Protokoll der Sitzung vom 17.07.2024

(Widerspruch bei der AfD)

"Wir müssen den Karnickeln in den Parlamenten den verdienten Nackenschlag versetzen."

(Unruhe bei der AfD)

Das ist ein Zitat Ihres Kollegen, und ich habe nicht gehört, dass Sie diesem Ausspruch widersprochen haben. Deswegen sage ich: Sie sind in einer Truppe von Parlamentsverächtern. Es tut mir leid für Sie persönlich, aber das ist Fakt, und damit sollten Sie sich auseinandersetzen: 14 Plenarprotokolle, bitte mal durchlesen!

(Lebhafter Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CSU, der FREI- EN WÄHLER und der GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zu den Wahlen. Diese finden in geheimer Form statt. Hierzu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

Wir beginnen mit der Wahl einer Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags. Die Stimmzettel finden Sie an Ihrem Platz. Für den Wahlgang sind ausschließlich diese Stimmzettel gültig. Sie können auch draußen abstimmen, wenn Sie das wollen. Auf alle Fälle haben wir jetzt fünf Minuten, und ich beginne mit der Wahl.

(Stimmabgabe von 09:21 bis 09:26 Uhr)

Gibt es noch Kolleginnen oder Kollegen, die ihren Stimmzettel noch nicht abgegeben haben? – Damit schließe ich die Wahl. Vielen Dank.

Wir kommen jetzt zur Wahl des Schriftführers. Hierfür bitte ich Sie, den gelben Stimmzettel zu verwenden. Es ist das gleiche Prozedere. Sind wir bereit? – Dann beginnen wir mit der Wahl. Diesmal sind es drei Minuten.

(Stimmabgabe von 09:26 bis 09:29 Uhr)

Gibt es noch Kolleginnen oder Kollegen, die ihre Stimmzettel noch nicht abgegeben haben? – Das sehe ich nicht. Dann schließe ich den Wahlgang. Ausgezählt wird wieder außerhalb. Das Ergebnis wird später bekannt gegeben.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Universitätsklinikagesetzes (Drs. 19/1821) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Robert Brannekämper, Josef Zellmeier, Bernhard Seidenath u. a. und Fraktion (CSU), Florian Streibl, Felix Locke, Susann Enders u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) (Drs. 19/2459)

Einzelheiten können Sie der Tagesordnung entnehmen.

Wir haben eine Redezeit von 29 Minuten vereinbart. Als Erster spricht der Kollege Dr. Stephan Oetzinger für die CSU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatsminister, werte Kolleginnen und Kollegen! Bayern steht wie kein anderes Bundesland für Spitzenmedizin und exzellente Gesundheitsforschung. Gerade unsere bayerischen Universitätsklinika leisten hier einen ganz zentralen Beitrag, zum einen als Orte der Forschung, zum anderen natürlich im Bereich der medizinischen Versorgung

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

auf allerhöchstem Niveau.

Besonders in der letzten Wahlperiode konnten hier wichtige Schritte eingeleitet werden, um diese Position weiter auszubauen. Ich erinnere hier an die Schaffung des Medizincampus in Oberfranken, an das neue Universitätsklinikum in Augsburg oder – ab diesem Jahr gestartet – an den Medizincampus Niederbayern.

Durch diese Maßnahmen konnte nicht nur die Medizinerausbildung in allen bayerischen Regierungsbezirken etabliert und verankert werden, sondern auch die Zahl der Humanmedizinstudienplätze im Freistaat Bayern deutlich auf mittlerweile knapp 19.000 Studienplätze in diesem Fach ausgebaut werden. 2.700 neue Studienplätze – meine Damen und Herren, das kann nur der Freistaat Bayern.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Genau hier wollen wir nicht stehen bleiben, sondern diese Entwicklung fortsetzen und auch in der neuen Legislaturperiode als Regierungskoalition aus CSU und FREIEN WÄHLERN weiter vorantreiben: zum einen im Bereich der weiteren Ausbildungsorte für Medizin im gesamten Land, zum anderen durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für junge Medizinerinnen und Mediziner. Eine einschlägige Resolution meiner Fraktion, die "Medizineroffensive 2030", wurde erst jüngst beschlossen, lieber Robert Brannekämper, lieber Kollege Bernhard Seidenath. Wir setzen hier neue Maßstäbe.

Einen zentralen Baustein der medizinischen Forschung und der Spitzenmedizin in unserem Land stellt seit jeher die Landeshauptstadt München dar. Hier bestehen mit den großen Universitätskliniken Großhadern, dem Klinikum rechts der Isar und dem Deutschen Herzzentrum, den beiden medizinischen Fakultäten der LudwigMaximilians-Universität und der Technischen Universität München sowie dem Helmholtz Zentrum zahlreiche Leuchttürme der Spitzenmedizin sowohl in Versorgung als auch in der Forschung, die deutlich über die Grenzen des Freistaats und der Bundesrepublik hinausstrahlen.

