunten Gesellschaft eigentlich hemmen. Möglicherweise verstärken wir sogar Vorbehalte, indem wir defizitorientiert agieren und potenziellen Gefahren mehr Platz als potenziellen Chancen einräumen. Eines ist doch klar: Wer damit beginnt, Freiheiten einzuschränken, der spielt in die Hände derer, die Menschen segregieren wollen, und stellt den Satz "Die Gedanken sind frei" infrage.
Politik, die Strafunterricht verordnet, Bußgeldkataloge aufstellt und sogar die Kameraführung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern am liebsten selbst übernehmen will, fördert gerade diejenigen, die sich nach Feindbildern sehnen. Durch solche Politik entsteht das Bild des bösen Migranten, der nur durch Strafe kontrolliert werden kann.
Dabei ließe sich positiv wirken, etwa durch das Bundesprogramm "Demokratie leben!", durch das auch Alltagsrassismus bekämpft wird. Die Bayerische Staatsregierung beschränkt sich bei der Kofinanzierung des Programms auf den Minimalbeitrag von zwanzig Prozent. Jeder Euro mehr für zivilgesellschaftliche Projekte, die den Dialog fördern, würde deutlich mehr Wirkung entfalten als Ihr substanzloses Gesetz, das sogar strukturellen Rassismus fördert.
Das vom Verfassungsgericht nun gerügte Integrationsgesetz ist seit fast drei Jahren Realität. Ich frage Sie: Können Sie mir messbare und handfeste Ergebnisse zeigen, wie sich die Integrationssituation für Betroffene durch dieses Gesetz verbessert hat? – Das können Sie nicht. Es gibt nämlich keine wesentlichen Fortschritte, im Gegenteil: Das Klima wurde vergiftet, und die Menschen wurden durch die unsägliche Leitkulturdebatte verunsichert. Das Integrationsgesetz hat nicht zu Stabilität, Sicherheit und Perspektiven geführt.
Die regressive Asylpolitik gegenüber Geflüchteten schafft keine Basis für Integration, sondern bewirkt das Gegenteil. Das Integrationsgesetz und die Leitkulturdebatte sind CSU-Klassiker. Wenn Wahlen nahen und die Umfrageergebnisse sinken, werden die Themen Migration und Integration aus der untersten Schublade herausgezogen. Dann wird versucht, sich mit einer Politik der eisernen Hand zu profilieren. Man hat dabei nicht zum ersten Mal die Grenzen des Grundgesetzes überschritten.
Es ist sehr schlimm, dass eine Partei, die während der letzten sechzig Jahre durchgehend und fast immer alleine regiert hat, nun binnen kürzester Zeit zwei Mal durch das Verfassungsgericht gerügt und an den Rahmen, in dem sie sich bewegen kann, erinnert werden musste.
Herr Abgeordneter, ich bedanke mich. – Als Nächsten rufe ich den fraktionslosen Abgeordneten Swoboda auf. Ich erinnere an die Redezeit von zwei Minuten. Wir haben heute eine straffe Tagesordnung. Es gibt keinen Zeitrabatt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste! Frau Demirel, Ihnen ein ganz besonderer Gruß: Sie haben mit Ihrem Bashing der CSU wirklich eine Granate gezündet. Hoffentlich bleibt diese Granate nicht im Rohr stecken. Sie selbst bezeichnen sich als verfassungsfreundlich; diese Verfassungsfreundlichkeit unterstelle ich grundsätzlich auch der CSU, obwohl ich oft auf der Seite der CSU-Kritiker bin.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Integration braucht einen Rahmen. Ich verstehe dieses Urteil darum als entsprechende Leitplankensetzung. Ich glaube, dass, soweit es nicht um Minderjährige geht, niemand gezwungen werden soll, etwas Gutes zu lernen, auch nicht jemand, der integriert werden soll. Der Rahmen in Bayern sieht aber so aus: Alle Beteiligten an der Integration – der Staat, die aufnehmende Gesellschaft und die betroffenen Personen – haben auch etwas zu erbringen. Bei Letzteren gilt für mich als Grundvoraussetzung, dass sie integrationsfähig und auch integrationswillig sein müssen. Wenn das nicht der Fall ist, dann kann Integration nicht stattfinden. Dann kann sich der Staat noch so sehr bemühen und Integrationsgesetze und einen verfassungsrechtlichen Rahmen schaffen; wenn die Leute diesen Rahmen nicht wertschätzen, dann können sie auch nicht von denen, die diese Wertschätzung brauchen, erwarten, weil sie ihnen etwas Gutes tun, dass die ihnen dann eine Integration angedeihen wollen.
Gesetze, die geschaffen werden, müssen rechtsstaatlich sein und auch so vollzogen werden. Das ist nun in Bayern mit dem Bayerischen Integrationsgesetz erfolgt. Dabei hat sich eine Beanstandung ergeben, die
Ich sehe das nicht so, denn ich sehe eines ganz klar: Die Integrationsperson hat hier etwas zu erbringen. Das Gericht hat gesagt: Wenn er vorher abgelehnt hat, integriert zu werden
beziehungsweise die Gesellschaft und ihre Ordnung anzuerkennen – – Das halte ich für wichtig. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Amerikanern.
Ich bedanke mich beim Redner. – Ich darf als Nächsten Herrn Staatssekretär Eck aufrufen. Bitte schön.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Debatte verfolgt, noch dazu von außen, dann fragt man sich, in welchem Land man sich befindet. Wenn Politik Entscheidungen trifft, dann muss sie auch die Ergebnisse betrachten, muss prüfen und überlegen, ob sich etwas positiv oder negativ verändert hat. Das ist eine Grundvoraussetzung. Es gibt den politisch neutralen Sachverständigenrat, und der sagt ganz klar und ohne Einschränkung, dass Migrantinnen und Migranten sich in Bayern überdurchschnittlich wohlfühlen. – Darauf kann man doch stolz sein, darüber können wir glücklich sein. Ich finde, das ist ein ausgezeichnetes Ergebnis.
Wenn man die Statistiken betrachtet, die dafür zur Verfügung stehen – die gibt es nicht in allen, aber in vielen Bereichen –, dann erkennt man, dass Bayern immer wieder sehr gut ist und in den meisten Bereichen sogar an erster Stelle steht. Auch dieses Ergebnis ist fantastisch und klasse. Wenn ich aber sehe, welche Rhetorik hier aufgebaut wurde, dann tue ich mich sehr, sehr schwer. Ich will alle Kolleginnen und Kollegen verschonen. Herr Kollege Reiß, Herr Kollege Hold und Frau Kollegin Brendel-Fischer haben hier bereits zum Ausdruck gebracht, was wesentliches Fundament dieses Gesetzes ist. Die Kollegin von den GRÜNEN bringt sogar Menschenrechtsverletzungen in die Diskussion ein; da muss ich schon sagen: Über Anstand und Respekt lässt sich immer diskutieren, in diesem Fall sollte man sich aber schon überlegen, ob man das so stehen lässt
In der Hitze des Gefechtes kann das schon einmal passieren, aber Menschenrechtsverletzungen anzunehmen? – Da haben wir schon einen Punkt erreicht, bei dem man sich Gedanken machen sollte.
das muss man sich schon sehr gut überlegen. Der Verfassungsgerichtshof hat den Anträgen von SPD und GRÜNEN weit überwiegend nicht entsprochen.