Hermann Kuhn

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Grundlage der heutigen europapolitischen Debatte, und das wird die letzte in dieser Wahlperiode sein, ist erneut ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und erneut ein Antrag zum Europäischen Konvent. Das ist das Gremium, das den Auftrag hat, einen Verfassungsvertrag der Europäischen Union auszuarbeiten, der dann nach der Erweiterung der Union auch tatsächlich den Namen Europäische Verfassung verdienen wird.
Dass diese Versammlung überhaupt einberufen worden ist, ihre bisherige öffentliche Arbeitsweise, die parlamentarische Prägung dieses Gremiums, die Tatsache, dass inzwischen fast alle von einer Verfassung reden, was vor zwei Jahren noch als Utopie erschien, all das ist bereits ein riesengroßer Erfolg, aber klar ist auch, die nächsten fünf, sechs, sieben Wochen werden die entscheidenden und schwierigsten sein. Die Ergebnisse müssen zusammengeführt werden, und viel Zeit bleibt auch nicht mehr.
Dabei ist der Konvent auch in den letzten Monaten in den Schatten des Irak-Krieges geraten, und viele haben die Frage gestellt: Ein Verfassungsprojekt, das nur Sinn macht, wenn es um Einigung geht, geht das überhaupt angesichts der dramatischen Uneinigkeit der EU-Staaten in der Irak-Frage? Wir Grünen sind überzeugt, das kann nicht nur ein Erfolg werden, es muss ein Erfolg werden, wenn Euro
pa diese Spaltung überwinden und handlungsfähig werden will.
Jetzt ist die historische Chance da, und so ein historischer Augenblick wird so schnell nicht wiederkommen, der Union eine dauerhafte Form zu geben, mit der wir dann auch die weltweiten Herausforderungen meistern können. Die Grünen jedenfalls wollen diese Chance ergreifen. Wir wollen einen Erfolg des Konvents, und wir arbeiten dafür, dass im Sommer ein einheitlicher Entwurf vorgelegt wird, an dem die Regierungskonferenz nicht mehr vorbeikommen kann. Für diesen Erfolg wollen wir auch die öffentliche Debatte führen, und zwar, ich sage es ganz klar, mit dem Ziel, sie hier im Landtag zu führen, damit Deutschland und auch die deutschen Bundesländer das Ergebnis, das sich jetzt abzeichnet, unterstützen. Das ist auch die Absicht des heutigen Antrags, der genau in die Zeit fällt, in der die Ergebnisse, die vorläufigen Vorschläge, auf dem Tisch liegen, aber noch um die endgültige Form gerungen wird.
Ich habe es nicht verstanden, und ich bedauere das sehr, dass die CDU und die SPD nicht auf unsere Bitte eingegangen sind, über einen gemeinsamen Antrag zu debattieren,
und sich noch nicht einmal die Mühe gemacht haben, hier selbst einen Antrag vorzulegen. Ich meine, wenn man in dieser zentralen europapolitischen Frage nicht einmal weiß, welche Position die beiden großen Fraktionen vertreten, wie kann man sich dann am nächsten Feiertag hier hinstellen und sagen, wir wollen aber, dass die Bedeutung dieses Parlaments hier wieder richtig zur Geltung kommt! Ich meine, da muss man das eine oder das andere machen, entweder man ist der Meinung, was wir hier debattieren, oder in China fällt ein Sack Reis um. Ich bin dieser Meinung nicht. Die Chancen sind nicht groß, aber wenn wir hier nicht debattieren und sagen, was wir wollen, dann haben wir gar keine Chance.
Schade, dass ich jetzt nicht mit dem Kollegen Eckhoff direkt sprechen kann! Es ist immer unangenehm, über jemanden zu reden, aber dennoch muss ich ein paar Sätze dazu sagen. Ich habe mir bei seinen neuesten Äußerungen zu Europa doch ziemlich die Augen gerieben. Er hat gesagt, Bremen verschläft Europa. Donnerwetter! Ich frage mich nur, Herr Eckhoff, da muss ich jetzt die Fraktion der CDU fragen: Wo waren denn eigentlich in den vergange
nen vier Jahren die europapolitischen Initiativen Ihrer Fraktion in diesem Haus?
Wo war denn Ihr Kampf um ein eigenständiges Gewicht des Parlaments in europapolitischen Fragen? Wo haben Sie denn dem Senat einmal klar gemacht, dass er den Standpunkt dieses Hauses ernst nehmen muss, indem wir einmal etwas beschließen, bevor er da drüben ins Reine gekommen ist? Ich kann mich partout nicht daran erinnern! Die europapolitischen Debatten gingen immer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aus. Also, ich sage Herrn Eckhoff, wo immer er ist, guten Morgen, aber ich würde vorschlagen, Sie fangen bei sich selbst an!
Ich kann hier unmöglich alle inhaltlichen Fragen, die die Konventarbeit betreffen, aufrollen, ich will nur einige ganz zentrale jetzt aufgreifen. Im Zentrum steht natürlich wegen des Iraks die Frage einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Wir Grünen sagen, eine solche gemeinsame Politik ist notwendig, auch eine gemeinsame Verteidigungspolitik ist notwendig. Man kann und wird vielleicht mit kleinen Schritten beginnen, vielleicht mit einer europäischen Agentur für Rüstung und strategische Forschung, man wird vielleicht zusteuern auf eine europäische Armee, jedenfalls in Teilen. Viele Zwischenschritte sind denkbar, und ich glaube auch, vielleicht wird nicht jeder von Anfang an alles mitmachen.
Drei Dinge finde ich aber bei der Diskussion unabdingbar. Es darf und soll keine Veranstaltung gegen die Nato sein, das wäre Unsinn. Es geht darum, den europäischen Part in der Nato zu stärken. Da gibt es so eine unselige französische Tradition, die kennen wir seit de Gaulle, die sich immer etwas anderes dabei gedacht hat, und Präsident Chirac hat das sehr schön auf einen Begriff gebracht, er hat gesagt, diese Verfassung müsste die „Unabhängigkeitserklärung Europas“ werden. Da denkt man, soll das vielleicht das Rückspiel zu 1776 werden, der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten? Ich halte das für sehr töricht.
Nicht nur, dass es zum Scheitern verurteilt ist, es wäre töricht. Europa ist ein Projekt für etwas, für Frieden, sehr erfolgreich, für Freiheit, sehr erfolgreich, und auch für solidarische Zusammenarbeit. Dabei muss es bleiben und nicht gegen jemanden. Wenn wir über europäische Außenpolitik reden, muss man auch die nächsten Schritte darauf abstimmen, dass sie die Zerstrittenheit überwinden helfen und nicht noch vertiefen, und da sage ich ganz ehr
lich, bei einigen Treffen der letzten Zeit hatte ich da leise Zweifel.
Ganz zentral, die Außenpolitik darf nicht nur Sache der Zusammenarbeit zwischen Staaten bleiben, sondern muss Schritt für Schritt in gemeinsame gemeinschaftliche Politik überführt werden, und ein europäischer Außenminister als Teil der Kommission wäre ein guter Schritt dahin. Da werden jetzt auch Namen gehandelt. Ehrlich gesagt, diese Diskussion mit Namen ist auch nicht so furchtbar glücklich. Die Institution selbst halte ich für richtig und notwendig. Mit Namen sollte man sich vielleicht eher zurückhalten.
Aber entscheidend ist, was die Gemeinschaftsinstitutionen der EU angeht, denn nur die gewährleisten gemeinsames Handeln, nur die gewährleisten den Erfolg. Es ist nicht erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, wo man auf Räten zusammensitzt, Tauschhandel macht und womöglich Achsen bildet, so wie wir das erlebt haben. Das ist nicht der Kernpunkt des europäischen Erfolgsrezeptes gewesen, sondern die gemeinschaftlichen Institutionen. Deswegen wird auch gerade an diesem Punkt die zentrale Auseinandersetzung im Konvent ausgefochten, und da sollte sich auch Bremen positionieren zwischen denen, die mehr gemeinschaftliche Politik wollen, und denjenigen, die nur bei der Zusammenarbeit zwischen den Staaten stehen bleiben wollen.
Es ist auch kein Zufall, dass bei den Letzteren, die nur zusammenarbeiten wollen, die großen Staaten manchmal ganz vorn in der Reihe stehen, weil sie sich dadurch natürlich erhoffen, dass sie mehr Gewicht haben. Es war bestimmt kein Zufall, dass sich Deutschland und Frankreich diese Idee eines „Präsidenten“ der Europäischen Union ausgedacht haben, die bei den kleineren Mitgliedstaaten sofort auf ganz große Skepsis gestoßen ist. Ich muss Ihnen sagen, ich teile diese Skepsis.
Ein solcher Ratspräsident, egal, von wem er ausgedacht worden ist, das spielt gar keine Rolle, aber diese Skepsis ist da, darf daher nur, sagen wir in unserem Antrag, mit der Geschäftsführung des Rates beauftragt werden, das ist okay. Er darf keinen eigenen Apparat bekommen und darf nicht Konkurrenz zum demokratisch parlamentarisch gewählten Kommissionspräsidenten werden, denn entscheidend ist, die Gemeinschaftsorgane Kommission und Parlament zu stärken. Das gilt im Übrigen auch für die Bereiche Inneres und Justiz, wo heute, davon bin ich überzeugt, mehr Gemeinsamkeit, mehr Europa gefordert ist, mehr gemeinsame grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung, und das wird auch kommen.
Wir haben in unserem Antrag, meine Damen und Herren, eine große Reihe von Forderungen aus frü
heren Beschlüssen der Bürgerschaft aufgeführt, auch um zu zeigen, dass wir hier früh Debatten geführt haben, die sehr wohl auf der Linie eines klugen, integrativen Kurses gelegen haben. Diese Punkte, die jetzt im Konvent konsensfähig sind, sind eher mehr geworden. Das gilt für die Aufnahme der Grundrechtecharta in die Verfassung, es gilt für das Frühwarnsystem zur Überprüfung von Subsidiarität, es geht um das gleichberechtigte Miteinander von Parlament und Rat als Bürgerkammer und Staatenkammer, es geht um den europäischen Außenminister, den ich erwähnt habe, wahrscheinlich auch um eine Austrittsklausel.
Einige Punkte aus unserem Antrag haben allerdings, das muss man ganz klar so sagen, wenig Chancen und werden es eher schwer haben. Das gilt für die Forderung nach Einbeziehung der Euratomverträge in der Art und Weise, dass ausdrücklich eine Abwendung von der Kernenergie mit der Hinwendung zu einer Energiewende definiert wird. Ich fürchte, das wird nicht kommen, so sind die Verhältnisse zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Wir bedauern das, aber natürlich wird daran das Unternehmen Europäische Verfassung nicht scheitern.
Ich will jetzt über die Forderungen und Erwartungen reden, die die deutschen Länder vor allen Dingen formuliert haben. Zum Teil sind das die Gleichen, die ich eben erwähnt habe. Positiv im Sinn der Länderbeschlüsse finde ich das bisher Diskutierte, was das Verfahren zur Kontrolle der Subsidiarität angeht, auch die Vereinfachung der europäischen Rechtsverfahren, auch die klarere Abgrenzung der vorhandenen Kompetenzen, das war eine Kernforderung der Länder. Allerdings, und das finde ich nun wieder ganz richtig, wird es keinen starren Kompetenzkatalog geben, der sich nicht ändern lässt, und es wird auch weiterhin genügend Flexibilität geben, auf Neuentwicklungen zu reagieren. Das wollten die Länder ganz eng fassen, eigentlich abschaffen. Gott sei Dank wird das nicht kommen. Ob es exklusive Einwirkungsmöglichkeiten geben wird wie ein Klagerecht der Länder, das ist eher unwahrscheinlich. Auch daran, finde ich, darf es aus Sicht der Länder aber am Ende nicht scheitern.
Nicht erreichen werden die deutschen Länder aber mit Sicherheit eine Rückübertragung von Kompetenzen und Aufgaben von der Europäischen Union auf die deutschen Länder. Diese Rückübertragung war der Kern der Formulierung, die man in jedem Länderbeschluss findet, der leider über die CSU auf die Länder gekommen ist, nämlich „Beschränkung der EU auf ihre Kernaufgaben“. Da ging es immer um weniger Europa, mehr Macht den deutschen Ländern. Das war spätestens seit der Konferenz von Amsterdam immer die eigentliche politische Botschaft der deutschen Ministerpräsidenten.
