Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Ich eröffne die 61. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse.

Folgende Gruppen sind anwesend: eine Gruppe der Senioren-Union Bremerhaven und Schüler des Schulzentrums Pestalozzistraße Bremerhaven.

(Widerspruch bei der SPD)

Bremen!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich bitte natürlich, dieses Versehen zu entschuldigen! Nicht jede Klasse kommt aus Bremerhaven, das ist richtig! Ich glaube, das sind Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums Pestalozzistraße aus Gröpelingen. Das sind Schüler, die mit ihrem multimedialen Ausstellungsprojekt zur NS-Widerstandsbewegung der „Weißen Rose“ Gewinner des diesjährigen Senatspreises „Dem Hass keine Chance!“ sind. Noch einmal herzlich willkommen!

(Beifall)

Gemäß Paragraph 21 der Geschäftsordnung gebe ich Ihnen folgenden Eingang bekannt:

Fernverkehrsverbindungen in der Region Bremen und Bremerhaven aufrechterhalten und verbessern, Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 12. Juni 2002, Drucksache 15/1177.

Gemäß Paragraph 21 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung muss das Plenum zunächst einen Beschluss über die Dringlichkeit des Antrags herbeiführen.

Meine Damen und Herren, wer einer dringlichen Behandlung des Antrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt einer dringlichen Behandlung zu.

(Einstimmig)

Ich schlage Ihnen vor, diesen Antrag mit den miteinander verbundenen Tagesordnungspunkten 20 und 21, Interregio erhalten und modernisieren, zu verbinden.

Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist die Bürgerschaft (Landtag) damit einverstanden.

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich dem Abgeordne

ten Dr. Mario Käse zu seinem heutigen Geburtstag ganz herzlich gratulieren. Herzlichen Glückwunsch des Hauses!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir treten in die Tagesordnung ein.

Bremens Rolle im Klimaschutz

Mitteilung des Senats vom 14. Mai 2002 (Drucksache 15/1149)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Wischer.

Meine Damen und Herren, die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Schuster.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich war sehr erfreut, als ich den Bericht des Senats zur Rolle des Klimaschutzes in Bremen gelesen habe. Trotz mancher Kritik, die an dem Bericht nach wie vor notwendig ist und die ich auch am Ende an einem Punkt formulieren werde, zeigt sich, dass Bremen sich insgesamt der Verantwortung für den Klimaschutz stellt und vielfältige Maßnahmen ergreift. Bremen ist in dieser Beziehung auf dem richtigen Weg.

Die Minderung der CO2-Emissionen, ein ganz wesentlicher Punkt, ist nicht nur eine Aufgabe, die auf nationaler oder globaler Ebene erledigt werden kann, sondern bedarf vielfältiger Anstrengungen vor Ort. Hier macht Bremen einiges. Ich will auf drei Bereiche eingehen, die aus meiner Sicht sehr wichtig sind.

Wie in der Senatsvorlage aus meiner Sicht richtigerweise dargestellt wird, liegt der Schwerpunkt der Maßnahmen in dem Versuch, die Energieerzeugung auf regenerative Energien umzustellen. Das ist meines Erachtens ein Kernpunkt. Wenn man eine dauerhafte Lösung des Klimaproblems anstrebt, muss man feststellen, dass der Energieverbrauch an sich kein Problem ist, sondern nur, wenn die Energie durch klimaschädliche Verfahren erzeugt wird.

Wir haben hier gerade im Moment zwei Projekte kurz vor dem Abschluss beziehungsweise leiten sie ein, die mich sehr hoffnungsvoll oder sehr froh stimmen. Das ist zum einen das Weserkraftwerk, das seit vielen Jahren in Bremen in der Diskussion ist. Noch vor der Sommerpause werden wir in der nächsten Sitzung der Umweltdeputation das Projekt auf den Weg bringen können. Ich bin guter Hoffnung, dass das Kraftwerk dann auch wirklich in den nächsten Jahren realisiert wird.

Der zweite wesentliche Bereich, der auch noch einmal die beschäftigungspolitische Bedeutung von klimafreundlichen Energien zeigt, ist die Windkraft. Hier haben wir in den vergangenen Jahren einiges an Ausbau bewerkstelligt.

(Abg. B o r t t s c h e l l e r [CDU]: Das sieht ja auch in der Landschaft sehr schön aus!)

Ja, ich finde, die sehen in der Landschaft schön aus! Ich kenne ja nicht Ihre Ästhetik, die Sie haben, Herr Borttscheller, aber ob ein Großkraftwerk in der Landschaft viel schöner aussieht als Windmühlen, da habe ich meine Zweifel.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man Energie haben und verbrauchen will, was ich persönlich will, dann muss man auch in Kauf nehmen, dass man dafür irgendetwas bauen muss.

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Er liebt AKW!)

Dann können Sie ja neben das AKW ziehen, wenn das landschaftlich gesehen schöner ist!

