Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus dem Bereich der Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertagesstätten nennen. 2006 hatten wir 21.803 Fachkräfte und 21.884 Ergänzungskräfte, von denen 17.068 Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger waren. 2020 haben wir 54.946 Fachkräfte, 51.356 Ergänzungskräfte, davon 37.738 Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger. Wir haben bei den Fachkräften also eine Steigerung um 131 % und bei den Ergänzungskräften um 134,7 %. Man sagen kann, dass in den vergangenen 14, 15 Jahren Gravierendes passiert ist, weil sich natürlich auch die Gesellschaft gravierend verändert hat.
Wer in einem Kindergartenträgerverein mit der Praxis – mit den Kindergärten und den Kinderkrippen vor Ort – zu tun hat, weiß auch, dass sich strukturell viel verändert hat. Darauf können wir gemeinsam stolz sein. Da wurde vieles auf den Weg gebracht, das in Diskussionen vorbereitet wurde – der Kollege Gotthardt ist, glaube ich, nicht mehr anwesend –, und natürlich hatten wir auch innerhalb der Fraktionen Diskussionen.
Aus meiner persönlichen Sicht ist es in der Partnerschaft zwischen den FREIEN WÄHLERN und uns so, dass die FREIEN WÄHLERN manchmal an der einen oder anderen Stelle zu wenig Wert auf die Qualitätsverbesserung legen, wobei wir noch immer gute Lösungen gefunden haben.
Eine gute Lösung haben wir auch bei den Hebammen herbeigeführt. Diesbezüglich bin ich Bernhard Seidenath besonders dankbar, der mit anderen aus unserer Fraktion maßgeblich daran beteiligt war, dass wir die dritte Stufe jetzt vorgezogen haben und sicher sein können, dass wir am Ende des Tages, wenn die praktische Ausbildung ausläuft, noch mehr Ausbildungsplätze als derzeit in der praktischen Ausbildung haben werden. Das war ein großer Erfolg der CSU-Fraktion innerhalb der Koalition, aber auch in der Zusammenarbeit mit den FREIEN WÄHLERN; wir sind ein Team und arbeiten gemeinsam, auch wenn wir den einen oder anderen Schwerpunkt natürlich unterschiedlich setzen.
Die einzelnen Diskussionen sind wichtig, und wichtig ist auch, dass man nicht immer nur sagt: "Alles ist Mist", sondern differenziert auf diesen Bereich blickt.
Danke schön, Herr Kollege. – Die nächste Rednerin ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Eva Lettenbauer.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleg*innen! Erst vor wenigen Tagen demonstrierten Krankenhausbeschäftigte bundesweit und auch bei mir im Landkreis in Oettingen. Sie sagten deutlich: Es reicht, die Belastung muss runter. Sie forderten mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen. Was für eine neue Dimension der Bankrotterklärung für die CSU ist es doch hier heute in diesem Hause, dass sie doch tatsächlich sagen, Politik könne nicht mehr für die sozialen Berufe tun, als sie tut. Sie haben uns GRÜNE nach Beispielen gefragt: Schauen Sie doch einmal nach Brandenburg auf den Pakt für die Pflege von Ursula Nonnemacher oder auf das Sozialbudget in Hessen von Kai Klose.
Ich möchte hier noch einmal sagen: Soziale Berufe sind immer noch Berufe, die zum Großteil von Frauen ausgeübt werden. Über 75 % der Beschäftigten sind weiblich – von der Erzieherin über die Pflegekraft bis hin zur Sozialpädagogin. Für diese sozialen Berufe braucht man Herz, aber man braucht auch verdammt viel Qualifikation. Soziale Berufe sind nicht nur systemrelevant – sie sind komplex, und sie sind sehr anspruchsvoll.
Es ist alarmierend, dass in den sozialen Berufen ein massiver Fachkräftemangel herrscht, in Berufen, die wir dringend brauchen, gerade jetzt in der Pandemie, aber auch in Zukunft. Wir müssen dringend Personal gewinnen. Tatsächlich passiert aber das Gegenteil. Was für ein Skandal.