Dafür aber, meine Damen und Herren, gibt es überhaupt keine Mehrheiten im Konvent. Die Überzeugung der Teilnehmer dieses Konventes, aber auch
die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger sprechen dagegen. Die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger mit den Schwierigkeiten, mit den Herausforderungen, auch mit den Katastrophen der Gegenwart sind doch im Gegenteil der Antrieb für etwas anderes. Das können Sie immer lesen. Wenn es irgendwo eine Katastrophe gibt, der erste Ruf ist, das müssen wir europäisch regeln. Das ist auch richtig. Nicht nur in der Frage der inneren und äußeren Sicherheit, auch in Fragen der Lebensmittelsicherheit, des Gesundheitsschutzes, des Klimaschutzes, überall dort sind doch gemeinsame Regelungen gefragt. Das sehen die Menschen auch.
Ich darf zitieren: „Gemeinsam stark oder allein marginalisiert“, das ist aus dem jüngsten Beschluss der CDU-Fraktions-Länderchefs, ist aber trotzdem richtig. Man muss es nur anwenden, zum Beispiel auch beim Umweltschutz. Das wird, meine Damen und Herren, der Konvent tun, und wir sagen, das darf für die deutschen Länder kein Grund für eine Blockadehaltung werden.
Wir sind heute so am Tag der Bilanzen. Deswegen will ich im letzten Drittel meines Beitrags zu einem Rückblick auf die Europapolitik Bremens in der vergangenen Legislaturperiode kommen. Ich sehe das so: Sie war auf der einen Seite geprägt durch eine solide Arbeit der zuständigen Verwaltung, vor allen Dingen der Verwaltung in Brüssel, aber auch vieler Ressortverwaltungen – wir haben gestern gerade das Beispiel der Gesundheitspolitik diskutiert –, das ist die eine Seite, und von starken Anti-Brüssel-Sprüchen des Präsidenten des Senats auf der anderen Seite. Dazwischen gab es noch ein weiteres Mitglied des Senats, Staatsrätin de luxe, Frau Kießler. Ich muss gestehen, darüber kann man nichts sagen, dazu fällt mir nichts ein. Sie war politisch nicht existent. Für die Staatsrätin ist es in Ordnung zu sagen, sie muss nur keine Fehler machen, aber von einem Mitglied des Senats erwarten wir allerdings politische Initiative, und davon war null zu sehen oder zu hören.
Meine Damen und Herren, ich bleibe nach vier Jahren bei meinem Urteil: Kein Bremer Regierungschef hatte jemals so wenig Gespür für den Wert europäischer Integration wie der jetzige. Ich darf Sie einmal an eines erinnern, ich darf zitieren! Am 23. März 2000 hat Dr. Scherf in einem Gespräch beim „Weser-Kurier“ von der „übermächtigen EU-Administration“ gesprochen und hat gesagt: „Die Deutschen haben zwei Zentralstaaten hinter sich: die Nazis und die Kommunisten! Es kann nicht angehen, dass wir jetzt in Europa in ein neues zentralstaatliches Gebilde hineinrutschen.“
Meine Damen und Herren, das war so infam und so an der Realität vorbei, dass Herr Scherf es damit zu trauriger Berühmtheit unter sozialdemokratischen Europapolitikern gebracht hat. Er hat auch noch daraufgesattelt. Er hat in den Diskussionen danach nichts zurückgenommen, nein, er ist bei dieser Auffassung geblieben und hat das in verschiedenen Varianten ausgeführt. In einer dieser Debatten hier, Herr Scherf, haben Sie zu dem eher ein bisschen – ich möchte einmal sagen – kindlichen Argument Zuflucht genommen und haben gesagt: „Mit mir hat der Prodi schon gesprochen, mit dem Kuhn ja nicht.“
Ja, das stimmt! Immer wieder haben Sie gesagt: Alle 16 Länderchefs sind meiner Meinung. Ein einziger kleiner Grüner, der will es besser wissen? Ich will Ihnen einmal rückblickend sagen, Herr Dr. Scherf: Nicht Sie, sondern wir haben in den wesentlichen europapolitischen Debatten und Streitfragen der letzten Jahre Recht behalten.
Nicht, weil man dazu besonders schlau sein musste, sondern weil man nur gegen populistische Versuchungen einmal wieder auf die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns hinweisen musste, die sich am Ende doch immer wieder als stärker und kräftiger erweisen!
Wir haben Ihnen hier gesagt, dass die Bereiche der so genannten Daseinsvorsorge nicht insgesamt und undifferenziert außerhalb jeder Wettbewerbskontrolle gestellt werden können. Wenn Sie dann selbst so große ökonomische Spieler geworden sind, wie Sie es ja tatsächlich zu einem Teil sind, andere eben nicht, die Kommission hatte dafür immer eine differenzierte Betrachtung und hat sie so auch Schritt für Schritt weiterentwickelt.
Wir haben Sie davor gewarnt, die Kommission in der Frage der Landesbanken frontal anzugreifen. Was Sie da vor zwei, drei Jahren so großspurig angerichtet haben, das würde man heute mit „Friendly Fire“ bezeichnen, klassisch als Eigentor.
Das Ergebnis war nämlich das genaue Gegenteil von dem, was Sie wollten. Die Landesbanken werden jetzt als Großbanken behandelt, die sie auch sind. Wir haben gerade in den letzten Monaten die staatlichen Garantien abgeschafft.
Wir haben hier den Antrag eingebracht, dass Bremen nach der Erweiterung der EU an einer solidarischen Strukturpolitik festhalten soll. Sie haben hier eine Diskussion verhindert, bis sich das Rathaus dann dazu durchgerungen hatte, von dem Ausstieg daraus Abstand zu nehmen. Jetzt sind Sie zu unserer
Auffassung zurückgekehrt, das begrüßen wir natürlich, aber Ihre Ausgangslage war ganz anders.
Immer war Ihre Haltung defensiv, Ihre einzige Sorge war immer nur, was bedeutet das für meine Kompetenz, für meine Macht! Ich habe das nie geteilt, auch als Abgeordneter dieses Hauses nicht. Sie haben mir das einmal so gesagt: „Sie ziehen sich selbst den Stuhl weg, auf dem Sie sitzen.“ Darüber habe ich oft nachgedacht. Irgendwie sehe ich das nicht so richtig als meine wesentliche Aufgabe an, mich um meinen Stuhl zu sorgen. Ich hatte gedacht, wir kümmern uns darum, die politischen Regeln zu finden, die den Bürgern am ehesten ein Leben in Freiheit und Solidarität ermöglichen, weil unser Leben nun einmal so grenzüberschreitend ist. Heute kann man vieles nur noch gemeinsam in Europa regeln, und das ist auch der Grund für die europäische Erfolgsgeschichte.
Letzter Satz: Wir finden, dass das Land Bremen, die Bremische Bürgerschaft an dieser Erfolgsgeschichte weiter mitwirken sollte, Einfluss nehmen, gestalten und Bremen als europäische Stadt darstellen sollte. Das ist nicht nur die Aufgabe von Bürgerschaft und Senat, sondern einer aktiven Stadt insgesamt, und mit dieser Selbstverpflichtung tröste ich mich über das Ende meiner Arbeit hier an dieser Stelle und bedanke mich sehr für Ihre Geduld.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich dachte, Abschied wäre heute Abend, ich werde es jedenfalls so halten. Heute ist noch Bürgerschaft, heute ist Debatte, und dass es hier schon Erstaunen hervorruft, wenn einmal jemand eine politische Kritik am Bürgermeister, am Präsidenten des Senats übt,
daran kann man sehen, wie weit man da gekommen ist! Wissen Sie, das ist das, was wirklich, das sage ich jetzt einmal ganz persönlich, so unangenehm ist, was Sie glauben, hier über meine innere Verfassung sagen zu können! Reden Sie über meine Politik, das ist alles in Ordnung, darüber will ich mich gern mit Ihnen auseinander setzen, aber lassen Sie das, hier Zensuren zu verteilen über Personen, das steht Ihnen in diesem Hause nicht zu!
Ich finde das ja interessant, ich will gleich anfangen mit dem ersten Teil vom Beitrag des Kollegen Isola, der noch einmal das Wort von der Übermacht, von der übergroßen Bürokratie verteidigt hat. Die wenigsten wissen wahrscheinlich, dass die Bürokratie in Brüssel erheblich kleiner ist als die Verwaltung der Stadt Köln. Vielleicht wissen einige von Ihnen wenigstens, dass die Staaten immer noch die Herren der Verträge sind. Es passiert nichts in Europa, ohne dass die Regierungschefs dem zustimmen. Wer redet denn immer von der Übermacht von Brüssel? Es sind die Regierungschefs, die Vereinbarungen treffen, die Gesetze verabschieden, nicht die da oben irgendwo! So sind die Tatsachen! Brüssel, das so genannte, kann nicht einmal Steuern erheben! Dann stellt sich ein Regierungschef hin und sagt, wir sind kurz vor einem Zentralstaat, und bringt das noch in direkte Verbindung mit einem Zentralstaat der Nazis und der Kommunisten, und das verteidigen Sie noch, Herr Kollege Isola! Also, da verstehe ich die Welt wirklich nicht mehr!
Dann machen Sie im zweiten Teil Ihres Beitrags Folgendes: Sie reden dagegen, da gäbe es viel zu viel Kompetenz, viel zu viel Bürokratie. Wenn Sie kon
kret werden in Bereichen, von denen Sie etwas verstehen, nämlich in den Fragen von innerer Sicherheit und von Justiz, dann sagen Sie, natürlich brauchen wir einen europäischen Staatsanwalt, natürlich brauchen wir eine Harmonisierung der Rechtssysteme, natürlich brauchen wir eine gemeinsame Grenzpolizei. Nein, nein, natürlich nicht mehr nach Europa, nicht mehr nach Brüssel, keine großen Kompetenzen mehr dahin, wir müssen ja hier alles vor Ort haben, damit der Bürger etwas davon hat! Wenn es aber etwas Konkretes gibt, dem Sie nicht ausweichen können, den Realitäten Europas, da sind Sie ja, Gott sei Dank, alle, und das geht den Fachministern auch so, so einsichtig und vernünftig und sagen, natürlich müssen wir gemeinsame europäische Regelungen schaffen. Das ist bei der äußeren Sicherheit so, das ist bei der Lebensmittelsicherheit so, das ist beim Naturschutz so, das ist bei der inneren Sicherheit so, bei der Justiz, überall, wo Sie hinschauen. Es ist so, dass die Bürger dort, wo sie ihre Interessen gewahrt sehen wollen, selbst sehen, dass es ohne europäische Regelung nicht geht.
Etwas anderes ist doch, ob der Vollzug, wo wir unsere Kompetenzen, unsere wirklich originären Aufgaben haben, hier vor Ort, wirklich bürgernah gemacht wird. Da sind wir allerdings an Ihrer Seite. Aber mit den Schlagworten Kompetenz und Bürgernähe dagegen zu argumentieren, dass wir Dinge, die europäisch geregelt werden müssen, europäisch regeln, das habe ich nicht verstanden. Man kann nicht auf der einen Seite sagen, Europa muss mit einer Stimme sprechen, aber auf der anderen Seite sagen, bloß keine Kompetenz mehr nach Europa! Das passt einfach nicht zusammen, meine Damen und Herren!
Herr Kollege Neumeyer, das habe ich ein bisschen bedauert in Ihrer Rede, vor allem in den Passagen, die wirklich ohne Sachkenntnis waren. In Brüssel im Konvent treten die Bundesregierung und der Bundesrat, der Außenminister Fischer beziehungsweise sein Stellvertreter Herr Bury und der Ministerpräsident Teufel vollkommen gemeinsam auf. Es gibt keine Beschwerden darüber, dass die eine oder die andere Seite eigenmächtig agiert. Das ist völliger Unsinn!
Lesen Sie einmal die Protokolle unseres Ausschusses! Ich habe nicht gelesen, dass Sie da widersprochen haben. Die Berichte über den Konvent waren von vorn bis hinten voll des Lobes über die ausgezeichnete, einvernehmliche Zusammenarbeit beider Seiten im Konvent. Ich nehme das auch so wahr.
