Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/1316, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Herr Bürgermeister Dr. Scherf, ich nehme an, dass Sie die Antwort nicht mündlich wiederholen möchten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU hat diese Große Anfrage mit dem Thema „Elektronische Post und Videokonferenz an bremischen Gerichten“ in die Bürgerschaft eingebracht. Wir haben in der Bremischen Bürgerschaft schon öfter über den Einsatz von neuen Medien, über Digitalisierung in der Verwaltung diskutiert. Wir hatten heute ja auch das Thema E-Government auf der Tagesordnung, das leider ausgesetzt wurde. Insgesamt hat sich die Bremische Bürgerschaft diesem Thema sehr intensiv gewidmet und konnte in diesem Bereich schon viele Erfolge verbuchen, was die Verwaltung und den Einsatz von neuen Medien in der Verwaltung angeht.
Der Bereich Justiz ist in dieser Diskussion bisher noch nicht so häufig aufgetaucht. Hier gibt es aber auch Möglichkeiten, mit Hilfe neuer Medien und der elektronischen Datenübermittlung Prozesse schneller und effektiver zu machen, für die Betroffenen einfacher zu machen und insgesamt dazu beizutragen, dass Bremen als gesamter Standort für Dienstleistung und Verwaltung interessant wird, um sie für den Bürger und den Betroffenen dort besser und effektiver machen zu können. Dieses Ziel haben wir uns auch für die Justiz vorgenommen. Damit sind ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Der Bundesgesetzgeber hat Gott sei Dank die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich nun auch die Justiz dem elektronischen Rechtsverkehr offen zeigen kann. Mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren und mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts wurde die Voraussetzung dafür geschaffen, dass hier heute über das Thema überhaupt diskutiert werden kann. Beide Gesetze sind im Juli dieses Jahres in Kraft getreten. Nun liegt es an den Ländern, sie auch dementsprechend umzusetzen, damit wir in diesem Bereich weiter vorankommen.
Die Gesetze enthalten die Rechtsgrundlagen dafür, dass Schriftsätze jetzt auch in Form von elektronischen Dokumenten, also nicht nur, wie wir es kennen, mit dem jetzt schon fast altertümlichen Schriftsatz per Post, übermittelt werden können. Das meiste wird ja teilweise schon per Fax erledigt oder manchmal sogar auch noch mit Boten, wenn es ganz schnell gehen muss, aber da ist das Fax auch schneller. Wir können jetzt auch mit elektronischen Dokumenten an das Gericht gehen, das Gericht kann auch selbst per elektronischem Dokument an einen bestimmten Personenkreis zustellen.
Es gab dafür eine Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz. Diese hat die entsprechenden organisatorischen und technischen Leitlinien entworfen, um die entsprechenden Rechtsgrundlagen, die durch den Bundesgesetzgeber geschaffen worden sind, auch in der Umsetzung näher zu definieren. Diese Leitlinien können Sie der Antwort auf die Große Anfrage entnehmen. Dort werden viele Aspekte geregelt, was die Datensicherheit und die technischen Voraussetzungen betrifft. Ich will Sie jetzt nicht damit langweilen, dass ich sie hier alle wiederhole, sie sind in der Antwort auf die Große Anfrage genannt.
Der Bundesgesetzgeber hat in Paragraph 130 Absatz 2 ZPO die Bundesregierung und auch die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnungen den Zeitpunkt zu bestimmen, wann bei den Gerichten in ihrem Bereich elektronische Dokumente eingereicht werden können. Die Bundesregierung hat von dieser Rechtsverordnung auch schon Gebrauch gemacht und für den BGH bereits geregelt, dass dort elektronische Dokumente eingereicht werden können.
Die Länder haben sich schon teilweise auch in Pilotprojekten zu diesem Bereich Gedanken gemacht. Einige Länder sind sogar schon etwas weiter, wie zum Beispiel das Bundesland Hamburg. Im Bundesland Hamburg können seit dem 1. Mai dieses Jahres Klagen, vorläufige Rechtsschutzgesuche oder Schriftsätze per E-Mail beim Finanzgericht eingereicht werden. Ich denke, dass dies ein gutes Beispiel da
für ist, wie man schnell handeln kann und der Prozess auch der Ökonomie dienen kann. Die Hamburger Bürgerschaft, beziehungsweise in diesem Fall der Hamburger Senat, hat eine dementsprechende Rechtsverordnung erlassen, die dies regelt. Unsere Große Anfrage zielte darauf ab, inwieweit es auch in Bremen Überlegungen gibt, in diesem Bereich tätig zu werden.
