Protokoll der Sitzung vom 17.07.2024

Wir kommen dieser Verantwortung aber auch heute nach, weil wir erklärt haben, dass es nicht sein kann, dass mögliche Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht über alle Zweifel erhaben sind, ob sie auf dem Boden der bayerischen und der deutschen Verfassung stehen, in einem Verfassungsgerichtshof des Freistaats Bayern Recht sprechen. Deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht. Demokratie bedeutet nicht, dass man jemanden wählen muss, sondern Demokratie bedeutet, dass man jemanden wählen kann. Diese Auswahlmöglichkeit schaffen wir mit diesem Gesetzentwurf.

Es ist jetzt so, dass wir mit diesem Gesetzentwurf zunächst einmal die Verhältnisse zwischen Regierungsfraktionen und Oppositionsfraktionen so herstellen, dass beide Vorschlagsrechte haben. Wir trennen diese Vorschlagsrechte nach entsprechenden Listen, damit sichergestellt ist, dass der Verfassungsgerichtshof ordnungsgemäß im Sinne der Wählerinnen und Wähler nach Regierung und Opposition besetzt werden kann. Gleichzeitig stellen wir sicher, dass jede Fraktion für jede Vorschlagsliste so viele Vorschläge machen kann, wie auf dieser Liste Platz haben. Das ist auch noch mal ein wichtiger Punkt. Wir schaffen dadurch eine größere Auswahl. Die größere Auswahl stärkt zunächst einmal die vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten, weil sie gegenüber allen Menschen im Freistaat Bayern darauf verweisen können, dass sie nicht allein deswegen gewählt wurden, weil sie von einer Fraktion zwingend vorgeschlagen worden sind, sondern weil dieses Parlament aus freien Stücken nach fester Überzeugung die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten gewählt hat. Das ist ein enormer Pluspunkt im Vergleich zur vorherigen Situation. Das ist ein Pluspunkt für die zukünftigen Richterinnen und Richter am Verfassungsgerichtshof.

Das ist auch ein Pluspunkt für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier hier in dem Hause, die eben nicht zwingend jemanden wählen müssen, weil sie keine Auswahl haben, sondern wir haben hier auch eine Stärkung des Demokratieprinzips. Auch deswegen ist diese Änderung des Gesetzes, glaube ich, ein hervorragender Wurf, den wir gemeinsam mittragen können. Ich bedanke mich ganz ausdrücklich an der Stelle bei den demokratischen Fraktionen, die hier in diesem Hause das Ganze mitmachen.

Ich sage an der Stelle auch klipp und klar, weil es jetzt wieder Tränen aus einer bestimmten Richtung gibt: Diese sind vollkommen unbegründet. Jeder kann Vorschläge machen, und jede Fraktion kann durch ihren Vorschlag und durch geeignete Kandidatinnen und Kandidaten sicherstellen, dass ihre Vorschläge tatsächlich eine Chance haben, gewählt zu werden. Wenn diese Vorschläge nicht über alle Zweifel erhaben sind, dann ist das vor allem das Problem derjenigen, die sie vorschlagen, und der Kandidatinnen und Kandidaten selbst, aber nicht dieses Hohen Hauses; denn das muss seiner Verantwortung gerecht werden.

Wir stellen mit dieser Gesetzesänderung im Übrigen sicher, dass auch in Zukunft der Verfassungsgerichtshof arbeitsfähig ist. Wir haben eine rechtssichere Regelung getroffen, die vollkommen und stark auf dem Boden der bayerischen Verfassung steht. Auch dieses ist letztlich möglich gewesen aufgrund der Regelung in der Verfassung. Wir bewegen uns also in einem rechtssicheren Raum. Die Menschen im Freistaat Bayern können sich sicher sein, dass auch in Zukunft im Verfassungsgerichtshof keine Feinde der Verfassung, der Demokratie, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sitzen, weil wir den Boden dafür schaffen.

