Protocol of the Session on May 14, 2003

Login to download PDF

(Dagegen Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Arbeit der nächsten zwei Tage, die vor uns liegt. Ich bitte um eine zügige, intensive Debatte, damit wir alles schaffen!

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Fragestunde

Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen elf frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor.

Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Verordnung von Antibiotika“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Ziegert, Böhrnsen und Fraktion der SPD.

Bitte, Frau Kollegin Ziegert!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie beurteilt der Senat vor dem Hintergrund zunehmender Resistenzentwicklung gegen Antibiotika, dass nach einer Studie des WidO, das ist der Wissenschaftliche Dienst der Ortskrankenkassen, hinsichtlich der Antibiotikaverordnung erhebliche Unterschiede im innerdeutschen Vergleich bestehen und dass der Bereich der KV Bremen mit etwa 5,6 Tagesdosen pro Versicherten im oberen Drittel liegt?

Zweitens: Ist der Senat der Auffassung, dass es unter dem Gesichtspunkt der Resistenzentwicklung als bedenklich angesehen werden muss, dass zum Beispiel Kindern in Deutschland mittlerweile so häufig Antibiotika verordnet werden, dass jedes Kind im Alter bis zu zehn Jahren im Jahre 2001 rein rechnerisch eine einwöchige Antibiotikatherapie erhalten hat?

Drittens: Sieht der Senat die Notwendigkeit, zu einem rationaleren Antibiotikaeinsatz zu kommen, und welche Maßnahmen, zum Beispiel Entwicklung verbindlicher Kriterien für einen indikationsgerechten Einsatz, könnten hierfür von wem in die Wege geleitet werden?

Die Anfrage wird beantwortet durch Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

(A) (C)

(B) (D)

Zu eins: Der Vergleich Bremens mit anderen Bundesländern ist schwierig, da Bremen als Stadtstaat im Gegensatz zu Flächenländern wie Sachsen eine sehr hohe Bevölkerungsdichte aufweist. In Bremen besteht zudem eine hohe Sozialbelastung, zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit, die nach Expertenmeinung zu einer erhöhten Erkrankungsfrequenz führt. Die Einordnung der gesamten Antibiotika-Verschreibungen in Bremen im Ländervergleich im mittleren bis oberen Drittel ist daher fachlich plausibel. In ihrer Auswahl von Antibiotika halten sich die Bremer Ärzte nach der WidO-Auswertung vorwiegend an empfohlene Standardantibiotika.

Zu zwei: Seit der Einführung der Antibiotikatherapie vor zirka 50 Jahren konnten viele lebensbedrohliche Erkrankungen insbesondere bei Kindern ursächlich behandelt und geheilt werden. Dadurch konnte auch die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden. Ein fachgerechter, aber kritischer ärztlicher Einsatz von Antibiotika, auch bei Kindern, bleibt aber notwendig. So ist vorauszusetzen, dass Bagatellinfektionen nicht mit Antibiotika zu behandeln sind. Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales teilt die Aussage der WidO-Auswertung, dass die Antibiotikagabe für Kinder besonderer Sorgfalt bedarf.

Zu drei: Vor dem Hintergrund einer differenzierten Betrachtung der vom WidO-Institut erhobenen Daten ergibt sich für die Bremer Situation kein erhöhter Handlungsbedarf bezüglich der Verwendung von Humanantibiotika. Allerdings sollte die Verordnung von Antibiotika durch die Ärzteschaft insgesamt mit der gebotenen Zurückhaltung erfolgen. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Die Begründung für die besonders erhöhten Gaben von Antibiotika in Bremen leuchtet mir nicht so ganz ein, denn zum Beispiel die Zahlen der KV Hamburg, aber auch der KV Berlin liegen erheblich unter denen der KV Bremen nach derselben WidO-Auswertung. Das sind ja auch Stadtstaaten mit erheblicher sozialer Belastung und keine Flächenstaaten. Auch wenn man sich einmal die Bundesländer ansieht, die am unteren Ende rangieren, das sind Sachsen, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, kann man eigentlich nicht sagen, dass das unbedingt Länder sind, die nicht unter sozialen Problemen und Arbeitslosigkeit leiden. Mir drängt sich eher der Eindruck auf, dass es auch andere Traditionen und Verschreibungsgewohnheiten sind. Würden Sie mir zustimmen, dass diese Aussage doch etwas problematisch ist, wenn man diesen Vergleich vornimmt?

Bitte, Frau Senatorin!

Wenn man den Vergleich mit Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und so weiter – –.

(Abg. Frau Z i e g e r t [SPD]: Auch mit Berlin und Hamburg vielleicht!)

Darf ich vielleicht ausreden? Wenn man diesen Vergleich mit dünn besiedelten Flächenländern vornimmt, wie Sie das mit Ihrer Frage getan hatten, dann, denke ich, ist da schon eine große Unterscheidung zwischen den Sozialstrukturen und der Bevölkerungsdichte. Wir haben als Großstadt eine andere Sogwirkung auch in das Umland hinein für Patientinnen und Patienten als diese Flächenländer.

Ich teile Ihre Einschätzung, was Berlin und Hamburg betrifft. Das sind, denke ich, die Großstädte, mit denen wir uns dann vergleichen müssten, weil wir da die entsprechenden Sozialfaktoren auch haben. Ich nehme das gern noch einmal mit in unsere Gespräche mit den Krankenkassen, mit der Ärztekammer, mit der KV, die wir regelmäßig führen.