Personalrät*innen schlagen Alarm – Zitat: Die müssen was tun, sonst laufen uns die Leute davon. Wir GRÜNE nehmen das ernst. Wir müssen endlich die prekären Arbeitsbedingungen in diesem Bereich abbauen. Wir müssen Arbeitsbedingungen
schaffen, die nicht nur wertschätzend sind, sondern auch die Arbeitnehmer*innen nicht so auslasten, dass sie die Ausbildung abbrechen oder nach zehn Jahren Berufstätigkeit hinschmeißen, weil sie physisch und psychisch einfach nicht mehr können. Wir müssen jetzt eine gute Bezahlung sichern. Wir müssen aber auch Geschlechtergerechtigkeit voranbringen.
Im Bereich der Care-Arbeit zeigt sich einmal mehr, wie sehr das Bild der kümmernden Frau immer noch in vielen Köpfen ist. Wir müssen endlich dahin kommen, dass Mädchen und Jungen frei entscheiden, wo sie arbeiten. Wir brauchen eine geschlechtergerechte und eine geschlechtersensible Berufsorientierung, um die traditionellen Rollenmuster aufzubrechen und um Geschlechterstereotype abzubauen.
Ja, wir müssen versuchen, mehr Männer in die sozialen Berufe zu bekommen, aber das alleine reicht nicht. Ich werde nicht müde zu sagen, auch wenn es die Damen und Herren der Koalitionsfraktionen nicht mehr hören können: Wir müssen endlich die sozialen Berufe aufwerten und die Bezahlung angemessen gestalten, die Arbeitsbedingungen verbessern und den Fachkräftemangel angehen. Klatschen reicht nicht.
Die sozialen Berufe in Bayern aufzuwerten – ja, das ist feministische Politik, liebe Kolleg*innen. Wir GRÜNE fordern, dass die staatlichen Investitionen in frauendominierten Branchen während und nach der Krise unterstützt werden; denn es kann nicht sein, dass immer wieder Frauen und die Berufe, die sie ausüben, bei der Verteilung von Finanzmitteln und hinsichtlich politischer Unterstützung kaum beachtet, schlichtweg ignoriert oder aber nur mit politischen Irrlichtern abgespeist werden wie einem einmaligen Pflegebonus. So werden wir die strukturellen Benachteiligungen nie los, liebe Kolleg*innen.
Soziale Berufe sind die Eckpfeiler unserer Gesellschaft – von der Kita über die Schule bis ins hohe Alter. Überall sind es die Frauen, die die Gesellschaft am Laufen halten, die dafür sorgen, dass wir die Krise so gut wie möglich überstehen, die sich um uns kümmern, wenn wir alt sind, wenn wir krank sind, und die unsere Kinder betreuen und sie bilden.
Liebe Kolleg*innen, wir GRÜNE werden auch in Zukunft mit vielen parlamentarischen Initiativen versuchen, die Situation der vielen, vielen Frauen und aller anderen Beschäftigten in den sozialen Berufen zu verbessern. Wir werden nicht lockerlassen und denjenigen Gehör verschaffen, die sich gerade in dieser Pandemie für uns abrackern. Sie sind es, denen mehr als Dank gebührt – eine gerechte Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen und eine echte Zukunft für die sozialen Berufe.
Danke schön, Frau Kollegin. – Für die Staatsregierung spricht nun noch die Staatsministerin Carolina Trautner. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der Meinung von Professor Bausback, der gesagt hat: Es ist ein gutes Thema. Ja, es ist ein gutes und wichtiges Thema, ein grundsätzliches Thema von essenzieller Bedeutung. Es taugt nicht für politische Spielchen. Dazu ist es zu wichtig.
Wir alle sagen immer, die Corona-Pandemie habe deutlich gezeigt, wie wichtig die sozialen Berufe sind. Schade, dass es dazu eine Corona-Pandemie gebraucht hat; denn wichtig waren diese Berufe schon immer. Die Bedeutung dieser Berufe gehört in jeder Zeit in den Vordergrund gestellt.
