Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

Die Politik Ihrer ersten Amtszeit ist so mitnichten eine der Konsolidierung und des Sparens gewesen, anders als wir es hier als große Koalition in Bremen gemacht haben. Die konsumtiven Ausgaben sind um fast neun Prozent gestiegen, die Investitionen sind um 14 Prozent gesunken. Das ist ein historisch niedriges Niveau. Die strukturelle Verschlechterung des Bundeshaushaltes zeigt, dass rotgrüne Haushaltspolitik alles andere als nachhaltig und damit auch nicht zukunftsfähig ist. Daran, meine Damen und Herren, sollten die Bürger in Bremen denken, wenn sie im Mai 2003 zur Wahl gehen.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Jetzt reicht es mir aber!)

Selbst das Urteil von politisch unverdächtiger Seite ist vernichtend. So kommen die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten zu einer eindeutigen Bewertung.

(Abg. J ä g e r s [SPD]: Die irren sich ja nie!)

Die Koalitionsvereinbarungen zur Anhebung von Steuern und Sozialabgaben sind das Gegenteil dessen, was wachstumspolitisch geboten ist.

Meine Damen und Herren, viel schlimmer ist aber, wenn Sie sich in der Wirtschaft umhören, wie eigentlich Investitionsentscheidungen von Unternehmen in Deutschland zugunsten des Auslands verschieden diskutiert und gegebenenfalls auch entschieden werden. Von Produktionsverlagerungen, ja sogar

von Unternehmenssitz- und Wohnsitzwechsel wird gesprochen.

(Abg. K u l l a [SPD]: Ja, und tschüs!)

Das war eine gute Bemerkung! Das ist die Wirtschaftspolitik der rotgrünen Bundesregierung: Und tschüs! Prima! Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der CDU)

Der verkrustete Arbeitsmarkt, die exorbitanten Staatsausgaben und die hohen Kosten der öffentlichen Verwaltung schnüren den unternehmerischen Tatendrang ein.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Reden wir über den Haushalt?)

Wir reden immer noch über den Haushalt, weil wir immer noch darüber reden, warum die Einnahmesituation in Bremen nicht in Ordnung ist.

(Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Reden Sie doch einmal über Ihre Verantwortung für den bremischen Haushalt!)

Unsere bremische Verantwortung nehmen wir wahr. Da sitzt der Finanzsenator, und an der Stelle haben wir dafür gesorgt, dass das, was wir in Bremen beeinflussen können, Herr Böhrnsen, nämlich die Ausgabenseite, Herr Böhrnsen, entschuldigen Sie, wenn Sie es immer noch nicht begriffen haben, die Ausgabenseite ist von Bremen zu beeinflussen! Die Zahlen habe ich Ihnen eben genannt. Die sind exzellent, und zwar dadurch, dass wir gemeinsam als große Koalition diesen Kurs eingeschlagen haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Ressorts der Sozialdemokraten und die Ressorts der Christdemokraten sind an der Stelle in Ordnung. Was nicht in Ordnung ist, ist die Einnahmesituation. Die können Sie in Bremen nicht beeinflussen. Die beeinflussen Sie in Berlin durch Ihre Politik, und zwar Ihre Negativpolitik!

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie führen eine Debatte als Neiddebatte gegen die Reichen: Wenn der Vorsitzende der Gewerkschaft ver.di sagt, die Regierung schone die Reichen und wolle den Müllmann die Zeche zahlen lassen, dann dürfte er sich der Unterstützung in großen Teilen von Rotgrün sicher sein. So kann man keine Politik machen, und so kann man auch nicht dafür sorgen, dass das erfolgt, was notwendig ist, nämlich dafür zu sorgen,

dass investiert wird. Das wird so nicht funktionieren, meine Damen und Herren!

Meine Damen und Herren, die Einnahmeprobleme dieses Bundeslandes können wir leider hier in Bremen nicht lösen. Die Einnahmeprobleme dieses Bundeslandes können nur an anderer Stelle gelöst werden. Wie man seine Haushalte saniert – –.

(Unruhe bei der SPD)

Seien Sie doch nicht so aufgeregt!

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Wir sind nicht aufgeregt, wir sind ärgerlich!)

Das kann ich verstehen, dass Sie ärgerlich sind. Das wäre ich über Ihre Bundesregierung auch an Ihrer Stelle!

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Wir sind ärgerlich über Sie!)

Wir werden in Bremen unbeirrt den eingeschlagenen Weg weitergehen. An der Stelle, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen, kann die Bundesregierung von Bremen lernen, wie man es unter schwierigen Bedingungen schafft, eine Stimmung in einem Land zu verändern von einer Negativstimmung, die in Bremen herrschte, zu einer positiven und zu einer Aufbruchstimmung!

(Beifall bei der CDU)

Da bin ich wieder bei dem, was unsere Verantwortung hier in Bremen ausmacht, nämlich weiter dafür zu sorgen, dass wir den Weg, den wir gegangen sind, weitergehen, wir weiter unsere Schulaufgaben in Bremen machen müssen, wie wir das in der Vergangenheit auch gemacht haben. Es wäre doch ungewöhnlich, wenn ein Finanzpolitiker redet und nicht alle Kollegen auch dazu auffordert, weiter dem Kurs von Sparen und Investieren zu folgen.

Meine Damen und Herren, nutzen wir doch gemeinsam die Zeit vor Weihnachten,

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. F o c k e [CDU]: Das ist eine besinnliche Zeit!)

um den Drang der Politiker, Geld auszugeben, in die richtige Richtung zu lenken!

