Kolleginnen und Kollegen, Sie haben jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, der im Kern bestehende Verhaltensregeln für Mitglieder des Bayerischen Landtags in den Artikel 4a des Bayerischen Abgeordnetengesetzes überführt und einiges an diesen Regeln ergänzen möchte. Sie wollen das Verbot bezahlter Lobbyvertretung durch Abgeordnete. Das wollen wir auch. Sie wollen im Übrigen im Wesentlichen Transparenzregeln schaffen, Frau Kollegin Schulze, unter anderem die Offenlegung für Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro und die Nennung der Vertragspartner; Aktienoptionen müssen ab 3 % offengelegt werden, und die Spendenannahme durch Abgeordnete soll unzulässig sein. Auch da werden wir vom inhaltlichen Ziel her mitgehen.
Wenn ich mir den Gesetzentwurf in seiner Gänze anschaue – und wir werden die Einzelheiten dann im weiteren Verfahren noch diskutieren –, so stelle ich fest, dass er in der Tat einige wichtige Aspekte enthält. Weil er sich im Wesentlichen auf Transparenzforderungen bezieht, geht er aber aus meiner Sicht nicht weit genug. Er verbietet lediglich die bezahlte Lobbytätigkeit für Dritte. Im Übrigen wird das Thema "Besorgung fremder Angelegenheiten" im Hinblick auf Interessenkonflikte aus meiner Sicht noch nicht so aufgenommen, wie es vielleicht möglich ist.
Ich kann Ihnen ankündigen, dass wir uns innerhalb unserer Fraktion und dann natürlich mit dem Koalitionspartner abstimmen. Der Kollege Arnold ist im Moment nicht im Raum; ich weiß, dass er auch die anderen Fraktionen angeschrieben hat. Wenn ich mir den Gesetzentwurf der GRÜNEN mit den Vorschlägen für die Transparenz anschaue, kann ich mir gut vorstellen, dass wir vielleicht am Ende des Tages, wenn wir uns alle unsere Vorstellungen klargemacht haben, zu einer gemeinsam getragenen Lösung kommen. Das hielte ich bei einem Abgeordnetengesetz für ein erstrebenswertes Ziel.
Das setzt aber voraus, dass man sich in allen Fraktionen, auch bei uns, erst einmal eigene Überlegungen macht. Das ist eine rechtlich nicht einfache Materie; denn auf der einen Seite geht es darum, was am Treffendsten einmal ein früherer polnischer Außenminister formuliert hat; Bartoszewski, den ich sehr schätze, hat sein Buch mit "Es lohnt sich, anständig zu sein" betitelt. Das gilt für alle. Auf der anderen Seite ist auch wichtig, dass hierzu die Regeln dann verschärft werden, wenn ein ungerechtfertigter Generalverdacht aufgrund von Einzelfällen im Raum steht.
Ich glaube, wir können uns bei vielen Dingen, die auch Sie heute vorgeschlagen haben, einigen. Wir haben an der einen oder anderen Stelle noch deutlich weitergehende Vorschläge, die wir im Moment diskutieren und entwickeln. Aber unsere Bereitschaft bestünde wie gesagt schon, im Rahmen des weiteren Diskussionsprozesses auf eine gemeinsam getragene gesetzliche Lösung hinzuarbeiten. Das halte ich bei einem Abgeordnetengesetz für richtig und wichtig.
Die rein formale Sache, dass Sie die Verhaltensregeln jetzt in das Abgeordnetengesetz hineinschreiben wollen, halte ich für juristisch durchaus akzeptabel und
sinnvoll, weil es einfach die Bedeutung noch einmal unterstreicht. Kolleginnen und Kollegen, letztlich ist es deshalb ein wichtiges, aber auch juristisch schwieriges Thema, weil wir eines nicht vergessen dürfen: Ja, es lohnt sich, anständig zu sein. Die Anständigkeit der Mandatsträger muss auch in dem Bereich des Gesetzes eingefordert werden. Wir werden es im Übrigen auch in den Regeln in unserer Partei machen. Auch da habe ich eine gewisse Aufgabe übernommen.