Gleichzeitig haben wir noch einen Änderungsantrag eingebracht. Ich bedanke mich, dass es alle Fraktionen der demokratischen Parteien hier im Hause mitgetragen haben, dass wir zusätzlich die Möglichkeit schaffen, dass der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, auch wenn er vielleicht sein Pensionsalter erreicht, seine komplette Amtszeit ausschöpfen kann. Ich glaube, das ist ebenfalls eine gute Regelung, weil sie für die Kontinuität des Verfassungsgerichtshofs steht. Das bedeutet letzten Endes auch, dass wir von Anfang an sicherstellen können, dass der Präsident oder die Präsidentin, die zu wählen sind, die komplette Amtszeit wahrnehmen können. Das ist, glaube ich, auch ein wesentlicher Punkt.

Ich bedanke mich bei allen Fraktionen, die diesen Gesetzentwurf mittragen. Wir sorgen für Rechtssicherheit, für Glaubwürdigkeit, und wir haben vor allem gezeigt, dass dieses Parlament so kurz, nachdem dieses Problem virulent geworden ist, gehandelt hat. Wir sind eine wehrhafte Demokratie, wir sind eine starke Demokratie. Wir arbeiten schnell und zuverlässig, wenn wir Probleme erkennen, und lösen diese. Dieses Gesetz ist ein Paradebeispiel für all dieses. – Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Herr Kollege Mistol, bitte.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Weimarer Demokratie, die erste Demokratie in Deutschland, wurde von den rechten wie den linken politischen Rändern verachtet und bekämpft. Sie ging schlussendlich an ihrer Wehrlosigkeit zugrunde. Das empfanden die Mütter und Väter des Grundgesetzes als Mahnung, als Auftrag, eine Verfassung zu formulieren, aus der die Pflicht abgeleitet wird, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen.

Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung lebt vor allem von der Grundüberzeugung der Bürgerinnen und Bürger, die bereit sind, aktiv für Demokratie und Menschenwürde einzutreten. Sie muss aber auch durch den Staat und seine Institutionen gewährleistet und geschützt werden. Diesem Auftrag fühlen wir uns als GRÜNE verpflichtet, und deshalb haben wir gemeinsam mit den Fraktionen von CSU, FREIEN WÄHLERN und SPD einen Gesetzentwurf vorgelegt, den wir heute in Zweiter Lesung behandeln.

Man muss schon feststellen: Das bisherige Wahlsystem von nichtberufsrichterlichen Mitgliedern des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs hatte einen zentralen Fehler. Es schrieb eine Wahl vor, aber es ließ uns keine echte Wahl, weil nicht mehr Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen waren, als Positionen zu besetzen sind, und eben, wie es der Kollege Hofmann auch schon gesagt hat, bei Nichtwahl einzelner Vorschläge tatsächlich auch große Rechtsunsicherheit entstanden wäre.

Deswegen nutzen wir in Zukunft ein bewährtes Listensystem, das dem Anspruch einer echten Auswahl auch gerecht wird. Wir können zwischen Kandidatinnen und Kandidaten auswählen, und es ist auch sichergestellt, dass die Opposition angemessen zum Zug kommt. Ich sage, das ist ein Gewinn für den Parlamentarismus.

Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Laufe der Beratung des Gesetzentwurfes auch noch einen Änderungsantrag eingebracht mit dem Ziel, es dem Präsidenten oder der Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs zu ermöglichen, auch bei Überschreiten des Ruhestandseintrittsalters die achtjährige Wahlperiode auszuschöpfen. Eine Altersgrenze halten wir GRÜNE für verzichtbar; übrigens nicht nur hier, sondern zum Beispiel auch bei der Wahl des Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin. Es geht also auch in die andere Richtung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, für uns GRÜNE steht fest: Wir müssen die Organe der Verfassung gegenüber den Feinden der Verfassung widerstandsfähig machen. Daran wollen wir auch gemeinsam mit allen Demokratinnen und Demokraten hier im Hause arbeiten. Auch ich möchte mich für die gute Zusammenarbeit bei diesem Gesetzentwurf bedanken. Wenn wir so weitermachen, dann wird das was, glaube ich. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Der Kollege Horst Arnold, bitte.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Abgeordnete sind eigentlich dem Recht und ihrem Gewissen unterworfen. So steht es in der Verfassung, das ist unser Privileg. In dieser Hinsicht haben wir Funktionen auszuüben, die maßstabsbildend für die Demokratie sind, die aber auch für die Bevölkerung sozusagen der Lackmustest dafür sind, ob wir das auch in dem Zusammenhang ausüben.

