Es ist aber auch so, dass eben besonders bei den Volksbegehren und Volksentscheiden – und dazu diente ja auch die Materialsammlung, die wir bekommen haben – sehr deutlich gemacht wurde, dass der größte Teil dieser Volksbescheide und Volksbegehren sich in erster Linie mit Verfassungsfragen beschäftigt, also Änderung der Verfassung oder Auflösung des Parlaments. Hierfür muss man eine qualifizierte Mehrheit erreichen. Wenn wir dies hier im Parlament beschließen würden, bräuchten wir eine Zweidrittelmehrheit. Deshalb müssen natürlich auch bei der unmittelbaren Demokratie die Quoren besonders hoch sein und muss gewährleistet werden, dass auch dort eine qualifizierte Mehrheit entscheidet. Da muss auf die Quoren geachtet werden.
Diese Fragen sind für uns aufgrund der Quoren, die Sie hier vorgelegt haben, noch nicht abschließend geklärt, so dass wir hier eine Senkung und Unterstützung von Zustimmungsquoren heute nicht vereinbaren können.
Der zweite Punkt, der von Ihnen in dem Antrag eingebracht worden ist, ist die Änderung des Haushaltsvorbehalts. Ich gebe zu, da bestehen bei uns
noch mehr Bedenken als bei der ersten Frage. Bei der ersten Frage kann man sicherlich noch einmal über die Quoren reden. Auch eine Senkung der Quoren schließen wir hier nicht aus. Die Frage ist eben, wie weit man sie senkt.
Bei dem Haushaltsvorbehalt haben wir aber grundsätzlichere Bedenken, und auch da kann ich noch einmal darauf abstellen. Sie sagten am Anfang zu den Haushaltsvorbehalten, so wie Sie es sehen, sieht die Verfassung im Moment vor, dass keine Volksbegehren und Volksbescheide erlassen werden können, die finanzielle Auswirkungen haben beziehungsweise finanziell wirksam sind. Sie haben eine Änderung vorgeschlagen, dass diese zulässig sind, wenn das Gleichgewicht des gesamten Haushaltes nicht gestört wird. Unabhängig von der Frage, ob dies ein Verstoß gegen das Budgetrecht des Parlaments darstellt, ist eben die Frage: Wann ist das Gleichgewicht eines Haushalts gestört?
Nun könnte man sagen, aufgrund der rotgrünen Bundesregierung ist das Gleichgewicht dieses Haushalts jetzt schon gestört, wenn sie so weitermachen, weil wir dann nämlich gar keine Handlungsspielräume mehr haben werden und damit auch niemand anderem mehr Handlungsspielräume überlassen können. Aber ich möchte gar nicht so sehr, weil wir ja heute auch eine konsensuale Debatte führen, auf diesen Punkt abstellen, sondern möchte mich darauf stützen, dass wir sagen, wenn wir einen Volksentscheid, ein Volksbegehren haben, das, sagen wir einmal, nur eine finanzwirksame Leistung von ein bis zwei Millionen Euro umfasst, dann würde das sicherlich auf den ersten Blick insgesamt nicht das Gleichgewicht des Haushalts durcheinander bringen. Nun haben wir aber vielleicht zwei Monate oder ein halbes Jahr später vielleicht ein zweites Volksbegehren, wieder über zwei bis drei Millionen Euro, ein drittes, viertes, fünftes. Wollen wir die Anzahl der Volksentscheide, Volksbegehren irgendwann begrenzen – das würde die Verfassung nicht zulassen –, oder wie wollen wir es handhaben?
Wir bekommen immer weniger Spielräume, und die Spielräume sind jetzt schon eng. Wenn wir uns anschauen, wie viel wir in unserem Haushalt für Leistungen ausgeben, die gesetzlich beziehungsweise vertraglich gesichert sind, stellen wir fest, dass unser Handlungsspielraum sowieso nur noch klein ist. Da von einem Ungleichgewicht beziehungsweise einem Gleichgewicht zu sprechen finde ich schon eine sehr vage These. Daher denke ich, dass Ihr Aspekt, den Sie hier eingebracht haben, nicht zutrifft und auch noch nicht abschließend geklärt ist.