Wir haben bis jetzt keine Hinweise bekommen, insbesondere auch nicht von den Krankenkassen, dass wir ein besonderes Problem hier in Bremen haben. Es gibt sonst immer bestimmte Rückmeldungen, wenn die Krankenkassen feststellen, dass da irgendwie etwas aus dem Ruder läuft im Vergleich mit anderen. Ich nehme das auf jeden Fall mit für das nächste Gespräch mit den Krankenkassen und auch insbesondere mit der Ärztekammer und der KV, um diesem Problem noch einmal nachzugehen. Es ist klar, dass wir die Studie auch in der Hinsicht durchaus ernst nehmen. Es ist ein weltweites Problem und gerade auch bei Kindern, das hatten Sie ja ausgeführt, hoch problematisch. Wir haben schon ein sehr großes Interesse daran, dass mit den Antibiotika auch in der Ärzteschaft sehr verantwortlich umgegangen wird.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Abgesehen von der Frage, ob nun ein besonderes Problem in Bremen besteht oder nicht: Sehen Sie denn Möglichkeiten, auch meinetwegen im Rahmen der Konferenz der Gesundheitsminister auf Bundesebene, dieses Problem vorzubringen? Es ist so, in der letzten Zeit wird vielfach auf die Problematik hingewiesen. Es ist nicht nur so, dass die erhöhte Verschreibung von Antibiotika die Heilung vieler Krankheiten dann doch auf die Dauer komplizierter macht, jedenfalls von schweren Krankheiten, sondern dass in vielen Fällen sogar durch Resistenzentwicklung Antibiotika überhaupt nicht mehr helfen.

Es gibt Studien, die aussagen, dass bis zur Hälfte der Verordnungen von Antibiotika die Therapien nicht zutreffend sind, dass entweder überhaupt

(A) (C)

(B) (D)

fälschlich oder jedenfalls in zu hoher Dosierung Antibiotika verschrieben werden. Sehen Sie da die Möglichkeit, weil ich ein bisschen den Eindruck habe aus Ihrer Antwort, dass es außer bei Kindern im Allgemeinen nicht als problematisch angesehen wird, sich hier auch einmal generell, auf Bundesebene dieses Problems anzunehmen?

Bitte, Frau Senatorin!

Wenn Sie den Eindruck haben, dass wir das nicht als problematisch einstufen, dann ist der Eindruck sicherlich nicht richtig. Es ist ein weltweites Problem, das ist ganz klar. Das konnte man ja heute im „Weser-Kurier“ zum Beispiel auch noch einmal nachlesen, wo deutlich herausgearbeitet wurde, dass durch die manchmal doch nicht sehr sorgfältige Verwendung von Antibiotika diese Resistenzen eintreten, die zu Folgeerkrankungen führen können. Das ist weltweit auch deswegen ein Problem, weil wir uns – siehe SARS – mit Keimen eben auch auf weltweiter Ebene herumschlagen und versuchen, sie einzudämmen. Insofern ist es schon klar, dass es einer Beratung bedarf.

Ich bin gern bereit, das auch noch einmal als Frage auf die Tagesordnung für die Vorbereitungsgespräche für die Gesundheitsministerkonferenz zu setzen. Ich glaube, die Gesundheitsministerkonferenz ist im Sommer. Es gibt ja entsprechende Arbeitskreise, und ich werde das von Bremen aus gern in diese Arbeitskreise einbringen, inwieweit das von den anderen Ländern aufgrund der Studie auch als Problem erkannt wird.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die zweite Anfrage bezieht sich auf die finanzielle Zusage von Bundeskanzler Schröder für das Bundesland Bremen. Die Anfrage ist unterschrieben von dem Abgeordneten Tittmann.

Bitte, Herr Tittmann!

Ich frage den Senat:

Wie stellt sich der Senat zukunftsorientiert die Finanzpolitik des Bundeslandes Bremen ab 2005 vor, wenn die finanziellen Zusagen von Bundeskanzler Schröder, Kanzler-Brief, nicht eingehalten werden oder finanziell nicht eingehalten werden können?

Kann die finanzielle Zusage von Bundeskanzler Schröder für das Bundesland Bremen als rechtlich verbindend angesehen werden?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Staatsrat Metz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Der Senat geht davon aus, dass die Bundesregierung die im Rahmen der Beratung der Steuersenkungsgesetze im Jahr 2000 vom Bundeskanzler schriftlich abgegebene Zusicherung, für Bremen eine Schlechterstellung durch die drohenden erheblichen Einnahmerisiken auszuschließen, ein erneutes Abgleiten der Sanierungsländer in eine extreme Haushaltsnotlage nicht zuzulassen sowie eine ansonsten notwendige Fortführung von Sanierungshilfen zu vermeiden, einhalten wird. Über Zeitpunkt beziehungsweise Zeitspanne, Höhe und Finanzierungsweg der vom Bund zu leistenden Kompensationszahlungen sind die notwendigen Abstimmungsgespräche noch zu führen.

Die Finanzpolitik Bremens, die angesichts der notwendigen Eigenbeiträge zur Haushaltssanierung unverändert auf konsequenten Abbau des konsumtiven Finanzierungsdefizits ausgerichtet bleiben muss, ist von den Ergebnissen dieser Verhandlungen zunächst nicht unmittelbar betroffen.

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Tittmann? – Bitte!

Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, das war für mich unzureichend und für die Bürger auch! Unsere Bürger haben aber ein Recht darauf zu erfahren, und zwar vor den Wahlen, wie es mit dem Bundesland Bremen nach 2005 finanzpolitisch weitergeht, auch hinsichtlich einer finanzierbaren Selbständigkeit des Landes Bremen. Diese Frage sollten Sie beantworten. Sie ist meines Erachtens nicht beantwortet worden. – Ich bedanke mich!

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.