Ich bin sehr froh, dass der Senat in dieser Antwort auf die Große Anfrage deutlich gemacht hat, dass wir auch auf dem Weg sind, ein solches Pilotprojekt zu planen und hoffentlich auch bald einzurichten. In Bremen ist auch geplant, dass es für den Bereich des Finanzgerichts bald die Möglichkeit geben soll, dass man Klagen und Schriftsätze per E-Mail einreichen kann. Das Finanzgericht bietet sich hier an, da es schon über eine entsprechende EDV-Ausstattung verfügt, da es besondere Fachverfahren behandelt und es auch einen überschaubaren Personenkreis betrifft, der von diesem elektronischen Rechtsverkehr Gebrauch machen kann.
Das Projekt, und das wissen wir alle, und darüber klagen wir ja alle unser Leid, muss auch mit entsprechenden technischen und auch organisatorischen Ausstattungen verbunden sein. Nennen möchte ich hier nur, dass man sich überlegen muss, inwieweit man elektronische Postfächer einrichten kann, die Frage, wie die Dokumente, die bei Gericht eingehen, sichergestellt werden können und auch der Eingang bestätigt werden kann. Das sind alles Überlegungen, die auch vor Ort, denke ich, noch zu klären sind, bei denen die vorgegebenen Leitlinien aber eine große Hilfe sind.
Ich finde aber, mit dem Pilotprojekt hat der Senat jetzt ein gutes Projekt in die Planung gebracht. Man muss aber schon sehr deutlich machen, dass dies nur ein erstes Projekt sein kann, dass aber bald schon mehr dazukommen muss, dass wir schon als Bundesland Bremen anstreben sollten, und da stimme ich dem Senat nicht ganz zu, ich denke, dass wir schon in Bremen die Möglichkeit haben, flächendeckend in diesem Bereich tätig zu werden. Bremen ist ein überschaubares Bundesland, es ist ein überschaubarer Personenkreis, es sind überschaubare Gerichte. Ich hoffe, wenn man die ersten Erfahrungen gesammelt hat, wenn man die Kosten ermittelt hat, dass in der zukünftigen Planung immer inbegriffen ist, dies wirklich auf alle Gerichte auszudehnen und es nicht nur bei einem Pilotprojekt belassen werden soll, sondern dass wir auf dem Weg – immer unter der Voraussetzung, dass wir es auch finanzieren können – weiter vorangehen können.
Der zweite Punkt, der in der Großen Anfrage angesprochen wird, ist der Bereich der Videokonferenz, also der Möglichkeit der mündlichen Verhandlung im Weg der Bild- und Tonübertragung. Auch hier hat der Bundesgesetzgeber die entsprechenden Rechtsgrundlagen geschaffen. Nach Paragraph 128 a ZPO, der am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getre
ten ist, besteht die grundsätzliche Möglichkeit, eine mündliche Verhandlung auch per Videokonferenz zu führen, das heißt, die entsprechende Partei wird per Videokonferenz in die Verhandlung zugeschaltet, und sie kann an dem Ort, wo sie ist, auch die entsprechenden Anträge stellen. Dies würde besondere Erleichterungen mit sich bringen. Als Anwalt weiß man, dass man oftmals viel durch die Gegend fahren muss, um an einem Prozess teilzunehmen. Das wäre eben die Möglichkeit, dass man jetzt nicht mehr zu einem anderen Gericht fahren muss mit den entsprechenden Wegen, die damit verbunden sind, sondern sich eben per Videokonferenz zuschalten kann.
Es hat insbesondere auch einen großen Charme, was den Bereich der Sachverständigen angeht. Auch dort ist es nicht nur mit Wegen, sondern auch mit erheblichen Kosten verbunden, wenn man einen Sachverständigen vom anderen Ende der Republik anreisen lassen muss, damit er seine Aussage vor Gericht machen kann. Hier wäre es eine sehr große Erleichterung, wenn man die Möglichkeit hätte, diesen per Videokonferenz zuzuschalten. Auch hier hat Hamburg ein Pilotprojekt gestartet, ist uns wieder einen kleinen Schritt voraus, und ich hoffe, dass auch Bremen bald in diesem Punkt nachziehen will.
