Frau Kollegin Kurz, ich habe die Staatsgemäldesammlungen nicht gelobt, sondern ich habe gesagt, dass ich für eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema bin. Ich bleibe dabei, dass es wichtig ist, zu schauen, dass wir die Reputation unserer Sammlung in der Öffentlichkeit wahren. Dazu gehört selbstverständlich, dass wir Defizite bei der Struktur der Provenienzrecherchen und der Transparenz abstellen. Ihr Antrag ist aus meiner Sicht jedoch flach, um es mal ganz deutlich zu sagen.
und wenn Sie behaupten, dass überhaupt nicht klar sei, was Gegenstand der Schiedsgerichtsbarkeit ist, dann ist das einfach neben der Sache, Frau Kollegin.
(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER – Zuruf der Abgeordneten Sanne Kurz (GRÜNE))
Die Schiedsgerichtsbarkeit kann von den Strukturen her endlich das leisten, was die Limbach-Kommission schon allein von den Ressourcen her nicht leisten konnte. Unsere Aufgabe ist, allen potenziellen Opfern und ihren Nachkommen gerecht zu werden. Frau Kollegin, Entschuldigung, mich hat Ihre Rede nicht überzeugt. Das ist aber sicherlich keine Überraschung.
Wertes Präsidium, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Bausback hat ganz recht, wenn er sagt: Dieses Thema ist nicht geeignet für einen Parteienstreit. – Das ist auch etwas, was gestern im Ausschuss so gesagt wurde. Wir haben es gestern ausführlich diskutiert und haben, alle Fraktionen gemeinsam, einem Antrag der CSU und der FREIEN WÄHLER zugestimmt, weil es Nachbesserungsbedarf gibt. Das muss man ganz klar sagen.
Man kann das Nazi-Unrecht nicht ungeschehen machen, man kann es nicht wiedergutmachen. In dem aktuellen Antrag spricht man davon, das Unrecht durch Rückgaben abzumildern, und das ist auch der richtige Weg. Wir müssen Raubkunst zurückgeben; aber nach 80 Jahren ist die Aufklärung entsprechend schwer, und es ist nicht verwunderlich, dass hier noch nicht alle Fälle geklärt sind. Gleichzeitig hat die Staatsregierung bzw. die Koalition gestern Vorschläge unterbreitet, um schlagkräftiger zu werden. Das heißt, wir waren in der Vergangenheit nicht schlagkräftig genug. Man möchte jetzt schlagkräftige Verwaltungsstrukturen schaffen, man möchte eine schlagkräftige Taskforce und dauerhaft Instanzen aufbauen und Strukturen der Provenienzforschung neu ausrichten.
Man hat also offensichtlich Defizite erkannt, auch im Rahmen der aktuellen Berichterstattung, und man hat auch erkannt, dass Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Restitutionsbemühungen ganz massiv beschädigt wurde. Es gibt Nachholbedarf. Es gibt hier ganz viele Hausaufgaben, die zu erledigen sind; aber da hilft uns zum Beispiel der aktuelle Antrag der GRÜNEN überhaupt nicht weiter. Der macht den zweiten Schritt vor dem ersten. Die GRÜNEN sprechen hier schon davon, dass hier "wissentlich getäuscht und belogen" wurde. Das ist noch nicht geklärt. Diese Fragen müssen geklärt werden. – Frau Kurz, das muss ich Ihnen ganz klar vorwerfen. Lassen Sie uns doch erst einmal die Berichtsanträge verfolgen, die jetzt hier, auch von der SPD, entsprechend nachgebessert wurden, sodass wir auch zustimmen können, und lassen Sie uns doch einmal die gestern beschlossenen Berichte anhören. Lassen Sie uns einmal schauen: Wie sind die Antworten? – Dann wissen wir, was hier stattgefunden hat; aber ich finde es schon sehr hoch aufgehängt, wenn Sie hier jetzt schon gleich von Täuschung und Lügen sprechen.
