Protokoll der Sitzung vom 14.09.2000

Die 23. Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag) ist eröffnet.

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse. Auf der Besuchertribüne begrüße ich Schüler des Gymnasiums aus Osterholz-Scharmbeck.

Herzlich willkommen!

(Beifall)

Gemäß Paragraph 21 der Geschäftsordnung gebe ich Ihnen folgenden Eingang bekannt:

Für Demokratie, Menschenrechte und Toleranz — Gegen Menschenverachtung, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt, Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 13. September 2000, Drucksache 15/460.

Wie schon interfraktionell vereinbart, schlage ich Ihnen vor, diesen Antrag gleich zu Beginn der heutigen Sitzung aufzurufen.

Ich höre keinen Widerspruch. — Dann werden wir so verfahren.

Nachträglich wurde vereinbart, die Punkte außerhalb der Tagesordnung, die sich mit der Änderung des Gesetzes über die erste juristische Staatsprüfung und den juristischen Vorbereitungsdienst befassen, heute zu Beginn der Nachmittagssitzung aufzurufen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Für mehr Demokratie, Menschenrechte und Toleranz — Gegen Menschenverachtung, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt

Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 13. September 2000 (Drucksache 15/460)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Dr. Schulte, ihm beigeordnet Staatsrat Dr. Böse und Staatsrat Dr. Knigge.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für Demokratie, Menschenrechte und Toleranz — Gegen Menschenverachtung, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt, so ist der Titel des gemeinsamen Antrags, den die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD und CDU in die heutige Sitzung eingebracht haben.

Dieser Antrag unterstreicht die Notwendigkeit einer Diskussion, die wir hier auch in der Bremischen Bürgerschaft führen wollen zu den Übergriffen, die es insbesondere auch in der Zeit der Sommerferien in verschiedensten Teilen unserer Republik gegeben hat, Übergriffe auf ausländische Mitbürger, teilweise gab es ja in einigen Städten Jagdszenen auf ausländische Mitbürger.

Ich selbst habe gedacht und habe das eigentlich auch in der Schule so gelernt, dass diese Szenen in Deutschland der Vergangenheit angehören. Leider müssen wir heute zur Kenntnis nehmen, dass dies offensichtlich nicht so ist. Den Opfern dieser Übergriffe, die insbesondere in den letzten Wochen und Monaten von den Rechtsextremisten ausgeübt wurden, gilt unser ausdrückliches Mitgefühl.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Alle demokratischen Parteien, ob sie in Länderparlamenten vertreten sind oder auch nicht, müssen im Kampf gegen den politischen Extremismus zusammenstehen, und deshalb bin ich froh, dass wir diesen gemeinsamen Antrag hier heute auch vorlegen können.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Gefahren, die sich aus politischem Extremismus ergeben, kommen sowohl von der linken wie auch von der rechten Seite. Gerade heute können wir auch im „Weser-Kurier“ — —.

(Unruhe)

Frau Jansen, ich meine, ich bin sonst immer ein Freund von Zwischenrufen, aber ich glaube, dass es diesem Thema nicht angemessen ist, hier tatsächlich Zwischenrufe zu tätigen. Sie sollten sich das überlegen!

(Beifall bei der CDU)

Gerade heute können wir auch im „Weser-Kurier“ nachlesen von einem Prozess in einem Mordfall, der hier in Bremen stattgefunden hat, es war ein Doppelmord, bei dem es offensichtlich auch politische Hintergründe für diese grausame Tat gab. Gerade dieser Prozess soll für uns alle auch eine Mahnung sein, gerade wenn es auch in dieser Stadt passiert ist, dass wir sowohl gegen Links- wie auch gegen Rechtsextremisten auf der Hut sein müssen, und dass eine Demokratie nur wachsam ist, wenn sie auf beiden Augen tatsächlich schaut, was passiert. Deshalb

bin ich auch froh, dass dies aus dem Antrag deutlich wird,

(Beifall bei der CDU)

wie es in Punkt eins heißt: Die demokratischen Parteien in der Bremischen Bürgerschaft haben sich stets mit Entschiedenheit gegen jegliche Form des politischen Extremismus gewandt.

Sehr geehrte Damen und Herren, trotzdem, und das will ich gar nicht schönreden, haben wir in den letzten Monaten, insbesondere in der Phase der Sommerpause, es immer wieder mit verstärkten Übergriffen der rechtsextremen Szene zu tun gehabt. Gott sei Dank ist Bremen von diesen Übergriffen bisher weitestgehend verschont geblieben. Trotzdem ist es auch die Aufgabe der Bremischen Bürgerschaft, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, und wir, die demokratischen Parteien dieses Hauses, bieten anderen Bundesländern unsere solidarische Hilfe, unsere Unterstützung im Kampf gegen den politischen Extremismus an.