Der dritte Punkt ist die Kostenerstattung. Hier gibt es ja einige Bundesländer, die eine Kostenerstattung vornehmen, entweder über Informationskampagnen oder zur Erstattung des Verwaltungsaufwandes. Demokratie kostet Geld, das haben Sie richtig gesagt, Frau Stahmann, aber die Frage ist natürlich auch, woher man dieses Geld nehmen möchte und ob man
es für diesen Bereich nimmt. Ich würde mich damit abfinden zu sagen, man kann es eher für Informationskampagnen investieren als für den Verwaltungsaufwand, weil ich glaube, dass der Verwaltungsaufwand ein geringerer ist in einem Stadtstaat als in einem Flächenstaat. Für die Informationskampagne, glaube ich, haben wir in Bremen bisher sehr gute Medien, die das auch fortführen. Auch hier, glaube ich, kann man nicht unbedingt den Vergleich mit einem Flächenstaat ziehen, weil in diesem Punkt Bremen eben dadurch, dass wir eine sehr gute Tagespresse haben, die sehr verbreitet ist, dadurch, dass wir hier kurze Kanäle haben, es sehr gut schaffen können, auch insofern einen Informationsvorsprung zu erhalten, so dass ich mich auch im Moment gegen eine Kostenerstattung wenden würde. Ich möchte abschließend noch einmal sagen, und das war eigentlich auch die Bemerkung, die ich in der letzten Debatte hier gemacht habe, Volksentscheide und Volksbegehren sind eine Ergänzung zur parlamentarischen Demokratie. Sie sollen sie nicht ersetzen, sondern sie sollen sie ergänzen. Es gibt einen sehr schönen Satz in der Entscheidung des bremischen Staatsgerichtshofs, in dem es heißt, mit Genehmigung des Präsidenten darf ich zitieren: „Für die Leistungsfähigkeit der repräsentativen Demokratie kommt es daher in erster Linie auf die Fähigkeit der Parteien, des Parlaments und der Abgeordneten an, die Vielfalt der auseinander strebenden partikularen Interessen und Bestrebungen in einen gemeinverbindlichen Volkswillen umzuwandeln.“ Ich glaube, dass wir gerade in dem Bereich noch einiges machen können, so dass wir vielleicht erst einmal zusehen sollten, dass wir auch hier bei uns selbst anfangen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen zunächst einmal ein Kompliment machen. Sie haben hier eine frische Rede gehalten über unsere Ausschussberatungen, an denen Sie im Grunde genommen gar nicht teilgenommen haben.
Das zeigt, dass Sie als Politikerin noch Karriere machen werden. Das ist schon gekonnt, das habe ich noch nicht so ganz geschafft. Das Zweite ist, wir haben weiter gar nichts beraten.
(Beifall bei der SPD – Abg. T e i s e r [CDU]: So kann man das nicht sagen!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)
Das war schon eine Farce. Na ja, so, Herr Teiser, nicht, aber in etwa war es eine Farce, vor allen Dingen, wenn Sie dasaßen und uns freundlich anlächelten oder angrinsten und sagten, was gibt es heute, Vertagung, das war es!
Nein, das Ärgerliche ist, jetzt komme ich einmal darauf zurück, was Sie hier vorgetragen haben, Frau Kollegin, das sind ja grundsätzliche Bedenken gegen eine weitere Öffnung des Volksbegehrens und Volksentscheides. Bitte, diese Debatte und diesen Beitrag hätten Sie dann auch in der ersten Lesung im Mai dieses Jahres leisten können! Dann wäre nämlich Ende der Durchsage gewesen, und wir hätten dann die erste Lesung nach einer Abstimmung beenden können und eben keine Mehrheit für eine weitere Lesung gehabt. So verfährt man normalerweise.
Wenn man aber in einer ersten Lesung andeutet, grundsätzlich lassen wir uns darauf ein – das haben Sie ja gemacht, sonst wären wir ja gar nicht in diese weitere Ausschussberatung eingetreten –, allerdings mit dieser etwas auch inzwischen bremisch-seltsamen Variante, dass gar nicht der zuständige Ausschuss genommen, sondern zunächst ein anderer Ausschuss gewählt wird, das ist ja schon der zweite Fall, und uns dann plötzlich doch mitteilen, übrigens nicht zu unserer Überraschung, dass Sie das nicht mitmachen wollen, ich denke, solch ein Verfahren könnte man abkürzen, dafür sind solche Gremien und die Zeit auch zu schade, außer dass wir dann Sitzungsgelder bekommen für Sitzungen, die drei Minuten gedauert haben, das finde ich nicht so gut!
Wir haben als Sozialdemokraten in der ersten Lesung und auch im Ausschuss gesagt, dass wir bereit sind, uns im begrenzten Umfang auf den Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einzulassen unter Beachtung auch der Vorgaben der Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Der hat da ja auch sehr enge Vorgaben gemacht. Wir haben gesagt, im Prinzip möchten wir es schon so belassen, wir hatten ja 1994 und 1997 übrigens auch schon zwei Verfassungsänderungen mit Erleichterung des Zugangs zum Volksbegehren und zum Volksentscheid. Das wäre jetzt ein dritter Schritt gewesen. Wir haben als Sozialdemokraten signalisiert, dass wir bereit wären, die zu überwindende Schwelle für den Beginn eines solchen Verfahrens, nämlich das Verlangen nach einem Volksentscheid oder das so genannte Volksbegehren, hier entsprechend den Vorschlägen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen herabzusetzen, nämlich dieses Quorum, das jetzt erforderlich ist, noch einmal zu halbieren. Das würden wir noch mittragen, damit auch Bürger einmal die Möglichkeit haben, dass solch ein Verfahren einmal in Gang gesetzt werden kann.
