Bleiben Sie bitte am Rednerpult; wir haben eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Roon. Bitte.
Ich habe nicht gesagt, dass man gar nichts tut, sondern ich habe gesagt, wir wollen es mehr unterstützen. Was spricht denn dagegen, jetzt unserem Antrag zuzustimmen? – Gar nichts. Wir wollen das Ganze mehr unterstützen, und das war es.
Frau Kollegin, ich habe Ihnen schon gesagt, dass wir bei dieser Bürokratie ein wenig abrüsten müssen. Da bin ich völlig bei Ihnen. Aber bei all den Maßnahmen, die ich aufgezählt habe und die immer noch zu wenig sind, ist für uns klar: Es ist nicht jeder Mensch mit Behinderung vermittelbar. Das müssen wir leider akzeptieren. Bei allem anderen, etwa wie wir Arbeitskräfte aus der Gruppe der Menschen mit Behinderung heben können, tun wir wirklich alles. Insofern bleibe ich dabei, dass wir den Antrag auf ein zusätzliches Bonusprogramm ablehnen.
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Eva Lettenbauer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ranghohe Vertreter der AfD halten Inklusion für einen Irrweg.
Dass Sie gleich wieder losschreien, zeigt, dass wir den richtigen Punkt getroffen haben. Sie nehmen regelmäßig Einzelfälle heraus, machen hier ein Bohei und haben im Großen und Ganzen einen Angriff auf die Inklusion vor. Vertreter der AfD verharmlosen den Nationalsozialismus und damit am Ende auch die Verfolgung und systematische Vernichtung von Menschen mit Behinderung.
Es fällt eindeutig auf, dass Sie hier offensichtlich nur so tun, als würden Sie sich für die Interessen der Menschen mit Behinderung einsetzen. Ich finde das zynisch. Deshalb ist dieser Antrag auch heuchlerisch.
Zudem ist der Antrag fachlich schlecht. Einige Unternehmen mit mehr als 20 Angestellten beschäftigen Menschen mit Behinderung, zu viele Unternehmen jedoch nicht. Finanzielle Unterstützung gibt es dafür aber nicht pauschal, sondern bei Bedarf. Frau Kollegin Gießübel hat bereits viele Möglichkeiten genannt. Weitere Unterstützungen sind zum Beispiel begleitende Hilfen im Arbeitsleben, finanziert aus der Ausgleichsabgabe. Hier geht es beispielsweise darum, Leistungen für technische Arbeitshilfen oder für die Arbeitsplatzeinrichtung zu finanzieren. Ferner geht es um die Übernahme von Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz oder um den Ausgleich von außergewöhnlichen, nicht zumutbaren Belastungen bei Minderleistung oder Betreuungsaufwand. Das geforderte Bonusprogramm aus Mitteln der Ausgleichsabgabe widerspricht übrigens ganz klar den Leitsätzen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen.
Der Antrag ist Unsinn, das Problem aber real. Wir brauchen mehr Inklusion am Arbeitsmarkt. Das wissen wir. Gleichzeitig werden händeringend Arbeitskräfte gesucht. Lassen Sie uns deshalb mit sinnvollen Maßnahmen für Menschen mit Behinderung auch im Berufsleben eine echte Wahlfreiheit ermöglichen. Stärken wir das Budget für Arbeit, und ermöglichen wir es auch den Werkstätten, berufliche Integration wirklich zu fördern.
Wir wollen ein Bayern, in dem jede und jeder einen Beitrag leisten kann. Die AfD mit ihren ausgrenzenden Positionen passt dazu nicht.
Ich möchte Ihre Falschbehauptungen korrigieren. Unser Grundsatzprogramm ist ganz klar. Unter Punkt 8.2.6 steht eindeutig: "Keine Inklusion ‚um jeden Preis‘. Förder- und Sonderschulen erhalten". Es steht darin nichts von Wegsperren, wie es andere behaupten. Die AfD unterstützt sogar die Forderung der Vereinten Nationen, behinderten Kindern eine echte Teilhabe am Bildungssystem zu ermöglichen. In Deutschland ist das leider nicht Realität. Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder mit besonderem Förderbedarf tatsächlich gefördert werden, und zwar nicht in überfüllten Regelschulen, wo sie untergehen, sondern dort, wo sie bestmöglich betreut werden können, in Förder- und Sonderschulen.
Wir setzen uns auch dafür ein, dass behinderte Menschen im Arbeitsmarkt unterkommen. Das, was Sie behaupten, ist eine Falschbehauptung. Ich möchte von Ihnen endlich eine Entschuldigung.
Vielen Dank, dass Sie hier vorgelesen haben, dass Sie die freie Entscheidung der Menschen mit Behinderungen nicht ermöglichen möchten.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Es steht außer Frage: Unser gemeinsames Ziel ist es, mehr Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Bayern setzt seit Jahren Anreize für Unternehmen, die Menschen mit Behinderung beschäfti
Die bayerische Initiative Inklusion bietet zudem Prämien von bis zu 10.000 Euro für neu geschaffene Arbeits- und Ausbildungsplätze für Menschen mit Behinderung. Diese Maßnahmen wirken bereits und setzen dort an, wo Unterstützung gebraucht wird. Wir brauchen jedoch mehr als nur finanzielle Anreize. Wir brauchen eine inklusive Unternehmenskultur, die langfristig trägt.
