Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf und Senator Hattig, ihnen beigeordnet Staatsrat Bettermann und Staatsrat Dr. Färber.
Herr Bürgermeister, ich gehe auch hier davon aus, dass Sie darauf verzichten, die Große Anfrage mündlich hier noch einmal vorzutragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestern hat sich der Europatag zum fünfzigsten Mal gejährt, der Tag, der daran erinnert, dass sich die Völker Europas entschlossen haben, gemeinsam ihre Probleme zu lösen und sich für den Frieden einzusetzen. Am 9. Mai 1950 hat der damalige französische Außenminister Robert Schuman in einer bedeutenden Rede die Schritte zur europäischen Einigung skizziert. Vieles von dem Gesagten wirkte damals, fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, visionär, nahezu unglaublich, zu schön, um wahr zu sein. Heute wissen wir, dass die Europäische Union über 50 Jahre Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa war. Eine wesentliche Grundlage für die Sicherung dieses Wertes ist die gegenseitige Hilfe, ist die Bereitschaft, sich für die Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse sowohl in materieller, also in ökonomischer Hinsicht, als auch in Ausbildungs- und Bildungsfragen einzusetzen. Zur Beseitigung von Ungleichgewichten gibt es in der Europäischen Union eine Reihe von Strukturfonds. Diese Strukturfonds helfen, Defizite, Benachteiligungen abzubauen, und sichern die Chance auf eine gleichgewichtige Teilhabe am gemeinsamen europäischen Markt. Bremen und Bremerhaven waren über viele Jahre eng eingebunden in die Förderkulisse der Europäischen Union, um strukturelle Defizite beispielsweise aus dem Niedergang des Schiffbaus zu beseitigen. Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Grünen zeigt, dass sich die Ergebnisse sehen lassen können. Als direkter Effekt des Ziel-zwei-Programms 1994 bis 1996 konnten allein 1600 Arbeitsplätze direkt verzeichnet werden. Dazu kommt noch eine Vielzahl von zusätzlichen Arbeitsplätzen, die indirekt damit verbunden sind. Mehr als 30 Hektar altindustrielle beziehungsweise militärische Brachflächen konnten saniert werden, und wir können heute feststellen, dass dort erfolgreich neue Unternehmen angesiedelt werden konnten, und wir können heute feststellen, dass es eben ein attraktives ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Angebot attraktiver Gewerbeflächen gibt auch für die Zukunft, so dass Bremen damit wettbewerbsfähig gemacht wurde.
Wir können erhebliche regionalwirtschaftliche Effekte insbesondere durch einzelbetriebliche Förderung, so heißt es so schön, wenn Betriebe Zuschüsse bekommen, gerade für Existenzgründer in sehr innovativen Bereichen verzeichnen. Insgesamt konnten für die Wirtschaftsförderung aus dem EFREProgramm 1994 bis 1996 knapp 170 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden, und im gleichen Maße und in gleichem Umfang wurden ebenfalls Landesmittel daneben gestellt.
Neben dem bereits erwähnten BrachenflächenRecycling erfolgte übrigens im geringeren Umfang auch eine institutionelle Förderung, unter anderen für die Designförderung, in der Bremen heute bundes-, vielleicht sogar europaweit eine gute Adresse geworden ist. 206 Millionen DM standen 1994 bis 1996 für die Arbeitsmarktförderung aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung, und Bremen hat es mit großem Erfolg auch hinbekommen, alle Maßnahmen hier zeitnah zu realisieren und gilt heute sogar als Vorzeigeadresse bei neuen Arbeitszeitmodellen für andere Regionen! Mit Bremen wirbt die Europäische Union für eine aktive Arbeitsmarktförderung.
Ebenfalls wurde eine ganze Reihe von Wissenschaftsprojekten in Bremen aus den EU-Forschungsprogrammen gefördert, unter anderen Umwelt-Wissenschaften, Informationstechnologien, aber gerade die für Bremen-Stadt wichtigen Werkstofftechnologien und die für Bremerhaven umso wichtigeren Meerestechnologien, nicht zu vergessen die Gemeinschaftsinitiative Urban, die erheblich zur Revitalisierung des Lindenhof-Quartiers in Bremen-Gröpelingen beigetragen hat.