Ich habe zwei, drei Punkte ausdrücklich in meinem Debattenbeitrag gehabt, an denen ich selbst gesagt habe, ich habe den Eindruck, dass die Politik der Bundesregierung da nicht sehr klug ist. Das war
in der Frage dieses „Pralinengipfels“, das war auch in der Frage, jetzt Personaldiskussionen in Gang zu bringen. Mit meiner persönlichen Meinung muss ich ja nicht hinter dem Berg halten, dass ich über die Art und Weise, wie die Bundesregierung selbst oder einzelne Personen die Uneinigkeit in Europa fördern, eine andere Auffassung habe als der Bundesaußenminister. Das ist doch kein Geheimnis! Das hat aber doch nichts damit zu tun, dass Sie mir hier unterstellen wollen, ich würde in europapolitischen Fragen die Position der Bundesregierung hier hineintragen. Was Sie über die Strukturpolitik erzählt haben, das war frech! Das war nun wirklich frech, denn das Nettofondsmodell, der Ausstieg aus einer solidarischen Strukturpolitik, ist hier im CDU-geführten Wirtschaftsressort die letzten zwei Jahre gehegt und gepflegt worden.
In der ersten Diskussion hier waren Sie nicht in der Lage zuzustimmen, weil das Wirtschaftsressort noch gesagt hat, nein, das halten wir uns noch offen. Dieses Nettofondsprinzip ist keine Erfindung der Bundesregierung.
Nein, Herr Neumeyer, bleiben Sie einmal ruhig! Das ist keine Position der Bundesregierung, die sie in die Diskussion gebracht hat, sondern ein Fraktionsbeschluss der CDU und der CDU-Fraktionschefs, die gesagt haben, wir wollen den Ausstieg aus dem Strukturfonds. Inzwischen haben sie sich ja, Gott sei Dank, auf Länderebene davon verabschiedet. Bis vor drei, vier Wochen war da keine Einigung herbeizuführen, und heute, das hat mich nun besonders geärgert, liegt uns ein Antrag des Ausschusses vor, der zu vier Fünfteln die Position unseres Antrags vom September letzten Jahres übernimmt. Da wollen Sie uns erzählen, wir hätten hier irgendwie die Position der Bundesregierung vertreten, das Nettofondsprinzip? Das ist schon eine ziemliche Frechheit! Wir haben Ihnen hier im September eine Formulierung vorgelegt.
Ich habe Ihnen doch erklärt, wie das gewesen ist! Ich habe mich bloß mächtig über Sie geärgert, dass Sie uns verschweigen wollen, wer diese Debatte angezettelt hat, wer sie vor allen Dingen in Bremen angezettelt hat und wer verhindert hat, dass die Bürgerschaft sich hier einvernehmlich geäußert hat. Das war das CDU-geführte Wirtschaftsressort. Das ist einfach eine Tatsache, die können Sie nicht wegdiskutieren.
Das wollte ich einfach nicht stehen lassen. Wenn Sie wirklich meinen, so unter Ihrem Niveau zu bleiben, hier irgendwelche Debatten über meine politische Zukunft zu führen! Wenn Sie sich die Arbeit der letzten vier Jahre ansehen, das lasse ich mir von solchen dümmlichen Bemerkungen hier nun wirklich nicht kaputtmachen!
Ich finde das nicht in Ordnung, dass wir eine europapolitische Grundsatzentscheidung, nämlich was wir an europäischer Gemeinsamkeit brauchen, und zwar nicht aus irgendwelchen Träumen allgemein, sondern aus handfesten Interessen der Bürgerinnen und Bürger, die wissen wollen, dass sie in Belgien oder Italien genauso sicher sind, sauberes, gutes Wasser zu trinken wie hier, die sicher sein können, dass Seuchen in ganz Europa bekämpft werden, die einheitliche Naturschutzstandards brauchen, die in der inneren und äußeren Sicherheit wollen, dass Europa mit einer Stimme spricht, klein reden durch so genannte Interessen des Landes. Es geht um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, vielleicht verstehen Sie das, die aufgehoben sein müssen, und nicht um die Interessen eines Gebildes wie eines Landes und schon gar nicht um die Interessen eines Ministerpräsidenten, der natürlich seine Kompetenzen behalten will, das kann ich ja verstehen!
In der Tat würde ich diesem Parlament sehr empfehlen, seine Kompetenz zur Formulierung und auch Kontrolle europapolitischer Positionen mehr wahrzunehmen als bisher. Das ist ja auch ein Prozess, da muss man vielleicht auch verfassungsmäßig nachlegen und sagen, der Senat wird gezwungen, solche Positionen auch fest zu berücksichtigen. Das wollen ja auch Sie, das finde ich gut. Ich habe im Licht dieser Überlegungen bis vorhin nicht verstanden, warum Sie entweder unseren Antrag nicht unterstützen oder selbst nicht versucht haben, einen eigenen zu machen. Das, was Herr Isola und Herr Scherf hier vorgetragen haben, steht doch alles in unserem Antrag!
Ich kann jede Wette eingehen, dass Herr Scherf keinen Blick in diesen Antrag geworfen hat.
Was er uns hier zu klareren Kompetenzabgrenzungen erklärt hat, all diese Dinge sind doch darin formuliert, die stehen da! Um Gottes willen, warum stimmen Sie diesem Antrag dann nicht zu? Es ist genau das, was er von uns gefordert hat. Das ist meine Enttäuschung, die ich in der Tat auch an diesem letzten Tag nicht verhehlen will, denn, wie gesagt, Verabschiedung ist heute Abend, und zwar durch den Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft!
Vielen Dank, Herr Präsident, dass ich die Ehre habe, für die ausscheidenden Abgeordneten das letzte Wort in dieser Legislaturperiode zu haben, wahrscheinlich wird es das vorletzte Wort, denn das letzte Wort hat naturgemäß danach der Präsident.
Sehr verehrte Kolleginnen, sehr verehrte Kollegen, ich möchte mit dem Stoßseufzer des Kollegen Klaus Dittbrenner beginnen, den er hier vor vier Jahren getan hat: „Wenn wir uns doch zwischendurch einmal so nette Sachen gesagt hätten, wie wir sie eben zu hören bekommen haben!“ Dabei stimmt es ja alles, was gesagt worden ist, es war nicht erfunden. Ich werde mich meinerseits bemühen, jetzt auch nur Nettes zu sagen.
Ich habe gesagt bemühen! Nein, aber etwas anderes fällt mir auch überhaupt nicht ein, schon gar nicht, wenn wir eben gehört haben, welche debattenerprobten, erfahrenen und freundlichen Mitaussteigerinnen und Mitaussteiger ich vertreten soll, ich sage vorsichtshalber aus Bremerhaven und aus Bremen, das jedenfalls habe ich sehr schnell im Parlament gelernt.
Ich möchte zu Beginn das sagen, was ich immer sehr stark empfunden habe, und das ist eigentlich die Hauptsache. Die zwölf Jahre, in denen ich hier das Mandat eines frei gewählten Abgeordneten in einer großmütigen Fraktion ausüben durfte, waren ein Vergnügen. Das Vergnügen war oft harte Arbeit, aber es war ein Vergnügen, und das ist wirklich die Hauptsache. Ich habe heute auch gelernt, dass man manchmal im Leben dann aufhören soll, wenn es besonders schön ist.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, sicherlich war für andere anderes wichtiger, für mich war es immer der Kern des Parlaments, der das Hauptvergnügen ausgemacht hat, nämlich dieser sehr paradoxe und eigentlich aussichtslos anmutende Versuch: man fängt an bei ganz harten Interessenvertretungen, ganz fest gefügten Meinungen, parteilpolitischen Setzungen. Man setzt das Argumenten aus, diese Argumente treffen sich, sie schleifen einander ab, und am Ende sucht man und man findet auch in der Regel Lösungen, die dann für alle gelten und die von allen akzeptiert werden. Das ist schon eine sehr besondere Einrichtung, und das war eigentlich auch der Kern dessen, was mich am Parlament fasziniert hat und was, glaube ich, auch der Kern unseres Amtes ist.
Den Parlamenten, auch unserem, wird häufig der Vorwurf gemacht, hier würden nur Dinge zum offenen Fenster hinaus verkündet, das meiste wäre schon vorher beschlossen, hier passiere und bewege sich nichts mehr. Ich widerstehe der Versuchung, an dieser Stelle über die besonderen gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse zu reden, darüber will ich
jetzt nicht reden. Ich will vielmehr diesem Vorwurf, der uns gemacht wird, ausdrücklich begegnen. Dieses öffentliche Aussprechen ist eine ganz wesentliche Aufgabe des Parlaments, und wir sollten vielmehr versuchen, dass das noch öfter hier passiert und weniger in den Medien, wie es ja vor allen Dingen auch auf der Bundestagsebene geschieht, was häufig kritisiert wird. Das ist das eine, wir müssen es tun, wir müssen es öfter tun, und zweitens, ich will es ganz ausdrücklich sagen: Hier bewegt sich sehr wohl etwas!
Wenn man da oben sitzt, was zu tun ich die Ehre hatte, dann sieht man einfach mehr. Man sieht auch die Unarten. Ich meine, das will ich gar nicht verschweigen, das will ich aber nur ganz kurz streifen, das Schwatzen, das Nickerchen machen, das Schokolade essen, auch die moderne Volksseuche der Handys am Ohr. Ich habe Sie gar nicht angeschaut, Herr Pflugradt, wirklich nicht!
Was man vor allen Dingen sieht, ist dann doch, dass Argumente wirken, dass sie ankommen. Das führt dann nicht immer sofort zu Ergebnissen, das kann man vielleicht auch nicht erwarten, aber vielleicht das nächste Mal, in einer nächsten Sitzung, beim nächsten Beitrag. Ich jedenfalls kann Ihnen versichern, dass, wenn ich zugehört habe, ich ganz gut gemerkt habe, wann ein Argument trägt und wann nicht. Das hat ziemlich wenig mit der politischen Farbenlehre zu tun, wenn man ehrlich ist, und das wollten wir heute sein.
Ich darf, da ich nun das Wort habe, Ihnen zu dieser Frage eine Geschichte aus dem Jahr 1993 erzählen, die auf mich einen anhaltenden, nachwirkenden Eindruck gemacht hat. In einer Rede über den Krieg im ehemaligen Jugoslawien traf mich damals die Klingel des Präsidenten wie aus heiterem Himmel. Sie wissen ja, wie das ist, das ist immer so, man rechnet überhaupt nicht damit. Ich muss hinzufügen, damals war die normale Redezeit noch 15 Minuten. Das heißt, wenn man Text für eine halbe Stunde hatte, musste man sich nur zweimal melden und nicht dreimal wie heute. Das waren noch Zeiten, Herr Oppermann, das kann ich Ihnen sagen!
Der Präsident Dieter Klink wies mich auf die abgelaufene Redezeit hin, ich war ganz verdattert, da rief der Kollege Metz von der CDU-Bank: „Lassen Sie ihn zu Ende reden, das ist gut!“ Ich durfte tatsächlich zu Ende reden. Ich habe mir diese Geschichte gemerkt, nicht nur weil sie so nett für mich war, das merkt man sich immer lieber, sondern weil sie ein Anstoß war, bewusster zuzuhören und von Ihnen zu lernen, und das ist eigentlich das vor allem Nette, was ich Ihnen sagen wollte: Ich habe viel von Ihnen allen gelernt, und ich glaube, es geht uns insgesamt in diesem Haus so.
In den letzten Jahren ist das Ansehen der Abgeordneten nicht viel besser geworden, fürchte ich. Das Problem ist, für jeden Fehler, ob in Berlin oder in Kiel, müssen auch wir hier geradestehen, werden wir haftbar gemacht, und da kommt einiges zusammen. Ich wollte einmal die Frage stellen, ob es vielleicht auch an den Erwartungen liegt, die uns gegenüber gehegt werden. Ich glaube, die Quadratur des Kreises, das ist eher so ein Kinderspiel, eine Aufgabe aus dem Iglu-Test gegenüber dem, was von uns Abgeordneten in der Öffentlichkeit erwartet wird.
