Protokoll der Sitzung vom 29.09.2021

Ich möchte an der Stelle auch sagen, dass Corona – wir wissen das alle – für den Einzelnen selbstverständlich sehr gefährlich sein kann. Deswegen kann Corona – das geben die gesetzlichen Bestimmungen auch her – zu einer Berufskrankheit oder auch zu einem Dienstunfall führen. Aber doch bitte nicht mit einer pauschalen Regelung und allzu konstruiert!

Man darf aus meiner Sicht auch nicht ausblenden, dass man sich mit Corona überall anstecken kann. Das Virus ist unsichtbar und unberechenbar. Für mich ist es deshalb erstaunlich, wie man sagen kann, mutmaßlich habe man sich bei genau dieser Person mit Corona angesteckt. – Zahlreiche Fälle sind in der Regel – noch dazu bei einem mehrtägigen Ansteckungszeitraum – nicht so detailliert nachvollziehbar, um genau sagen zu können, woher die Infektion kommt. Man kann auch

bei vielen anderen Krankheiten nicht sagen, wer wen wo wann angesteckt hat. Ich glaube nicht, dass man das einfach mit einem Dienstunfallprotokoll klären kann. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht so einfach. Sie suggerieren mit Ihrem Gesetzentwurf, dass es so einfach wäre. – Das ist es bei dieser ganzen Thematik leider nicht. Das gehört an der Stelle einfach mal gesagt.

Sollten sich aber, wie gesagt, irgendwelche Indizien dafür ergeben, dass man die Ansteckung bei irgendjemandem innerhalb des Dienstes nachweisen kann, halte ich es auch für sehr interessant, dann eine Verantwortung des Staates oder des Arbeitgebers zu erwarten. Ich frage an der Stelle schon, was denn eigentlich mit der Eigen- oder Fremdverantwortung desjenigen ist, den Sie innerhalb des Dienstes möglicherweise vorschieben und der die Infektion im Dienst mutmaßlich verbreitet hat. Wie muss sich eigentlich der beschuldigte Kollege fühlen, wenn er dann von allen anderen als Superspreader oder sonst was bezeichnet wird?

(Zuruf)

Na ja, darauf haben Sie keine Antwort; das ist mir schon klar. Sie blenden das mit Ihren Forderungen auch aus. So einfach geht das auch nicht. Soll der Staat bei diesem Kollegen dann möglicherweise auch noch irgendwie Rückgriff nehmen? – Auch das, was Sie hier letztendlich fordern, halte ich für sehr problematisch.

Ich frage auch: Wo war denn bitte der Unfall? – "Unfall" sagt schon von der Wortbedeutung her, dass es einer außergewöhnlichen Verquickung von Umständen bedarf. Wo fängt der Unfall an, und wo hört er auf? – Offenbar gibt es von Ihnen Forderungen, dass selbst Besprechungen, Streifengänge, Betriebssport oder was auch immer zur ganz besonderen Gefahr erklärt werden sollen. Aus meiner Sicht ist das, was Sie machen, nichts anderes, als den beruflichen Alltag zur allgemeinen Gefahrenzone zu erklären. Da würde selbst die reine Fahrt zur Arbeitsstätte schon zum Unfall erklärt werden. Der Zufall wird bei Ihnen zum Unfall. Das halte ich an der Stelle auch für übertrieben.

Ich halte diesen ganzen Gesetzentwurf für konstruiert. Selbstverständlich sage ich, man muss – das Landesamt für Finanzen ist dazu gehalten – jeden Einzelfall intensiv und genau analysieren. Wann lässt sich in einem bestimmten Fall eine erhöhte Gefahr begründen? Das Landesamt für Finanzen muss jeden Fall dem Amtsermittlungsgrundsatz, den Mitwirkungspflichten und dem Wahrscheinlichkeitsgedanken entsprechend prüfen.

