Der fehlt! Da sieht man vielleicht einmal, wie wichtig das Thema Datenschutz dem Senat ist. Das weiß das Parlament ja dann vielleicht auch noch einmal zu würdigen.
(Glocke) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Präsident Weber: Frau Kollegin Stahmann, der Senat ist anwesend durch Frau Senatorin Röpke, die gerade den Plenarsaal verlassen hat, aber gleich wiederkommt. Abg. Frau Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen): Danke, Herr Präsident! Das ist dann vielleicht die Antwort auf die Frage!
Alle aktuellen Umfragen, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Thema Datenschutz und -sicherheit zeigen aber ganz klar: Datenschutz ist den Bürgern wichtig, sie legen großen Wert auf Sicherheit. Im Augenblick ist aber der Datenschutz wirklich eher in der Hinterhand. Ich glaube, mit einem guten Datenschutz lassen sich künftig eindeutige Wettbewerbsvorteile erzielen, das hat auch die CeBIT gezeigt. Die Firmen, die Datensicherheit bieten, werden Marktvorteile erzielen.
Ich leite daraus auch ab, dass wir eine Weiterentwicklung des Datenschutzes brauchen, denn das heutige Datenschutzsystem ist zu stark auf Kritik und Beanstandung ausgelegt. Es ist nicht sexy genug, Herr Kleen. Datenschutz gehört zu einer Dienstleistungsgesellschaft einfach dazu, und gerade in Bremen, wenn wir hier E-Government konsequent umsetzen wollen, müssen wir auch mehr Datensicherheit bieten.
Wir Grünen fordern Datenschutzaudits und IT-Gütesiegel, Schleswig-Holstein macht uns das vor. Diese Zertifikate signalisieren dem Kunden, dass ein bestimmtes Produkt beziehungsweise eine Behörde oder Firma von kompetenter, vertrauenswürdiger Stelle datenschutzrechtlich überprüft und für gut bewertet wurde. In Bremen haben wir die Chance, das Thema Datensicherheit und Datenschutzaudits in diesem Jahr bei der Novellierung des Bremischen Datenschutzgesetzes noch einmal richtig nach vorn zu bringen. Wir werden da ganz offensiv diskutieren und hier auch Vorschläge machen, um noch einmal den Gesetzentwurf des Senats zu verändern.
Wir meinen, die Europäische Union fördert gerade im großen Umfang in Schleswig-Holstein das Thema IT-Zertifikate und Datenschutzaudits, Bremen sollte sich da anhängen, sollte mitmachen. Wir können dabei nur gewinnen. Wir haben ja gerade die neu gegründete Gesellschaft Datenschutz Nord GmbH, dort macht man sich mit Mitteln aus dem T.I.M.E.-Programm auf den Weg, um diese Datenschutzaudits zu entwickeln. Das, finden wir, ist ein ganz spannender Prozess, und das sollte man stärker nutzen.
Ich kann mich nur für die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen im Ausschuss bedanken, auch bei Herrn Holst.
Er ist ja nun endlich Landesbeauftragter für den Datenschutz. Das sollten wir nicht vergessen, das hat ja auch ein bisschen gedauert. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Stahmann, ich fand dieses Wort Last, nicht Lust, sehr erfreulich und auch ein bisschen passend. Ich schließe mich der Kritik an, die von Herrn Knäpper und auch von Frau Stahmann gekommen ist. Ich war über die Art und Weise, wie Beanstandungen des Landesbeauftragten für den Datenschutz von der Verwaltung aufgegriffen und geändert worden sind, nicht erfreut, vor allen Dingen in den Bereichen, die ja vom Datenschutzausschuss aufgegriffen worden waren. Ich kann nur hoffen, dass das in Zukunft wirklich besser wird. Es ist eine Missachtung eines sehr wichtigen Bereichs unserer Gesellschaft. Ich denke auch, es ist eine Aufforderung an den Senat, die Verwaltung aufzufordern, sich diesem Problem mit mehr Engagement zu widmen.
Als ich diesen Debattenbeitrag vorbereitet habe, wollte ich gern Grundsätzliches über den Bereich Datenschutz sagen. Ich finde, dass der Datenschutz ein sehr gewichtiges und ernst zu nehmendes Thema ist, trotzdem fiel mir etwas sehr Fröhliches ein, und zwar ein Spiel aus meiner Kindheit: Teekesselchen! Das ist ein Spiel, bei dem ein Wort zu finden ist, das mehrere Bedeutungen umfasst. So ist es auch bei dem Begriff Datenschutz.