Wir sollen unserer persönlichen Überzeugung und unserem Gewissen verpflichtet sein, aber natürlich gemeinsam effektiv und geschlossen auftreten; eigenwillig, aber zuverlässig. Wir sollen selbst nachdenken und trotzdem der Parteilinie folgen. Wir sollen fachlich versiert sein, aber natürlich über jede politische Frage reden können. Wir sollen die Probleme des Stadtteils, der einzelnen Straße kennen, aber uns natürlich gut auskennen im Berliner und Brüsseler Denken; der Gegenwart verbunden, mit Visionen, selbstbewusst, aber natürlich ganz bescheiden.
Jedes Wort muss tief authentisch sein, aber die Sache muss gut inszeniert sein hier. Wir müssen auch einen ordentlichen Beruf ausüben, aber jederzeit für alle Bürgerinnen und Bürger da sein, also auf Deutsch: Wir müssen ganz normal sein und ganz anders. Am Ende sollen wir auch noch nett anzusehen sein!
Ich falle mit Sicherheit durch diese Prüfung. Ich habe lange nachgedacht, ich habe auch unter Ihnen niemanden gefunden, der das so richtig, ganz und gar erfüllt. Vor die Wahl gestellt, an sich selbst zu zweifeln oder an den Kritikern, dann wählt man doch lieber das Letztere, dann ärgert man sich auch nicht so, das ist gesünder. Ich sage Ihnen, dennoch sollte man über die Kritik nachdenken. Darüber kann man sich ziemlich ärgern, sie hat aber auch ihre gute Seite, dass nämlich die Leute noch etwas von uns erwarten, und sie erwarten noch ganz viel von uns.
Das ist wirklich das Pfund, mit dem wir wuchern müssen bei allem Realismus, bei unserem Beruf, unserem Amt, daraus kann man etwas Positives machen. Wenn Sie mich fragen, in welche Richtung das gehen sollte, sage ich natürlich: ein bisschen mehr Unabhängigkeit, ein bisschen mehr Individualität, es darf ruhig ein bisschen Verquertheit sein, ein bisschen mehr Unruhe und Überraschung, dann macht, Herr Hattig, das Parlament auch tatsächlich manchmal Spaß.
Ich möchte zwei Sätze zu Selbstbewusstsein und Überhebung der Abgeordneten sagen. Es nutzt niemandem, und ich glaube, es schadet am Ende auch der Bürgerschaft in jedem Sinn, wenn Abgeordnete sich klein machen und ihre eigenen Angelegenhei
ten vernachlässigen. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir das Börsennebengebäude drüben wieder hergestellt haben und dass wir im kommenden Herbst das Haus der Bürgerschaft wieder in Ordnung bringen, dass zum Beispiel endlich die so genannte Klimaanlage hier hinauskommt,
die keine Klimaanlage ist, sondern Pest und Cholera zusammen oder nacheinander, wie immer man das will. Ich bin sicher, die neuen Abgeordneten werden es uns danken.
Wozu allerdings auf der anderen Seite Überhebung und Leichtfertigkeit führen, das kann man gerade an meiner Heimatstadt Kiel studieren, wo eine Diätenreform, sprich Erhöhung der Diäten, bei Anlass einer Parlamentsverkleinerung ziemlich kläglich gescheitert ist bei wiederum erheblichem öffentlichen Schaden. Dazwischen müssen wir irgendwie unseren Weg sorgfältig auf einem sehr schmalen Grat suchen.
Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, viele sind in diesem Haus damit beschäftigt, unsere Unzulänglichkeiten auszugleichen oder sie wenigstens in einem günstigen Licht erscheinen zu lassen. Ich möchte mich – ich glaube, da spreche ich für alle – sehr herzlich bedanken für die zuverlässige und loyale Arbeit der Verwaltung der Bremischen Bürgerschaft, beim Plenardienst, beim Wissenschaftlichen Dienst, beim Protokoll, bei der Bewirtung, bei der Presseabteilung, der Haustechnik, der Allgemeinen Verwaltung und bei allen anderen. Wer mich kennt, weiß, das ist keine Höflichkeit, sondern meine Überzeugung. Ich hatte nie das Gefühl, was manchmal so kolportiert wird, dass wir Abgeordneten die Beschäftigten stören würden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ende kommt zum Schluss! Mir scheint, das Geheimnis für den Erfolg des parlamentarischen Weges ist, unser Mandat ist auf Zeit. Ich gestehe Ihnen gern ein, dass ich mit Wehmut, wenn auch selbstverschuldet, gehe, denn das Parlament, so unvollkommen es einigen auch erscheinen mag und auch wir manchmal darüber anfangen zu grübeln, ist eine wunderbare, unersetzbare Erfindung. Wahrscheinlich betone ich das deswegen so, weil ich das nicht immer so empfunden habe. Deswegen will ich denjenigen sagen, die uns noch zuhören, und ich sage Ihnen, es gibt sie tatsächlich, die uns zuhören: Es gibt nur einen Weg, noch bessere Abgeordnete zu bekommen. Gehen Sie am 25. Mai zur Wahl, nehmen Sie Ihr Recht wahr, damit Sie zu Recht hinterher kritisieren können! Ich wünsche mir von den 83 neuen Abgeordneten, dass sie das Ansehen und die Würde dieses Hauses mehren. Ich wünsche ihnen eine glückliche Hand bei der Lenkung des Staates und vor allen Dingen bei der Kontrolle der Regierung. Frau Wulff hat das sehr schön gesagt: Lassen Sie den Senat nicht allein! Lassen Sie ihn niemals allein! Ich wünsche dem Land Bremen in den kommenden stürmischen Jahren auch einmal ein bisschen Rückenwind, aber immer die berühmte Handbreit Wasser unter dem Kiel. Ich wünsche Ihnen persönlich alles Gute und bedanke mich ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte gern das Abstimmungsverhalten unserer Fraktion noch einmal erklären und eine Bitte zur Abstimmung äußern. Ich möchte aber doch, weil mir das nie gelungen ist und die Wege sich nie gekreuzt haben, einmal zwei Sätze zu den fulminanten Reden des Senators Hattig sagen, die mich immer tief beeindrucken. Das ist ja wirklich ein Feuerwerk von geistreichen Bemerkungen, die man zum Teil gar nicht so schnell mitbekommen kann. Man muss sie nachlesen. Allerdings, wenn man sie nachliest, dann hört sich das dann doch gar nicht mehr so furchtbar geistreich an.
Es geht manches so schnell, Herr Senator, mir ist manchmal am Ende ganz schwindelig, aber wenn ich dann innehalte, denke ich: Was hat er jetzt eigentlich wirklich gesagt?
Das geht mir oft so. Gestern ist es mir vor allen Dingen so gegangen. Ich wollte es Ihnen heute einmal sagen, denn es wird, fürchte ich, die letzte Ge
legenheit sein, bei der ich Ihnen das so mit auf den Weg geben kann, obwohl ich die Einsprengsel von Gernhard und anderen immer sehr genieße, da wünsche ich Ihnen noch viel Erfolg im Publikum mit solchen Reden.
Ich wollte zwei Sätze zum Abstimmungsverhalten sagen. Das ist jetzt vielleicht auch ins Kleine gehend. Wir möchten gern, dass die Abschnitte eins und zwei auf der einen Seite und die Abschnitte drei und vier getrennt abgestimmt werden, aus zweierlei Gründen: Frau Trüpel hat schon gesagt, dass wir bei denjenigen, die jetzt so sagen, wir fangen im Norden an, machen aber eine langfristige Option im Süden, ein Glaubwürdigkeitsproblem haben, und da will ich mich vor allen Dingen an die SPD wenden. Herr Böhrnsen, wissen Sie, wenn man weiß, welche Meinung der Senat heute noch vertritt, heute noch in einer Antwort an mich vor einer Woche sagt, natürlich ist der Oeversberg die Option, die der Senat hat, und wenn Ihre Partei „Henning“ so groß schreibt und „SPD“ so klein, dann fragt man sich doch, woran soll man sich da halten!
Ich bin ein bisschen skeptisch in dieser Beziehung, was die Aussagen der Fraktion angeht, das müssen Sie schon erlauben. Insofern erlauben Sie es mir, dass ich sage, wir setzen jetzt auf eine Entwicklung dort, wo sie möglich ist, und enthalten uns jeder Aussage über langfristig oder nicht langfristig. Der Oeversberg ist für uns jetzt keine Option, Schluss!
Das Zweite bezieht sich auf die Frage nördlich der IUB. Sie haben das jetzt noch einmal genauer gesagt, wo Sie anfangen wollen, nämlich nicht auf dem nördlichen Teil des jetzigen IUB-Geländes, sondern nördlich davon. Ich finde das nicht richtig, dass Sie die Entwicklung auf dem nördlichen Teil der IUB auch ausschließen. Ja, gut, es steht hier nicht so darin. Ich möchte es nur einmal ausdrücklich sagen, denn uns ist immer auch wiederum vom Senat gesagt worden, das geht aus rechtlichen Gründen nicht, und wenn es doch ginge, wäre es so teuer, dass das nicht machbar sei.
Ich habe mir einmal die Zahlen geben lassen, und da relativiert es sich doch alles sehr. Im schlechtesten Fall und wirklich ganz zu Ungunsten gerechnet wäre es maximal eine bis anderthalb Millionen Euro, die die IUB für dieses Teil zusätzlich zahlen müsste, wenn sie das nicht im engsten Sinne für Wissenschaft benutzt. Sie könnte das aber natürlich dann auch weiterverkaufen. Wenn es tatsächlich läuft mit dem Science-Park, und das wollen wir alle, wäre es verkehrt, diesen nördlichen Teil dieser IUB einfach schlichtweg außen vor zu lassen. Das tun Sie aber in Ihrem Beschluss, deshalb wollen wir diese drei Punkte, diese zwei letzten Punkte, weil es da wirklich auch um die Feinheiten geht, nicht mitmachen.
Was wir wollen, haben wir in unserem Antrag im September 2002 klar niedergelegt, daran können Sie uns messen, nämlich eine Entwicklung der IUB und eines Science-Parks in der Nähe der IUB, der im nördlichen Teil der IUB beginnt und von da aus nach Norden geht und auch mögliche andere Standpunkte von da aus einbezieht.
Herr Pflugradt, ich habe mich ein bisschen gewundert, dass Sie Beifall geklatscht haben, als Herr Liess sagte: „Ich bin dagegen, dass man jetzt schon den Wegzug der Steingut daherredet.“ Ich darf Ihnen einmal aus der Presseerklärung der Initiative zitieren, die da von der Diskussion Anfang Mai berichtet: „Herr Pflugradt gehe davon aus, dass die Steingut ganz nach Bremerhaven gehen werde.“ Ich weiß nicht, offensichtlich haben Sie das gesagt, sonst würden die das da wohl nicht hineinschreiben. Ich finde das nicht vernünftig. Ich finde das wirklich nicht vernünftig, dass irgendjemand hier aus dem Haus heute sich schon dazu äußert, dass die vielleicht ganz nach Bremerhaven gehen, da gebe ich Herrn Liess Recht.
Also, immer schön mit den Flächen jetzt beginnen, die wir auch tatsächlich haben! Die IUB hat gut angefangen, aber man muss auch klar sagen, dass es sicher wäre, dass das Ziel, das sie sich gesetzt hat, erreicht wird, das kann heute niemand sagen. Das können wir gemeinsam vielleicht 2005 sagen, und das ist dann auch der Zeitpunkt, dass solche Dinge beginnen können. Deswegen bitten wir, die Abschnitte eins und zwei und drei und vier jeweils zusammen zur Abstimmung zu stellen. Dem ersten Teil werden wir zustimmen, den zweiten Teil werden wir ablehnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Isola hat mit seiner erkälteten Grabesstimme den Ton schon ganz richtig getroffen.
Es ist in der Tat eine ziemlich traurige Angelegenheit, die wir unter diesem Tagesordnungspunkt zu beraten haben, nämlich das Begräbnis des Versuches, die Bestellung von Richtern in ihr Amt, in leitende Ämter transparenter und durchsichtiger zu gestalten und damit die alleinige Verfügungsgewalt des Senats in dieser Frage zu beenden.
Die beiden Fraktionen hatten vor anderthalb Jahren selbst erklärt, sie würden unserem Vorstoß im Grundsatz folgen. Dann haben Herr Mäurer und Herr Dr. Scherf gemauert, und die Fraktionen von SPD und CDU haben sich verkrochen. Das ist schade, und es ist wirklich kein Ruhmesblatt, meine Damen und Herren!
