Protokoll der Sitzung vom 17.07.2024

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Toni Schuberl (GRÜNE))

Meine liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich richtig liege, gibt es in Deutschland zwischen 70 und 75 derartige Zivilklauseln, keine in Bayern – das stimmt. Innerhalb Deutschlands gibt es aber sehr, sehr viele. Was in anderen Hochschulen passieren kann, könnte theoretisch genauso auch bei uns passieren. Ich mache noch einmal sehr deutlich, dass die Debatte völlig absurd ist; denn die Hochschulfreiheit, also die Freiheit von Forschung und Lehre, ist selbstverständlich verfassungsrechtlich gewährleistet. Ich brauche nicht in das Gesetz zu schreiben, dass das so ist; trotzdem steht es so im Gesetz. Das steht natürlich in der Verfassung, also im Grundgesetz und in der Bayerischen Verfassung. Das ist doch keine Frage. Kein Mensch zwingt einen Professor oder eine Professorin, über irgendetwas zu forschen oder nicht zu forschen. Das ist doch gerade der Sinn der Freiheit von Forschung und Lehre. Sich als Hochschule aber mit einer Klausel zu verpflichten, irgendetwas nicht zu erforschen, halte ich für einen gewaltigen Eingriff in die Hochschulfreiheit, in die Freiheit von Forschung und Lehre.

Machen Sie doch einfach einmal ein Gedankenexperiment und stellen sich vor, es ginge nicht um Wehrtechnik, es ginge nicht um Technologien im Bereich Drohnen oder Ähnliches, was für die Sicherheit wichtig ist, sondern zum Beispiel um Genderforschung. Wie wäre es denn, wenn wir eine Klausel einfügen würden, die Genderforschung an Universitäten unterbinden würde? Da würden Sie bestimmt ganz anders argumentieren. Das zeigt die Doppelbödigkeit und Doppelmoral in Ihrer Argumentation.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Das zeigt aber auch eines: Das zeigt – das muss man sich immer deutlich machen –, wie linke GRÜNE immer versuchen, Diskursräume einzuengen. Nehmen Sie einfach hin, dass es Leute gibt, die sagen: Ich halte Militärforschung, ich halte innovative Forschung in hochinnovativen, technologisch fortentwickelten Unternehmen in Kooperation mit Universitäten für richtig. Nehmen Sie das einfach hin.

(Toni Schuberl (GRÜNE): Das haben die doch schon längst gemacht! – Benjamin Adjei (GRÜNE): Sie wollen das erzwingen!)

Sie können ja eine andere Position vertreten. In der Gesellschaft und in einem demokratischen Diskurs muss man das ganz einfach aushalten.

(Toni Schuberl (GRÜNE): Sie schreiben doch das Verbot hinein! Sie verengen den Diskurs!)

Ihr grundsätzliches Problem ist die Verengung, das Canceln und das Wegdiskutieren von Faktoren. Das wird hier deutlich.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Deshalb insgesamt noch einmal Danke für die sehr, sehr konstruktiven Beratungen, Danke an die Fraktionen, die zustimmen. Ich glaube wirklich, dass wir mit diesem Gesetz Rechtsgeschichte schreiben. So etwas hat es noch nie gegeben. Von allen, die Kenntnis haben und nicht ideologisch verblendet sind, wird das Gesetz begrüßt. Sogar Pistorius empfiehlt es als nachahmenswert. Ich finde das äußerst gut, weil dadurch der erforderliche Grundgedanke in der Gesellschaft verankert wird und auch für alle staatlichen Stellen zum Auftrag des Gesetzgebers wird. Das halte ich für ausgesprochen gut.

Hier geht es um die Veränderung des Mindset. Das ist ein Teil der Zeitenwende. Es geht aber auch darum, handlungsfähig zu sein, darum, dass die Bundeswehr handlungsfähig ist, die in Bayern einen ganz zentralen, wichtigen Stellenwert hat. Wir sind stolz auf jeden Standort, den die Bundeswehr in Bayern hat, und wir wollen alles dafür tun, dass sie materiell, was die Baulichkeiten betrifft und vor allem was das hoch qualifizierte Personal der Soldatinnen und Soldaten betrifft, gut ausgestattet ist. Unser Gesetz wird dazu beitragen. Darum danke ich sehr herzlich für die Unterstützung.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Es liegen zwei Meldungen zu Zwischenbemerkungen vor. Zunächst der Kollege Benjamin Adjei.