Datenschutz ist einmal Verbraucherschutz, im kommerziellen Bereich ist Datenschutz mit Datensicherheit gleichzusetzen, und, meine Damen und Herren, Daten sind für Unternehmen finanzielle Schätze. Überlegen Sie sich bitte einmal, wenn Unternehmen diese Informationen über Kundendaten oder das Know-how allgemein verlieren, dann können diese Unternehmen Schäden in Millionenhöhe erleiden! Daraus können Sie ableiten, wie wichtig der Bereich der Datensicherheit im kommerziellen Bereich ist.
Das Wesentliche des Begriffs Datenschutz ist für mich aber nicht die Gleichsetzung, sondern Datenschutz ist ein Bestandteil des Begriffs der Bürgerrechte und der Persönlichkeitsrechte. Hier ist es ein Rechtsgut, das durch unsere Verfassung geschützt wird. Für mich ist dieser Inhalt des Datenschutzes, auch wenn es nicht ein Bestandteil des Grundgesetzes wäre, sehr wichtig. Darum habe ich immer große Schwierigkeiten, wenn ich Menschen höre, die diesen wunderbaren Satz benutzen, ich weiß gar nicht, was Datenschutz soll, ich habe nichts zu ver
bergen. Dieser Satz ist für mich der totale Humbug. Ich würde gern einmal erleben, was passieren würde, wenn ich einen solchen Menschen, der solche Ausführungen macht, auffordern würde, den eigenen Steuerbescheid als Flugblatt zu verwenden oder an das schwarze Brett zu hängen. Ich glaube, dann ist dieser Satz, ich habe nichts zu verbergen, überhaupt nicht mehr vorhanden.
Ich bin der sicheren Meinung, dass jeder Mensch Bereiche in seinem Leben hat, die für ihn so wichtig und intim sind, dass das Bekanntwerden dieser Fakten für ihn eine Verletzung seiner Würde darstellen würde. Es hat schon seinen Grund, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Bestandteil des Grundgesetzes ist. Die schrecklichen Terrorakte in den Vereinigten Staaten haben in einem Großteil unserer Welt den Wunsch ausgelöst, den Terrorismus mit allen Mitteln zu bekämpfen. Die beherrschenden Gefühle als Reaktion dieser entsetzlichen Terrorakte waren Panik und Angst, was ich sehr gut verstehe. Sie wissen aber auch, dass sowohl Panik als auch Angst weder gute Lehrmeister noch gute Ratgeber sind. Das Bedürfnis nach Sicherheit und das Bedürfnis nach Freiheit müssen sorgsam abgewogen werden. Gibt es eine Freiheit ohne Sicherheit? Sicherheit ohne Freiheit wäre totalitär, und zu dem Begriff der Freiheit gehört auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Grundsätzlich gäbe es keinen Gegensatz zwischen den Begriffen Freiheit und Sicherheit, aber durch die Terroraktionen entsteht hier ein bedeutender Konflikt. Alle, die sich damit beschäftigt haben, wissen, es gibt hier keine perfekte Lösung. Es muss immer sehr sorgsam abgewogen werden, was zu tun ist, um hier einen Balanceakt zu erreichen, denn sonst laufen wir Gefahr, aus dem Rechtsstaat, in dem wir leben, einen Überwachungsstaat entstehen zu lassen. Wir sind uns alle darüber einig, dass wir den Terrorismus bekämpfen müssen. Wenn wir aber bei dem Versuch, den Terrorismus erfolgreich zu bekämpfen, zu Mitteln greifen, die die Grundwerte unserer Rechtskultur zerstören, dann tritt genau das ein, was wir bekämpfen wollen, nämlich der Terrorismus. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten Johannes Rau: „Die Terroristen gewinnen erst dann, wenn sie uns dazu bringen, unsere Werte im Kampf gegen sie aufzugeben.“ Es wäre auch vielleicht interessant, wenn wir einmal über den Tellerrand unseres eigenen Staates blicken und auf andere Länder schauen würden. So ist es für mich schon erstaunlich, dass wir in unserem Staat über biometrische Angaben im Pass diskutieren, während zum Beispiel in den Vereinigten Staaten noch nicht einmal eine Passpflicht besteht.