Richtig ist natürlich: Wir müssen die Transparenz verbessern. Wir müssen hier aufklären. Wir müssen das zerstörte Vertrauen wieder aufbauen, und die Fragen müssen beantwortet werden. Daran arbeiten wir gemeinsam im Hohen Haus, haben dementsprechend gestern gemeinsam einen Antrag beschlossen, haben uns gemeinsam auf eine Vorgehensweise geeinigt. Heute gibt es noch weitere Anträge dazu. Auch der Antrag der CSU und der FREIEN WÄHLER, der heute eingebracht wird, ist noch einmal eine Klarstellung und Verbesserung. Aber ich denke, eigentlich war das Thema im Großen und Ganzen gestern schon geklärt, weil wir nämlich zwei Dinge gestern entschieden hatten: Wir haben einerseits gemeinsam entschieden, welcher Handlungsbedarf besteht, und haben andererseits gesagt: Es besteht Berichts-, Klärungs- und Aufklärungsbedarf. Das haben wir gestern alles schon hervorragend diskutiert und geklärt.
Heute bringen die GRÜNEN dann weitere Forderungen ein, die nicht akzeptabel sind, weder in der Art und Weise der Ausführungen hier am Rednerpult noch inhaltlich. Da können wir nicht mitgehen. Der SPD-Antrag, ein weiterer Berichtsantrag, ist kein Problem. Wir wollen alle aufklären. Wir müssen diese Fragen beantworten. Diese Anträge haben die CSU und die FREIEN WÄHLER dann auch noch dazu bewegt, heute Mittag einen weiteren Antrag hinterherzuschieben. Das kann man machen. Das sind weitere Klarstellungen. Ich sehe jetzt eigentlich keine großen Ergänzungen zu dem, was gestern schon besprochen wurde. Aber dem
Die Schiedsgerichtsbarkeit soll nachdrücklich eingeführt werden, damit die Restitutionsfragen in Zukunft vor einem Schiedsgericht geklärt werden können.
Ich denke, das sind alles Maßnahmen, die helfen, das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Restitutionsbemühungen wiederherzustellen. Damit ist eigentlich das meiste gesagt. Lassen Sie uns das also beschließen. Dann warten wir die entsprechenden Berichte ab, die werden wir dann im Ausschuss ausführlich gemeinsam diskutieren, und dann können wir auch schauen, ob man über das hinaus, was heute beschlossen wird, noch weitere Nachschärfungen vornehmen muss oder nicht.
Aber eines ist klar: Wir alle stehen hinter der Washingtoner Vereinbarung, und wir wollen das Unrecht bezüglich der NS-Raubkunst nicht nur aufklären, sondern, soweit es noch möglich ist, auch wieder rückgängig machen durch Rückgabe der Kunstwerke. In diesem Sinne vielen Dank für die Aussprache zu diesem Thema, das aber nicht geeignet ist, damit Parteipolitik zu betreiben.
Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Prof. Dr. Michael Piazolo für die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es gestern gesagt, ich werde es heute auch wiederholen: Die Meldungen – dazu hat die "Süddeutsche Zeitung" einen entsprechenden Artikel verfasst – haben mich persönlich betroffen gemacht und auch geärgert. Ich habe nach den Diskussionen, die wir geführt haben, auch nach dem, worüber wir geredet haben, geglaubt, dass wir auf einem guten Weg sind, dass wir weiter sind. Ich denke, das ist sehr vielen Kollegen so gegangen. Wir haben gestern eine sehr intensive Debatte geführt. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist: Auf das zurückgehend haben wir gestern mit dem Antrag der CSU und der FREIEN WÄHLER ganz klar Aufklärung und auch konkrete Maßnahmen gefordert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen in diesem Themenfeld in einer historischen Verantwortung. Das ist schon deutlich gesagt worden. Deshalb ist es natürlich auch nicht angemessen, in einen Parteienstreit und in Polemik zu verfallen; aber es ist natürlich angemessen, Aufklärung zu fordern, und das natürlich mit aller Stärke und durchaus Schärfe, die ich der Opposition auch zugestehe.