Hamburg plant hier, die Videokonferenzen bei Gericht einzuführen und ist dort schon entscheidende Schritte voran. Ich glaube, dass wir uns auch überlegen müssten, in diesem Bereich noch etwas mehr nachzuziehen. Die Antwort des Senats ist in diesem Punkt etwas verhaltener, was ich auch teilweise nachempfinden kann, da die Übertragung mit Webcams, wie sie jetzt in Hamburg vorangetrieben werden soll, also bei der Videokonferenz soll sich die andere Partei mittels einer Webcam zuschalten, sicherlich mit technischen Problemen verbunden ist. Bezüglich der Bildqualität sind sicherlich noch einige Fragen zu regeln.
Ich glaube jedoch, dass man in der Technik heute auch schon Schritte weiter ist, so dass man auch überlegen könnte, das Ganze nicht nur mit Webcams vonstatten gehen zu lassen, sondern dass man auch überlegen könnte, die Videotechnik mit einer Videokamera zu machen, wobei die Daten dann eben über Satellit per Internet übertragen werden. Das hätte sicherlich den Vorteil, dass man eine bessere Bildqualität hätte und damit der Grundsatz der mündlichen Verhandlung noch besser zum Ausdruck kommen würde, als es bei der Möglichkeit mit Webcams besteht. Ich glaube aber, dass das mehr eine technische Frage ist, die zu lösen sein wird, und ich hoffe, dass auch der Bremer Senat in diesem Punkt weitere Überlegungen anstellen wird, wie man sicherstellen kann, dass in diesem Bereich die Videokonferenz weiter vorangebracht wird.
Es werden allerdings sicher auch rechtliche Probleme mit der Frage auftauchen, wie es sich gestaltet, wenn man per Videokonferenz die andere Par
tei zuschaltet, weil man den Grundsatz der mündlichen Verhandlung hat. Da sind sicher noch einige Fragen zu klären: Was passiert, wenn die Verbindung während der Verhandlung unterbricht, muss man die Sitzung dann vertagen, oder wie sieht es aus, wenn eine Partei aufgrund eines technischen Defektes nicht in der Lage ist, sich zu der Verhandlung zuzuschalten, liegt dann der Fall der Säumnis vor? Das sind aber Fragen, die man, denke ich, klären kann und die sich auch im Laufe der Erfahrungen zeigen werden. Ich bin daher froh, dass einige Bundesländer diese Initiative aufgreifen, erste Erfahrungen sammeln, und wir hoffentlich dann von diesen Erfahrungen auch zügig profitieren können.
Der Senat hat in seiner Antwort auf die Große Anfrage angekündigt, dass die Planungen für die Videokonferenz einfließen in die Planungen für das Justizzentrum. Ich finde, es ist eine sehr gute Sache, dass da die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Ich finde, dass man sich dann auch überlegen muss, und ich möchte Sie dazu gern auffordern, dass Sie uns auch zügig Informationen darüber geben, welche technischen Voraussetzungen dafür nötig sind, mit welchen Kosten sie verbunden sind, damit wir in diesen Schritten auch weiterkommen.
Gerade wenn Sie Bremerhaven ansprechen: Für Bremerhaven ist es natürlich auch eine interessante Frage, was diese Videokonferenz angeht, weil sich dadurch auch viele Wege ersparen lassen. Daher, finde ich, ist es ein Punkt, der hier eine sehr große Bedeutung hat.