Schon einmal gab es in Deutschland eine Zeit, in der Demokratie nicht wachsam genug war, und schon einmal waren es dann die Rechtsextremen, die diese Schwäche von Demokratie ausgenutzt haben, die eine Demokratie dann in ein totalitäres Regime umgewandelt haben. Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns zusammenstehen, dass Demokratie nie wieder so geschwächt werden kann, wie es in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts der Fall war, und darauf müssen wir gemeinsam aufpassen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass es verschiedenste Einrichtungen, auch staatliche Einrichtungen gibt, die uns eine wichtige Grundlage, auch wichtige Informationen im Kampf gegen den politischen Extremismus liefern. Insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörden sowohl der Länder wie auch des Bundes liefern immer wieder notwendige Informationen, die in den letzten fünfzig Jahren dazu geführt haben, dass zahlreiche extremistische Vereine, egal ob von links oder von rechts, verboten worden sind. Das zeigt auch, dass wir diese Informationen, die dort gesammelt werden, benötigen, um einen effektiven Kampf gegen den politischen Extremismus führen zu können.

Deshalb gilt insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Behörden auch unser Dank!

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus, und auch das muss man sagen, gibt es viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Polizei, die dort Informationen sammeln

und sie weiterleiten. Ich bin auch besonders dankbar, dass es den Innenministern und Innensenatoren der Länder möglich war, aufgrund der gesammelten Informationen, die sie bekommen haben, tatsächlich die zahlreichen Verabredungen zu treffen, die sie getroffen haben, und es gibt dort ja verschiedenste Vorgehen, die verabredet worden sind. Für dieses zügige Handeln gilt allen Innensenatoren und Innenministern der Länder unser besonderer Dank, und übermitteln möchte ich diesen Dank an Dr. Bernt Schulte.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, was uns besonders nachdenklich machen muss, ist, dass sich die Qualität der Gewalt verändert hat. Mittlerweile stehen Körperverletzungen im Mittelpunkt der Angriffe, schwere Körperverletzungen bis hin auch zu entsprechenden Mordanschlägen, die es dort gegeben hat. Dies war vor fünf oder zehn Jahren nicht üblich. Da sprach man mehr über Sachbeschädigungen. Dies macht aber deutlich, dass wir umso engagierter auch unseren Appell an die Justiz richten müssen, kurz und schnell und im Rahmen der Möglichkeiten, die ihr die Gesetze bieten, auch tatsächlich Urteile zu sprechen.

(Beifall bei der CDU)

Ich fordere alle Beteiligten im Bereich der Justiz auf, dies auch tatsächlich zu ermöglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben, meine ich, interfraktionell einen sehr guten Antrag hier zu Papier gebracht. Wir haben eine breite Palette angesprochen. Ich habe zum Beispiel gerade schon die Unterstützung der Notwendigkeiten im Bereich der Polizei oder auch der Justiz erwähnt. Wir haben aber auch andere Sachen angesprochen. Es gibt in unserer Stadt zahlreiche Initiativen, die sich insbesondere auch zusammengetan haben, um aufkommenden Rechtsextremismus auch tatsächlich an der Wurzel zu bekämpfen, dort wo er aufkeimt. Den Initiativen gilt heute der Dank aller demokratischen Parteien.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben, sehr geehrte Damen und Herren, an vielen Schulen Arbeitsgruppen, Projektgruppen, Lehrer, die ihre Freizeit einbringen, um sich mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander zu setzen. Ich glaube, diese Arbeit mit jungen Leuten ist ein ganz entscheidender Beitrag dazu, dass wir bisher Gott sei Dank von großen rechtsextremistischen Übergriffen und Aufmärschen hier in Bremen und Bremerhaven weitestgehend verschont geblieben sind. Auch diesen Menschen in unseren Bildungs

einrichtungen gilt unser Dank für die geleistete Arbeit.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bürgerschaft beschließt einen Antrag, den wir gemeinsam verabredet haben. Die Bürgerschaft leistet damit einen wichtigen Beitrag. Wir müssen jetzt aber auch schauen, dass insbesondere die zehn Punkte, die wir in diesem Antrag als Beschluss vereinbart haben, umgesetzt werden, und müssen auch den Senat bei der Umsetzung entsprechend unterstützen. Ich glaube, dass wir damit eine gute Plattform und einen guten Ausgangspunkt für die Debatte, die uns sicherlich auch in den nächsten Wochen und Monaten weiter verfolgen wird, geschaffen haben, dass wir damit eine adäquate Antwort gefunden haben.

Wir als CDU-Fraktion haben unseren Vorschlag eines Aktionsbündnisses im Moment zurückgestellt. Ich will hoffen, dass wir, weil wir jetzt gemeinsam als Demokraten wachsam sind, dieses Aktionsbündnis auch in den nächsten Monaten nicht wieder als Vorschlag brauchen, weil wir in Bremen ein Netz von gut arbeitenden Initiativen haben. Das heißt, dass wir mit den Punkten, die wir hier gemeinsam verabreden, die erhoffte Wirkung auch tatsächlich erzielen werden, dass Bremen weiterhin von größeren Übergriffen verschont bleiben wird.

Dazu müssen wir gemeinsam zusammenstehen. Deshalb finde ich es gut und richtig, dass wir diesen gemeinsamen Antrag heute vorgelegt haben und hoffentlich, oder davon gehe ich aus, auch entsprechend verabschieden werden. Ich bedanke mich bei den anderen Fraktionen, dass dies gelungen ist.

Ich gehe davon aus, dass wir uns noch an den verschiedensten Stellen mit diesem Thema beschäftigen müssen, dass wir aber im Endeffekt den Kampf gegen den politischen Extremismus sowohl in Bremen wie auch bundesweit positiv bestreiten werden. — Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)