(Heiterkeit bei der SPD)

Kaufen Sie zu Weihnachten für Ihre Angehörigen ordentlich ein! Wenn Sie das tun, stärken Sie den Einzelhandel, der es wirklich nötig hat. Sie wissen, ich bin nicht im Einzelhandel, deswegen kann ich das auch sagen. Tun Sie das, das ist ganz wichtig!

Sie helfen den Unternehmen. Dadurch, dass Sie denen helfen, bessere Umsätze zu haben, schaffen Sie Arbeitsplätze. Sie kennen den Kreislauf alle, also machen Sie das! Allerdings sage ich auch, damit sollte dann gleichzeitig der Bedarf für die Ausgabe öffentlicher Mittel bis zum Wahltag abgedeckt sein. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe es fast befürchtet, dass man die verlängerte Redezeit dazu nutzen muss, nicht über den Nachtragshaushalt zu reden, sondern andere Debatten zu führen. Leider bin ich sehr enttäuscht. Bislang habe ich Ihre Beiträge immer, zumindest was das Theoretische angeht, doch sehr geschätzt, aber definitiv war darin eigentlich nichts außer irgendwelchen Plattitüden.

(Beifall bei der SPD)

Bevor ich dann zum eigentlichen Thema komme, denke ich, muss auch mir erlaubt sein, auf die Finanzpolitik des Bundes einzugehen. Es ist natürlich schlichtweg verkehrt, hier einen Zusammenhang herzustellen zwischen einem Nachtragshaushalt, den wir für fehlende Einnahmen verabschieden, und der Diskussion darüber, wie zukünftig Einnahmen oder auch die Finanzpolitik des Bundes aussehen.

(Beifall bei der SPD)

Die politischen Ziele der Bundesregierung sind klar, was die Finanzpolitik betrifft, und auch der Bundeshaushalt oder der jetzt beschlossene Nachtragshaushalt zeigt es, nachhaltig die Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung zu verbessern, damit der Kuchen, der zu verteilen ist, wieder größer wird, die Handlungsfähigkeit des Staates jetzt und für die Zukunft sicherzustellen, die sozialen Sicherungssysteme an die Herausforderung der demographischen Entwicklung anzupassen und so in ihrer Qualität auf Dauer zu erhalten, ich denke, das sind alles Punkte, die auch für uns hier in Bremen gelten.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Deshalb buchen wir das auch alles auf den Kanzlerbrief, weil das nichts miteinander zu tun hat!)

Es ist erwähnt worden, der Controllingbericht Bremen für Januar bis November zeigt nachdrücklich, dass Bremen hier schon ein ganz gutes Stück des Weges gegangen ist. Wenn Union und auch FDP ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

bundesweit als Antwort auf die derzeitige wirtschaftliche Lage fast täglich die Senkung von Steuern und Abgaben fordern, dann ignorieren sie ganz einfach entscheidende Zusammenhänge. Bei allen Forderungen nach umfassenden Steuersenkungen wird nämlich ausgeblendet, dass die volkswirtschaftliche Steuerquote, und das ist doch die, die wir, glaube ich, immer alle im Visier haben, wenn wir uns international vergleichen, seit dem Jahr 2000 um zwei Prozentpunkte abgesenkt worden ist und mit derzeit knapp 21 Prozent sich auf einem Tiefstand befindet. Unter Kanzler Kohl war sie durchweg höher.

(Beifall bei der SPD)

Unser Problem in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung ist demzufolge nicht die Steuerquote, und das wissen Sie auch ganz genau, sondern eine leider immer noch zu hohe Belastung der Lohnnebenkosten. Dass man die Umsteuerung der Sozialversicherungssysteme, und die sind es ja, die maßgeblich die Lohnnebenkosten ausmachen, nicht mit einem Fingerschnippen verändern kann, sollte allen seriösen Leuten auch klar sein.

Es ist falsch zu glauben, dass man in kurzer Zeit aus den Sozialausgaben im Bundeshaushalt Milliardenbeträge zur Finanzierung aller möglichen Zukunftsinvestitionen herausschneiden kann. Was wir brauchen, ist eine Politik, die verantwortungsvoll damit umgeht, und auch der Nachtragshaushalt des Bundes, denke ich, wird der Verantwortung gerecht. Hier werden einmalig die Haushaltskriterien nicht eingehalten. Sie wissen selbst um die hohen Belastungen, die auch für die Flutopferhilfe aufgebracht werden müssen. Dies hat zu einer Verschiebung der Steuerreform geführt. Ich finde, das ist ein verantwortungsbewusster Schritt. Die Zahlen und die Auswirkungen dafür finden sich auch bei uns im Nachtragshaushaltsgesetz und der Begründung wieder.

Es gehört zu der Verpflichtung aller öffentlichen Haushalte, und dazu zählt auch Bremen, die vorhandenen Defizite abzubauen, aber auch den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerflucht auszuweiten und zu verstärken. Es gehört auch dazu, nicht mehr vertretbare oder nicht finanzierbare Vergünstigungen im Steuerbereich zu beschneiden oder auch zu streichen.

(Beifall bei der SPD)

Genau das sind die Vorschläge, die derzeit auf dem Tisch liegen. Es sind 41, ich habe sie da, ich kann sie Ihnen auch gern zeigen. Wenn man sie sich anschaut, glaube ich, dass ein Aufschrei in der Republik nicht gerechtfertigt ist. Es geht durchweg um Steuervergünstigungen, die so nicht mehr haltbar sind und auch keinen Sinn mehr machen, und die Vorschläge tragen maßvoll zu mehr Steuergerech