Ich glaube, hier hilft auch nicht Polemik oder Ähnliches weiter. Zu den pauschalen Ablehnungen, die Sie angesprochen haben, muss man vielleicht auch einmal sagen, dass der bloße positive Test bei Weitem nicht ausreicht, um einen Antrag auf Anerkennung als Dienstunfall genehmigt zu bekommen. Man fragt sich da schon, was eigentlich die Intention des einen oder anderen Antrags war.

Wir müssen uns selbstverständlich auch die Frage stellen, wie es in der privaten Wirtschaft aussieht. Wie geht der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber in der privaten Wirtschaft um? Wie verhält es sich mit der gesetzlichen Unfallversicherung? – Ich habe bislang noch kein einziges Mal gehört, dass ein Arbeitnehmer aus der privaten Wirtschaft wegen Corona gegen die gesetzliche Unfallversicherung vorgegangen wäre. Ich glaube nicht, dass der Arbeitnehmer bei einem privaten Unternehmer besser behandelt wird als ein bayerischer Beamter. Was uns die aktuelle Diskussion auch mit auf den Weg gibt: Wenn es rechtliche Unterschiede zwischen Beamten und Arbeitnehmern gibt, führt auch das zu ganz großem Kopfschütteln beim Normalbürger. Wir sollten uns auch darauf nicht einlassen.

Aus meiner Sicht muss der Fokus auf Prävention, Vorbeugen, Infektionsschutz, Testen und Impfen liegen. Wir haben bei der Polizei und unseren bayerischen Be

amten insgesamt glücklicherweise eine hohe Impfquote. Das Gebot der Stunde wird vom Staat als Arbeitgeber hervorragend umgesetzt und unterstützt. Das ist auch eine gute und echte Vorsorge. Der Staat lässt niemanden im Stich, auch wenn hier immer so getan wird. Natürlich werden wir uns mit dem Gesetzentwurf in den weiteren Beratungen auseinandersetzen. Was Sie hier präsentiert haben, klingt aber leider nicht praktikabel. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich als Nächster der Kollegin Anna Schwamberger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Freistaat Bayern ist Dienstherr unserer Beamtinnen und Beamten. Daraus resultiert eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber den Bediensteten des Freistaats. Auch wir GRÜNE haben in diesem Jahr schon gefordert, eine Corona-Infektion als Dienstunfall anzuerkennen. Deswegen unterstützen wir den Gesetzentwurf der SPD.

Unsere Beamtinnen und Beamten haben während aller Pandemiewellen ihren Dienst pflichtbewusst und zuverlässig erledigt. Gerade Polizistinnen und Polizisten können sich dem persönlichen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht entziehen, können nicht einfach ins Homeoffice wechseln. Sie sind mit Situationen konfrontiert, in denen Abstand und Hygiene nicht in ausreichendem Maße gewährleistet sind. Gerade bei Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen müssen wir regelmäßig von Verstößen gegen die Hygieneauflagen lesen. Hier muss die Polizei für die Einhaltung der Maßnahmen sorgen. Dafür ein herzliches Dankeschön! Also sind wir es unseren Beamtinnen und Beamten auch schuldig, dass wir für sie einstehen, wenn sie sich mit Corona infizieren.

Seien wir doch ehrlich: Es hat lange genug gedauert, bis die Dienststellen mit ausreichender Schutzausstattung ausgerüstet waren und bis es mit dem Impfen losgehen konnte. Hier wurden die Beamtinnen und Beamten wissentlich einer Gefahr ausgesetzt. Diejenigen Beamtinnen und Beamten, die trotz der Corona-Lage aufgrund ihrer Funktion Kontakte zu anderen Menschen nicht reduzieren und keinen ausreichenden Abstand zu diesen halten konnten, dürfen mit dem Risiko einer Corona-Infektion und den daraus resultierenden Folgen nicht alleingelassen werden. Schließlich kann eine COVID-19-Infektion zu gravierenden Spätfolgen bis hin zum Tod führen.

