Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse. Ich müsste jetzt auf den Zuschauerrängen eine Gruppe von Umschülern begrüßen, aber das machen wir später.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, den Punkt außerhalb der Tagesordnung, Härtefallkommission einrichten, mit der Drucksachen-Nummer 15/1060 zu Beginn der heutigen Nachmittagssitzung zu behandeln.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir möchten Sie gern jetzt am frühen Vormittag doch mit einem geschichtsträchtigen Antrag befassen und hoffen auf Ihre Zustimmung zu diesem Antrag.
Unser Antrag will nichts weniger, als dass die stadtbremischen Häfen in Landeshäfen überführt werden
und die Hafenhoheit der stadtbremischen Häfen im Überseehafengebiet Bremerhavens auch in die Hoheit der Kommune überführt werden kann. Ich denke, das ist notwendig. Das ist die dritte Auflage der Debatte. Es hat eine gewisse Aktualität bekommen, weil Finanzsenator Perschau diese Frage noch einmal aufgegriffen und als sehr wichtig für die Sanierung des Bundeslandes Bremen befunden hat, meine Damen und Herren. Von daher ist der dritte Punkt in unserem Antrag der, dass der Senat einmal be––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
richten soll über die Vorstellungen, die er bereits entwickelt hat und die in bestimmten Senatsvorlagen ja schon in den Schubladen liegen.
Wir wollen jedenfalls, um das noch einmal als politische Forderung klarzustellen, dass der hoheitliche Flickenteppich endlich überwunden wird. Es kann nicht angehen, dass im Zeitalter weltweiter Globalisierung und beim Zusammenrücken der Länder im Lande Bremen selbst kleinkarierte Kolonialverhältnisse aus dem vergangenen Jahrhundert regieren.
Wir werden in dieser Forderung unterstützt von einem BAW-Gutachten – das ist den Kollegen, die schon etwas länger im Parlament sind, sicherlich bekannt –, neuerdings aber auch durch das Papier der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Magistrat und Senat, die noch einmal ausdrücklich belegt und politisch fordert, dass die Häfen in Landeshäfen überführt werden. Wir hoffen, dass diese Forderung auch Realität wird.
Es gibt bisher, das muss ich Ihnen sagen, einen bunten Mix aus den verschiedensten Eigentumsverhältnissen, hoheitlichen Zuständigkeiten und daraus resultierend den verschiedensten politischen Entscheidungsbefugnissen in diesen wichtigen Fragen. Es gibt das Gebiet des städtischen Überseehafens in Bremerhaven, das Gebiet des Fischereihafens, das Erweiterungsgelände für den CT IV, der geplant ist, das Carl-Schurz-Gelände und die stadtbremischen Häfen der Kommune in Bremen. Alle sind verschieden in Eigentumsfragen und hoheitsrechtlich geregelt, meine Damen und Herren. Das ist unökonomisch und drückt auf die Psyche.
Meine Damen und Herren, Sie können aber diesem Chaos ganz einfach durch die Übertragung der Hoheitsrechte und die Einrichtung von Landeshäfen sofort ein Ende bereiten. Nach unserer Meinung ist Vorbild die Institution des Fischereihafens. Hier handelt es sich um einen Landeshafen, bei dem die hoheitlichen Fragen und ebenfalls die Eigentumsverhältnisse geklärt sind. Ich erinnere auch an die Einrichtung der Landespolizei.
Hier ist die Frage der Landeskompetenzen auch eindeutig geregelt, und es hat nie zu Unstimmigkeiten geführt, meine Damen und Herren. Eigentum soll das Land bekommen, Hoheit die jeweils zuständigen Kommunen. Das ist doch eigentlich ganz logisch.
Wir hatten 1996 hier in diesem Hause eine sehr umfangreiche und hitzige Debatte. Wenn Sie das einmal nachlesen, hat kein einziger Kollege aus den Fraktionen diese Forderung abgelehnt, weder von der CDU noch von der SPD, von uns war das sowieso die Forderung! Es wurde gefordert, diese Sache noch einmal in den Landeshafenausschuss zu überweisen und dort einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Im Grundsatz der Überführung der Häfen waren wir uns einig.
Es ist auch logisch: Wenn zwei Städte ein Land sein sollen, dann müssen auch beide Städte in die Lage versetzt werden, als ein Land zu handeln, meine Damen und Herren. Es darf hier keinen hoheitlichen Stachel mehr geben.
Das ist nicht nur eine rationale ökonomische Frage, sondern auch meines Erachtens eine historisch-politische Frage von allererster Bedeutung. Sie hat viel mit Psychologie zu tun.
Das hat natürlich Herr Senator Perschau als wichtig für die Lösung der Sanierungsfrage des Bundeslandes Bremen erkannt, ich rufe in Erinnerung, auch vor ihm der ehemalige Finanzsenator Nölle, der die CDU im Wahlkampf mit dieser Forderung voranzutreiben versucht hat. Daran möchte ich die CDU noch einmal erinnern.