Diese optimale Ausgangsposition wollen wir nun mit der vorliegenden Gesetzesänderung dafür nutzen, eine zusätzliche Vernetzung und eine zusätzliche Stärkung dieses Standorts zu erreichen. Das wollen wir im Wesentlichen durch zwei Bausteine tun, die den Standort München betreffen: Das ist zum einen die Zusammenführung des Klinikums rechts der Isar mit dem Deutschen Herzzentrum. Das Deutsche Herzzentrum, das vor wenigen Wochen seinen 50. Geburtstag feiern konnte, leistet seit nunmehr fünf Jahrzehnten hervorragende Arbeit im Bereich der Kardiologie und zählt zu den Top-3-Einrichtungen seiner Art innerhalb Europas. Seit nunmehr 30 Jahren besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Herzzentrum und dem Klinikum rechts der Isar. Die nun angestrebte Verbindung beider Einrichtungen macht damit das Deutsche Herzzentrum praktisch zum Uniklinikum.

Durch das neue TUM-Klinikum, das durch diese Fusion entsteht, sollen nicht nur Synergien genutzt werden, sondern auch die besten Voraussetzungen für Exzellenz geschaffen werden. Das Deutsche Herzzentrum wird Teil des neuen TUM-Klinikums, ohne dabei aber die Eigenverantwortlichkeit zu verlieren, ein Anliegen, das insbesondere den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr wichtig war. Der Ärztliche Direktor des Herzzentrums wird Mitglied des Vorstands des neuen TUMKlinikums sein. Auch bei der Belegschaft wird es keine Veränderungen durch diese Zusammenführung geben, ein sehr wichtiges Signal auch aus unserer Fraktion, das uns wichtig war und das wir an die Belegschaft senden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Neben dieser Fusion werden wir aber auch ein gemeinsames Dach spannen über die weiteren Spitzeneinrichtungen der medizinischen Forschung und Versorgung in unserer Landeshauptstadt. Wir gründen mit der heutigen Gesetzesänderung die Munich Medicine Alliance – M1 –, eine Stiftung, die gewissermaßen all diese Player in München unter einem Dach zusammenführt, ohne Ihnen aber die Eigenständigkeit und damit die Agilität zu nehmen.

Bereits in der Ersten Lesung sowie in der federführenden Beratung im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst habe ich darauf hingewiesen, wie wichtig hier der Blick über den Tellerrand ist, der Blick in andere Regionen der Welt, wie dort solche Einrichtungen geführt werden. Da zeigt sich, meine Damen und Herren, dass eine kluge Verbindung der Top Player eines Standorts die Basis dafür bildet, zukunftsfähige Life-Science-Cluster zu schaffen. Mit der Bündelung der Stiftung M1 führen wir die Kräfte dieser Einrichtungen hier am Standort München zusammen, die beiden Uniklinika, die medizinischen Fakultäten von LMU und TU, das Helmholtz Zen

trum sowie die drei Life-Science-Max-Planck-Institute hier in München, und das – was sehr wichtig ist – im Zusammenhang mit dem bundesweit größten Campus für biotechnologische Firmenausgründungen.

Insgesamt werden unter diesem neuen Dach von M1 3.000 Betten der Spitzenmedizin in einer Organisation miteinander verknüpft und verbunden. M1 wird einen ganz wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse schneller zu den Patientinnen und Patienten ans Krankenbett kommen. Translation und Wissenstransfer werden durch diese Maßnahme deutlich beschleunigt werden. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass die neue Stiftung die Möglichkeit erhält, analog zu Hochschuleinrichtungen, zu Universitäten, aber eben auch zu Uniklinika, Unternehmen auszugründen und sich an Unternehmen zu beteiligen, was gerade in diesem Bereich meines Erachtens ein ganz wesentlicher Baustein ist. Beide Maßnahmen, die Fusion des Klinikums rechts der Isar mit dem Herzzentrum und die Gründung von M1, sind aber nicht nur Leuchtturmprojekte für die Landeshauptstadt, lieber Robert Brannekämper, sondern werden auch auf den gesamten Freistaat und den Medizinstandort Bayern ausstrahlen.

Zudem stellen wir als Regierungsfraktionen mit dem Änderungsantrag die Weichen dafür, dass Teile von besonders leistungsfähigen Plankrankenhäusern, die der ambulanten Untersuchung und Behandlung dienen, als Hochschulambulanzen im Sinne des Sozialgesetzbuches V anerkannt werden können. Diese Standorte werden damit durch den Freistaat als medizinische Versorgungsstandorte im Freistaat Bayern weiter gestärkt werden.