Da die Lampe schon leuchtet, komme ich zum Schluss! Ich glaube, es ist sehr gut, wenn wir in dieser Bürgerschaft über alle Bereiche reden, auch wenn dies ein relativ kleiner Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs ist, der sicherlich nicht unbedingt die breite Öffentlichkeit interessieren wird. Dennoch glaube ich, dass es ein sehr wichtiger Bereich ist, der insgesamt in das Dienstleistungsangebot der Verwaltung des Bundeslandes Bremen gehört, der uns insgesamt ein gutes Außenverhältnis bringen kann, wenn wir sagen können, Bremen ist in allen Bereichen, die die Verwaltung und Dienstleistungen betreffen, vertraut mit neuen Medien. Wir sind in allen Bereichen damit vertraut, es den Bürgern und den Betroffenen wirklich einfach zu machen, und ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hannken hat sowohl zu den inhaltlichen Hintergründen als auch zu den recht––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
lichen Grundlagen einiges ausgeführt. Da wir uns kurz vor der Mittagspause befinden, will ich das Haus nicht langweilen und nicht alles wiederholen. Im Übrigen habe ich auch keine sehr umfassende politische Kontroverse in diesem Punkt entdecken können. Das heißt, ich glaube, ich kann mich hier kurz fassen. Im Kern geht es darum, dass auch im Justizbereich jetzt das vollzogen wird, was in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens mittlerweile schon alltägliche Realität ist, nämlich die Vorteile elektronischer Kommunikation und Datenverarbeitung zu nutzen und Effizienzgewinne herzustellen. Es ist sicherlich sehr sinnvoll, dass gerade auch in Zeiten von E-Government insbesondere die Justiz in einen solchen Komplex einbezogen wird. Ich denke, mit dem Modellversuch am Finanzgericht bestreitet das Justizressort dort einen richtigen und sinnvollen Weg. Die Argumente hat Frau Hannken ausgeführt. Ich denke, es ist eingängig, dass man hier erst einmal anfängt. Ob man dann weitermacht und wie man dann weitermacht, Frau Hannken hatte es angesprochen, kann man sehen. Man kann sicherlich immer mehr machen, als man gerade macht, aber ich denke, wir sollten hier Schritt für Schritt vorgehen und die Erfahrungen in dem Bereich abwarten. Mit dem neuen Justizzentrum wird sich da einiges ergeben. Ich glaube, wir sind da auf einem richtigen Weg. Ich habe auch die Hoffnung, dass wir mit diesem Modellversuch doch einen der Spitzenplätze in diesem Bereich beibehalten, auch wenn Hamburg in manchen Punkten möglicherweise schneller ist. Wir haben ja im Bereich des automatisierten Mahnverfahrens zusammen mit zwei Verfahren zum webbasierten Datenaustausch mit den netten Namen Profimahn und Optimahn hier ein Modell entwickelt, das, wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe, in sieben weiteren Bundesländern mittlerweile eingekauft wurde oder in ähnlicher Form zur Anwendung kommt. Das zeigt auch noch einmal, dass über die reine Verwaltungsmodernisierung weitere Effekte auch für den Standort durch solche Faktoren zu gewinnen sind. Dass die Datensicherheit in diesem Bereich von besonderer Bedeutung ist, hat Frau Hannken erwähnt, und es ergibt sich eigentlich auch von selbst. Ich kann zusammenfassend sagen, das Justizressort macht hier einen guten Job, und wir können damit zufrieden sein. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist offensichtlich kein strittiges Thema, das gilt auch für mich. Frau Hannken hat es dargestellt: Der Bund hat sei
ne Hausaufgaben gemacht, jetzt sind die Länder an der Reihe. Mein Eindruck ist, dass die erste Euphorie ein bisschen verflogen ist, dass alles ein bisschen länger dauert, als wir es uns gedacht haben. Als wir vor zwei Jahren in einer Kleinen Anfrage gefragt haben, was der Senat demnächst vorhat, da war da noch mehr Feuerwerk, da schienen die ersten Versuche unmittelbar bevorzustehen, auch im Rahmen von Media@Komm. Das geht jetzt alles ein bisschen langsamer. Das ist aber, glaube ich, ganz vernünftig. Daraus will ich niemandem einen Vorwurf machen.
Was das Finanzgericht angeht! Diese praktischen Versuche sind ganz okay. Ich meine, wenn die Leute nach Bremen kommen, um hier ihre Steuern zahlen zu können, weil ihre Streitigkeiten mit dem Finanzgericht schneller und einfacher gehen, bestens, wenn ein zusätzlicher Grund da ist! Ich glaube in der Tat, dass das Finanzgericht gut dafür ist, weil das Verfahren ohnehin mehr formalisiert ist, auf Bescheiden basiert. Ob der E-Mail-Verkehr in anderen Verfahren, Zivilverfahren und Strafverfahren, tatsächlich diese Zukunft hat? Die Rechtsanwälte sagen mir, heute noch sind sie skeptisch. Sie sind zurückhaltend, weil sie sich im Moment – –.