Ja, das haben Sie nun wirklich, das Ergebnis liegt ja auf dem Tisch!
Wir hatten eine Änderung des Richtergesetzes mit dem Ziel vorgeschlagen, Kollege Isola hat es gesagt, dass in Zukunft der Richterwahlausschuss auch über Beförderungen und die Besetzung von Präsidentenposten bremischer Gerichte mitentscheiden solle. Unser Vorschlag ging immer davon aus, dass Senat und Richterwahlausschuss gemeinsam Entscheidungen fällen. Es ging nicht darum, den Senat hinaus
zudrängen und das allein machen zu wollen, sondern wir wollen es gemeinsam machen. Es kam uns und kommt uns auf eine größere Transparenz durch parlamentarische Mitwirkung an.
Der Senat hat zunächst behauptet, das ginge alles nicht, es sei gesetzwidrig. Das Gutachten von Professor Dr. Pottschmidt hat eindeutig geklärt, dass unsere Vorschläge rechtlich machbar sind, wenn man denn politisch will. Er hat noch Gesichtspunkte aufgegriffen, die den Wahlmodus der anwaltlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses betreffen. Wir hätten sie gern aufgenommen, aber dazu ist es nicht gekommen. Diese Einwände gelten aber auch für das geltende Gesetz. Das heißt, es ist kein Einwand gegen unseren Vorschlag.
Verehrter Kollege Röwekamp, lesen Sie das Gutachten! Die Einwände, die Herr Dr. Pottschmidt aufgeschrieben hat, gelten genauso für das jetzt geltende Gesetz wie für ein etwa in unserem Sinn geändertes Gesetz, aber Herr Mäurer und Herr Dr. Scherf wollten nicht. Ich sage jetzt nichts zu der Präsenz hier im Haus. Sie wollten nicht ihr uneingeschränktes Recht auf Besetzung von herausgehobenen Positionen in der Richterschaft aufgeben. Sie erinnern sich, da ist Herr Mäurer auf seine unsägliche Attacke auf die Richterschaft verfallen und hat deren Bestrebungen nach mehr Mitwirkung in eine Linie mit reaktionären und nationalkonservativen Strömungen in der Weimarer Zeit gestellt.
Herr Mäurer wurde dafür auch von Herrn Dr. Scherf gedeckt, obwohl sich – das ist ja wirklich ein einmaliger Vorgang – 80, 90 Prozent aller Richter in Bremen per Unterschrift dagegen ausgesprochen haben. Er musste nicht die Konsequenzen ziehen, weil er von Herrn Dr. Scherf gedeckt wurde. Am Ende hatten wir eine Entschuldigung, die keine war, und das Versprechen von Herrn Mäurer, er wolle gern die Diskussion über mehr Mitwirkung der Richter nach der Wahl in die Hand nehmen. Meine Damen und Herren, ich glaube gern, dass er das in die Hand nehmen möchte. Ich glaube, mehr Bock ist ein Gärtner selten gewesen als in diesem Fall.
Sie werden uns jetzt weiter erklären wollen, Herr Röwekamp, welche Kompromisse es gegeben hätte, wie schwierig das alles gewesen ist, die Zeit sei Ihnen weggelaufen, der Schwarze Peter wird hin- und hergeschoben.
Ja, das finde ich auch! Man kann das auch einfach machen. Die Sache ist in der Tat einfach. Wir
hatten vorgeschlagen, die Macht der Exekutive einzugrenzen, durch diese Teilung der Macht die Justiz transparenter zu machen. Die Exekutive denkt nicht daran, auch nur einen Millimeter ihrer Macht abzugeben, und Sie haben den Schwanz eingezogen, so einfach ist der ganze Ablauf gewesen!
Ich kann Ihnen nur raten, meine Damen und Herren, den nächsten Anlauf nicht in die Hände von Herrn Mäurer zu geben, sondern ihn selbst in die Hand zu nehmen, denn mehr Demokratie war immer Sache des Parlaments. In diesem Sinn kann ich mich den guten Wünschen meines Kollegen Isola auch anschließen, dass Sie beim nächsten Mal mehr Glück und Erfolg haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem der Bürgerschaft jetzt vorliegenden Bericht über die Reform der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern, der auf einen Antrag der Grünen zurückgeht und damit jetzt auch erledigt ist – das kann ich gleich sagen, den wir damit zurückziehen –, wird eine grundlegende und weitreichende Reform auf den Weg gebracht.
Heute haben wir die Grundsatzentscheidung! Ihre Umsetzung wird für die Universität Bremen eine zentrale, eine ganz wesentliche Aufgabe für die nächsten vier Jahre sein. Sie wird, wenn sie erfolgreich gelöst wird, die Arbeit der Universität auch in weiten Bereichen und darüber hinaus neu gestalten, unter anderem, weil sie ein Durchbruch ist bei der Einführung gestufter Studienabschlüsse.
Die Grünen freuen sich sehr, dass die Koalitionsfraktionen und Herr Senator Lemke unseren Reformideen nun doch gefolgt sind, nachdem die ersten Stellungnahmen hier im vergangenen Herbst sehr zaghaft, abwartend und zögerlich waren.
Die Reform, die wir jetzt im Grundsatz beschließen werden, geht in zwei Richtungen, die eng miteinander verknüpft sind: Inhalt und Struktur! Wir wollen, dass in Zukunft die Lehrerausbildung besser an den Anforderungen der Berufspraxis orientiert ist und deswegen darauf konzentriert wird, die Studierenden zu – ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren aus dem Antrag – „Vermittlung von Wissen und zu Erziehung in der Schule ausbilden“. Ich darf noch einmal zitieren: „Die Lehrperson ist in erster Linie Expertin für Unterricht, für Lern- und Erziehungsprozesse“ und eben nicht in erster Linie Expertin für Sprachwissenschaft, Mechanik, Chemie oder was es sonst gibt, wie es heute weitgehend noch der Anspruch ist. Von der Realität ist es, glaube ich, weit entfernt.
Wir wollen, und das zur Struktur, dass die Lehrerausbildung zukünftig in zwei Phasen erfolgt: zunächst in der so genannten Bachelor-Phase, die mit einem berufsqualifizierenden Abschluss endet, auch für Berufsfelder, für die bisher nur nebenbei und eher zufällig ausgebildet worden ist, also all die „Lehrer“, die dann in die Verlage oder sonst wo hingehen; dann in der für Lehrer anschließenden MasterPhase, in der Kenntnisse für das Unterrichten noch mehr im Mittelpunkt stehen. In dieses Master-Studium können auch Absolventen anderer Studiengänge einsteigen. Das heißt, wir entwickeln ein flexibles und sachgerechtes Angebot für Queraussteiger, die früh in andere Berufe wollen, und Quereinstei
ger, die von woanders kommen. Zwischen beiden Phasen muss ein längeres Praktikum an einer Bildungseinrichtung absolviert werden, denn die Studierenden sollen aus eigener Anschauung und Erfahrung wissen, wofür sie sich entscheiden.
Wir wissen alle, dass im Einzelfall noch viele Dinge zu klären sind, etwa die Frage, studiert man in den ersten sechs Semestern zwei Hauptfächer oder eher ein Hauptfach und ein Nebenfach, und anderes mehr. Die meisten dieser offenen Fragen lassen sich sinnvoll nur in Abstimmung mit Niedersachsen klären, denn eines ist klar: In dieser Frage sind wir absolut auf gegenseitige Verträglichkeit der Ausbildung angewiesen, wenn man weiß, wie viel wir ausbilden für Niedersachsen und wie eng die Verzahnung dort ist. Wenn es gelingt, und es muss gelingen, dann gibt es auch gute Voraussetzungen dafür, um zu wirklich substantiellen Kooperationen und Arbeitsteilung zu kommen zwischen der Universität in Bremen und der Universität in Oldenburg.
Wir haben immer wieder gesagt, eine gute Lehrerausbildung, die wir wollen, kann man nur machen entweder mit sehr viel mehr Geld oder aber mit Arbeitsteilung mit Oldenburg. Da wir im Moment das Viel-mehr-Geld nicht sehen – ich weiß nicht, wer es sonst sieht –, bleibt uns nur der Weg zur Kooperation und Arbeitsteilung mit unseren benachbarten Universitäten, vor allen Dingen Oldenburg.
Meine Damen und Herren, abschließend zur Reform der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung: Unser grüner Antrag und das heute vorliegende Ergebnis zeigen in unseren Augen noch einmal, dass die Bürgerschaftsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in den vergangenen drei, vier Jahren die entscheidende und politisch treibende Kraft in den Fragen der Studienreform gewesen ist. Erlauben Sie mir einen letzten Satz: Wenn unsere Arbeit schon aus der Opposition heraus so erfolgreich gewesen ist, wie wird es erst sein, wenn wir selbst gestalten können? – Schönen Dank!
Wir fragen den Senat:
Welche Erkenntnisse liegen dem Senat inzwischen vor zu den folgenden, im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Science-Parks an der Internationalen Universität Bremen stehenden Fragen: Anforderung an Qualität und Quantität der Flächen, die für die Realisierung eines Science-Parks an der IUB gestellt werden; zeitliche Perspektive und Abfolge für den Bedarf an solchen Flächen; Beurteilung der von der Steingut angekauften Fläche, der von der Steingut und der BTF Textilwerke genutzten Fläche sowie der zwischen diesen und der IUB liegenden Flächen unter diesen Gesichtpunkten und schließlich zu weiteren Alternativen für die Realisierung eines Science-Parks in Bremen-Nord?
Wenn Sie zu diesen Fragen heute dem Haus keinen Bericht geben können, weil noch keine Ergebnisse vorliegen,
können Sie dann schon einmal die Aussage bestätigen, die die Bürgerinitiative vor Ort aus der Kenntnis des Kaufvertrages zwischen Bund und Bremen geschlossen hat, dass nämlich keine finanziellen oder rechtlichen Hindernisse bestehen, die im Norden der IUB gelegene so genannte Reservefläche etwa für ein Gründerzentrum oder für dort anzusiedelnde Forschungsinstitute zu nutzen, weil der Senat zunächst argumentiert hat, das ginge aus kaufrechtlichen Gründen nicht?
Wo wollen Sie mir das nachtragen?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie hoch ist der Anteil an Studierenden mit Migrationshintergrund im Lehramtsstudium? Bitte in absoluten Zahlen und prozentual angeben!
Zweitens: Was beabsichtigt der Senat zu tun, um den Anteil an Studierenden mit Migrationshintergrund zu erhöhen, um verstärkt Lehrerinnen und Lehrer mit interkultureller Kompetenz auszubilden?
Wir sind uns sicher einig, dass man, gleichgültig woher man kommt, in kulturell schwierigem Gelände guter Lehrer sein kann und auch gegenüber Schülern, die einen anderen kulturellen Hintergrund haben. Dennoch, meinen Sie nicht auch, dass es sinnvoll ist,
besonders dafür zu werben, dass solche jungen Leute, die hier mit beiden Kulturen aufwachsen, dann auch Lehrer werden? Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass man auch ein bisschen dafür werben sollte, dass solche jungen Leute Lehrerinnen und Lehrer werden?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will zunächst einmal festhalten, dass im Gegensatz zur Würgenummer in der Deputation die Beratungen zwischen der ersten und zweiten Lesung wirklich sachlich und erfreulich ergiebig gewesen sind. Ich habe schon immer gesagt, dass parlamentarische Beratungen einfach sinnvoller und besser sind, das hat sich dort auch bestätigt.
Im Ergebnis sind auf Vorschlag verschiedener Seiten, mein Kollege Domann-Käse hat das dargelegt, Verbesserungen gefunden worden, auch auf Anregung unserer Seite. Wir machen sie zum allergrößten Teil mit, weil wir hier auch Dinge hineingebracht haben. Vor allen Dingen freue ich mich darüber, dass wir jetzt die Weiterbildung als Regelaufgabe der
Hochschulen ausdrücklich verankert haben, dass wir die Übergangsregelung für die Zulassung zu Masterstudien haben verlängern können, weil das einfach notwendig war, und dass wir diesen bürokratischen Kropf noch haben entfernen können, dass jeder Studierende seinen ersten Wohnsitz mit amtlicher Bestätigung nachweisen sollte. Wir fanden, das wäre nun keine besonders freundliche Begrüßung für diejenigen, die wir doch eigentlich für Bremen gewinnen wollten. Wir sind also heilfroh, dass wir das herausbekommen haben.