Auch das noch einmal, um Ängsten und Vorbehalten verschiedener Fraktionäre vorzubeugen: Es geht hier nicht um die Eigentumsfrage nach dem Motto „Sie nehmen uns die Häfen“, meine Damen und Herren, wie bei Klaus Staeck, der einmal in den siebziger Jahren für die SPD ein Plakat gemacht hat, auf dem es hieß „Arbeiter, die SPD nimmt euch die Villen im Tessin!“. Dieses Motto verfolgen wir in der Hafenfrage nicht, meine Damen und Herren, es geht hier um Mitbestimmung, um Hoheitsrechte und um Identitäten.
Manchmal ist es gut, auch einmal die Nase in die Geschichte zu halten, meine Damen und Herren, eigentlich wäre es besser gewesen zu titulieren: Rückgabe der Hafenhoheit. Zur Erinnerung sei gesagt, dass bis 1938 Bremerhaven die Hoheit über die Häfen hatte. Erst durch die Gemeindereform der Nationalsozialisten hat Bremen die Häfen aus Angst davor, von Preußen übernommen zu werden, in seine Hoheit bekommen. Häfen als Faustpfand aus Angst vor Einverleibung nach Preußen!
Das mag damals auch politisch okay gewesen sein, wenn man sich das Ergebnis anschaut. Ich denke aber, heute ist es das nicht mehr, meine Damen und Herren. Wenn Herr Grotheer genau diese Argumen
tation aus den unseligen Zeiten der dreißiger Jahre anführt für das Schüren von Ängsten in der aktuellen Debatte in dieser Frage, ist das, denke ich, nicht mehr modern, nicht mehr innovativ. Wenn man das Bundesland Bremen in die Zukunft führen will, dann geht an der Lösung der Frage der Landeshoheit der Häfen kein Weg mehr vorbei.
hat die Selbstständigkeit Bremens bereits aufgegeben. Meines Erachtens ist dies auch ein vorgeschobenes Argument, weil Sie genau wissen, dass erst durch den Volksentscheid die Auflösung des Bundeslandes in Frage kommen würde. Damit kann man wirklich nicht rechnen. Sie können nicht sagen, die Bremer wollen, dass das Bundesland aufgelöst wird. Das ist hier also ein Scheinargument, das Sie vorführen, um die Ängste weiterhin zu schüren. Herr Dr. Schuster, ich muss zu Ihnen als Kandidat auch einmal sagen, von Ihnen eigentlich hätten wir eine modernere Position erwartet. Sie haben das etwas diplomatischer formuliert, aber im Kern geben Sie Herrn Grotheer ja Recht.
Wir sagen, die Zukunft der beiden Städte liegt in der gemeinsamen Landespolitik. Ich finde es bemerkenswert und politisch fatal, dass auch die Bremerhavener SPD-Abgeordneten, und besonders der neue Vorsitzende des Landeshafenausschusses, Herr Günthner vorneweg, die Hafenfragen bereits abgehakt haben, meine Damen und Herren. Ich denke, Herr Günthner, Sie haben damit Bremerhaven keinen Gefallen getan. Vielleicht zitieren Sie ja hier einmal das SPD-Kommunalwahlprogramm, in dem steht, dass die Häfen in Landeshäfen überführt werden sollen. Das ist eine Forderung der SPD vor Ort! Wenn Sie sagen, die Hoheitsfrage sei bereits abgehakt, dann begehen Sie sozusagen Wahlbetrug.
Dann frage ich Sie, Herr Günthner, Sie wollen hier eine Arbeitsgruppe einrichten: Was soll diese eigentlich noch machen, wenn Sie jetzt erklären, die Hoheitsfrage sei bereits gegessen? Das können Sie uns gleich noch einmal erklären.
In Erinnerung sei auch einmal gebracht, die Feier zur Gründung der Stadt Bremerhaven vor 175 Jahren auf der Theaterbühne der Stadttheaters Bremerhaven war eine gelungene Veranstaltung, meine Damen und Herren. In Erinnerung bleibt auch die gemeinsame Erklärung des Präsidenten des Senats Scherf, des Senators Perschau und des Oberbürger
meisters Schulz, die Hoheitsfrage zu einem gütigen Ende zu führen. Wenn das aber dabei herauskommt, was Herr Günthner hier proklamiert, dann, denke ich, war dieses Theaterstück ein Trauerspiel!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Ich habe doch noch gar nicht geredet!)
Herr Neumann, der Chef der CDU, hat natürlich Recht, Zitat: „Die SPD verhält sich abenteuerlich in dieser Frage.“ Herr Günthner und Herr Grotheer sind der Beweis dafür, meine Damen und Herren.
Es war gut und richtig, dass Senator Perschau diese Frage noch einmal aufgegriffen hat. Es war aber keine gute Idee, dass er diese wichtige politische Frage mit der Frage des kommunalen Finanzausgleiches verknüpft hat. Er möchte gern 60 Millionen DM weniger pro Jahr an Bremerhaven mit dieser Frage verbinden. Ich denke, das kann Bremerhaven natürlich nicht verkraften, meine Damen und Herren.