Bisher wurde kein einziger der Anträge auf Anerkennung als Dienstunfall bewilligt. Das ist eine Schande! Herr Kollege Fackler, drehen wir doch die Beweislast um! Die Beweislast, dass die Infektion im Dienst erfolgt ist, liegt derzeit beim Beamten oder bei der Beamtin. Herzlichen Glückwunsch! Sie haben uns gerade erklärt, dass wir im vergangenen Jahr die Infektionsketten nicht mehr nachvollziehen konnten. Wir alle mussten in unserem Alltag tiefgreifende Einschnitte ertragen, weil die Infektionslage und die pandemische Lage einfach nicht mehr zu überblicken waren. Wie soll also der einzelne Beamte oder die einzelne Beamtin nachweisen, dass die Infektion im Dienst geschehen ist? Wir können das Problem im Ausschuss hin und her wenden, wie wir wollen, aber wir müssen eine Lösung finden.

Ich bin der Meinung, wenn wir für die Beamtinnen und Beamten, die an den Spätfolgen einer Corona-Infektion leiden, keine Lösung finden, dann stehlen wir uns aus der Verantwortung. Das wäre keine gute Werbung für den öffentlichen Dienst. Draußen kommt das nämlich so an: Mach deine Arbeit! Wenn etwas ist, ja mei, das ist dann dein Problem. – Das ist nicht das, was wir wollen. Aus diesem Grunde unterstützen wir den Gesetzentwurf der SPD zur Anerkennung einer Corona-Infektion als Dienstunfall.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster spricht Herr Kollege Gerald Pittner für die FREIEN WÄHLER.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier einen Antrag, dass eine COVID-19-Erkrankung bei Beamten als Dienstunfall anerkannt werden soll. Genau genommen – das wurde schon angesprochen – handelt es sich hier um einen Antrag auf Festlegung einer Beweislastumkehr, weil der Nachweis einer Infektion im Dienst naturgemäß schwierig ist. Das ist ein Problem. Das sehen wir auch so. Möglicherweise werden wir für dieses Problem irgendwann eine entsprechende Regelung treffen müssen. Bei der Antragsbegründung haben wir jedoch gesehen, wie schwierig es im Einzelfall wird.

Das Beispiel Eichstätt zeigt, dass es so einfach nicht ist. Wären in Eichstätt zehn Mann an der Grippe erkrankt, würde kein Mensch von einem Dienstunfall reden. Bei COVID-19 soll es aber einer sein. Im Einzelfall können die Folgen einer Grippeinfektion so schwer wie die einer COVID-Infektion sein. Bei Tbc sieht es wieder anders aus. Wir dürfen nicht vergessen, dass COVID-19 nicht die einzige Infektionskrankheit ist, sondern dass es noch viele andere gibt. Bei COVID-19 haben wir die Möglichkeit, uns dagegen durch Masken, Abstandhalten oder Impfungen zu schützen.

Ein Polizeibeamter, der in den Einsatz geht, weiß nicht, ob sein Gegenüber an Tbc oder einer anderen Infektionskrankheit erkrankt ist, und merkt das möglicherweise erst hinterher schmerzlich. Für diese Fälle jeweils eine Sonderregelung zu treffen, wäre außerordentlich schwierig. Ich sage immer: Im Zweifel sollte die Systematik eingehalten werden. Für den Dienstunfall gibt es eine bestimmte Definition. Da wird es mit COVID-19 schwierig. Wir wissen, allein die Infektion reicht nicht. Allein die Erkrankung reicht auch nicht. Wir brauchen ein dienstliches Ereignis, weshalb die Infektion passiert ist. Wenn nach einer Verhaftung eines mit COVID-19 Infizierten beide Beamten angesteckt sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ansteckung auf diese Verhaftung zurückzuführen ist, sehr hoch. Diesem Fall wird jedoch dieser Gesetzentwurf nicht gerecht. Wichtig wäre die Einführung einer täglichen Testpflicht für Beamte. Davon ist hier nichts zu lesen.

