Protokoll der Sitzung vom 24.10.2001

Meine Damen und Herren, dem von uns heute gewählten und soeben vereidigten weiteren Mitglied des Senats, Frau Dr. Kerstin Kießler, spreche ich die Glückwünsche der Bremischen Bürgerschaft (Land- tag) aus. Ganz herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich unterbreche die Sitzung für fünf Minuten.

(Unterbrechung der Sitzung 10.41 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 10.46 Uhr.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Bevor wir fortfahren, möchte ich auf der Besuchertribüne einen neuen Kurs „Neuer Start ab 35“ vom Bremer Frauenausschuss begrüßen.

Herzlich willkommen!

(Beifall)

Fragestunde

Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen fünf frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor. Die Anfrage Nummer drei wurde inzwischen vom Fragesteller zurückgezogen.

Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Chancengleichheit für Arbeitnehmerinnen im Konzern Bremen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Wulff, Böhrnsen und Fraktion der SPD.

Bitte, Frau Kollegin Wulff!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie hoch ist der Anteil der weiblichen Beschäftigten in den rund 230 zum Konzern Bremen gehörenden Gesellschaften?

Zweitens: Wie viele dieser Unternehmen werden auch von Geschäftsführerinnen geleitet?

Drittens: Hält der Senat es für sinnvoll, die Chancengleichheit von Frauen und Männern in diesen Gesellschaften dadurch zu fördern, dass die Firmen sich um die Erteilung des Prädikats „Total E-Quality“ bemühen, mit dem in Bremen unter anderem zwei Geschäftsbanken und die Deutsche Telekom bereits ausgezeichnet wurden?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Bürgermeister Perschau.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Die Beschäftigungsdaten werden zurzeit nur für den größten Teil der direkten und indirekten bremischen Beteiligungsgesellschaften mit unternehmerischer Führung Bremens, das heißt mit einer Beteiligung von über 50 Prozent Bremens, vorgehalten. Da die Datenerhebung noch nicht abgeschlossen ist, liegen insbesondere für die nicht steuerungsrelevanten Gesellschaften die Beschäftigungszahlen noch

nicht in allen Fällen vor. Dies sind jedoch nicht die arbeitnehmerreichen Gesellschaften, so dass dadurch das Ergebnis nicht merklich beeinträchtigt wird. Daten für die Gesellschaften mit einer Minderheitsbeteiligung Bremens unter 50 Prozent sind noch nicht erhoben worden. Hier wäre ohnehin die Förderung von Chancengleichheit von Frauen und Männern nicht ohne Weiteres durchsetzbar, da Mehrheitsentscheidungen notwendig sind.

Dem nachstehend nach den vorgenannten Kriterien ermittelten Prozentsatz liegen die Beschäftigungszahlen von rund 75 Gesellschaften mit insgesamt etwas über 10 000 Beschäftigten zugrunde.

Zu eins: Der Anteil der weiblichen Beschäftigten umfasst arbeitsplatzbedingt eine Bandbreite von fünf bis 81 Prozent, insgesamt beträgt er zirka 25 Prozent.

Zu zwei, zu den 75 Unternehmen: Hiervon werden fünf von Geschäftsführerinnen geleitet.

Zu drei: Der Senat ist der Auffassung, dass die Vergabe des Prädikats „Total E-Quality“ durch den Verein Total E-Quality Deutschland dem Ziel dienlich ist, Chancengleichheit von Frauen und Männern weiter bekannt zu machen und zu fördern. Der Senat hält Bemühungen der Unternehmen des Konzerns Bremens um dieses Prädikat daher für sinnvoll.

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte sehr!

Ich wollte gern noch einmal nachfragen, Herr Bürgermeister, Sie haben von nicht steuerungsrelevanten Gesellschaften gesprochen. Habe ich das richtig verstanden, dass Sie damit die Gesellschaften mit einer Beteiligung Bremens unter 50 Prozent meinten?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Ja, so ist der offizielle Begriff dafür!

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich wollte genau auf diesen Punkt gern noch einmal eingehen, weil Sie gesagt haben, diese Gesellschaften seien noch nicht untersucht. Plant der Senat denn eine Erhebung dazu, und wenn ja, wann wird das Ergebnis vorliegen?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Wir haben teilweise sehr geringe Beteiligungen, teilweise von unter drei Prozent. Insofern ist es so, dass wir uns eigentlich in der Erfassung unmittelbar insbesondere um die Gesell

schaften kümmern, bei denen wir Mehrheiten haben. Dies wird auch vollzogen. Wir können aber die Zahlen für die anderen nachliefern, wenngleich der Einfluss auf die Besetzungen unsererseits dort teilweise sehr gering ist.

Weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie haben ja gesagt, dass der Senat die Bemühungen der Unternehmen für sinnvoll hält, sich um dieses Prädikat „Total E-Quality“ zu bemühen. Das drückt aber kein aktives Handeln des Senats aus. Darum noch einmal meine Frage: Welche Bemühungen wird der Senat unternehmen, um das Ziel der Chancengleichheit von Frauen und Männern in den zum Konzern Bremen gehörenden Unternehmen aktiv anzuregen und zu fördern?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Es ist auch Teil unserer Frauenförderprogramme. Es handelt sich hier in den meisten der Gesellschaften um übergeleitetes Personal, das heißt, es sind Mitarbeiter, die aus dem öffentlichen Dienst stammen und dann über Eigenbetriebe in die Gesellschaften gekommen sind. Es sind natürlich Strukturen, Frau Abgeordnete, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf, deren Grundstock in den geschlechtlichen Relationen in früheren Jahrzehnten gelegt worden ist, wer immer da politische Verantwortung getragen hat, das ist, was wir sozusagen übergeleitet haben und was sich auch auf die Geschäftsführungen bezieht.

Bei den Geschäftsführungen geht es um Ausschreibungen. Diese Ausschreibungen werden natürlich mit Frauenbeauftragten, Personalräten und Betriebsräten gemeinsam durchgeführt. Die Ergebnisse der Ausschreibungen können natürlich nicht beliebig manipuliert werden. Dies entscheiden die Gremien, die dafür zuständig sind. Insofern denke ich, dass alle Zertifizierungen von uns durchaus angestrebt werden, weil das ein Teil des Qualitätsmanagements ist. „Total E-Quality“ ist ein Kriterium für Qualitätsmanagement und wird von uns von daher natürlich auch unterstützt.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ja, eine letzte Zusatzfrage hätte ich noch! Wir haben hier einen Bürgerschaftsbeschluss vom Frühjahr dieses Jahres, in dem der Senat gebeten worden ist, einen Bericht zum Thema „Gender Mainstreaming auch in der Verwaltung“ bis zum Ende dieses Jahres vorzulegen. Können Sie sich vorstellen, dass dieser Punkt in dem Bericht auch eine Rolle spielen wird?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Wir haben diese Punkte selbstverständlich auch in unserem Bericht zur Frauenförderung erwähnt. Ich glaube nur, Frau Abgeordnete, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf, das ist nicht nur eine Frage solcher formalen Kriterien, sondern Gender Mainstreaming bedeutet schon etwas sehr viel Umfassenderes als diese isolierte Fragestellung.

(Abg. Frau W u l f f [SPD]: Das ist klar! Schönen Dank!)

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Linnert! Bitte, Frau Kollegin!

Herr Bürgermeister, Sie haben gesagt, dass der Senat es für sinnvoll hält, wenn die Gesellschaften das Prädikat „Total E-Quality“ anstreben. Mit welchen Instrumenten sorgt der Senat denn dafür, dass die Gesellschaften das auch tun?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Der Senat sorgt dafür mit den Instrumenten des Gender Mainstreaming, Frau Abgeordnete. Wir haben natürlich, Ihnen selbst ja auch, in unseren Controlling-Berichten zur Frauenförderung sehr viel Informationen an die Hand gegeben. Wir bemühen uns natürlich auch darum, dass wir in den Unternehmen das, was hinter dem Gender Mainstreaming steht, was ja sehr viel umfassender ist als „Total E-Quality“, auch umsetzen. Das tun wir über unsere Instrumente der Frauenförderung. Das tut der Senat über die Gleichstellungsstelle. Das tun wir über unsere Frauenbeauftragten. Das wird auf allen Ebenen getan, und ich denke, mit einem erstaunlich guten Ergebnis. Wenn ich das einmal über die Zeitläufe vergleiche, Frau Abgeordnete, so sind wir heute in der Frauenförderung ungleich weiter, als wir damals zu Zeiten der Ampelkoalition waren.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben heute auch in den Führungsetagen der Verwaltung und der Gesellschaften ganz andere Prozentsätze. Das ist exakt das Ergebnis der Anwendung von Gender Mainstreaming, das wir hier in der großen Koalition in besonderer Weise betreiben.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte sehr!