Eines ist mir aber auch wichtig, und ich glaube, da sind wir uns vielleicht ebenfalls einig: Wir brauchen auch in Zukunft Parlamente, die breit aufgestellt sind und die Lehrer genauso wie Unternehmer, Handwerker genauso wie Angestellte und Arbeiter aus dem sozialen Bereich umfassen, vielleicht auch den einen oder anderen Hochschullehrer. Diese Offenheit muss möglich sein. Wir müssen es ermöglichen, dass ein Freiberufler – da sind wir nicht in einem Dissens – die Grundlage seiner Existenz aufrechterhalten kann; denn niemand von uns kann sich dessen gewiss sein, dass er beim nächsten Mal wiedergewählt wird. Demokratie ist nun einmal Verantwortung auf Zeit. Wenn wir wollen, dass die Parlamente breit aufgestellt sind, müssen wir auch den Kolleginnen und Kollegen, die aus dem Bereich der Unternehmerschaft und der freien Berufe kommen, Möglichkeiten geben. Wir werden da ein gutes Stück vorankommen.
Wichtig ist außerdem, dass wir uns auch im Bund und in den Ländern genau anschauen, was die anderen machen. Da ist ein gewisser Gleichlauf, eine gewisse Harmonisierung durchaus sinnvoll. Sicherlich ist es durchaus sinnvoll, sich in Hamburg und in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland einmal Dinge anzuschauen.
Ich glaube, es wird eine wichtige Debatte sein. Ich würde mich freuen, wenn wir diese Debatte im Weiteren in einer sachlichen und sinnvollen Atmosphäre führen. Ich würde mich auch freuen, wenn wir zwei Aspekte nicht aus den Augen verlören: nämlich zum einen die Breite der Aufstellung im Parlament und zum anderen das freie Mandat, was auch ein ganz wichtiger Gesichtspunkt ist.
Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult, Herr Prof. Dr. Bausback. – Es gibt noch eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Max Deisenhofer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Lieber Kollege Bausback, Sie haben gesagt, die CSU habe auf die Vorwürfe gegen Alfred Sauter und Georg Nüßlein klar reagiert. Ich kann Ihnen direkt aus dem Landkreis Günzburg, also von vor Ort, erzählen, wie sich die Lage dort dargestellt hat. Der Vorsitzende der Kreistagsfraktion im Landkreis Günzburg hat im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Georg Nüßlein von einer Hetzjagd gesprochen. Die CSU im Landkreis Günzburg wünscht laut Kreisvorsitzendem Georg Schwarz, dass Alfred Sauter sein Mandat behält. Meine Frage an Sie ist: Wie sehen Sie denn das Thema Mandatsverzicht, auch als CSU-Fraktion im Landtag? Finden Sie denn nicht auch, dass sich die CSU vor Ort von den Abgeordneten Nüßlein und Sauter distanzieren sollte?
Herr Kollege, die Stellungnahmen der örtlichen CSU teile ich nicht; ich halte sie für falsch. Ich meine auch – das liegt aber im Hinblick auf die Abgeordnetenstellung in der Entscheidung des Einzelnen –, dass
die Kollegen im Interesse des Mandats, aber auch im eigenen Interesse eigentlich auf ihre Mandate verzichten sollten.
Sehr verehrtes Präsidium, geschätzte Kollegen! Karenzzeiten, Lobbyregister, umfangreiche Auskünfte zu Nebeneinkünften – schaut man sich die Transparenzoffensive der GRÜNEN an, könnte man glatt den Eindruck gewinnen, dass da gerade jemand im AfD-Grundsatzprogramm gestöbert hat
haben Sie mal reingeschaut? –, sprechen wir uns doch seit Langem für mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten von Politikern und härtere Sanktionen in Korruptionsfällen aus und ist die Bekämpfung des Lobbyismus bekanntlich ein Teil der DNS unserer AfD.
Dass die bisherigen gesetzlichen Regelungen, die stets davon ausgingen, dass sich alle Abgeordneten selbstverständlich anständig verhalten würden, ganz offensichtlich nicht ausreichen, das haben die vergangenen Wochen in skandalösem Ausmaß gezeigt. Das Vertrauen der Bürger in ihre Volksvertreter wurde durch die Gier einiger Unionspolitiker leider stark beschädigt. Würde es Ihnen, werte Kollegen von der CSU, gefallen, wenn ich Ihnen heute aufgrund all dieser Erkenntnisse zurufen würde: Sie sind doch alle korrupt! Ihr Amigo-System hat sich in den letzten 60 Jahren wie ein Krebsgeschwür so tief in Ihre CSU hineingefressen, dass die zahlreichen Metastasen nicht mehr mit einer Chemo in den Griff zu bekommen sind, sondern es vielmehr einer Amputation in Form solch drastischer Maßnahmen bedarf, wie sie in den nun vorliegenden Gesetzentwürfen angedacht werden!? Würden Sie das als fair und angemessen erachten, wenn ich Sie alle hier so über einen Kamm scheren und für Nüßlein, Sauter & Co. in Sippenhaft nehmen würde? – Das würde es nicht, und zum allergrößten Teil natürlich auch zu Recht; denn auch in Ihren Reihen gibt es natürlich eine Mehrheit rechtschaffener Abgeordneter, die nicht korrupt sind, die sich nicht am Leid und Elend in der momentanen Corona-Krise zu bereichern suchen.