Bei der Wahl eines Verfassungsgerichtshofs ist im Prinzip eine Königsentscheidung zu treffen, weil nicht irgendetwas gewählt wird, sondern tatsächlich ein Verfassungsorgan, das entscheidend die Kontrolle über unser System übernimmt.

Die bisherige Lösung war eine Listenwahl. In diesem Zusammenhang haben wir mit meiner Fraktion ein Dilemma erlebt: Die Alternativlosigkeit dieser Listenwahl führte dazu, dass wir bei der Abwägung der Vorschläge, die vorher hinsichtlich Bedenken nicht so gravierend waren, in der Tat in der neuesten Zeit durch die AfDFraktion und ihr antidemokratisches und undemokratisches Verhalten mobilisiert wurden und somit in einen Gewissenskonflikt kamen: Wählst du eine Liste, in der automatisch Vorschläge von dieser Partei sind, quasi das Ticket, und musst du mit dieser Liste argumentieren, dass damit auch die Vorschläge unserer eigenen Fraktion befürwortet werden?

Vor dem Hintergrund – falls wir uns anders entscheiden würden – wäre möglicherweise die Entscheidungsfähigkeit und die rechtsprechende Existenz des Verfassungsgerichtshofs in dem Zusammenhang gefährdet.

Wir haben es uns nicht leicht gemacht, und es war eine intensive Diskussion, allerdings im Rahmen unserer Tradition und im Hinblick darauf, dass Wilhelm Hoegner einer der ausschlaggebenden Autoren dieser Bayerischen Verfassung war. Daher haben wir uns seinerzeit entschieden, dieser Listenlösung nicht zuzustimmen, und dabei, Herr Hofmann, mit Sicherheit in den bittersauren Apfel gebissen, unseren eigenen Vorschlag nicht zu wählen.

Dabei war aber auch klar, dass dieser Zwiespalt, dieser Konflikt, für die Zukunft positiv zu lösen ist, am besten mit allen demokratischen Parteien, am besten so, dass nach Möglichkeit eine Verbesserung stattfinden kann. Ich kann Ihnen sagen, dass meine Fraktion diese Art und Weise des Gesetzes als Verbesserung empfindet. Zum einen kommen wir weg von der berühmten, nach außen kolportierten "Ticket

lösung". Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welche Probleme diese "Tickets" im Rahmen Ihrer eigenen Fraktion auch im Bundestag machen. Der Kollege Bausback kann ein Lied davon singen.

Diese "Ticketlösung" ist nun keine Ticketlösung mehr, weil alle Fraktionen Vorschläge machen. Wir kommen hin zu einer Auswahl und vor allen Dingen – bevor die Wahl stattfindet – natürlich zu einer innerparlamentarischen Kommunikation auf sachlicher Basis, auf demokratischer Basis, ohne dass wir uns in dem Zusammenhang gleich irgendwelche Verdachtsmomente an den Kopf werfen müssen.

Das ist eine Chance für den Verfassungsgerichtshof, das ist eine Chance für das Parlament, aber es ist auch ein deutliches Zeichen der Transparenz von Richterwahlen gegenüber der Bevölkerung. Nach wie vor ist es so, dass alle Macht vom Volke ausgeht, wir die gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten sind und uns deswegen Mühe geben, diese Auswahl im Rahmen unseres Gewissens und der Gesetze so zu treffen, dass sie wirklich erfüllend ist und nicht irgendwelchen anderen Themen unterworfen wird, wie Parteidisziplin oder Sonstigem.