Lassen Sie mich zum Schluss meines Beitrages mit Erlaubnis des Präsidenten Ernst Benda zitieren: „Menschenwürde und freiheitliche Gesellschaft müssen immer von neuem verteidigt werden. Die Art und Weise, in der sie bedroht werden, wechselt.“ Ich schließe mich gern der Meinung von Ernst Benda an und betrachte es durchaus auch als Aufgabe des Datenschutzausschusses, diese Meinung als Appell in die Öffentlichkeit zu bringen. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war schwerer Tobak, ich werde gleich ein paar Worte dazu sagen, ich möchte aber erst einmal grundsätzliche Anmerkungen machen!
Eingriffe müssen nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts überwiegend für das Allgemeininteresse erforderlich und verhältnismäßig sein, da gebe ich Ihnen natürlich Recht. Grenzen und die Einhaltung dieser Grenzen sind Wesen des Rechtsstaates, und darum sind die Kontrollmechanismen, wie zum Beispiel dieser Datenschutzausschuss, den wir ja haben, und der Landesbeauftragte für den Datenschutz, wesentliche Bestandteile, um hier mitzuwirken. Seit wir in Bremen mit der großen Koalition die notwenigen Konsequenzen aus den Terroranschlägen vom 11. September 2001 umgesetzt haben, wurde stets an die erforderliche, sachliche und verantwortungsbewusste Abwägung mit den grundgesetzlich geschützten Freiheits- und Persönlichkeitsrechten gedacht.
Auch im Bereich der wachsenden Nutzung des Internets müssen wir wachsam sein, da die anfallenden Daten der Benutzer immer größer werden. Die freie Telekommunikation in einer freien Gesellschaft ist die Voraussetzung für eine freiheitliche, demokratische Kommunikationsgesellschaft. Wirtschaftsspionage im Internet ist in den vergangen Jahren zu einem ernsten Problem geworden. Eine professionelle Hackerszene bildet sich, die über das Internet systematisch in Unternehmenscomputer mit dem Ziel eindringt, Forschungsergebnisse, Produktdaten, aber auch Kundendaten zu entwenden. Die im Internet erworbenen Informationen werden dann entweder zurück an das geschädigte Unternehmen oder an die Konkurrenz verkauft. 42 Prozent aller größeren europäischen Unternehmen sind in der letzten Zeit Opfer so genannter Cyberkriminalität geworden, die geschätzten Schäden liegen den Experten zufolge bei etwa 3,6 Milliarden Dollar für die vergangenen zwei Jahre, wobei ich anmerken möchte, dass die Dunkelziffer wesentlich höher liegt.
zen entwickelt. Bei vielen Großunternehmen ist es so, dass die Internettüren weit aufstehen. Von den Konzernen wird nur wenig unternommen, um sich wirksam gegen diese Computerkriminalität zu schützen. Die Hauptangriffe treffen nach Einschätzungen der Experten Banken, Versicherungen und Chemieund Pharmaunternehmen. Doch Datendiebe kommen nicht nur von außen. Gut die Hälfte der unerwünschten Angriffe findet innerhalb der Unternehmen statt. Gern nehmen eigene Mitarbeiter wertvolle Kundendaten oder brisante Forschungsergebnisse zu ihrem neuen Arbeitgeber mit. Firmen, die sich schützen wollen, können dies natürlich, wir haben hier in Bremen eine Reihe von Firmen, die Schutzsysteme anbieten, wie auch unsere neu gegründete Datenschutz Nord GmbH. Die Ereignisse vom 11. September 2001 sollten auch den bremischen Sicherheitsbehörden deutlich machen, ob sie darauf vorbereitet waren, in einer Welt zu bestehen, die es plötzlich nicht mehr so gibt, wie wir sie vorher hatten. Aus den Erkenntnissen in den USA wissen wir, dass von allen 19 bekannten Attentätern, die zum Teil schon bis zu zwei Jahren in den USA gelebt hatten, nur zwei im Polizeicomputer registriert waren. Die anderen Täter verhielten sich bis kurz vor Beginn der Ausführung des Attentats absolut unauffällig. Hier haben wir sofort auch auf die neue Bedrohung reagiert und die Rasterfahndung, die datenschutzrechtlich vom Landesbeauftragten für den Datenschutz abgesichert wurde, eingeführt. Ich will damit sagen, dass wir abwägen müssen, denn Datenschutz, der wichtig ist und nicht vernachlässigt werden darf, darf kein Schutz für Terroristen und Schwerkriminelle und kein Schutz für Sozialhilfebetrug und verbotene Schwarzarbeit sein.