Während des NS-Regimes ist zahlreichen Menschen Kulturgut geraubt, entzogen und abgepresst worden. Ich sage es ganz deutlich: Diese Menschen sollen nicht ein zweites Mal zu Opfern werden.
Es ist ein Thema mit enorm hoher Emotionalität. Wir können uns da, glaube ich – vielleicht nicht jeder und nicht in gleicher Intensität –, einfühlen; aber es geht nicht nur darum, dass damals sehr, sehr viele Menschen getötet oder vertrieben worden sind, sondern auch darum, dass ihnen lieb gewordene Gegenstände – und ich denke, das kennen wir alle hier – abhandengekommen sind. Das waren Gegenstände, mit denen man etwas verbindet, zu denen man ein Gefühl aufgebaut
Da ist so oder so schon viel zu viel Zeit vergangen. Wir befinden uns jetzt 80 Jahre nach dem NS-Regime. Für alle Bundesländer, für die Bundesrepublik Deutschland gilt: Wir sind da so oder so zu spät dran, und die ganze Geschichte der Restitution – ich sage das ganz offen – ist kein Ruhmesblatt. Deshalb ist es umso wichtiger, und da sind wir uns in diesem Hohen Haus und auch der Minister, der da an erster Stelle steht, einig, dass wir jetzt dementsprechend möglichst zügig reagieren und dass wir das, was noch, sagen wir einmal, zu leisten ist und was noch gutzumachen ist, gutmachen müssen.
Die Sachverhalte sind natürlich schwierig, die Rechtslage ist nicht immer eindeutig, aber das ist keine Entschuldigung für einen massiven zeitlichen Verzug. Damit meine ich nicht insbesondere die Staatsregierung, sondern die Bundesrepublik Deutschland insgesamt. Wir hatten gestern – das will ich auch noch einmal betonen, das ist von allen bis jetzt gesagt worden – eine klare, intensive Aussprache im Ausschuss. Ich glaube, wir haben uns anderthalb Stunden mit dem Thema beschäftigt. Ich glaube, es war in der Sache, im Ton und in den Forderungen angemessen. Wir sind, glaube ich, in entsprechenden Forderungen aufeinander zugegangen und haben Verständnis füreinander aufgebracht.
Ich will unsere Forderungen, die wir in unseren Anträgen von CSU und FREIEN WÄHLERN aufgeführt haben, nur ganz kurz noch einmal skizzieren; das hat der Kollege Bausback schon in der entsprechenden Ausführlichkeit gemacht, dessen Worten ich da eins zu eins zustimme. Es geht darum, die Strukturen der Provenienzforschung – insbesondere die der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, aber nicht nur die – neu auszurichten. Vorher und parallel müssen wir jedoch den Sachverhalt umfassend aufklären. Das will ich auch deutlich machen. Es gibt einen Artikel. Gestatten Sie mir aber in Anwesenheit der Medien zu sagen: Es ist leider nicht immer so, dass alles, was berichtet wird, auch stimmt. Das haben wir immer wieder bei dem einen oder anderen Bericht, den wir gelesen haben, feststellen müssen, obwohl mein Vertrauen in die Medien uneingeschränkt groß ist und ich in meiner politischen Karriere kein Beispiel für eine Presseberichterstattung anführen kann, bei der etwas nicht gestimmt hat.
Trotzdem: Zuerst geht es darum, den Sachverhalt aufzuklären. Daneben müssen wir eine schlagkräftige Taskforce aufstellen und einen verbindlichen Zeitplan schaffen. Die Ergebnisse müssen gemäß den Washingtoner Prinzipien klar und transparent veröffentlicht werden.