Im Übrigen hätten wir aber nach wie vor Bedenken gehabt, beim Entscheid selbst das Quorum zu senken, wobei wir durchaus noch bereit gewesen wären zu überlegen, ob man statt des so genannten Zustimmungsquorums, wie wir es jetzt haben, ein Beteiligungsquorum eingeführt hätte, wie es in vielen anderen Landesverfassungen inzwischen auch schon der Fall ist.
Auf keinen Fall, und das möchte ich hier schon für die SPD-Fraktion deutlich machen, hätten wir uns an einem Verfahren beteiligt, die Abkürzung der Wahlperiode noch zu erleichtern, und das mit den Vorgaben, wie Sie sie gegeben haben. So geht es nun nicht! Das Volk wählt mit 70 bis 80 Prozent Zustimmung ein Parlament, und dann sollen zehn oder 15 Prozent dann wieder auflösen können. Das sind Quoren, die wir für schlicht inakzeptabel halten. Das hätte dann nicht unsere Zustimmung bekommen, aber, wie gesagt, in diesem begrenzten Umfang hätten wir uns darauf verständigen können. Da aber für Verfassungsänderungen eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist und der Koalitionspartner mit Gründen, die man ja vertreten kann, sagt, wir machen das nicht, ist damit das Projekt für diese Legislaturperiode gescheitert. Aber auch in der nächsten Legislaturperiode, Kollege Kuhn, wenn man das vorhat, braucht man wieder eine verfassungsändernde Mehrheit. Ich schätze es einmal so ein, egal wie die Verhältnisse laufen, die CDU werden wir da immer noch brauchen,
sonst kommen wir nicht auf zwei Drittel. Deswegen möchte ich bei den Kollegen der CDU weiter werben. Man geht ja jetzt auch in die Wahlkämpfe, Kollege Eckhoff hat gesagt, das ist hier auch noch einmal Bestandteil der Wahlprogramme, darüber noch einmal nachzudenken. Vielleicht kommt man dann über den Wahlkampf und danach in die neue Legislaturperiode mit neuen Erkenntnissen und hätte dann in der nächsten Legislaturperiode Chancen, im begrenzten Umfang die Möglichkeiten zu verbessern, das Volk an unmittelbaren Entscheidungen zu beteiligen. – Schönen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hannken, von meiner ersten Bemerkung habe ich nichts zurückzunehmen. Es ist in der Tat so, wie Herr Isola gesagt hat, es wäre völlig in Ordnung gewesen, wenn Sie all diese Argumente in der Ausschussberatung, wo sie hingehören, vorgetragen hätten. Darauf haben wir vergeblich gewartet. Ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie hier bei der ersten Lesung nicht
Dazwischen wird eine Beratungsschleife eingebaut, die vollkommen sinnlos ist. Bei der Kritik bleibe ich.
Im Übrigen nur ein oder zwei Anmerkungen! Die Quoren, die wir vorschlagen, sind nach unserer Auffassung, wie man ja auch in anderen Ländern sehen kann, durchaus in dem Rahmen, den das Staatsgerichtshofsurteil vorgibt. Dieses Urteil war ja übrigens auch schon bei Ihrer ersten Rede da, das hätten Sie vorher schon gelesen haben können. Was die Finanzvorbehalte angeht, so ist das nun wirklich völlig eindeutig, dass wir uns exakt in der Formulierung, Frau Kollegin, an das halten, was der Staatsgerichtshof in seinem Urteil dargelegt hat. Insofern tun wir gar nichts anderes, als die jetzige Rechtsprechung durch den Staatsgerichtshof, weil wir sie für eine vernünftige, natürlich in der Sache dann konkret immer zu interpretierende Maßregel halten, in die Verfassung zu übernehmen.
Ich meine, dass das nun irgendwie gegen geltendes Recht sein soll, ist nun völliger Unsinn! Dass Sie jetzt dem Staatsgerichtshof unterstellen, er habe eine völlig inpraktikable und unsinnige Regelung geurteilt, ich weiß nicht, ob Sie es wirklich gemeint haben! Die Formulierung, die wir gewählt haben, steht exakt so in dem Urteil des Staatsgerichtshofs, das ist der Rahmen, den er gezogen hat. Natürlich brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit für Landesverfassungsänderungen, das ist klar, aber das sieht man auch in anderen Gremien, veränderte Wahlergebnisse erhöhen immer die Chance, bestimmte Dinge durchzusetzen. Darauf setze ich.
Wer das Gesetz zur Änderung der Volksgesetzgebung im Lande Bremen, Drucksache 15/1128, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt das Gesetz in erster Lesung ab. Damit unterbleibt gemäß Paragraph 35 Satz 2 der Geschäftsordnung jede weitere Lesung.