Vielen Dank, Herr Minister, für das mehrfache Verweisen auf meine Rede. Nachdem vorher schon Kollege Fackler die Frage nicht beantworten konnte: Sie haben gerade gesagt, dass nur ideologische Verblendung dazu führt, Kritik an diesem Gesetzentwurf zu üben. Wir haben Kritik an diesem Gesetzentwurf vom Bayerischen Roten Kreuz, wir haben Kritik an diesem Gesetzentwurf von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, wir haben Kritik an diesem Gesetzentwurf von den Kirchen, wir haben Kritik von den Elternverbänden. Sagen Sie, dass diese alle ideologisch verblendet sind, weil sie Ihr Gesetz kritisieren? Können Sie außer dem Reservistenverband vielleicht noch einen Verband nennen, der sich positiv zu diesem Gesetzentwurf geäußert hat?

Ich habe gerne mehrfach auf Ihre Rede verwiesen; sie war nämlich gar nicht einmal so gut.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Im Übrigen wäre es mir neu, dass Sie auf einmal Gesetzgebung machen, indem Sie addieren, wie viele Verbände was sagen. Ich würde auch nicht behaupten, dass das Rote Kreuz ideologisch verblendet ist; dazu habe ich gar keinen Grund.

(Benjamin Adjei (GRÜNE): Das haben Sie gesagt!)

Das, was von Teilen Ihrer Partei und von Ihnen geäußert wird, legt aber den Verdacht nahe, dass bei Ihnen möglicherweise eine ideologische Verblendung vorliegt und es bei Ihnen einen Reflex gibt, wenn es um Fragen der Bundeswehr geht. Dieses Gesetz soll genau dem entgegenwirken. Darum handelt es sich um einen Zielkonflikt.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Nun noch eine zweite Zwischenbemerkung, und zwar vom Kollegen Christoph Maier.

Herr Herrmann, Sie haben hier heute von Putinknechten und von Volksverrätern gesprochen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Erhebungen haben ergeben, dass hier in diesem Haus sowohl aus den Reihen der CSU als auch aus den Reihen der FREIEN WÄHLER und der AfD weit über 40 % der Männer im wehrfähigen Alter auch Wehrdienst geleistet haben, hingegen aus den Fraktionen der GRÜNEN und der SPD nur vereinzelt –

(Markus Rinderspacher (SPD): Moment! Moment!)

dies laut den Angaben, die im Netz und in den Abgeordnetenbiografien zu finden sind. Damit ist festzustellen, dass das bürgerliche Spektrum einen Großteil des wehrfähigen Potenzials der Gesellschaft abbildet.

Wollen Sie damit der Zielgruppe, die auch am stärksten AfD wählt, den Männern mittleren Alters absprechen, dass sie für ihr Vaterland einstehen, dass sie bereit sind, für Deutschland zu kämpfen?

(Katharina Schulze (GRÜNE): Ihr kämpft doch für Putin!)

Wollen Sie auf das eine Drittel der Männer verzichten, die bereit sind, in der Armee für dieses Land zu kämpfen, indem Sie sie als Volksverräter diffamieren, nur weil sie uns ihre Stimme gegeben haben?

(Beifall bei der AfD)

Zunächst einmal will ich schon korrekt bleiben: Ich habe nicht Volksverräter, sondern Vaterlandsverräter gesagt,

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der GRÜNEN)

um in Ihrem Jargon zu bleiben.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Das seid ihr nämlich!)

Im Übrigen glaube ich, dass es vielleicht wichtig wäre, dass die Leute, die Sie gewählt haben, auch einmal hören, dass hier sozusagen im Auftrag Ihrer Wähler jemand steht und die NATO als imperialistische Politik und die amerikanischen Soldatinnen und Soldaten, die hier ihren Dienst tun, als Besatzer bezeichnet. Dann können sich diese Leute überlegen, ob sie Sie überhaupt jemals noch wählen können.