Wer Terrorismus, Sozialhilfemissbrauch, Schwarzarbeit und organisierte Kriminalität bekämpfen will, muss aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen die Möglichkeit haben, an Daten zu kommen. Das heißt, wenn ich Sozialhilfemissbrauch bekämpfen will, muss die Polizei an die Daten der Kraftfahrzeugzulassungsstelle herankommen, um zu überprüfen, wem der große neue Mercedes gehört, mit dem der Sozialhilfeempfänger jede Woche vor dem Sozialamt vorfährt.
Die Polizei und die Justiz haben in Bremen weitreichende Befugnisse zur Datenverarbeitung erhalten. Die werden sie einsetzen, um diejenigen, die gegen Gesetze verstoßen, zu belangen. Aktuelle Themen, die uns demnächst begleiten werden, sind die biometrischen Merkmale, meine Kollegin ist ja schon darauf eingegangen, in Personalausweisen und Pässen, die Nutzung von E-Mails und Internet am Arbeitsplatz und die Information über Bankauskünfte.
Datenschutzprobleme sieht der Bund Deutscher Kriminalbeamter nicht und ich auch nicht, wenn wir die innere Sicherheit noch weiter stärken wollen, wenn es zu einer Intensivierung der Fahndungsmaßnahmen kommt, und zwar durch enge Zusammenarbeit von Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, Landeskriminalämtern, Länderpolizeien, Bundesgrenzschutz, Zoll und Justiz. Dies wird auch schon zum Teil in Bayern praktiziert. Es ist dringend erforderlich, diese Behörden besser zu koordinieren und den Informationsaustausch zu professionalisieren. Heute ist es so, dass viele dieser Ermittlungsorgane den Zugriff auf ihre Dateien oder Teilinformationen verweigern. Hier besteht Handlungsbedarf, um dies datenschutzrechtlich abzustimmen.
Bei diesen Stellen gibt es verschiedene Datenverarbeitungssysteme, wie zum Beispiel InZoll oder bei der Polizei InPol, der BGS verfügt über eine Schleuserdatei, die Länderpolizeien verfügen über eigene Informationssysteme zu Personen, Institutionen und Objekten. Es gibt keine Zentralstelle, in der als eine Art obere Netzebene die Informationen über kriminelle Aktivitäten konzentriert abgebildet werden können. Ein automatischer Datenaustausch findet nicht statt, hier ist gesetzlicher Regelungsbedarf gegeben. Es ist daher erforderlich, die sicherheitsrelevanten Daten der Sicherheitsbehörden zusammenzuschalten, um einen automatischen Datenabgleich herbeizuführen. Es ist dabei nicht erforderlich, umfangreiche Tatdaten in ein offenes Informationssystem einzuspeisen, es muss lediglich die Chance da sein, Bezüge zwischen Personen, Objekten und Institutionen übergreifend in den Sicherheitsbehörden zusammenzuführen.
Solange die Sicherheitsbehörden nebeneinander her arbeiten, sich eine Tätergruppierung mit unterschiedlichen Ermittlungsorganisationen konfrontiert sieht, die nichts voneinander wissen, kann von professioneller Kriminalitätsbekämpfung keine Rede sein.
Bevor ich zum Schluss komme, ich wollte das nur noch einmal anführen, versichere ich der Bürgerschaft, dass wir im Datenschutzausschuss die Rechtsstaatsprinzipien, das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit, das Verhältnismäßigkeitsprinzip, die Unschuldsvermutung und das Gebot besonderer gesetzlicher Verwendungsregelung für sensible Daten selbstverständlich beachten. Diese verfassungsrechtlichen Garantien prägen unseren Rechtsstaat, den wir gemeinsam verteidigen werden. – Danke!