Schönen guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 89. Vollsitzung des Bayerischen Landtags und darf darauf hinweisen, dass die heutige Regierungserklärung und die anschließende Aussprache live im Bayerischen Rundfunk übertragen werden. Wir tagen erneut in hälftiger Besetzung.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich wieder zwei Glückwünsche aussprechen: Heute haben der Kollege Hans Friedl und Frau Kollegin Gisela Sengl Geburtstag. – Im Namen des Hohen Hauses wünsche ich Ihnen alles Gute zum Geburtstag und weiterhin viel Erfolg!
Antrag der Abgeordneten Franz Bergmüller, Gerd Mannes, Ferdinand Mang u. a. und Fraktion (AfD) Steuerbelastung der bayerischen Wirtschaft senken - Zinssatz für Steuernachzahlungen senken (Drs. 18/10296)
Ich eröffne die Aussprache. Als Gesamtredezeit sind 32 Minuten vereinbart. Der erste Redner ist der Kollege Ferdinand Mang für die AfD-Fraktion.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren Kollegen! Schönen guten Morgen! Wie könnte ein Plenartag schöner beginnen als mit einem Antrag der AfD-Fraktion.
Nebenbei bemerkt: Wir haben diesen Antrag am 07.10.2020 gestellt. Das hat jetzt nur ein Dreivierteljahr gedauert, bis er es endlich auf die Tagesordnung geschafft hat. Wir haben diesen Antrag im Oktober letzten Jahres gestellt, nachdem für uns in der AfD völlig klar war, dass es bei dem damals aktuellen Söder‘schen Wellenbrecher-Lockdown nicht bleiben wird. Nein, es blieb nicht bei dem einmonatigen Wellenbrecher-Lockdown, sondern dieser entwickelte sich zu einem monströsen Wirtschaftsbrecher-Lockdown.
Wir haben damals gefordert, dass sich die Staatsregierung auf Bundesebene für die Senkung des Zinssatzes für Steuernachzahlungen auf 0,1 % einsetzen möge. Das ist auch keine wirre Forderung, die wir uns einfach mal ausgedacht haben, um Sie, verehrte Damen und Herren, schon am Morgen aus Ihrer Komfortzone zu werfen, um den süßen Geschmack Ihres Chai Latte, von zarten Kinderhänden gepflückt, zu verbittern. – Nein, das ist eine Forderung des Bayerischen Handwerkstages, der wie die AfD hier gerade die kleinen und mittleren Unternehmen im Blick hat. Ja, ich weiß, kleine und mittlere Unternehmen sind für die Damen und Herren des Altparteienkartells uninteressant. Sie bieten keine lukrativen Aufsichtsratsposten wie die großen internationalen Konzerne, und die kleinen Unternehmer sind für Altpolitiker vielleicht auch zu ehrlich für diverse Deals wie in den lichtdurchfluteten Chefetagen mit Blick auf die Skyline gesichtsloser Metropolen und Champagner auf dem Silbertablett.
Aber ich erinnere Sie daran: Wer bezahlt das königliche Schloss, in dem dieser Landtag residiert, und die Bezüge, die jeder Abgeordnete krisensicher bezieht? Die internationalen Großkonzerne, die in der von Ihnen hervorgerufenen Krise Milliar
dengewinne gemacht haben? – Es sind doch zum Großteil die kleinen und mittleren Unternehmen, die ihre kargen Gewinne brav versteuern und darauf Zinsen zahlen sollen, die jenseits jeglicher Marktrealität liegen. Ja, das ist die Realität, die Sie nicht wahrhaben wollen, der kleinen Leute, die nicht wissen, wie sie die steigenden Mieten und Lebensmittelpreise neben der drückenden Steuerlast bezahlen sollen.
Der Basiszinssatz liegt seit Jahren unverändert bei minus 0,88 %. Das Finanzamt verlangt 6 %. Das steht in keinem Verhältnis. Kommen Sie mir nicht mit der Ausrede, dass Sie schon 2016 erfolglos die Regierung damit beauftragt hätten, sich für die Senkung des Zinssatzes einzusetzen. Das unterstreicht nur, dass die CSU in der Bundespolitik nichts anderes ist als ein Bettvorleger der Autokratin Merkel.
Zeigen Sie also einmal Courage für die kleinen Steuerzahler, geben Sie nicht nach dem ersten gescheiterten Versuch auf, und stimmen Sie für diesen Antrag! Wir von der AfD werden auf jeden Fall nicht aufgeben.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich bekannt geben, dass die SPD-Fraktion für den Tagesordnungspunkt 15, also den nächsten Tagesordnungspunkt, eine namentliche Abstimmung beantragt hat.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer wieder das gleiche Schauspiel: Im Ausschuss bekommen Sie den Mund nicht auf, und vor versammelter Mannschaft im Plenum
Lieber Kollege Mang, mir ist natürlich bekannt, dass Sie diese Reden auch verwenden, um sie dann letzten Endes an Ihre AfD-Mitglieder zu verschicken, damit Sie sagen können, Sie hätten was getan. Sie verweisen immer darauf, dass Sie als AfD die große Speerspitze sind.
Stattdessen haben Sie in Ihrem eigenen Laden so große Schwierigkeiten, dass im Grunde genommen die eine Hälfte Ihrer Fraktion ganz anderer Meinung ist und die andere Hälfte der Auffassung, dass Ihre Fraktionsvorsitzende schon längst weggehört, aber immer noch an ihrem Stuhl klebt. Wir konnten am Sonntag erleben, dass der Bundesvorsitzende Meuthen erklärt hat, im Grunde genommen müsse er sich noch sehr gut überlegen, ob er seinen eigenen Direktkandidaten im Bundeswahlkreis wählen soll.