Umgekehrt gibt es diese Konzilianz Ihrerseits uns gegenüber allerdings leider nicht, wenn Sie sich ständig moralisch über uns erheben. Kein AfD-Abgeordneter ist Ihnen gut genug, um in eine der uns doch noch zustehenden Positionen gewählt zu werden. Da wollen die rechtschaffenen Amigos dann doch lieber unter sich bleiben. Oder mit anderen Worten: Ein Sauter im Parlamentarischen Kontrollgremium? – Na logo! Ein AfDler dort aber ist ein No-Go.
Womit ich wieder bei den vorliegenden Gesetzentwürfen bin. Ja, es muss sich hier auch aus Sicht der AfD dringend etwas tun. Es müssen konkretere und strengere Regeln aufgestellt und muss für deutlich mehr Transparenz gesorgt werden. Das sagt Ihnen übrigens einer hier, der auf seiner Homepage bis hin zum persönlichen Steuersatz alles offenbart.
Zu ausführlich auf die unzähligen Details der zwei Entwürfe kann ich hier naturgemäß nicht eingehen – da muss sicherlich auch noch Etliches in den Ausschüssen
optimiert werden –, so viel aber schon einmal vorab: Aus unserer Sicht muss zunächst einmal zwingend darauf geachtet werden, Unternehmern und Selbstständigen nicht den Weg in die Politik zu verbauen; denn deren Expertise ist gerade in einem zunehmend sozialistischen Geistesklima von unschätzbarem Wert.
Manches in den vorliegenden Entwürfen läuft diesem Ziel aber diametral entgegen, ist unnötig kompliziert bzw. langatmig. Anderes, wie die rückwirkende Offenbarungspflicht für Tätigkeiten vor Mandatsbeginn in Artikel 4a Absatz 1 Satz 2 in den letzten zehn Jahren statt zwei Jahren, würde ein Dokumentationsmonstrum erschaffen. Einiges ist grundgesetzlich zumindest heikel; Stichworte sind hier Artikel 4a Absatz 3 Satz 7 und Artikel 4a Absatz 5 Satz 3, also die sogenannten Anwaltsprivilegien.
Aber Eckpunkte, wie eine genaue Offenlegung der Nebeneinkünfte ohne Staffelung und ohne Obergrenze – wenn auch nicht schon ab dem ersten Euro – sowie die Pflicht zu deren Veröffentlichung auf der Homepage des Landtages, sind unbedingt umzusetzen, wenn Sie denn Ihre CSU – nach dem, was aus Ihren Reihen ans Licht gekommen ist und was vielleicht auch nur die Spitze des Eisberges ist – wirklich auf den Pfad der Tugend zurückführen wollen.
Die Regelung der Nebeneinkünfte gleich noch mit der Einführung von Karenzzeiten im Ministergesetz zu verbinden, ist aus Sicht der AfD durchaus unterstützenswert; denn tatsächlich ist eine solche Regelung im Sinne der Korruptionsbekämpfung in Bayern schon seit Langem überfällig.
Damit wir uns aber auch hier nicht falsch verstehen: Wir gönnen jedem verdienten Minister oder Staatssekretär ein lukratives Leben nach der Politik. Uns geht es ausschließlich um das unbedingt notwendige Vertrauen der Bürger in die Arbeit dieser Spitzenpolitiker, die auch ein gesteigertes Interesse daran haben müssen, dass vollkommen klar ist, dass ihre politischen Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen stets ausschließlich im wohlverstandenen Interesse des Freistaates und seiner Bürger getroffen werden und eben gerade nicht mit einem Blick auf eine bereits anvisierte, mögliche zukünftige Tätigkeit außerhalb der Politik.
Um also gar nicht erst den Anschein eines Interessenkonfliktes zwischen alter und neuer Position aufkommen zu lassen, können 18 Monate bis hin zu 36 Monaten gesetzlich geregelter Karenzzeit insoweit durchaus ein geeignetes Mittel sein, wobei Ihr neuer Artikel 5b Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 5c des Ministergesetzes, der ein beratendes Gremium aus fünf Persönlichkeiten vorsieht, bei der Besetzung sicherlich auch noch für einigen Ärger sorgen dürfte.