(Beifall bei der CSU, den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN und der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf der Staatsregierung auf der Drucksache 19/1556 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen auf der Drucksache 19/2828 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen empfiehlt Zustimmung zum

Gesetzentwurf. Der endberatende Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration empfiehlt ebenfalls Zustimmung mit der Maßgabe, dass mehrere Änderungen vorgenommen werden. Im Einzelnen verweise ich hierzu auf Drucksache 19/2828.

Wer dem Gesetzentwurf mit den empfohlenen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion, FREIE WÄHLER und CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Bei Gegenstimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen! – Bei Enthaltung der AfDFraktion ist das Gesetz so beschlossen. Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form vorzunehmen. – Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetzentwurf in der soeben beschlossenen Fassung seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind wiederum die Fraktionen SPD, FREIE WÄHLER, CSU. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen! – Die AfD-Fraktion. Damit ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern".

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 13:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Klaus Holetschek, Michael Hofmann, Prof. Dr. Winfried Bausback u. a. und Fraktion (CSU), Florian Streibl, Felix Locke, Alexander Hold u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER), Katharina Schulze, Johannes Becher, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Florian von Brunn, Dr. Simone Strohmayr, Holger Grießhammer u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (Drs. 19/2065) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Petra Guttenberger, Alfred Grob, Michael Hofmann u. a. und Fraktion (CSU) , Florian Streibl, Felix Locke, Martin Scharf u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER), Katharina Schulze, Johannes Becher, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Florian von Brunn, Ruth Müller, Volkmar Halbleib u. a. und Fraktion (SPD) (Drs. 19/2725)

Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 29 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort an Herrn Kollegen Michael Hofmann.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn dieser Legislaturperiode hat dieses Hohe Haus unter anderem die Aufgabe, 15 nichtberufsrichterliche Richter an den Verfassungsgerichtshof zu wählen. Es gab im Rahmen dieser Entscheidungen enorme Verwerfungen, einfach deswegen, weil die Fraktionen von GRÜNEN und SPD erklärt haben, dass sie die Vorschläge der AfD-Fraktion nicht mittragen wollen. Dies kann man zunächst einmal aufgrund der zunehmenden Radikalisierung dieser Fraktion nachvollziehen. Nichtsdestoweniger hätte ein solches Verhalten, wenn es sich quer durchs gesamte Haus gezogen hätte, zu einer veritablen Verfassungskrise geführt. Dass dies nicht geschehen ist, liegt allein an der

staatspolitischen Verantwortung der Fraktionen von CSU und FREIEN WÄHLERN. Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, wir haben hier immensen Schaden vom Freistaat Bayern abgewandt.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Es war umso bedauerlicher, dass uns gegenüber auch im Nachgang dazu Kritik aus Teilen der Parteien von SPD und GRÜNEN geäußert worden ist. Ich sage ausdrücklich: nicht von Parlamentariern; denn wir haben hier eine gute parlamentarische Gepflogenheit. Aber man hat uns vorgeworfen, Verfassungsfeinde zu unterstützen. Das war in Unkenntnis der gesamten Rechts- und Sachlage ein absolut schwerer Missgriff in der Demokratie. Das weisen wir an dieser Stelle auch noch mal in aller Form zurück. Wir wissen um unsere Verantwortung, und wir sind dieser Verantwortung so, wie es die Wählerinnen und Wähler von uns erwarten dürfen, auch nachgekommen.

Wir kommen dieser Verantwortung aber auch heute nach, weil wir erklärt haben, dass es nicht sein kann, dass mögliche Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht über alle Zweifel erhaben sind, ob sie auf dem Boden der bayerischen und der deutschen Verfassung stehen, in einem Verfassungsgerichtshof des Freistaats Bayern Recht sprechen. Deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht. Demokratie bedeutet nicht, dass man jemanden wählen muss, sondern Demokratie bedeutet, dass man jemanden wählen kann. Diese Auswahlmöglichkeit schaffen wir mit diesem Gesetzentwurf.