Ein weiteres Erfolgsmodell sind die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber, die EAA. Sie nehmen Unternehmen an die Hand, bauen Vorbehalte ab und begleiten den gesamten Prozess der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung individuell, effizient und praxisnah. Die EAA zeigen, dass es nicht immer neue Subventionen, sondern oft schlicht und einfach mehr Informationen und konkrete Unterstützung braucht, um die Arbeitgeber für Inklusion zu gewinnen.
Der hier vorgeschlagene Bonus für die Besetzung von Pflichtarbeitsplätzen bringt erhebliche Probleme mit sich:
Erstens. Es werden Doppelstrukturen geschaffen, da bestehende Programme wie die bayerische Initiative Inklusion die Arbeitgeber bereits gezielt unterstützen. Warum sollten wir bestehende funktionierende Programme mit einer zusätzlichen Maßnahme überlagern?
Zweitens. Das Bonusprogramm setzt fragwürdige Anreize. Dann sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, eine bestimmte Quote von Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Wer dafür eine zusätzliche finanzielle Belohnung fordert, schwächt das Prinzip der Inklusion und reduziert es auf eine rein wirtschaftliche Frage.
Drittens. Für die Umsetzung dieses Programms fehlt eine tragfähige finanzielle Grundlage. Das Programm müsste aus Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert werden. Es wäre aber sinnvoller, mit diesen Mitteln wieder die Vorhaben der Behindertenwerkstätten zu fördern. Auch wäre es Aufgabe der zukünftigen Bundesregierung, hier nachzubessern, um solche Förderungen mit einer Änderung im Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes wieder zu ermöglichen.
Ein weiterer Aspekt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen, ist die Realität in den Betrieben. Viele Arbeitgeber würden gerne mehr Menschen mit Behinderung einstellen, doch sie stoßen auf praktische Herausforderungen, etwa bei der barrierefreien Gestaltung des Arbeitsplatzes oder der individuellen Anpassung von Arbeitsabläufen. Hier müssen wir mit gezielter Beratung, Entlastung bei bürokratischen Hürden und besserer Vernetzung zwischen Unternehmen und qualifizierten Fachkräften mit Behinderung ansetzen.
Die Zahlen belegen es: 80 % der Arbeitgeber, die Menschen mit Behinderung beschäftigen, sind mit dieser Entscheidung zufrieden. Das eigentliche Problem ist also nicht der fehlende Anreiz, sondern sind die bestehenden Vermittlungshürden. Diese Vermittlungshürden abzubauen ist der richtige Ansatz. Genau hier setzt Bayern mit seinen Programmen an.
Ich möchte noch einen letzten Punkt aufführen, der mir sehr wichtig ist: Die Menschen mit Behinderung sollten am Ende selbst entscheiden, welche Art der Beschäftigung für sie infrage kommt, sei es in einer Werkstatt, auf dem freien
Arbeitsmarkt oder einer Mischung aus beiden. Die Antworten hier werden so unterschiedlich wie die Menschen in ihrer individuellen Lebenssituation sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen keine ineffektiven Bonusprogramme, sondern eine konsequente Weiterentwicklung der bestehenden Programme. Eine echte Inklusionsstrategie muss langfristig greifen, strukturelle Hürden abbauen und eine offene und unterstützende Unternehmenskultur fördern. Bayern ist da auf dem richtigen Weg.
Der AfD-Antrag mit seinem Bonusprogramm geht über die Köpfe der Menschen mit Behinderung hinweg und führt zu keiner Verbesserung. Daher lehnen wir diesen Antrag ab. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Menschen mit Handicaps oftmals schwieriger als für Menschen ohne Handicap. Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung ist mit 11 % fast doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote – und das, obwohl Menschen mit Behinderung oft sehr gut qualifiziert sind.
Dies war in der letzten Woche auch Thema in unserer gemeinsamen Anhörung von Sozial- und Gesundheitsausschuss zur Wohn- und Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderung in Bayern. Es ist auch erschreckend, dass immer weniger Unternehmen in Bayern die gesetzliche Vorgabe, mindestens 5 % ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben, erfüllen. Laut dem Inklusionsbarometer besetzen im Freistaat weniger als 39 % der Unternehmen alle Pflichtarbeitsplätze; jedes vierte Unternehmen beschäftigt sogar gar keine Menschen mit Behinderung.
Die Bundesregierung hat in der letzten Legislaturperiode deshalb mit dem neuen Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts ein wichtiges Vorhaben realisiert. So müssen Unternehmen, die keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, nun deutlich tiefer in die Tasche greifen. Die Ausgleichsabgabe wurde auf 720 Euro monatlich pro unbesetzter Stelle verdoppelt. Das ist ein notwendiges Instrument, um echte Veränderungen zu bewirken; denn Arbeit ist mehr als nur Broterwerb.
Neu ist auch, dass die Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe nun vollständig in die Beschäftigungsförderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fließen. Das heißt, sie werden nun ausschließlich dafür eingesetzt, Menschen mit Behinderung in Arbeit zu bringen.
Ich weiß, dass dieser Schritt gerade hier in Bayern sehr kritisiert wurde. Kollegin Toso von den FREIEN WÄHLERN hat es gerade angesprochen. In Bayern wurden die Mittel für die Ausgleichsabgabe nämlich bisher genutzt, um Investitionen in die Werkstätten für Menschen mit Behinderung zu tätigen.
Aber, Kolleginnen und Kollegen, alle anderen Bundesländer haben hierfür schon lange andere Lösungen gefunden.