Deswegen stimmen wir dem Gesetzesentwurf und natürlich auch dem Änderungsantrag ausdrücklich zu.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CSU und der FREIEN WÄHLER)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Christoph Maier, bitte.

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Entwurf zur Änderung des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof zur Verhinderung der Wahl von Richtern auf Vorschlag der Alternative für Deutschland ist ein weiteres Instrument aus dem Werkzeugkasten zur Unterdrückung der einzigen echten Opposition in Bayern, nämlich der Alternative für Deutschland.

(Beifall bei der AfD – Lachen des Abgeordneten Michael Hofmann (CSU))

Nach bisheriger Rechtslage wählt der Landtag jeweils nach seinem Zusammentritt 15 weitere nichtberufsrichterliche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs sowie deren Stellvertreter gemäß den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts. In Verbindung mit der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag bedeutet dies, dass jede Fraktion im Landtag eine den Stärkeverhältnissen entsprechende Zahl an weiteren Mitgliedern sowie Stellvertretern vorschlägt. Diese Vorschläge bedürfen dann der Wahl durch die Vollversammlung des Landtags. Ein Einfluss auf die personellen Vorschläge einzelner Fraktionen stand der Vollversammlung des Landtags nicht zu. Daher mussten auch die Kandidatenvorschläge unserer Alternative für Deutschland – aktuell 2 der 15 Richter – in einer Gesamtabstimmung über alle Vorschläge vom Landtag mitgewählt werden. Dieses Verfahren stellte sicher, dass alle relevanten politischen Strömungen im Landtag ein Vorschlagsrecht hatten und diese Kandidaten auch tatsächlich zu Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs gewählt wurden.

Mit der heutigen Änderung des Gesetzes wird dieses bewährte Verfahren abgeschafft. Die Kandidatenvorschläge der Fraktionen können dann über eine Einzelwahl auf vier verschiedenen Listen gewählt werden mit der Folge, dass die Parlamentsmehrheit – also hier die Kartellfraktionen – die Kandidaten der Alternative für Deutschland ablehnen kann.

Dies ist ein Angriff auf die parlamentarischen Minderheitenrechte, den Parlamentarismus und die Demokratie.

(Beifall bei der AfD – Michael Hofmann (CSU): Wir stärken die Minderheitenrechte, weil ihr Verfassungsfeinde seid!)

Damit bringen die Kartellfraktionen zugleich die Missachtung des Wählerwillens zum Ausdruck.

(Michael Hofmann (CSU): So ein Quatsch! Ihr habt ganz offensichtlich keine Ahnung, was Demokratie bedeutet!)

Im Rahmen ihrer staatlichen Repression gegen die Alternative für Deutschland und die ihr nahestehenden Organisationen scheuen die Kartellfraktionen noch nicht einmal mehr davor zurück,

(Michael Hofmann (CSU): Sie sollten mal Ihren Kopf einschalten und nicht nur ablesen!)

die Gesetze zum Zwecke des eigenen Machterhalts zu ändern. Es geht Ihnen nämlich nur darum, den äußeren Schein des Parlamentarismus und der Demokratie zu wahren. In Wirklichkeit verachten Sie das demokratische System

(Lachen des Abgeordneten Michael Hofmann (CSU))

und die verfassungsmäßige Ordnung, und Sie bekämpfen jede politische Opposition

(Unruhe – Michael Hofmann (CSU): Das ist so lächerlich!)

mit allen Mitteln, gleich ob rechtmäßig oder unrechtmäßig.

(Beifall bei der AfD – Anhaltende Unruhe – Michael Hofmann (CSU): Unglaublich! So etwas Lächerliches! Um Gottes willen!)

Damit wandelt sich unser Staat in kleinen Schritten vom demokratischen Rechtsstaat zur autoritären Herrschaftsform der Kartellfraktionen.

(Michael Hofmann (CSU): So ein Quatsch!)

Sie schaffen mit diesem Gesetz die Voraussetzungen, dass die Kartellfraktionen

(Michael Hofmann (CSU): Schlagen Sie anständige Kandidaten vor, dann werden sie vielleicht gewählt!)