Der nächste Punkt ist die Beweislast. Natürlich ist es für einen durch einen Dienstunfall erkrankten Beamten schwierig, dies nachzuweisen. Das Landesamt für Finanzen ist aber von Amts wegen verpflichtet, alle für und gegen den Beamten sprechenden Umstände zu ermitteln. Heute haben wir das Problem, dass wir gar nicht wissen, welche Langzeitschäden drohen oder drohen könnten. Wir wissen nicht, ob solche Schäden nur bei heftigen Erkrankungen oder auch in anderen Fällen auftreten. Bei der Beweisaufnahme müssen die Tatsachen festgestellt werden. Aber eine Folgenabschätzung dergestalt, dass jede Erkrankung als Dienstunfall behandelt wird, können wir beim besten Willen nicht machen. Andernfalls wäre jede Erkrankung im Dienst ein Dienstunfall. Das müssten wir dann auch noch auf ganz andere Lebensbereiche ausdehnen.

Die Zielrichtung und die Idee des vorliegenden Gesetzentwurfs sind durchaus gut. Aber der vorliegenden Fassung dieses Gesetzentwurfs können wir nicht nähertreten, ganz abgesehen davon, dass das Datum "1. Januar 2020" sehr problematisch wäre. Dazu möchte ich aber jetzt nichts sagen. Wir werden diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen genau besprechen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Als Nächster spricht Herr Kollege Markus Bayerbach für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Gesetzentwurf ist populistisch und grottenschlecht, weil vollkommen unrealistisch. Natürlich war die Situation der Polizei in der Corona-Krise nicht einfach. Die Beamten haben sich dabei in gesundheitliche Gefahren begeben, was bei der Polizei nichts Neues ist. Diese Beamten haben meinen vollen Respekt für das, was sie in dieser Situation alltäglich geleistet haben und leisten.

Realistisch gesehen ist die generelle Anerkennung ansteckender Krankheiten als Dienstunfall sehr problematisch bis maximal unmöglich. Wie wollen Sie es regeln, wenn ein Beamter vorher im Urlaub war oder sich eine Kontaktperson in seinem privaten Bereich befindet? Wie ist es, wenn der Beamte nicht geimpft ist? Wir würden eine endlose juristische Schleife eröffnen, und ich glaube nicht, dass wir dadurch im Beamtenbereich Frieden schaffen würden. Ich glaube eher, dass wir dort durch diesen Gesetzentwurf riesige Probleme bekommen würden.

Dieser Gesetzentwurf ist per se ungeeignet. Er bezieht sich nur auf die Polizisten. Was soll diese Klientelpolitik? – Wir haben Ärzte, wir haben Krankenpfleger, und wir haben Lehrer: Bei denen soll nur geklatscht werden? – Nein, das reicht nicht. Wir müssen für alle denken, wir müssen an alle denken, und wir müssen für alle vorsorgen. Dieser Antrag dient nicht nur der weiteren Spaltung der Gesellschaft, sondern auch der Spaltung der Beamtenschaft und des öffentlichen Dienstes. Wie ich die SPD und die Staatsregierung kenne, wird dann die Anerkennung des Dienstunfalls auch noch als indirekter Impfzwang missbraucht.

Diese Gesellschaft muss solidarisch bleiben. Jeder ist für sein Lebensrisiko selbst verantwortlich. Die SPD fährt einen gnadenlosen Schlingerkurs: Auf der einen Seite sind Sie hier der große Wohltäter der Polizisten, auf der anderen Seite sind Sie dabei, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für Leute, die in Quarantäne müssen, zu streichen. Ganz ehrlich: Tun Sie nicht so, als würden Sie wirklich an die Beamten denken! Jeder muss wissen, wie er mit seinem Leben umgeht und welche Risiken er eingeht. Sie streichen die Lohnfortzahlung. Wo machen Sie weiter? – Viele Leute begeben sich in ihrem Privatleben in noch viel größere Risiken. Streichen wir irgendwann die Lohnfortzahlung für Skifahrer, Fußballer, Fallschirmspringer und Kletterer oder für diejenigen, die vorsätzlich ihre Gesundheit schädigen, zum Beispiel durch das Rauchen, den Alkohol oder sonstige Genussmittel? – Wir von der AfD lehnen es ab, Gesellschaftsgruppen gegeneinander auszuspielen. Wir vertrauen der Selbstverantwortung unserer Bürger.