Noch ein persönliches Wort: Ich bin dankbar, dass der Minister sehr schnell gesagt hat, dass sein Ministerium über 1 Million Euro einsetzen will. Ich kann jetzt keine Versprechungen machen, aber wenn wir feststellen, dass mehr Geld notwendig ist –da bin ich mir sicher –, werden die Regierungsfraktionen selbstverständlich bereit sein, noch mehr zu tun. Mein Fraktionsvorsitzender lächelt und nickt dazu. Das ist den Regierungsfraktionen ein gemeinsames Anliegen, und dazu stehen wir.
Noch ein letzter, aber wichtiger Gedanke, bei dem wir uns ebenfalls einig sind: Nur noch sehr wenige Opfer sind am Leben. Die Betroffenen sind schon deutlich über 90 Jahre alt. Natürlich gibt es noch Nachfahren. Wir sind es den Opfern und ihren Nachfahren schuldig, zügig faire und gerechte Lösungen zu schaffen. Nicht alle Sachverhalte können bis ins Detail aufgeklärt werden. Es ist festgelegt worden, dass im Zweifel für die Anspruchsteller entschieden wird, wenn sich die Herkunft nicht mehr bis ins Letzte aufklären lässt. Mir ist wichtig: Was in den Zeiten des NS-Regimes passiert ist, war Unrecht. Unsere Demokratie und insbesondere unser
Rechtsstaat bemessen ihren Wert und ihre Stärke daran, dass die Aufarbeitung einer Diktatur funktioniert.
Wir sind ein Rechtsstaat. Deshalb müssen wir schnell, tatkräftig und schlagkräftig reagieren; denn darauf schauen unsere Bürger und die Welt.
Bleiben Sie bitte am Rednerpult. Mir liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung vor. Dazu erteile ich Frau Kollegin Sanne Kurz vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Lieber Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo, wir haben gestern über dieses Thema diskutiert. Der Antrag der GRÜNEN stammte allerdings aus einem alten Antragspaket. In diesem Antrag war nur von "Transparenz" und "Veröffentlichung" die Rede. Dieser Antrag wurde aufgrund des öffentlichen Drucks angenommen. Unsere anderen Anträge wurden abgelehnt.
Wir haben den vorliegenden Dringlichkeitsantrag nur deshalb zum Plenum eingereicht, weil es in den Washingtoner Prinzipien nicht nur die Säulen Transparenzforschung, Aufklärung und Veröffentlichung gibt, sondern auch die Säulen proaktive Erbensuche und faire und gerechte Lösungen. Wir hatten im Ausschuss schon einige Fälle, bei denen die in Rede stehenden Werke aus Konvoluten stammen, wo Rechtsstaaten im Ausland, andere Bundesländer oder der Bund restituiert haben. Wir haben einige Fälle, bei denen die Bayerische Staatsgemäldesammlungen dringend eine Restitution empfohlen haben.
Wenn ich jetzt höre, dass die Regierungsfraktionen noch einmal prüfen können, dass von diesen mehreren Milliarden Euro Restmittel – –
Es fällt mir etwas schwer, darauf etwas zu sagen; denn Sie haben keine konkrete Frage gestellt. Frau Kollegin, wir haben gestern an den Anträgen gearbeitet, nicht nur an unseren eigenen, sondern auch am Antrag der GRÜNEN und am Antrag, den die SPD eingebracht hat. Wir halten den Antrag der GRÜNEN für zielführend; deshalb haben wir ihn unterstützt. Ich halte es für gut, dass wir gestern ein breites Zeichen des Parlaments ausgesandt haben. Natürlich kann man immer darüber streiten, ob die eine oder andere Bemerkung der Sache angemessen war oder nicht.
Ich halte es für ein gutes Zeichen, dass dieses Parlament beschlossen hat, gemeinsam etwas zu tun. Ich glaube, dass wir im Ausschuss Gelegenheit haben werden, uns weiterhin über dieses Thema zu unterhalten.