Wir haben vor kurzem ein Kompetenzzentrum für Windenergie in Bremen/Bremerhaven eingerichtet, das ja gerade versuchen soll, den Offshoremarkt zu erschließen. Trotz mancher ökologischer Probleme, die dort noch gelöst werden müssen, besteht darin eine Chance, in relevantem Ausmaß Strom aus Windenergie, also einer regenerativen Energiequelle, zu erzeugen. Dass wir als Bremer und Bremerhavener versuchen, diese Chance zu ergreifen und aktiv zu nutzen, gerade weil wir die verschiedenen Kompetenzen in Bremerhaven und Bremen angesiedelt haben, finde ich sehr gut.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Bereich, mit dem ich auch eine Anregung verbinden möchte, ist die Frage des Energiesparens in der Industrie. Ich finde, der Bericht zeigt, dass dieses Thema noch nicht hinreichend verankert ist. Energie sparen spielt in der Industrie oder auch im Gewerbe überhaupt, das ist nicht auf Industrie im engeren Sinne beschränkt, nach wie vor eine untergeordnete Rolle. Ich möchte die Anregung geben, ob es nicht möglich ist, Energiesparberatungen als regulären Bestandteil der Wirtschaftsförderung zu begreifen. Diese Anregung ist nicht mit der Illusion verbunden, dass dadurch plötzlich besonders viele Unternehmen angezogen werden. Allerdings kann eine Energiesparberatung ein i-Tüpfelchen einer Förderung sein, die im Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen Wirtschaftsförderungen durchaus ihren Sinn machen kann.

Man muss sich klar machen, dass selbst im Investitionsbereich Energie sparen in der Industrie oft Kosten sparen heißt. Das größte Problem beim Stromverbrauch beispielsweise in Büroräumen ist, dass da viel zu viel eingebaut ist und insofern also unsinnige Investitionen vorgenommen wurden. Von daher die Anregung, auch die Energiesparberatung als regulären Bestandteil der Wirtschaftsförderung aufzunehmen!

Der nächste Bereich, auf den ich eingehen möchte, betrifft das kommunale Energiemanagement und Energieeinsparungen im Gebäudebestand. Hier zeigt die Antwort des Senats sehr deutlich, dass wir in den nächsten Jahren erhebliche Verbesserungen erfahren werden, weil im Zuge des Abbaus des Sanierungsstaus auch gleichzeitig im Rahmen der Einsparverordnung Wärmedämmmaßnahmen oder Energie senkende Maßnahmen im Gebäudebestand durchgeführt werden. Allerdings, und das ist ein Bereich, den wir in den nächsten Jahren sehr viel deutlicher verfolgen müssen, zeigen sich hier auch noch gravierende Defizite. Wir gehen nach wie vor sehr defensiv mit dem Thema um, oder, besser gesagt, der Senat geht nach wie vor sehr defensiv mit dem Thema um.

Ich weiß, dass es im Senat unterschiedliche Auffassungen zu dem Thema gibt. Energie sparen und ökologische Fragen werden aber häufig als Sachen begriffen, die nur Geld kosten und eigentlich im Baubereich gar nicht viel zu suchen hätten. Das ist ein Denken von vorgestern, das dort Platz greift. Dies findet man bei Teilen der GBI, bei Teilen des Finanzressorts, die im Zusammenhang mit dem Liegenschaftsmanagement ihre Rolle spielen.

Diese Haltung ist nicht zu rechtfertigen, denn man muss ganz deutlich sehen und dann auch entsprechend danach handeln, dass Energieeinsparungen im öffentlichen Liegenschaftswesen extrem wichtig sind für die Erreichung unseres angestrebten Ziels der CO2-Minderung. In der Senatsvorlage wird erwähnt, dass es immerhin sechs Prozent des Einsparziels ausmacht. Das Positive daran wäre, dass dies sogar noch mit erheblichen Sparmaßnahmen einherginge. Man kann 50 Prozent der Energiekosten sparen. Das wäre ein sehr wesentlicher Sanierungsbeitrag, den man realisieren kann, ohne dass uns irgendetwas an Komfort oder Leistung verloren geht. In Geld ausgedrückt macht das immerhin knapp acht Millionen Euro zu heutigen Energiepreisen. Alle Prognosen gehen davon aus, dass zumindest mittelfristig die Energiepreise weiter steigen werden. Insofern ist da also nicht nur ein Potential, das ökologisch sinnvoll ist, sondern bei dem man auch ökonomisch gerade unter Sanierungsgesichtspunkten einiges machen kann.

Ich verstehe insofern nicht, warum man nur so defensiv darangeht und sagt, wir machen gerade das, was baulich anfällt. Vielmehr müssten wir auch die Maßnahmen ergreifen, die ökologisch sinnvoll

sind und sich gleichzeitig in einem überschaubaren Zeitraum ökonomisch rentieren. Die Amortisationszeiträume für diese Maßnahmen liegen bei zehn bis 15 Jahren. Das ist für den Immobilienbereich kein langer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass die Nutzungszeit von Immobilien mindestens auf 50 Jahre geschätzt werden kann, und wenn man sich unsere Immobilien anschaut, sind diese zum größten Teil noch deutlich älter.

(Abg. Frau R e i c h e r t [SPD]: Nicht die, die neu gebaut worden sind!)

Ich hoffe, dass auch heute noch so gebaut wird, dass sie mindestens 50 Jahre halten. Wenigstens sind das die Abschreibefristen, die normalerweise eingehalten werden sollen.

Viele sagen, derartige Maßnahmen können wir uns nicht leisten. Deswegen bleibt die Frage: wie kann man so etwas finanzieren?

(Abg. Frau R e i c h e r t [SPD]: Am Ende der Abschreibung!)