Weitere Veränderungs- oder Verbesserungsvorschläge, die wir vorgetragen haben, hat die Koalition nicht übernommen. Zum Teil kann ich das politisch verstehen, da habe ich auch nichts anderes erwartet, ehrlich gesagt, andere aber auch nicht. Wie auch immer, wir haben sie in unserem eigenen Änderungsantrag vorgelegt. Ich will Ihnen davon nur einige erläutern und dann auf die wichtigste Differenz eingehen.
Wir würden gern die Bestimmung des Paragraphen 8 Absatz 4 aufheben, die nämlich vorschreibt, dass der Tierschutz immer hinter dem Anspruch auf die Freiheit des Wissenschaftlers zurückzustehen hat. Natürlich hat das etwas mit der umstrittenen, umkämpften Praxis der Affenversuche an der Universität zu tun. Diese Praxis zeigt uns, dass in der Tat immer der Tierschutz hintansteht. Ich will nicht behaupten, dass das mit dieser Änderung von heute auf morgen zu Ende wäre, aber es wäre doch ein klares politisches Zeichen.
Der zweite Punkt: Das neue Hochschulgesetz schafft Dekanate. Das wollten wir auch, das finden wir richtig. Wir wollen aber nicht, dass diese Dekanate Beratungsrunden werden, sondern wollen echte Kollegialorgane. Wir wollen auch, dass bei der Straffung der Entscheidungsstrukturen die Selbstverwaltungsorgane wie Akademischer Senat und Fachbereichsrat nicht geschwächt werden. Deswegen wollen wir ihnen in einer zentralen Frage, nämlich beim Abschluss von Zielvereinbarungen, eine größere, mächtigere Position geben. Wir wollen auch die Studienkommissionen in verschiedener Hinsicht stärken, weil sie eben sehr fach- und studierendennah sind.
Wir hatten vorgeschlagen, die Gruppenkollegien wieder zu verankern. Diese hatten bis zum Jahr 1999 eine klare Grundlage für ihre Arbeit, die haben sie verloren. Dadurch ist ihre Arbeit erheblich schwieriger geworden. Das ist eine ehrenamtliche und gute Arbeit. Wir können wirklich nicht verstehen, dass die Koalition diesen Punkt verweigert. Politische Differenzen verstehe ich ja, aber diesen Punkt verstehe ich überhaupt nicht.
Wir wollen, das hat der Kollege Domann-Käse auch gesagt, dem seit vielen Jahren so umstrittenen politischen Mandat der Studierendenschaft eine weitere, aber immer noch begrenzte und damit sichere
Grundlage geben. Ich weiß, die CDU will das nicht, weil nämlich die Prozesshanselei, mit der sie bekannterweise die Studierenden landauf, landab quält, damit eine Ende hätte, wenn wir endlich einmal eine klare Definition schaffen würden. Sie wollen es aber nicht. Schade!
Wir wollen auch, dass es eine klare Formulierung bleibt, dass von Studierenden keine Gebühren für Verwaltungsakte erhoben werden dürfen, die im Zusammenhang mit dem Studium stehen. Sie haben auf unseren Protest hin eine Formulierung gewählt, die man auch so lesen kann, dass jetzt der Gesetzgeber aufgerufen wird, das gesetzlich zu regeln. So lese ich sie jedenfalls, und von der rechten Seite des Hauses werden wir auch hören, dass das so beabsichtigt ist.
Ich komme damit zur Kerndifferenz. Wir haben bei den Beratungen gehört, dass man diese Änderungen unter anderem deswegen wollte, um etwa Gebühren für die Führung der Studienkonten erheben zu können. Das ist eine wunderbare Idee. Es ist allerdings keine gute Reklame für die Idee der Studienkonten, wenn man als Erstes einmal überlegt, für den größeren Verwaltungsaufwand, den das bedeutet, auch eine extra Gebühr erheben zu können. Ich bin also sehr gespannt, was Sie uns da vorlegen.
Das Problem ist, der Gesetzentwurf von CDU und SPD schreibt die Einführung von Studienkonten vor, und Sie setzen auch schon den Zeitpunkt fest, nämlich das Wintersemester 2004/2005. Dies lehnen wir ab, meine Damen und Herren, wir halten es für eine politische Dummheit, die man nur erklären kann, weil Sie eine noch größere politische Dummheit davor machen wollten, an der Sie gerade noch gehindert wurden. Ich meine Ihren monströsen Plan einer Zwangsberatung mit Zwangsvertrag und Zwangsmaßnahmen für Tausende von Studierenden, die ja fast alle über die Regelstudienzeit hinaus studieren. Weil Sie nach dem erfreulichen Tod dieses Monstrums dann irgendwie Handlungsfähigkeit demonstrieren wollten – ich weiß nicht genau, wem gegenüber, aber Sie wollten es –, mussten Sie nun unbedingt die Studienkonten in das Gesetz schreiben.
Wir sagen Ihnen noch einmal, wir werden gern mit Ihnen intensiv darüber reden, wir werden diese Diskussion auch noch in diesem Monat beginnen, aber was es bisher gibt, ist sehr unausgegoren. Vielleicht, meine Damen und Herren, ist es nicht ganz zufällig, dass in der Geburtsstätte dieser Idee, dem Land Rheinland-Pfalz, nach drei Jahren Diskussion immer noch darüber gebrütet und nichts eingeführt wird. Das könnte uns vielleicht ein warnendes Beispiel sein.
Ich komme damit auch auf die Bildungsdiskussion, die wir eben hatten, zurück, was dabei im Vordergrund steht und worüber man in zweiter Linie nachdenken muss. Wenn wir gemeinsam mit den Hochschulen die inhaltliche Modernisierung der Studi
engänge, die weitere und vielleicht ein bisschen mutigere Einführung von gestuften Abschlüssen wie jetzt bei der Lehrerausbildung, was wirklich ein Durchbruch ist, geschafft haben, die Modularisierung, die studienbegleitenden Prüfungen und eine neue Kultur der Studienberatung entscheidend vorangebracht haben – ich darf Sie daran erinnern, dass das in der Tat die Punkte waren, die wir Ihnen hier vor drei Jahren in einem Antrag aufgeschrieben haben und immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt haben –, dann können wir gern auch über Studienkonten reden und schauen, ob wir Modelle finden, die diese Aufgaben, nämlich die Schaffung einer klaren Struktur und Übersichtlichkeit, die Förderung der Studierenden, die größere Motivation und überhaupt die Herstellung von Studierbarkeit, unterstützen und fördern, aber die wollen wir dann erst einmal sehen, dann werden wir die auch unterstützen.
So herum muss aber die Aufgabe gestellt werden. Wenn Sie jetzt die Studienkonten festschreiben und dann noch sagen, im nächsten Winter machen wir das, dann darf ich Ihnen mit Hinweisen auf andere Länder prophezeien: Sie landen unweigerlich dabei, Strafgebühren für so genannte Langzeitstudierende nach Semestern einzuführen. Da werden dann stur und stumpf Semester gezählt, und ab einer bestimmten Zahl kommen dann solche Gebühren. Solche blöden Übergangsmodelle sehen wir ja leider in Nordrhein-Westfalen! Wenn Sie den zweiten Schritt zuerst machen und die inhaltliche Studienreform vernachlässigen und trotzdem bei dem Termin bleiben, dann prophezeie ich Ihnen,
dann werden Sie dabei landen! Das wäre nun in der Tat der größtmögliche Unsinn, deswegen unser Plädoyer, dieses Gesetz mit den Studiengebühren in dem Augenblick zu ändern, wenn wir wissen, welches Studienkontenmodell wir einführen. Das ist doch überhaupt nur das Einzige, was Sinn macht.
Meine Damen und Herren, wie Sie es machen wollen, macht es keinen Sinn! Wir werden damit nur Zeit und Kraft verschwenden, unnötige Auseinandersetzungen führen. Deswegen werden wir diesem Punkt nicht zustimmen. Wir wollen stattdessen all unsere Kraft darauf konzentrieren, mehr junge Menschen an die Hochschulen zu holen und ihnen durch ein differenziertes, modernes und überschaubares Studienangebot das Studium zu ermöglichen, das sie anstreben. Das, denken wir, und nicht das Austüfteln von Studienkontenmodellen, die am Ende nur die Verwaltung aufblähen, wird die Aufgabe in den kommenden Jahren für die Hochschulen in Bremen sein. Nach der Spitzenleistung in der Forschung wird es darauf ankommen, in den nächsten vier Jahren wirklich zu Spitzenleistungen in der Lehre und im
Studium zu kommen. Wir sagen, Studienkonten sind das Allerletzte, was wir dafür notwendig brauchen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich nur etwas zum Abstimmungsverfahren sagen, aber etwas schwirrte so durch den Raum, was ich noch nicht wusste. Ich möchte Ihnen das gern zur Kenntnis geben, nämlich die Aussage, wer mehr als 23 Semester studiert, muss ins Parlament.
Das zur Frage der politischen Theorie und der Wirklichkeit!
Nur eine Bemerkung hier jetzt zu der Frage nach Bachelor und Master! Wer A sagt, muss B sagen, das ist ziemlich klar, nur, wie B aussieht, da gibt es verschiedene Varianten, sehr viele unterschiedliche Methoden. Schauen Sie nach Skandinavien, das sieht da ganz anders aus! Wir haben immer gesagt, es muss für jemanden, der den Bachelor gemacht hat, möglich sein, in einem Masterstudiengang seines Faches auch weiterzustudieren. Es gibt Spezialisierungen, es gibt da besondere Voraussetzungen, die können nicht ganz offen sein, da muss man Voraussetzungen schaffen, aber es muss Möglichkeiten geben, dort irgendwo weiterzustudieren. Dennoch wird es so sein, wird sich herausstellen, dass eine Reihe von Studenten trotzdem nach dem Bachelor aufhört, weil sie nämlich einen berufsqualifizierenden Abschluss hat, was sie heute nach fünf oder sechs Semestern nicht hat. Auf diese Entwicklung setzen wir. Unser B sieht da in der Tat ganz anders aus als das, was Sie sich vorstellen. Darauf wollten wir hinweisen. Ich wollte zur Abstimmung sagen, ich bitte für meine Fraktion um folgende Abstimmung: Der Änderungsantrag der Koalition enthält nur in dem Punkt r.) eine Passage, die wir nicht mitmachen können. Ich bitte deswegen, über den Punkt r.) in dieser Drucksache gesondert abzustimmen, da wir im Übrigen Ihrem Änderungsantrag zustimmen werden, weil das im Wesentlichen auch unsere Vorschläge sind. Bei dem eigentlichen Änderungsgesetz sind die Vorschriften zu den Studienkonten so verstreut, dass es da keinen Zweck macht, da eine unterschiedliche Abstimmung zu fordern. Ich sage Ihnen zur Erläuterung nur, dass wir uns als Fraktion deswegen der Stimme enthalten werden, weil wir natürlich eine Reihe von Dingen für richtig halten, sowieso die Dinge, die auf der rotgrünen Reform in Berlin basieren, aber auch sonst, aber diesen Punkt wollen wir nicht, wir werden uns bei der Gesamt- und Endabstimmung der Stimme enthalten. Hat das Präsidium gefunden, welcher Punkt r.) gemeint ist? Dann bleibe ich so lange stehen, damit ich das noch erläutern kann.
Ich höre doch nur das Blättern, deswegen! – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Jäger, das finde ich nicht in Ordnung, dass ich Ihnen das Erstrederecht abtrete, und dann wollen Sie mich hier zum Abtreten bringen als Alt-Achtundsechziger, so war das nicht gemeint!
Wir haben uns überhaupt eben gefragt bei Ihrer Rede, Herr Kollege Jäger: Wo ist die Mutter? Da war so viel von Schwangerschaft und Vaterschaft die Rede und die schwere Geburt, irgendetwas muss da im Schwange sein. Wir sind gespannt!