Ein weithin sichtbares Zeichen ist das gelungene Projekt Lichthaus, eine Kombination aus Stadtteilzentrum, überregionaler Kultureinrichtung und Standort für Existenzgründer und Existenzgründerinnen aus dem Medien- und IT-Bereich.
Zur offiziellen Eröffnung des Lichthauses kam, ich glaube, auf Einladung von Senator Hattig, kein geringerer als der Generaldirektor für Regionalpolitik der Europäischen Kommission, Herr Krause, nach Bremen, und er hat uns gelobt für die sichtbaren Zeichen der Revitalisierung, er hat uns gelobt für das, was wir mit den Förderinstrumenten aus Bre
Er hat gute Kunde für Bremen und Bremerhaven im Marschgepäck. Es ist dem Senat nämlich gelungen durchzusetzen, dass trotz Reduzierung der Förderziele von sieben auf drei im Planungszeitraum 2000 bis 2006 und trotz Aufnahme zusätzlicher EUStaaten und damit einhergehend selbstverständlich die Notwendigkeit, den vorhandenen Förderkuchen mehr aufzuteilen, zusätzlich zu stückeln, der Anteil Bremens an den Strukturfonds von 216 Millionen Euro auf 261 Millionen Euro für den Planungszeitraum 2000 bis 2006 erhöht werden konnte. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Förderperiode um ein Jahr länger ist als die abgelaufene Förderperiode, so ist dies dennoch im Jahresdurchschnitt eine Erhöhung des Förderanteils, und das ist doch ein sehr beachtlicher Erfolg für die Politik des Senats und für Bremen.
61 Prozent der Fläche des Bundeslandes Bremen sind als Ziel-zwei-Gebiet anerkannt, 160 Quadratkilometer in Bremen-Stadt, 86 Quadratkilometer in Bremerhaven, in der Förderperiode 2000 bis 2006 werden aus dem Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei, kurz FIAF genannt, rund 24 Millionen Euro plus die Kofinanzierung aus Bremen, aber auch aus dem Bund für den Fischereihafen in Bremerhaven zur Verfügung stehen.
Aus dem so genannten Ziel drei werden dem Land Bremen aus dem Europäischen Sozialfonds insgesamt 95 Millionen Euro in der jetzt angelaufenen Förderperiode zur Verfügung stehen. Die Zielvorgaben wurden für Ziel drei gegenüber der abgelaufenen Periode allerdings um zusätzliche Aspekte erweitert. Wir hatten in der vergangenen Debatte bereits über die Bildung gesprochen, aber hinzu kommen auch die Frauenförderung, der Unternehmergeist und andere Aspekte. Es ist allerdings festzustellen, dass nach wie vor jeder zweite Euro, genauer 45 Prozent, für die aktive Arbeitsmarktpolitik eingesetzt werden kann, und das ist auch gut so.
Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative Urban wird mit dem Programmgebiet Lehe, Geesteufer, Innenstadt Bremerhaven und Hafenteil ein deutlicher Schwerpunkt in Bremerhaven gesetzt, was wir ebenfalls begrüßen. Fazit: Bremen hat bereits in der abgelaufenen Förderperiode überdurchschnittlich an den Förderprogrammen der Europäischen Union teilgenommen und wird dies auch im Förderzeitraum 2000 bis 2006 tun, trotz sehr viel schwierigerer und komplexerer Rahmenbedingungen. Einerseits spiegeln sich hierin natürlich die strukturellen und zum großen Teil unverschuldeten Defizite wider, andererseits ist dies aber auch ein Ergebnis einer geschickten Verhandlungsstrategie des Senats, und hierfür gebührt ihm Anerkennung.