Jemandem in die Augen schauen, seine Bedürfnisse und Wünsche sehen – das tun die Menschen in den sozialen Berufen jeden Tag. Sie sind die Stütze und die Vorbilder, die unsere Gesellschaft braucht. Natürlich gehört dafür ein herzliches Vergelts Gott gesagt. Das kann man nicht oft genug wiederholen.
Die Arbeit in den sozialen Berufen ist sinnstiftend und erfüllend, aber sie kostet Kraft, und sie verlangt viel. Trotzdem erfahren Menschen in sozialen Berufen immer noch nicht die Wertschätzung und Anerkennung, die sie verdienen. Das müssen wir ändern. Ich glaube, dies ist auch fraktionsübergreifend der gemeinsame Wille.
Natürlich müssen wir uns anstrengen, um noch mehr Fachkräfte zu gewinnen und sie für die sozialen Berufe zu begeistern. Ja, Frau Lettenbauer, Männer und Frauen – da bin ich völlig bei Ihnen – brauchen wir. Wir haben im Freistaat auch viele Menschen, die wir für diese wertvollen Berufe gewinnen können, Menschen, denen die Arbeit mit Menschen größte Freude macht, die mit Kopf, Herz und Engagement ihrer Berufung folgen wollen. Das müssen wir sichtbar machen.
Diese Aufgabe – das ist mir so wichtig – geht aber weit über das hinaus, was Politik und Staat leisten können. Sie muss auch in der Gesellschaft ankommen. Das ist ein gesellschaftspolitisches Thema. Der Staat kann und muss natürlich Impulse setzen; das ist ganz wichtig. Er muss die Weichen richtig stellen. Allein das wird aber das Problem nicht lösen. Es reicht natürlich auch nicht aus, den Finger in die Wunde zu legen, was das Gehalt betrifft. Es reicht natürlich nicht aus, dass wir das Bündnis für frühkindliche Bildung haben und dafür werben, dass besser bezahlt wird. Natürlich muss die Gesellschaft darüber hinaus auch für sich bestimmen, was ihr wirklich wichtig ist.
Wir müssen unsere Werte hinterfragen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen uns fragen: Was ist denn wirklich von Bedeutung? Im Austausch mit der früheren Regionalbischöfin Frau Breit-Keßler haben wir vor einigen Tagen auch überlegt: Was ist wichtiger, der Wert eines Unternehmens oder der Wert von Geborgenheit und Nähe? Haben wir das Letztere alle jeden Tag auch für uns persönlich als Priorität Nummer eins auf dem Schirm, oder wird es für uns erst von Bedeutung, wenn wir persönlich betroffen sind, weil wir jemanden im Krankenhaus liegen haben, der Pflege braucht, weil wir ein eigenes Kind in der Kita haben, das eine hervorragende Betreuung und eine hervorragende frühkindliche Bildung braucht? Steht das jeden Tag wirklich an der Spitze unserer eigenen Überlegungen? – Ich glaube es nicht. Ich glaube, da ist Luft nach oben vorhanden, und zwar bei uns allen.
Wir müssen uns fragen: Erkennen wir auch Familienarbeit so an, wie wir sie anerkennen sollten? Als Frauenministerin bin ich absolut dabei, dass natürlich auch Frauen für ihre Rente sorgen müssen. Die Frauen halten den Laden am Laufen. Schätzen wir aber Familienarbeit wirklich in dem Maße, in dem wir sie schätzen sollten? Wir haben vor einigen Tagen einen Sozialhaushalt in Höhe von über 7 Milliarden Euro beschlossen, 60 % davon Familienleistungen. Haben wir darüber in der Öffentlichkeit diskutiert? Hat es den Aufschlag gefunden? War das wichtig? Haben Sie da alle was gehört? – Nein, wir haben über ganz andere Dinge diskutiert.