Kurz zusammengefasst: Die heutige Gesetzesvorlage schafft die Voraussetzungen dafür, dass München und Bayern insgesamt als Medizinstandort künftig nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit in der absoluten Spitzenliga mitspielen können. Deshalb darf ich heute um Ihre Zustimmung bitten. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Als Nächster spricht für die AfD-Fraktion der Kollege Benjamin Nolte.

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! "Flaute im Landtag" titelte die "Augsburger Allgemeine" im April dieses Jahres. Der Landtag sei noch nicht auf Betriebstemperatur, stellte das Blatt fest. Plenarsitzungen seien deutlich kürzer, Ausschusssitzungen fielen auch mal ganz aus. Auch der bayerische Linksfunk beklagt im Vergleich zum selben Zeitpunkt der letzten Legislatur ein Minus von 42 % bei den Dringlichkeitsanträgen, ein Minus von 17 % bei sonstigen Anträgen und ein Minus von sage und schreibe 85 % bei Gesetzentwürfen.

Zumindest in Bezug auf den Rückgang bei den Gesetzentwürfen scheint die Staatsregierung hier Abhilfe schaffen zu wollen und etwas gegen die Flaute im Landtag unternehmen zu wollen – ein Punkt, der für den Antrag spricht.

Auch inhaltlich steht einiges drin, was zumindest nicht schlecht ist. Das Deutsche Herzzentrum des Freistaates Bayern soll mit dem Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München zusammengelegt werden. Diese Zusammenlegung soll bis 2025 circa 8 Millionen Euro kosten. Dafür sollen durch Synergieeffekte bis 2029 15 Millionen Euro erbracht werden. Der Nutzen aus den Synergieeffekten soll also temporär entstehende Kosten mittel- bis langfristig übersteigen. – Das klingt alles gut und sinnvoll. 2 : 0 für den Antrag.

Das Klinikum rechts der Isar soll in diesem Zuge umbenannt werden in Klinikum der Technischen Universität München. Warum das nötig ist, erschließt sich mir wiederum nicht. Das Klinikum rechts der Isar heißt seit über 100 Jahren so und ist unter diesem Namen weltweit anerkannt. Warum soll das Klinikum rechts der Isar nicht mehr Klinikum rechts der Isar heißen? Ist das eine Maßnahme im Kampf gegen Rechts, oder was soll der Blödsinn? – Ich weiß es nicht.

(Beifall bei der AfD)

Ein Punkt gegen den Antrag; es steht nur noch 2 : 1. Weiterhin sollen laut diesem Gesetzentwurf die beiden medizinischen Fakultäten der Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität München, die beiden Universitätsklinika sowie das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt – unter dem Dach einer Stiftung zusammengefasst werden. Hier entsteht für mich der Eindruck, dass ein zusätzlicher Wasserkopf und zusätzliche Versorgungsposten für Günstlinge und gescheiterte Politiker der Altparteien geschaffen werden sollen.

Doch damit nicht genug: Die Stiftung soll den klangvollen Namen "M1 – Munich Medicine Alliance" tragen. Ein Vorschlag von mir – nachdem die Staatsregierung mit dem Genderverbot zumindest den halbherzigen Versuch unternommen hat, die deutsche Sprache vor der Verwahrlosung zu schützen –: Wie wäre es einmal mit einem Verbot unnötiger Anglizismen? Die M1 – Munich Medicine Alliance – wäre so ein Fall. Kurz und gut: Der Sinn einer solchen Stiftung, noch dazu mit einem solchen Namen, erschließt sich mir nicht. Das ist ein weiterer Punkt gegen den Gesetzentwurf. Bei einem Endstand von 2 : 2 komme ich nun zum Ende meines Redebeitrags. Wir werden uns enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege Nolte, es gibt noch eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Dr. Oetzinger.

Ja, bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich finde es spannend, dass Sie kritisieren, dass das Parlament angeblich zu wenig arbeiten würde. Sie bringen Ihren Vorschlag, wonach das Ganze einen deutschen Namen tragen sollte, so plakativ ein – vielleicht auch für Ihre eigene Öffentlichkeitsarbeit. Meine Frage an Sie: Warum haben Sie dann nicht die parlamentarischen Möglichkeiten genutzt, einen Änderungsantrag einzubringen, um eine Änderung des Namens in einen deutschen Namen vorzuschlagen? Das wäre nämlich dann die eigentliche parlamentarische Arbeit gewesen, anstatt irgendetwas für die sozialen Medien zu produzieren.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Ja, da haben Sie recht. Vielen Dank für den Hinweis.