(Beifall bei der AfD)

Die Lohnfortzahlung bei unverschuldeter Quarantäne muss für alle erhalten bleiben. Ein Impfzwang darf nicht durch die Hintertür, und schon gar nicht über die Besoldung oder die Anerkennung von Dienstunfällen stattfinden. Sie sollten ein verantwortungsvoller Dienstherr sein und nicht die Oberlehrerrolle spielen. Da macht die AfD nicht mit. Deshalb werden wir den Antrag natürlich ablehnen.

(Beifall bei der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Wolfgang Heubisch.

Verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier besteht ohne Zweifel Handlungsbedarf. Unsere Beamtinnen und Beam

ten leisten auch gerade während der Corona-Pandemie extrem wichtige Arbeit. An dieser Stelle möchte ich vor allem den Polizistinnen und Polizisten – um sie geht es in erster Linie – für ihre ausgezeichnete Arbeit für die Demokratie, für den Freistaat Bayern und die Bundesrepublik Deutschland danken. Unstrittig ist, dass Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte in Corona-Zeiten höheren Risiken als ohnehin schon ausgesetzt sind. Denken Sie nur an die CoronaMaßnahmen-Verweigerer, an die Querdenker, die mit einer brachialen Gewalt gegen die Ordnungskräfte vorgehen. Umso wichtiger ist es, ihnen in dieser besonderen Situation beim Umgang mit Corona-Erkrankungen Rechtssicherheit zu geben. Deshalb kann es im Ergebnis nicht richtig sein, dass unsere Polizistinnen und Polizisten selbst beweisen müssen, dass sie sich in Ausübung ihres Dienstes mit Corona infiziert haben. Der Beweis kann nach aktueller Rechtslage nur schwerlich gelingen; denn eine Infektion mit dem Coronavirus stellt in der Regel eine Allgemeingefahr dar. Eine solche wird jedoch vom Dienstunfallschutz nicht umfasst. Bei vielen Infektionen und speziell bei Corona gelingt es noch nicht einmal den Experten in den Gesundheitsämtern, die Infektionswege nachzuweisen. Wie soll der Antragsteller nachweisen, dass er sich nicht im privaten Bereich angesteckt hat? – Hinzu kommt, dass sich die Inkubationszeit auf 5 bis 14 Tage erstreckt. Ein zweifelsfreier Nachweis des Zeitpunkts der Ansteckung kann kaum gelingen.

Die Staatsregierung hält Rechtsänderungen im Bereich der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge für nicht erforderlich. Das zeigt jedenfalls die Antwort auf eine Anfrage zum Plenum von Frau Kollegin Hiersemann. Im Übrigen wurde bisher keine einzige Corona-Erkrankung als Dienstunfall anerkannt. Mit dieser Unnachgiebigkeit wird man der besonderen Situation der Corona-Erkrankten im Dienst nicht gerecht. Es besteht der Bedarf, Rechtssicherheit für die im Dienst an Corona Erkrankten zu schaffen.