Was jetzt den Antrag selbst angeht, bei dem Sie im Ausschuss ja wirklich nicht den Mund aufgebracht haben, was man im Protokoll auch nachlesen kann – ganze fünf Zeilen sieht das Protokoll in dem Zusammenhang vor –, kann ich darauf hinweisen: Sie kommen mit Ihrem Antrag aus dem Jahr 2020 schon mal vier Jahre zu spät, weil wir das 2016 schon angestoßen haben. Wir haben es auch auf Bundesratsebene versucht. Sie fordern ja die Bayerische Staatsregierung auf, und die Bayerische Staatsregierung ist zu unserem Bedauern nicht immer deckungsgleich mit der CSU, lieber Kollege Streibl. Wir sind in dem Bereich auf jeden Fall schon tätig geworden. Man muss halt einfach darauf hinweisen,
dass uns die anderen Bundesländer in der Bundesratsinitiative nicht gefolgt sind. Da haben wir natürlich ein Problem.
Ich wende mich an die anderen Fraktionen hier im Bayerischen Landtag, die möglicherweise in Landesregierungen beteiligt sind, und bitte sie, in dem Zusammenhang auf ihre Parteikolleginnen und -kollegen hinzuwirken, dass sie uns im Bundesrat in Zukunft unterstützen. Dann bekommen wir das mit Sicherheit auch hin. Solange das nicht passiert, werden wir weiter daran arbeiten. Das ist fest versprochen, darum braucht sich auch keiner Sorgen zu machen. Wir werden das mit Sicherheit noch hinbekommen.
Von daher will ich die wertvolle Zeit meiner Kolleginnen und Kollegen hier nicht weiter verschwenden. Wir haben heute genug zu tun und können uns nicht mit solchen Anträgen beschäftigen, die eben nur pro forma gestellt werden, aber nichts dahinter haben. Ich bitte Sie, den Antrag abzulehnen.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Masche bei diesen Anträgen ist tatsächlich bekannt: Sie versuchen, mit Forderungen, die auch andere Fraktionen schon mal aufgestellt haben, uns hier irgendwie auf ein wie auch immer geartetes Glatteis zu bringen. Aber ich kann Ihnen gleich am Mittwochmorgen schon sagen: Wir werden heute keinem einzigen Ihrer Anträge zustimmen.
Da könnten Sie auch unser ganzes Wahlprogramm beantragen. Das hat den gleichen Grund, warum Kinder nicht zu fremden Menschen ins Auto einsteigen sollten, auch wenn die besten Süßigkeiten auf dem Beifahrersitz liegen: Die Süßigkeiten sind gut, aber die Absichten der Menschen in dem Auto sind es meistens nicht. So ist es auch mit Ihren Absichten: Sie sind staatszersetzend und demokratiegefährdend. Deswegen stimmen Demokratinnen und Demokraten Ihren Anträgen heute nicht zu; das kann ich Ihnen für meine Fraktion schon einmal für den gesamten Tag sagen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch für mich gibt es keine Süßigkeiten von der AfD, und ich mache es genauso kurz wie meine Vorredner. Der Antrag zielt sicherlich in die richtige Richtung. Das liegt daran, dass er von den demokratischen Parteien abgeschrieben ist, die nämlich seit 2016 versuchen, eine Absenkung des Zinssatzes zu erreichen, aber nicht nur für Steuernachzahlungen und Steuerrückerstattungen, weil ein einheitlicher Zinssatz wichtig ist, nicht aber eine einseitige Festsetzung, wie sie die AfD fordert.
Der Sinn liegt darin, dass die unterschiedlichen Zahlungszeitpunkte ausgeglichen werden sollen, was auch richtig ist. Das wird aber nicht dadurch besser, dass die AfD fordert, was die demokratischen Regierungen seit 2016 machen, die sich im Bundestag leider nicht durchsetzen können. Daran ändert auch nichts, dass der Antrag von Ihnen wiederholt wird; das hat die AfD-Bundestagsfraktion im Dezember im Übrigen auch schon probiert und ist damit auf die Nase gefallen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die demokratischen Fraktionen hier im Hause haben schon mehrfach dargelegt, dass sie die geltenden Zinssatzregelungen als nicht zeitgemäß erachten und diese geändert werden müssen. Der Antrag der AfD geht aber in mehrfacher Hinsicht an der Realität vorbei. Die AfD zieht für ihren Vorschlag die Entwicklung des Basiszinssatzes heran, der tatsächlich für Kapitaldienstleistungen zwischen Banken und zwischen Banken und der Zentralbank maßgeblich ist.
Der Bundesfinanzhof hat aber in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 festgestellt, dass für die Bewertung des Zinssatzes nicht etwa der Basiszinssatz, sondern die Zinssätze der Konsumentenkredite maßgeblich sind, die sich in den letzten Jahren ungefähr um 6 % entwickelt haben. Wenn man bürgerfreundlich gestalten will, gibt es durchaus Spielraum nach unten, aber man muss es selbstverständlich auch rechtssicher gestalten. Insofern ist eine Orientierung zwischen 2,5 und 3 % tatsächlich rechtssicher möglich und realistisch, aber nicht eine völlig aus der Luft gegriffene Fantasiezahl,