Meine Damen und Herren, wir debattieren heute die Novelle in erster Lesung. Wir haben deswegen keine Änderungsanträge eingebracht. Ich will auch
nicht auf die vielen nach meiner Ansicht noch nicht ganz klaren Detailfragen eingehen, sondern mich auf die großen Linien beschränken. Wir haben vereinbart, dass wir zwischen erster und zweiter Lesung noch eine fachliche Beratung machen, und zur zweiten Lesung werden wir dann, wenn etwas übrig bleibt, wovon ich ausgehe, Änderungsanträge vorlegen.
Zum positiven Teil! Es hat mir natürlich gefallen, dass der Kollege Domann-Käse gesagt hat, dass ich jetzt kurz vor Ende meiner Laufbahn die Ernte dessen einfahren kann, was wir 1968 begonnen haben.
Es ist vielleicht nicht so ganz richtig. Wir haben noch ein bisschen mehr gewollt als die Abschaffung der Habilitation, aber immerhin ist ja etwas geschehen. Zum Teil ist es die Umsetzung der neuen Bundeshochschulgesetzgebung mit den Kernpunkten der Veränderung in der Personalstruktur, Einführung der Juniorprofessur und so weiter. Da haben wir übrigens auch auf Antrag unserer Fraktion, Herr Jäger, die notwendigen Korrekturen und Anpassungen in Bremen hier noch diskutiert und beschlossen. Das findet jetzt alles Eingang, das ist ein sehr guter und positiver Teil.
Das gilt auch für die Frage der Besoldung, das wird noch ganz schwierig werden. Da wünsche ich der Universität viel Glück und auch Stehvermögen, das umzusetzen. Das ist aber ein guter Weg. Ich sage noch einmal, das ist ein guter Weg, den Rot und Grün gemeinsam gegangen sind, und zwar gegen den hinhaltenden Widerstand von Ihrer Seite, Herr Jäger.
Der zweite Punkt ist die Änderung, die gestuften Studienangebote Bachelor und Master vom Experimentierstadium in das Regelangebot aufzunehmen. Sie wissen, ich habe immer dafür gekämpft, dass wir da ein bisschen größere Schritte machen, ich glaube, dass jetzt mit den Vorschlägen zur Lehrerausbildung, die der Senat von uns übernommen hat, dort ein Durchbruch gelungen ist. Es gibt dabei allerdings ein Problem, auf das ich zurückkommen werde.
Ich sehe noch weitere positive Punkte: Übertragung von Entscheidungsbefugnissen an die Hochschulen, guter Punkt! Die Einführung von Dekanaten, das stand schon 1998 in unserem Entwurf, den wir hier zu dem Hochschulgesetz eingebracht haben. Sie haben dann nur fünf Jahre gebraucht, um uns zu folgen. Das ist für Sie eine gute Bilanz. Die Studienkommissionen müssten allerdings nach unserer Auffassung gestärkt werden.
Sie haben auch die Forderung übernommen, die Studienberatung als verpflichtenden Bestandteil des Studienangebots und der Studienverpflichtung dort hineinzuschreiben, und zwar für beide Seiten. Das ist ja richtig, dies sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrkörper als Verpflichtung, als Nor
malbestandteil des Studiums anzusehen. Auch das hatten wir schon 1998 darin. Ich finde es aber gut, dass es jetzt da hineinkommt, denn unsere Anhörung zum Studienabbruch hat noch einmal deutlich gezeigt, dass gerade im ersten Studienjahr eine durchgeführte Studienberatung erheblich dazu beitragen kann, Fehlentscheidungen in der Laufbahn und bei der Studienentscheidung zu korrigieren. Soweit die positiven Punkte!
Zur Geschichte, zu der von Ihnen so häufig berührten Geburt, Herr Kollege Jäger! Wir sind in der Tat heilfroh, und die Hochschulen sind jetzt heilfroh, dass dieses Monstrum einer Studienzwangsberatung und Exmatrikulationsdrohung, was in Ihrem ersten Entwurf noch enthalten war, doch noch verschwunden ist.
Ich will Ihnen etwas sagen: Was haben Sie mich in dieser unglückseligen Sitzung im November in der Deputation dafür abgebürstet, dass ich dies kritisiert habe! Auch die Hochschulen haben damals bereits Einspruch erhoben und haben gesagt: Was soll das, wie sollen wir das machen, die Universität allein pro Semester 3000 Leute, denn es ist doch fast jeder, der die Regelstudienzeit überschreitet, 3000 Leute in einem individuellen Studiengespräch, einen individuellen Vertrag schließen, der dann überprüft wird? Das ist ein monströses Vorhaben.
Das haben wir Ihnen da schon gesagt, und Sie haben mich wirklich in dieser Sitzung ziemlich grob abgebürstet, das werde ich Ihnen auch so bald nicht vergessen!
Es gibt bestimmte Dinge, die waren wirklich nicht schön, und diese Sitzung gehörte dazu!
Das war eine ziemlich pervers bürokratische Flucht aus der Verantwortung, was Sie da vorgeschlagen haben. Jetzt wollen Sie die Studienkonten machen. Ich darf aus der Begründung zitieren: „Durch die Einführung eines Studienkontenmodells für Studienguthaben wird zugleich ein Anreiz für die Studierenden geschaffen, ihr Studium zielgerecht, effizient und schnell zu absolvieren.“
Das Problem ist, glaube ich, Sie zäumen immer noch, so habe ich den Eindruck, das Pferd vom Schwanz her auf. Wenn wir über die Schwierigkeiten der Studierenden reden, und der Kollege Rohmeyer kann uns da vielleicht etwas vortragen, das Studium überhaupt erfolgreich zu beenden, wenn wir über die Schwierigkeiten reden, das Studium erfolgreich und in vernünftiger Zeit zu beenden, dann müssen wir zuerst darüber reden, wie es den Stu
dierenden möglich gemacht wird. Das ist, finde ich, nach wie vor die erste Diskussion.
Dann müssen wir darüber reden, wie die Lehrpläne entrümpelt werden, dass Lehrangebot und Prüfung zueinander passen, dass die Lehrmittel da sind, dass wir moderne, vielfältige Studienangebote schaffen, deren Bezug auf berufliche Praxis auch deutlicher wird. Auch das ist doch eine riesige Aufgabe. Wir müssen sehen, dass durch eine flächendeckende Einführung von Bachelor und Master die Studienangebote klarer strukturiert und flexibler werden, und wir dürfen darüber auch nicht die soziale Lage der Studierenden vergessen.
In diesem Kontext, wenn wir das bedenken, wenn wir im Übrigen unsere Hausaufgaben gemacht haben, kann es dann auch durchaus sinnvoll sein, die Frage nach der Studienmotivation und den Anreizen unter Einbettung im kulturellen Umfeld zu stellen. In dem Zusammenhang kann man dann auch über Studienkonten reden, was Sie im Grundsatz in Ihr Gesetz schreiben wollen.
Wir werden uns dieser sachlichen Debatte über Modelle von Studienkonten mit Sicherheit nicht verweigern, wenn sie in diesem Kontext geführt wird, aber nicht als Ersatz für all das, was ich eben genannt habe, nicht als Versuch, den Studierenden die Verantwortung wieder zuzuschieben und sie an eine mehr oder weniger lange Geldleine zu legen. Unsere Priorität, das können Sie in unseren Anträgen nachlesen, lag in den letzten Jahren in der inhaltlichen Studienreform, und da muss diese Priorität auch liegen bleiben. Bei der Studienreform können die Studienkonten nur eine Begleitmaßnahme sein.
Ich denke, dass das die Position der Grünen in Nordrhein-Westfalen ist, die ja in einer schwierigen politischen Lage verhindert haben, dass die Sozialdemokraten Studiengebühren einführen. Die Grünen haben daraus das Modell der Studienkonten gemacht. Meine erste Wahl war das nie, aber wenn die Diskussion nun so läuft, dann sage ich Ihnen, ich verweigere mich da nicht, aber sie muss vernünftig eingebettet sein. Dann muss man aber auch klar machen, wenn Sie das so führen wollen, dass Sie einzelne Studienangebote und nicht ganze Semester abbuchen wollen, dann muss die Modularisierung abgeschlossen sein. Bevor man damit beginnt, muss das abgeschlossen sein.
Es genügt deswegen, finden wir, zu dem Zeitpunkt dann, wenn es ansteht, ein eigenes Gesetz zu verabschieden, dass jetzt eine Ermächtigung aufgenom
men wird, das finden wir eine eher nur symbolische Politik.
Ich möchte kurz auf einen zweiten Punkt eingehen, das ist die Frage des Zugangs zu den Masterstudiengängen nach dem Bachelor! Da gibt es so eine kleine Formulierung: Aus dem Satz, die Hochschulen „können“ besondere Anforderungen für das Masterstudium machen, soll der Satz werden, die Hochschulen „sollen“ besondere Anforderungen für das Masterstudium machen. Es ist jetzt nicht die Frage von juristischen Spitzfindigkeiten. Wir wehren uns nur gegen die Philosophie, die es zum Teil gibt, dass grundsätzlich zwischen dem Bachelor und Master ein Aussieben, ein Aussuchen, ein Hürdenschaffen eingeführt werden soll, so dass es etwa heißt, nur mit einem guten Bachelor kann man später einen Master machen. Das kann nicht sein.
Wir wollen mit dem Bachelorstudium nicht das Studium von 14 Semestern auf sechs verkürzen, sondern wir wollen ein klar strukturiertes, flexibles Studienangebot machen. Wenn wir es schaffen, von 14 auf zehn Semester zu kommen mit Bachelor und Master, dann ist das gut. Wenn dann einige noch mit dem Bachelor abgehen, die zunächst einmal nicht mehr wollen, dann ist es auch gut. Aber eine Barriere, eine Grenze zwischen beiden einzubauen, damit tun wir der ganzen Philosophie und dem Projekt keinen Gefallen.
Deswegen waren wir sehr dagegen, hier eine Diskussion künstlich aufzubauen, indem Sie den Eindruck vermitteln, dass nur die besonders Guten nach dem Bachelor auch den Master machen können. Es muss in jedem Fall der Student die Möglichkeit haben, in einem Masterstudiengang darauffolgend zu studieren.
Wir müssen einfach bei der weiteren Einführung von Bachelor und Master, die wir gemeinsam, denke ich, wollen, es kommt nur immer auf das Tempo und die Bedingungen an, darauf achten, dass dort keine Fehlentwicklungen passieren, weil wir dann den Protest gegen uns organisieren. Das wollen wir alle nicht. Soweit heute zu ein, zwei strittigen Fragen! Ich hoffe sehr, dass wir die Gelegenheit haben, in einer kleinen Runde noch einmal sachlich zu diskutieren, und wir werden dann im April in der zweiten Lesung unsere Änderungsanträge dazu vorlegen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich und bedanke mich bei den großen Fraktionen, dass wir hier heute noch einmal die Gelegenheit haben, über den Föderalismuskonvent der Präsidentinnen und Präsidenten und der Fraktionsvorsitzenden der deutschen Landesparlamente am 31. März 2003 in Lübeck, so heißt die Veranstaltung, zu sprechen und ihn vielleicht auch ein wenig gemeinsam vorzubereiten. Wir haben im September des vergangenen Jahres auf Antrag unserer Fraktion einen ersten Durchgang auf der Grundlage des ursprünglichen Entwurfs für eine Entschließung in Lübeck gemacht. Die Mehrheit des Hauses, also die große Koalition, hat damals unseren Antrag abgelehnt und eine eher allgemein gehaltene Erklärung verabschiedet, verbunden mit dem Auftrag an den Senat, über die Arbeiten der Landesregierung zum Thema Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung bis zum Dezember 2002 zu berichten. Auf diesen Berichtsantrag und dessen Erfüllung komme ich am Ende noch zurück. Ich weiß gar nicht, wer vom Senat mir darauf die Antwort geben wird.
Weil wir bei dem Verhältnis der Landesparlamente zu den Landesregierungen sind und bei der Stärkung der Position der Landesparlamente!
So ist es! Dann ist sie vorsichtshalber nicht da, ja, das ist auch in Ordnung!