Gleichwohl muss der Vorschlag der SPD ernsthaft durchdiskutiert werden. Grundsätzlich begrüßen wir die Beweiserleichterung für erkrankte Beamtinnen und Beamte, die der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht einräumen sollte. Es sind aber noch viele Fragen offen. Muss man gleich das gesamte Gesetz ändern, um eine aktuelle Situation zu verbessern? – In Schleswig-Holstein wurde dazu ein Erlass auf den Weg gebracht, durch den der Handlungsdruck in dieser Angelegenheit entschärft wurde. Die Gewerkschaft der Polizei führt derzeit einen Musterprozess zur Anerkennung einer Corona-Infektion als Dienstunfall durch. Darüber hinaus will sie das Beamtenversorgungsgesetz des Bundes ändern. Wenn man schon über eine Gesetzesänderung nachdenkt, bietet es sich an, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten und dann eine Regelung zu finden, die Bundes- und Landesgesetze aufeinander abstimmt. Nach dem Vorschlag der SPD müsste für die Anerkennung als Dienstunfall die Beamtin oder der Beamte der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt gewesen sein. Das zu definieren, ist extrem schwierig.

Verehrte Damen und Herren, ja, wir haben noch erheblichen Diskussionsbedarf. Deshalb, so sage ich in Anführungszeichen, "freuen" wir uns auf die Diskussion im Ausschuss sowie auf die Diskussion in der Zweiten und eventuell Dritten Lesung.

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes federführend zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das Einverständnis besteht. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 b auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Drs. 18/17828) - Erste Lesung

Zur Begründung erteile ich das Wort Herrn Staatsminister Albert Füracker.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Beim Titel des aufgerufenen Gesetzentwurfs handelt es sich um einen sehr technischen Begriff. Worum geht es? – Wir erwarten in Bayern von unseren Beamtinnen und Beamten Spitzenleistungen. Deswegen wollen wir die Rahmenbedingungen für die klügsten Köpfe, die wir benötigen, verbessern. Wir haben das modernste und attraktivste Dienstrecht in Deutschland. Im Ländervergleich verfügen wir über die beste Bezahlung und die besten Karrieremöglichkeiten, und das alles mit familienfreundlichen Rahmenbedingungen. Darauf kommt es uns an.

Es ist nirgendwo besser, Beamtin oder Beamter zu sein, als in Bayern. Dennoch wollen wir an der Spitze bleiben. Wir wollen auch in Zukunft den Wettbewerb um die Nachwuchskräfte gewinnen. Es ist so: In allen Bereichen klagen wir über Nachwuchsmangel. In Wirklichkeit ist es so, dass es wesentlich weniger junge Menschen gibt als ältere, die in den nächsten Jahren in Pension gehen werden. Deshalb wollen wir das Dienstrecht in mehreren wichtigen Bereichen anpassen.

Wir wollen das Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften im Landtag verabschieden. Deshalb bringen wir diesen Entwurf heute ein. Worum geht es? – Ich stelle es in kurzen Zügen dar. Es geht um die Modernisierung und die Anpassung des Beihilfeverfahrens. Sie wissen, dass wir die Beihilfe-App implementiert haben. Es geht um rechtliche Rahmenbedingungen der Rechtsverordnung. Wir müssen zeitgemäß kommunizieren. Durch die Beihilfe-App ist das gewährleistet. Wir verlängern die Einreichungsfrist für Beihilfeanträge auf drei Jahre. Das wurde oft gefordert. Natürlich müssen wir im Umkehrschluss auch die Aufbewahrungsfrist für Beihilfebelege verlängern. Diese beträgt derzeit nur ein Jahr. Das müssen wir in Gleichklang mit der strafrechtlichen Verjährungsfrist von fünf Jahren bringen.

Als Familienland Bayern wollen wir die Familienfreundlichkeit im öffentlichen Dienst weiter stärken. Dazu gehört die Erweiterung des Angehörigenbegriffs. Beispielsweise geht es um die besoldungsrechtliche Berücksichtigung für die Betreuung und Pflege pflegebedürftiger Großeltern. Das Versorgungsrecht wird ebenfalls angepasst werden. Wir wollen die versorgungsrechtliche Wartefrist verändern. Wir wollen die volle Berücksichtigung bei Teilzeitbeschäftigung erreichen und im Gegenzug die Möglichkeit der Unterschreitung der Mindestversorgung erweitern.