Meine Damen und Herren, 50 Jahre nach der Rede Schumans kann festgehalten werden, dass sich die EU mehr als bewährt hat, dass die Beseitigung struktureller Defizite durch Stärkung von Schwachen der Gemeinschaft insgesamt genutzt hat. — Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Förderprogramme der Europäischen Union sind ein wichtiger, aber ganz sicher nur ein Teilaspekt dieses historischen Projekts des Zusammengehens der Länder Europas und dieses historische Projekt, das wir uns nach Ende des Zweiten Weltkrieges vorgenommen haben und das jetzt in weitere Phasen kommt mit dem Ziel, den Frieden dauerhaft zu sichern, mit dem Ziel, den gemeinsamen Wohlstand zu mehren. Ein wirtschaftliches, politisches und gesellschaftliches Zusammengehen, das erreicht werden soll, bedingt mehr als solche Förderprogramme, das hat auch die vorangegangene Debatte gezeigt. Es ist da viel zu tun. Die institutionellen Reformen sind angesprochen worden, die anstehenden Erweiterungen, die Kompetenzabgrenzungen, und am Ende geht es auch darum, die demokratischen Strukturen zu stärken.
Dies alles ist weiterhin Hausaufgabe aller Europäer, und ich denke, wir tun gut daran, im politischen Raum, auch in diesem Länderparlament, sehr aufeinander zu hören, und das, was hier eben als fast unversöhnlicher Gegensatz aufkam, sind Aspekte in dieser Diskussion, die man zusammenbringen kann. Wir müssen die Regionen in ihren Kompetenzen stärken und gleichwohl darauf achten, dass das Gesamtprojekt nicht scheitert. Ich glaube, das ist der gemeinsame Ansatz.
So sind auch, um auf das Thema dieser Debattenpunkte zu kommen, die Förderprogramme erfunden worden, nicht um das eingezahlte Geld wieder irgendwie gerecht zu verteilen, sondern sie sind erfunden worden, um möglicherweise eine Angleichung der Lebensverhältnisse zu erreichen. Sie sind erfunden worden, um in den Regionen Innovationen anzustoßen, und sie sind erfunden worden, damit auch vor Ort die Menschen spüren und erleben, wie Europa präsent ist.
Ich möchte ein Lob an die beteiligten Senatsressorts für diese ausführlichen Antworten hier aussprechen. Ich möchte nicht die Inhalte wiederholen, die Daten und Fakten, denn der Herr Kollege Neumeyer hat viel davon schon vorgetragen. Das Übrige werden Sie nachlesen können, aber ich glaube, dass es hier sehr gut gelungen ist, einmal eine Bilanz zu zie––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
hen, was in den Jahren 1994 bis 1999 war und was sich jetzt für den neuen Förderzeitraum der Jahre 2000 bis 2006 abzeichnet.
Ich finde es auch positiv, dass die Geldmenge, die für das Land Bremen zur Verfügung stehen wird, sich nicht vermindert hat. Ich habe beim genauen Nachrechnen wahrgenommen, Herr Neumeyer, sie ist in etwa gleich geblieben, wenn sie nicht sogar ein bisschen gesunken ist, aber es ist schon positiv, wenn insgesamt bei einem größeren Europa und bei einer Reduktion auf die Zahl der Menschen, bei einer Reduzierung der Fördergebiete es für das Land Bremen erreicht worden ist, dass etwa 46 Millionen Euro per anno in den letzten fünf Jahren zur Verfügung standen und dass etwa genau die gleiche Summe auch in jedem Jahr bis 2006 wieder für das Land Bremen zur Verfügung steht. Das finden wir außerordentlich gut.
Gleichwohl muss sichergestellt werden, und ich entnehme der Senatsantwort, es ist auch so beabsichtigt, dass wir natürlich die notwendige Kofinanzierung auch aus bremischen Steuermitteln sicherstellen müssen. Die Technik ist dargestellt. Vieles wird beim Wirtschaftssenator über das EFRE bearbeitet, der arbeitsmarktpolitische Teil beim Senator für Arbeit, und man wird auch untereinander Mittel austauschen, aber dass die Mittel am Ende zur Verfügung stehen müssen, damit keine Gelder verfallen, ist für mich ein zentrales Anliegen, und ich denke, das sollten wir wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft sicherstellen.
Um noch einzelne herausragende Projekte, die, glaube ich, auch bei uns im Land sehr wahrgenommen worden sind, zu benennen: Urban steht für die Revitalisierung, also für die lebenswerte, liebenswürdige Stadt, für die Urbanisierung der städtischen Räume. Da ist in Gröpelingen ein Beispiel gelungen, aber man darf auch Grünhöfe nicht vergessen. Auch in Bremerhaven ist hier durch dieses Projekt sehr viel erreicht worden.
