Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen und Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Neues Zuwanderungsgesetz verhindern

Antrag des Abgeordneten Tittmann (DVU) vom 17. Mai 2004 (Drucksache 16/248)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Röwekamp, ihm beigeordnet Staatsrat Dr. vom Bruch.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit über zwei Jahren, als das von Rotgrün ausgeheckte Zuwanderungsgesetz im Bundesrat gescheitert war, pokerten Bundesregierung und Opposition um das Durchpeitschen einer Neuauflage. Nach etlichen Scheingefechten im Rahmen eines regelrechten Schmierentheaters wurde nun ein so genannter Kompromiss zur Zuwanderung präsentiert, der die gesamten Altparteien geradezu in Verzückung versetzt.

Ziel der politisch verantwortlichen Bundestagsparteien ist, dass noch mehr Ausländermassen als bisher der legale Weg nach Deutschland geebnet wird. Statt konsequent die Rückführung der hier in Deutschland illegal lebenden Ausländer rigoros durchzusetzen, lässt sich unsere Justiz von solchen Leuten dauerhaft lächerlich machen. Dementsprechende Beispiele können Sie jeden Tag in den Medien verfolgen.

Meine Damen und Herren, das ist aus Sicht der Deutschen Volksunion der reinste Wahnsinn und wirft unweigerlich die Frage auf: Sollen etwa Ausländer, so wie es der SPD-Europakandidat Öger in einer unverschämten, unverblümten Art und Weise vorausschauend angedeutet hat, die Deutschen in Deutschland ersetzen?

Meine Damen und Herren, schon jetzt leben Millionen Fremde illegal in Deutschland. Die Organisation Pro Asyl schätzt, dass sich zirka viereinhalb Millionen Ausländer illegal in Deutschland aufhalten. Hinzu kommen natürlich dann noch die zirka 7,5 Millionen registrierten Ausländer. Tatsache ist auch, dass die Zahl noch wesentlich höher wäre, wenn es nicht die eingeführte Eindeutschung per Federstrich gäbe, denn sogar eingebürgerte Ausländer, die ihre alte Staatsbürgerschaft zusätzlich behalten, werden in der Statistik nur noch als Deutsche geführt.

Interessanterweise hat sich der Bundesinnenminister Schily, der sich jetzt ganz beglückt und mit Freudentränen in den Augen über das Ergebnis des Zuwanderungspokers zeigt, noch 1998 gegen ein derartiges Regelwerk ausgesprochen. Er hatte selbst erkannt, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung: „Herr Innenminister Schily: ‚Ein Einwanderungsgesetz sei völlig überflüssig, weil die Quote nur bei null liegen könnte’“, und er hat Recht. Er rechnet vor, dass ein Jahr zuvor nicht weniger als zirka 750 000 Zuwanderer in die Bundesrepublik gekommen seien. Das seien schließlich mehr, als das klassische Einwanderungsland USA aufgenommen hat.

Nun sieht der Gesetzentwurf sogar den Nachzug ausländischer Familien, für Kinder bis zum achtzehnten Lebensjahr und sogar eine so genannte Statusverbesserung für angebliche Bürgerkriegsflüchtlin

ge und Geduldete vor. Also noch mehr Großzügigkeiten und Rundumversorgung auf Kosten der deutschen Steuerzahler, auch für jene, die zwar beim Aufbau ihrer längst befriedeten Heimat gebraucht werden, aber hierzulande ein wesentlich angenehmeres, bequemeres Leben führen wollen und auch führen!

Übrigens, nur einmal zur Erinnerung: Als Deutschland nach den katastrophalen Folgen des Zweiten Weltkrieges infolge von Luftterror und anderem Vernichtungsterror, Kriegsverbrechen allierter Sieger in Schutt und Asche lag, mussten unsere Eltern mit viel Leid, Schmerz, Trauer und Entbehrungen Deutschland mit eigenen Händen allein aufbauen. Es gab damals keine zugewanderten Ausländer, wobei die einmalige Aufbauleistung unserer Trümmerfrauen auf der Welt wohl als einzigartig anerkannt werden muss.

Meine Damen und Herren, besonders irrwitzig ist die beabsichtigte Anerkennung von nichtstaatlicher Verfolgung, wenn also eine so genannte geschlechtsspezifische Verfolgung als Asylgrund konstruiert werden kann. Auch das gehört insbesondere zu einer der Herzensangelegenheiten der grünen Sprachröhre Roth.