In der Zwischenzeit hat der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sich zweimal über den weiteren Fortgang berichten lassen und darüber beraten. Dabei wurde der Tenor der Wortmeldungen, ich erinnere vor allen Dingen an die Diskussion, die vom Kollegen Isola geführt wurde, eigentlich zunehmend kritischer gegenüber den bisherigen Vorlagen. Es liegt nun ein zweiter Entwurf für ein solches Lübecker Manifest vor, auf den die Diskussion zuläuft. Bis zum 28. Februar 2003 können dort auf beiden Schienen Änderungsanträge vorgetragen werden, sowohl auf der Schiene der Landtage als auch auf der Parteischiene.
Wir haben Ihnen heute für die Diskussion keinen ausformulierten Antrag vorgelegt. Wir schlagen Ihnen vielmehr vor, jetzt eher die Argumente über dieses Manifest auszutauschen und vielleicht dann gemeinsam dem Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft für die nächste Beratung einige Kernpunkte aus unserer gemeinsamen Bremer Sicht mitzugeben.
Wenn man sich umsieht, auch die anderen Landtage diskutieren darüber. Wer beide Diskussionslinien verfolgt, die der Parteien und die der Landtage, sieht schnell, die alte Erfahrung bestätigt sich, dass die Trennlinien eher zwischen den Ländern verlaufen als zwischen den Parteien. Ich habe mir zum Beispiel die gemeinsame interfraktionelle Entschließung aus dem Land Baden-Württemberg angesehen. Daraus können Sie schnell erkennen, dass es den Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart, und zwar parteiübergreifend von der FDP über die CDU bis zu den Grünen, darum geht, die Landesparlamente mit diesem Konvent in einen richtig heftigen Kampf für harten Wettbewerbsföderalismus zu führen. Sie folgen damit den Landesregierungen der eher südlich gelegenen Länder.
Ich halte es demgegenüber für notwendig, dass wir in Bremen gemeinsam feststellen, dass ein solcher Wettbewerbsföderalismus für uns, für Bremen, so lange nicht in Frage kommt, wie nicht alle Länder wirklich faire Ausgangsbedingungen haben, und das gilt natürlich vor allen Dingen, was die Finanzverfassung angeht.
Die Bremer Grünen, muss ich in diesem Fall sagen, sind der Auffassung, dass Überprüfungen und Korrekturen der föderalen Ordnung sinnvoll sind. Nicht sinnvoll wäre aus unserer Sicht der Versuch, die aus
vielerlei Gründen gewachsene Verflechtung verschiedener Politikebenen im deutschen Föderalismus sozusagen wieder auf Null zurückführen zu wollen. Das ist nicht realistisch und auch nicht vernünftig.
Von dieser Grundposition aus möchten wir Ihnen drei, vier Änderungsvorschläge vortragen, die sich auf den vorliegenden Entwurf beziehen.
Erstens sind wir der Auffassung, dass die Resolution keine Aufzählung von Gesetzgebungsgegenständen enthalten sollte, die aus der konkurrierenden Gesetzgebung herausfallen und in die Rahmengesetzgebung hineinkommen sollen. Man kann allgemeine Grundsätze von Korrekturen anfügen, aber diesen langen Katalog halten wir nicht für sinnvoll, denn ich glaube nicht, dass man sich darüber jetzt schon einig werden wird.
Wie ist das mit der Beamtenbesoldung? Da schreibt man hinein, man will die in die Rahmengesetzgebung zurückführen. Wenn ich mir die Presse der letzten Wochen ansehe, habe ich nicht erkennen können, dass die Länder sich im wirklichen Leben haben verständigen können auch nur auf eine Öffnungsklausel dafür. Was macht es also für einen Sinn, dies heute in einen solchen Katalog hineinzuschreiben? Oder die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens! Wir sind der Auffassung, dass Grundsätze der Zulassung zu einer Hochschule, der Studienstruktur natürlich gemeinsam festgelegt werden müssen, wenn es nicht zu einem Auseinanderdriften in Deutschland führen soll. Also unser Vorschlag, einen offenen Prüfauftrag, aber keinen Katalog in diese Entschließung!
Zweiter Punkt, die Mischfinanzierung, die so genannten Gemeinschaftsaufgaben! Dort gibt es eine starke Tendenz in anderen Ländern zu sagen, nicht nur Überprüfung, sondern klare Tendenz, das muss verschwinden. Wir sollten diesen Ländern klar sagen, dass dies nicht von Bremen gewollt ist, das dies nicht in unserem Interesse ist. Ich habe bereits in der letzten Debatte auf die Hochschulbaufinanzierung hingewiesen. Von der haben wir in der jetzigen Form enorm profitiert, und zwar zu Recht profitiert, weil es tatsächlich immer noch darauf ankommt, die Kapazitäten im Hochschulbau bundesweit gerecht und vernünftig zu verteilen. Ich glaube, wir müssen ganz genau darauf achten, dass dies als offene Prüfung formuliert wird, aber hier nicht schon eine Tendenz hineingeschrieben wird.
Der dritte Punkt, da kann ich mich kurz fassen, das haben, wie ich gelesen habe, auch die CDUFraktionsvorsitzenden bereits aufgegriffen. Es macht für uns keinen Sinn die Forderung, den deutschen Staatsaufbau noch schwerfälliger und undurchschaubarer zu machen. Dass das Bundesratsprinzip durchlöchert wird und dass man sagt, überall da, wo Grundsatzentscheidungen, Kompetenzfragen entschieden werden, muss nicht nur der Bundesrat mit
Zweidrittelmehrheit zustimmen, sondern auch noch die Mehrheit der deutschen Landtage das jeweils mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren. Ich meine, dann macht man das Ganze noch viel schwerfälliger. Ich finde, dass die CDU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz da auch eine richtige Position hat, dieser Punkt sollte gestrichen werden.
Der vierte Punkt betrifft die europäische Ebene. Da wird gefordert, eine politische Kompetenzkammer aus europäischen, nationalen und regionalen Parlamentariern als Kontrollgremium für die Frage der Kompetenzabgrenzung einzurichten. Meine Damen und Herren, diese Forderung macht einfach keinen Sinn, wenn man sich die Beratungen des europäischen Verfassungskonvents ansieht. Das ist dort vorgetragen worden, und gegenüber anderen Alternativen hat diese Forderung vielleicht eine Mehrheit von Befürwortern von zwei, drei Prozent bekommen. 97 Prozent haben es abgelehnt. Dieser Zug ist einfach abgefahren. Es macht keinen Sinn, wenn wir Ende März als deutsche Landesparlamente das noch einmal so vertreten. Es ist ohne jede Aussicht.
Soweit, meine Damen und Herren, unsere Vorschläge aus Bremen, den Text zu verändern! Ich habe mich da bewusst von allen Formulierungen ferngehalten, die man schön oder weniger schön machen kann, sondern nur die Kernpunkte genannt. Ich möchte am Ende auf einen positiven Aspekt zu sprechen kommen und den verstärken.
Das ist nämlich in der Tat die Stärkung der Position der Landesparlamente gegenüber den Landesregierungen. Wenn man nicht der Meinung ist, dass man, und das finde ich unrealistisch, diesen Verflechtungsföderalismus wieder komplett auf einen Trennund Wettbewerbsföderalismus zurückführen kann, dann ist doch hier das Verhältnis zwischen Landesparlament und Landesregierung der entscheidende alltägliche Schauplatz. Deshalb halten wir die Anregung in dem Papier auch für gut, dass die Landesregierungen verpflichtet werden müssen, die Parlamente zu unterrichten, das haben wir bereits in der Landesverfassung, ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diese Stellungnahme dann auch berücksichtigen zu müssen, so wie das in Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes heute schon für den Bundestag geregelt ist.
Ich sage das jetzt einmal freihändig, ich kann natürlich nicht darüber bestimmen, aber ich würde den Grünen vorschlagen, in der nächsten Legislaturperiode einen entsprechenden Antrag auf Ergänzung der Landesverfassung in Artikel 79 zu machen, damit wir hier auch in der Landesverfassung die Rechte des Parlaments gegenüber dem Senat stärken.
Dann könnte hoffentlich auch mit einem grundlegenden Missverständnis des Senats aufgeräumt werden. Da finde ich es nun wirklich bedauerlich, dass Herr Staatsrat Hoffmann hier nicht bei der Debatte anwesend ist. Ehrlich gesagt, verstehe ich es auch nicht.
Der Senat ist ja durch den Beschluss der Koalitionsfraktionen aufgefordert worden, und so eine Aufforderung halte ich eigentlich für bindend, bis Dezember 2002 zu berichten, was die Landesregierungen in dieser Sache eigentlich unternehmen. Die machen das ja parallel, und es macht natürlich Sinn, die Diskussion zusammen zu führen. So haben Sie auch zu Recht argumentiert und haben gesagt, wir wollen uns berichten lassen. Der Senat hat sich nicht gerührt. Wir haben ihn dann gemahnt. Dann hat er einen freundlichen Brief geschickt. Dieser Brief enthält eine ausführliche Inhaltsangabe dessen, was die Landesregierungen so bereden.
Aber entschuldigen Sie, auf der Basis einer Inhaltsangabe kann ich mir als Landesparlament keine Meinung bilden, wenn ich die Position des Senats nicht kenne! Dann sagt der Senat dazu, dem Parlament berichten, trotz des Auftrags, kann er erst dann, nachdem die Ministerpräsidentenkonferenz Ende März beschlossen hat, also nachdem sie mit einer 16-zu-null-Entscheidung Fakten geschaffen hat, von denen ich erst einmal sehen will, dass ein Landesparlament die wieder umstößt.
Ich habe nicht verstanden, dass dies der Sinn der Befassung und der Mitentscheidung des Parlaments ist, so lange auf einen Bericht des Senats warten zu müssen, und das ist nicht das erste Mal, auch in anderen Fragen, ob das Strukturfondsförderung oder sonst etwas war, immer wird argumentiert, wir berichten euch dann erst verbindlich und richtig, wenn wir selbst entschieden haben. Das kann nicht der Sinn dieser Regelung sein, meine Damen und Herren.
Da müssen wir, glaube ich, tatsächlich zu einer Änderung kommen. Wir glauben, der Konvent am 31. März 2003 in Lübeck kann eine Diskussion über die Stärkung des Föderalismus und der Landesparlamente befördern, wenn er nicht versucht, Ergebnisse schon einseitig und in eine bestimmte Richtung vorwegzunehmen. Im Übrigen wird über die Frage der Bedeutung der Landesparlamente, glaube ich, hier entschieden, von uns und von denjenigen, die nach uns hier ihre Aufgabe und ihr Mandat wahrnehmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass es der Bedeutung, den Absichten, den Zielen und den Motiven derjenigen, die diesen Bürgerantrag formuliert haben, die dafür gearbeitet haben, die dafür auf der Straße gestanden haben, entspricht, wenn man an einzelnen Worten und Formulierungen herumfummelt. Das ist wirklich nicht das, was uns hier zusteht.
Das ist auch einfach unsinnig, denn das Ziel, die Absicht derjenigen, die seit Jahren diese Arbeit machen und die auf sehr viel Übereinstimmung und Zustimmung in der Stadt treffen, ist doch eindeutig und klar, diese Bürgerinnen und Bürger wollen, dass die Universität Bremen aus den Affenversuchen wieder aussteigt, dass damit Schluss gemacht wird! Das ist die klare und eindeutige Botschaft. Zu dieser Botschaft, meine ich, lohnt es, sich zu verhalten und nicht dieses Herumfummeln an irgendwelchen Sachen, an Einzelformulierungen, darum geht es jetzt doch überhaupt nicht!
Herr Kollege Dr. Domann-Käse, Sie haben völlig Recht, da ist eine Kontinuität in der Politik der SPD! Nur kann ich nicht erkennen, dass es eine gute Kontinuität ist, denn seit sechs Jahren stellen Sie sich hier hin oder Ihre Vorgängerin, die heute Nachmittag vorsichtshalber krank geworden ist, und erklären uns, dass Sie das eigentlich nicht wollen, dass Sie eigentlich dagegen sind, dass man das perspek
tivisch anders machen muss – irgendwann, irgendwann –, aber seit sechs Jahren finden diese Affenversuche statt. Es ändert sich doch in der Realität nichts! Das ist das Problem, mit dem Sie irgendwann einmal fertig werden müssen. Immer wieder machen Sie Anläufe, uns zu erklären, wie Sie es denn irgendwann später einmal ändern wollen. Die Leute wollen endlich einmal Taten sehen.