Man darf auch nicht die Fischwirtschaft vergessen. Mit dem Programm FIAF, das nehmen wir manchmal gar nicht so sehr wahr, wird in Bremerhaven außerordentlich viel getan, um die Strukturschwäche der bremischen Fischwirtschaft, die nämlich besteht, auch ein Stückchen zu bearbeiten und der Fischwirtschaft zu einem größeren Erfolg zu verhelfen.
Stellvertretend für alle Programme, die es gibt, um den Arbeitsmarkt zu stärken, möchte ich ein Projekt ansprechen, das ist das Projekt Job-Rotation, ein Programm, das in Dänemark erfunden worden ist, dann als ein Fördertatbestand in Brüssel diskutiert
und von dort nach Bremen-Nord importiert worden ist. Wir haben hier ein kleines Pilotprojekt, das inzwischen deutschlandweit ausstrahlt und vielleicht einmal in Europa Schule macht, wenn denn die Arbeitsplätze möglicherweise insgesamt nicht so zunehmen werden, wie wir uns das wünschen, und wie wir auch die Beteiligungsquote am Arbeitsmarkt mit Blick auf Frauen auch weiter erhöhen wollen, auch was möglicherweise Beitrittsgebiete anbelangt. Wenn trotzdem die Arbeitsplätze insgesamt nicht zunehmen, muss man sich ja sehr viel einfallen lassen.
Teilzeitarbeit ist ein möglicher Aspekt, aber diesen Aspekt Job-Rotation, der Qualifizierung und Beschäftigung ideal verbindet, finde ich beispielgebend. Dort wird es Unternehmen ermöglicht, ihre Mitarbeiter aus der Produktion, aus dem Betrieb zu nehmen, um sie weiterzuqualifizieren, höherzuqualifizieren, und in der gleichen Zeit kann jemand, der arbeitslos ist, diesen Arbeitsplatz im Betrieb mit Förderung einnehmen, um sich „on the job“ erst einmal eine Basisqualifikation zu erarbeiten. Auf diese Art kann man eine Qualifikation aller Beschäftigten, wenn man dies flächig anlegen würde, erreichen, mit, wie ich finde, außerordentlich guten Effekten.
Ich will es bei diesen wenigen Beispielen belassen, was die einzelne Arbeit der Projekte im Lande Bremen anlangt. Für die Zukunft werden wir, so habe ich der Antwort des Senats entnommen, natürlich im Rahmen der vorgeschriebenen Leitlinien und Richtlinien der EU-Programme unsere konkreten Vorhaben so ausrichten, dass wir unsere Wirtschaftsstruktur weiter diversifizieren, also wegkommen von der Monostruktur hin zu den beschäftigungsrelevanten Bereichen, den innovativen Bereichen. Wir werden auch mit den neuen Ausrichtungen, die die EU-Programme beinhalten, die Informationstechnologien stärken. Wir werden versuchen, damit die Beschäftigung zu erhöhen, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Am Ende geht es auch immer um Nachhaltigkeit und last not least darum, dass Frauen in gleicher Weise ihre Chancen wahrnehmen können. Die Gender-Diskussion ist ausdrücklich von der EU in diese Programme hineingeschrieben worden, und ich denke, das können wir vielleicht aus Brüssel annehmen, womit ich nicht sagen will, dass wir dies in Bremen nicht schon selbst auch immer als ein wichtiges politisches Thema hier erkannt haben und auch versucht haben zu implementieren.
Als Letztes ist mir wichtig, dass wir klug und verständig mit den Möglichkeiten und den Geldern umgehen, dass wir nicht glauben, uns selbst Programme ausdenken zu können. Das machen schon diejenigen, die solche Projekte tragen, erarbeiten, anstoßen und weitertragen, aber dass wir in unse
rem politischen Raum verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, dass sich solche Projekte vernetzen können und arbeiten können. Das ist, denke ich, unsere Aufgabe. Wenn ich zum Beispiel die Gemeinschaftsinitiative Interreg III B stellvertretend für andere Initiativen nenne, ist es möglich, im Bereich der Nordsee- und Ostseekooperation Träger dieser Region zusammenzubringen und es ihnen zu ermöglichen, im Rahmen der Programme zu arbeiten.