Deshalb sage ich: Wir müssen hier besser werden. Das muss ankommen. Natürlich braucht es die guten Rahmenbedingungen. Das ist alles richtig gesagt. Da müssen wir besser werden. Natürlich braucht es beste Ausbildungsmöglichkeiten. Natürlich braucht es Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung. Natürlich braucht es ausreichend Ausbildungsplätze. Da bin ich komplett bei Ihnen, und es ist wichtig, dass dieses Thema heute nochmal angesprochen wird. Aber es braucht auch Wertschätzung, und die fängt früher an und kann nicht nur mit Geld erkauft werden; denn soziale Berufe sind mehr als ein normaler Job. Für die meisten Menschen ist das eine Berufung, die neben Herz und Hilfsbereitschaft hochprofessionelles Handeln und ständige Reflexion verlangt. Es liegt mir sehr am Herzen, diese außergewöhnlichen Leistungen sichtbar zu machen und so auch junge Menschen dazu zu ermuntern, einen sozialen Beruf zu ergreifen; denn das sind unsere Vorbilder.
Ja, Herr Becher, Sie können sagen, es genügt nicht, eine Herzwerker-Kampagne zu fahren. Natürlich ist das nicht alles. Aber warum die Kampagne schlechtreden? – Sie war eine gute Kampagne. Wir haben eigentlich die Vielfalt dieser sozialen Berufe in den Bereichen Kindertagesbetreuung, Jugendhilfe und Behindertenhilfe zeigen wollen, um die Arbeit der Fachkräfte sichtbar zu machen, ihnen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und so dazu beizutragen, dass wir das auf dem Schirm haben.
In diesem Jahr verleihe ich erstmalig den Herzwerker-Preis 2021 "Große Talente für kleine Herzen". Er zeigt, was pädagogische Fachkräfte leisten und was den Reiz ausmacht, als Fachkraft in einer Kita tätig zu sein. Wir haben uns überlegt, ob es richtig ist, während der Belastung durch Corona auch noch ein Video drehen zu müssen, das zeigt, wie toll die Arbeit in den Kitas ist. Aber wir haben 160 Einsendungen bekommen. Alle diese Einsendungen zeugen davon, mit welcher Begeisterung die Leute hier unterwegs sind und welche Freude und welchen Spaß sie an ihrer Arbeit haben. Ich sage Ihnen: Es reißt mit, wenn Sie diese Videos sehen. Dann hat sich das doch schon gelohnt; das ist ein Punkt.
Es gehört dazu, dass wir viel positiver über die ganzen Dinge reden. Ich erinnere mich an eine Altenpflegerin, die zu mir gesagt hat: Frau Trautner, wenn ich jeden Tag höre, wie schwer mein Beruf ist, wie viel Bürokratie ich bewältigen muss, wie schlecht ich meine Arbeitszeit mit der Familie vereinbaren kann und wie anstrengend mein Beruf ist – glauben Sie, dass das einen einzigen jungen Menschen motiviert, meinen Beruf zu ergreifen?
Nein, das tut es nicht! Deswegen müssen wir positiv darüber reden und motivieren. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz. Dass es an einigen Stellen Verbesserungsbedarf gibt, ist doch sonnenklar. Da arbeiten wir dran.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, soziale Berufe sind die Stütze unserer Gesellschaft. Wir sollten uns auch hier gemeinschaftlich dafür einsetzen, dass sie endlich die Anerkennung und Wertschätzung erfahren, die sie brauchen und verdienen. Dann können wir sagen: "Yes we care", "Yes we can".
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Statistikgesetzes (Drs. 18/14815) - Erste Lesung
Eine Aussprache hierzu findet nicht statt. Wir kommen damit gleich zur Zuweisung an den federführenden Ausschuss. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und des Spielbankengesetzes (Drs. 18/14870) - Erste Lesung
Eine Aussprache hierzu findet nicht statt. Wir kommen damit gleich zur Zuweisung an den federführenden Ausschuss. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – So beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Gülseren Demirel u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Abgeordnetengesetzes Regelung der Nebeneinkünfte (Drs. 18/14931) - Erste Lesung