Meine Damen und Herren, bemerkenswert ist auch die Tatsache und die Aussage, ich habe es vorhin schon erwähnt, jetzt sollten Sie alle ganz genau zuhören, auch die Grünen, des türkischstämmigen SPDEuropaabgeordneten Vural Öger, der öffentlich in der größten türkischen Zeitung „Hürriyet“, Sie wissen, das ist die größte türkische Zeitung, in der jeden Tag auf Seite eins steht: „Türkei den Türken“, Frau Präsidentin, ich darf zitieren, da sagt der SPDAbgeordnete und Spitzenkandidat und Spitzenpolitiker wörtlich: „Das, was Sultan Süleiman 1529 mit der Belagerung Wiens begonnen hat, werden wir über die Einwohner mit unseren kräftigen Männern und gesunden, also quasi gebärfreudigen Frauen in Deutschland verwirklichen, und in einigen Jahren werden die Deutschen in Deutschland in der Minderheit sein.“ Zitatende des SPD-Spitzenabgeordneten!

Meine Damen und Herren, das Wahnwitzige an dieser realistischen Aussage ist doch die Tatsache, dass Sie, als ich Sie hier schon vor Jahren nachweislich vor einer solchen Entwicklung deutlich gewarnt habe, versucht haben, mich niederzuschreien. Sie haben mich als Ausländerfeind und als Rassist beschimpft, aber wenn heute Ihr SPD-Vorzeigesozi mit deutlich entlarvenden Worten meine damaligen Befürchtungen und Warnungen mehr als bestätigt, dann ist alles in Ordnung, dann wird sich darüber nicht aufgeregt, alle finden das toll und super, und Überfremdungsfanatiker wie zum Beispiel die Grüne Marie-Louise Beck und andere Genossen

(Glocke)

fiebern der geradezu erschreckenden Entwicklung verzückt entgegen.

(Glocke)

Ich weise das Wort „Überfremdungsfanatiker“ zurück und rufe Sie hier zur Ordnung! Ein solches Wort werden Sie hier nicht mehr benutzen!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bin schon gewohnt, dass man Ihnen die Tatsachen nicht sagen darf, ich weiß das ja!

Der beste Beweis ist das ausgeheckte Zuwanderungsgesetz. Sie können dem kaum entgegenfiebern und abwarten, bis Deutsche in Deutschland eine Minderheit darstellen.

Meine Damen und Herren, keine Angst, es gibt ja noch Hoffnung! Wir, die Deutsche Volksunion, werden nachweislich stärker. Wir werden, an der Spitze der Herausgeber der „Nationalzeitung“ und DVUBundesvorsitzende Dr. Frey, rechtsstaatlich und demokratisch dafür sorgen, dass diese entlarvende Aussage von SPD-Öger über eine Entvölkerung nicht eintreten wird. Dessen können Sie sich zu einhundert Prozent sicher sein!

Meine Damen und Herren, überhaupt scheinen weitere Kosten, die die verstärkte Zuwanderung von Ausländern zu Lasten der deutschen Steuerzahler aufwerten, keine Rolle zu spielen oder überhaupt keine Sorgen zu bereiten. So sollen etwa für so genannte Integration und Sprachkurse für Einwanderer zusätzlich – ich sage zusätzlich – sage und schreibe mindestens 300 Millionen Euro, das sind 600 Millionen DM, pro Jahr mehr ausgegeben werden.

Unverantwortlich ist insbesondere die Rücksichtslosigkeit, die Skrupellosigkeit, mit der die rotgrüne Chaosregierung und die Opposition deutschen Arbeitslosen begegnen. Trotz Massenarbeitslosigkeit und weiteren Belastungen durch die EU-Osterweiterung sollen weitere Ausländer, bestimmte Berufszweige und solche, die als besonders qualifiziert bezeichnet werden, Niederlassungserlaubnis erhalten. Sogar Daueraufenthalt soll vielfach gewährt werden.

Meine Damen und Herren, auch das rein wirtschaftliche Argument der Altparteien, etwa mit der Umschreibung gesteuerte oder bedarfsorientierte Zuwanderung, ist meines Erachtens eine Volksverdummung, zumal zwei Punkte völlig außer Acht gelassen werden, erstens die gewaltigen Kosten für die Integration der Fremden und zweitens die sehr hohen Belastungen des sozialen Netzes, die wesentlich höher sind als ein eventueller Nutzen. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass Deutschland keinen Mangel an Arbeitskräften, sondern einen dramatischen Mangel an Arbeitsplätzen hat.

Vordringliche Aufgabe von Politik und Wirtschaft wäre es, erst einmal die weit über vier Millionen registrierten, in Wahrheit sind es schon fast zirka acht Millionen, ohne beschönigte Arbeitslosenzahlen, inländischen Arbeitslosen wieder in Lohn und Brot zu bringen. Auch die blödsinnige Behauptung, wir brauchten aufgrund einer geringen Geburtenrate unter Deutschen eine noch größere Einwanderung, ist absurd und unverantwortlich. Es wäre die Pflicht und die Schuldigkeit der rotgrünen Bundesregierung, endlich Voraussetzungen für eine kinder- und familienfreundliche Politik zu schaffen, damit die deutsche Geburtenrate wieder steigen kann.