Schon am 26.09., geschätzte Kollegen, finden die Bundestagswahlen statt, und die Bevölkerung wird bis dahin mit Argusaugen auf Sie schauen, ob und wie Sie Ihren Augiasstall auch mithilfe der neuen Regelungen zu den Nebeneinkünften ausmisten werden. Ich rate Ihnen dringendst, vor allem, um unser Vaterland vor noch größerem Übel zu bewahren: Versauen Sie es nicht!
Als AfD freuen wir uns natürlich über regen Wählerzulauf aus dem Lager anständiger und nun zu Recht bitter enttäuschter Unionswähler. Sie aber sollten unbedingt darauf achten, Ihr übrig gebliebenes Wählerklientel am Ende nicht auch noch in die Arme derjenigen zu treiben, die dieses Land lieber heute als morgen in eine linksökologische Autokratie verwandeln würden, und dadurch eine "Ampel" oder schlimmer noch Grün-Rot-Rot in Berlin überhaupt erst zu ermöglichen. Das wäre dann doch ein extrem hoher Preis für die Bürger dieses Landes, den sie für die Verfeh
lungen einiger Abgeordneter aus Ihren Reihen zu bezahlen hätten. Das darf im Herbst 2021 deshalb auf keinen Fall geschehen.
In diesem Sinne hoffen wir nun auf eine zielführende Beratung der beiden Gesetzentwürfe in den Ausschüssen und stellen eine wohlwollende Prüfung der Endergebnisse durch die AfD in Aussicht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Politik lebt von Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Die Grundlagen dieses Vertrauens sind Integrität und Transparenz. Die jüngsten Affären im Zusammenhang mit der Beschaffung von Masken und fragwürdige Beraterhonorare haben das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger massiv erschüttert. Keine Frage, wir sind gefordert.
Dass der Verlust an Glaubwürdigkeit, den diese Verfehlungen verursacht haben, nicht auf alle Politiker durchschlägt, muss hier ganz klar die erste Botschaft sein. Es gibt keinerlei Verständnis für millionenschwere Beraterverträge und für horrende Honorare für Tätigkeiten, die ohne zusätzliche Bezahlung zum selbstverständlichen Einsatz eines Abgeordneten gehören, meine Damen und Herren.
Hier ist auch kein Platz für Abgeordnete, die in einer Krisenzeit, in der Menschen um ihr Leben und Unternehmen um das Überleben kämpfen, die in einer Zeit, in der wir uns alle intensiver denn je für das Wohl Bayerns und die Probleme unserer Menschen einsetzen, die in einer solchen Krisenzeit ihr Mandat ausnutzen, um sich schändlich und raffgierig zu bereichern, meine Damen und Herren.
Ja, es kam schon zur Sprache: Wenn Sie mich fragen, ist nicht einmal ganz hinten Platz, außerhalb der Fraktion. Nicht einmal ganz hinten ist Platz für jemanden, der nur an sein Wohl denkt und damit uns alle in Verruf bringt, die wir uns in diesen Zeiten bis an die Belastungsgrenze unseres Allgemeinwohls einsetzen und nicht ausschließlich für unseren eigenen Geldbeutel.
Was die Integrität betrifft, müssen wir dafür sorgen, dass das Mandat nicht für berufliche oder geschäftliche Vorteile missbraucht werden darf. Deswegen sind auch die Ansätze durch die vorliegenden Gesetzentwürfe für Transparenz und für die Vermeidung von Interessenkonflikten absolut richtig. Sie rennen bei uns mit dem Ziel, bezahlte Lobbyvertretung durch Abgeordnete grundsätzlich zu verbieten, sowieso offene Türen ein. Auch wir fordern schon seit vielen Jahren, dass jegliche Spenden an Abgeordnete direkt verboten werden. Wir gehen allerdings noch deutlich weiter: Wir lehnen jegliche Konzern- und Verbandsspenden überhaupt ab. Sie müssen sich auch gar keine Fragen zu hohen Spenden, die Sie bekommen haben, gefallen lassen, wenn Sie diese schlicht und einfach ebenfalls nicht annehmen, so, wie wir das schon immer tun und wie wir das bei uns festgeschrieben haben. Keine Konzern- und keine Verbandsspenden, meine Damen und Herren! Dies ist die einzige Möglichkeit, damit keine Schlupflöcher mehr bleiben. Nur so lässt sich eine unlautere Einflussnahme auf Abgeordnete durch Spenden wirklich wirksam verhindern, meine Damen und Herren.