Es ist schon des Öfteren von mir erwähnt worden, dass Ausländer nachweislich nicht das soziale Sicherungssystem finanzieren, sondern es vielmehr belasten. Meine Damen und Herren, dass im Entwurf des Zuwanderungsgesetzes ausgerechnet die Ausweisung abgelehnter Asylbewerber überhaupt nicht geregelt ist, das hat auch schwerwiegende Folgen für das Bundesland Bremen, denn hier halten sich zirka 3700 geduldete Ausländer auf, also Personen, die zur Ausreise verpflichtet sind, aber aus gewissen Gründen, zum Beispiel, weil sie ihre Identität verschleiern oder aber auch die Passpapiere vernichtet haben, nicht ausgewiesen werden können.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Beifall bei der SPD)

Eines noch zum Schluss!

(Zurufe von der SPD: Abgelaufen!)

Wir brauchen kein Zuwanderungsgesetz, sondern wir brauchen ein Auswanderungsgesetz!

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Möbius.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bemühe mich, nach den hetzerischen Ausführungen von Herrn Tittmann zu einer diesem Hause angemessenen und gebotenen Sachlichkeit zurückzukehren.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bereits in der letzten Parlamentsdebatte haben wir im Rahmen der Mitteilung des Senats zur Großen Anfrage der CDU zur Asylpolitik und ausreisepflichtigen Ausländern im Land Bremen ausführlich über ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

das Zuwanderungsgesetz diskutiert, und zu dem Zeitpunkt war bereits auf Bundesebene der Entwurf des Zuwanderungsgesetzes auf breiter Ebene geeint.

Um das Gedächtnis von Herrn Tittmann noch einmal aufzufrischen: Wir waren uns darüber einig, Zuwanderung ist seit vielen Jahren Realität in Deutschland, und dass wir aufgrund unserer demographischen Entwicklung Fachkräfte aus dem Ausland brauchen, darüber waren wir uns auch einig. Ebenso brauchen wir eine klare Steuerung bei der Zuwanderung.

Zu den Kernbereichen des neuen Zuwanderungsgesetzes gehört auch ein flexibles Regelverfahren des Arbeitsmarktzuganges. Hochqualifizierte Akademiker erhalten zukünftig die Möglichkeit eines unbegrenzten Aufenthaltes, und gerade wir in Bremen haben ganz besonders begrüßt, weil wir auch schon in vielen Debatten vorher festgestellt haben, dass, was Integrationspolitik anbelangt, wir hier auf Bundesebene doch vorzeigbare Ergebnisse bisher erarbeitet haben, dass im Aufenhaltsgesetz ein Mindestrahmen staatlicher Integrationsangebote, die Rechtsordnung, die Kultur und Geschichte Deutschlands gesetzlich geregelt werden sollen und die Kosten hierfür vom Bund übernommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind auch damit einverstanden gewesen und fanden es gut, dass ein Katalog an Sanktionen erstellt wird, der entsprechende Auflagen für Zugereiste beinhaltet bis dahin, dass die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert wird, sofern sich dem Integrationsangebot entzogen wird.

Bezogen auf die innere Sicherheit kommt es zu verschärften Regelungen über die Einreise und die Ausweisung sowie zu besseren Möglichkeiten der Überwachung gefährlicher Ausländer. Entschuldigen Sie bitte, dass ich noch einmal in der Kürze all das in den Punkten wiederholt habe, was wir bereits in der letzten Debatte diskutiert haben, und zwar haben wir es dort etwas umfangreicher diskutiert!

Mittlerweile sind wir froh, und ich glaube, da spreche ich auch ansonsten für das gesamte Haus, dass der Zuwanderungsgesetzentwurf unter Dach und Fach ist. Gestern wurde im Vermittlungsausschuss ein gemeinsamer Beschluss erreicht. Heute Mittag wird das lang umstrittene Zuwanderungsgesetz im Bundestag beschlossen, und am 9. Juli soll das Zuwanderungsgesetz endgültig im Bundesrat verabschiedet werden. Am 1. Januar 2005 wird diese Reform in Kraft treten. Wir von der SPD-Fraktion sind immer noch der Meinung und nicht nur der Meinung, sondern wir werden auch mit allen Kräften versuchen, selbst wenn unsere augenblickliche Koalitionsvereinbarung es nicht hergibt, weiterhin für

eine Härtefallkommission in Bremen einzutreten. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)