Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren, wenn man sagt, Bremen hat ein Haushaltsproblem, so ist es richtig und doch zugleich völlig missverständlich. Wir haben ein Haushaltsproblem, ein gewaltiges sogar, aber wir haben eines, das mehr ist als irgendeine Delle in unserem Etat. Ich finde, man muss es deutlich aussprechen: Wir haben ein Problem, das wir aus eigener Kraft unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht lösen können und das für unser Bundesland existentiell ist. So ist die Lage. Da braucht
2005 umfasst unser Haushalt vier Milliarden Euro. Davon sind nach Auslaufen der Sanierungszahlungen und nach dem Ergebnis der Verhandlungen zum Kanzlerbrief 1,1 Milliarden Euro nicht durch Einnahmen gedeckt. Das heißt, wir müssen 1,1 Milliarden Euro neue Schulden machen. Diese Schulden machen wir, um Investitionen in Höhe von 700 Millionen Euro zu finanzieren, das ist das, was gewissermaßen in den verfassungsgemäßen Bereich gehört. Wir brauchen aber neue Schulden, um in Höhe von 400 Millionen Euro konsumtive Ausgaben zu leisten.
Nun braucht man nicht mehr viel Phantasie, um sich auszurechnen, wohin das führt, wenn man Jahr für Jahr in dieser Weise Schulden machen muss. Es führt nämlich dazu, dass wir in erster Linie von Zinsen erdrosselt werden, das ist doch völlig klar. Deswegen, meine Damen und Herren, sprechen wir darüber, wie wir die politische und finanzielle Handlungsfähigkeit dieses Bundeslandes wiederherstellen können, nicht sichern können, wie wir sie wiederherstellen können. Das ist die Lage.
Ich würde gern hinzufügen, um das zu unterstreichen, dass nach meiner Einschätzung Bremens Selbständigkeit, Bremens Überlebensfähigkeit in einer Weise bedroht ist, wie es in unserer jahrhundertealten Geschichte noch nicht der Fall war. Ich sage es ohne jedes Pathos, aber ich glaube, dass man sich diese durchaus auch historische Dimension deutlich machen muss, damit wir die Dramatik unserer Lage erkennen, die richtigen Schlüsse aus der Analyse unserer Situation ziehen und uns auf den Weg machen können, Bremen eine Zukunft zu geben.
In der Tat, der Begriff ist schon mehrfach genannt, auch der Präsident des Senats hat ihn gebraucht: Bremen steht vor einer tief greifenden Zäsur. Es geht nicht um irgendeine Feinjustierung, es geht nicht darum, ein Quentchen mehr hier und ein Quentchen weniger dort, sondern es geht um eine grundlegende Neuausrichtung unserer Sanierungspolitik, meine Damen und Herren.
Gerade wenn man weiß, dass ein „Weiter so wie bisher“ nicht geht, gibt es sicherlich Anlass, auch Bilanz zu ziehen. Dazu ist in der Mitteilung des Senats vieles aufgeschrieben worden, ich will darauf nicht im Einzelnen eingehen, aber ein Aspekt ist mir doch wichtig gerade als Sozialdemokrat: Wir haben sehr große Anstrengungen deshalb unternommen, weil wir Arbeitsplätze schaffen und Arbeitsplätze sichern wollten. Da haben wir uns eben nicht, wie wir es im Bundesland Berlin im Augenblick sehen können, gesagt, da lohnt es sich nicht zu investieren, weil wir
in unserem begrenzten Bereich sowieso keine Effekte erzielen können. Nein, meine Damen und Herren, wir haben zum Beispiel nach dem Ende des Bremer Vulkan 1996 nicht so gedacht, sondern wir haben uns aufgemacht, Arbeitsplätze neu zu schaffen, und die Erfolge kann man in dieser Stadt sehen. Diese Politik für Arbeitsplätze war richtig, und sie bleibt richtig, meine Damen und Herren!
Ich denke, zu einer selbstbewussten Politik gehört auch, dass man sich zu seinen Fehlern bekennt. Es gibt natürlich Fehler, man muss es doch gar nicht noch einmal sagen, Musical und Space-Park sind die Chiffren dafür geworden. Allerdings, ich füge auch immer hinzu, da soll doch bitte keiner Schadenfreude haben! Wir haben doch ein großes Interesse, dass es am Ende keine endgültig gescheiterten Projekte sind. Darüber muss man auch reden und vielleicht auch in diesem Sinne.
Meine Damen und Herren, über einen Punkt gibt es aber bestimmt kein Darumherumreden, da sind wir gescheitert, da haben wir das Ziel nicht erreicht, und das muss man selbstkritisch feststellen: Die Befreiung des Landes aus der extremen Haushaltsnotlage ist auch nach zehn Jahren Sanierungszahlungen noch nicht gelungen. Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen ist nicht kleiner geworden, und der Schuldenberg ist gewachsen. Dabei haben wir alle Auflagen des Sanierungsabkommens eingehalten. Wir sind dennoch von einem verfassungskonformen Haushalt so weit entfernt wie noch nie. Das ist die Lage.
Für diese Entwicklung gibt es klare Ursachen. Frau Linnert, ich habe mit Interesse gehört, dass wir uns da einig sind. Wir sind uns einig, dass auch heute noch wie 1992, als das am 27. Mai jenes Jahres durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden ist, sich das Land Bremen in einer unverschuldeten extremen Haushaltsnotlage befindet. Ich finde es ganz wichtig, dass an diesem Punkt auch klar ist, dass dieses Parlament gemeinsam dieser Überzeugung ist. Unsere Haushaltslage ist nichts Hausgemachtes, sondern hat mit der Einnahmeentwicklung in allen Ländern und dem Bund zu tun, dass sich die Einnahmen eben nicht so entwickelt haben, wie wir alle es vermutet haben.
In Bremen sind die jährlichen Steuereinnahmen gesunken, obwohl die Wirtschaft in unserem Lande gleichzeitig gewachsen ist. Deshalb ist es parteiübergreifend doch so, dass wir gemeinsam sagen können: Wir haben kein Ausgabeproblem, wir haben ein Einnahmeproblem. Wer von einem Einnahmeproblem spricht, der muss über den so genannten Kanzlerbrief reden, und das will ich hier auch tun.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich bin davon ausgegangen, dass der Kanzlerbrief eine konkrete Absichtserklärung ist. Natürlich wussten wir, dass die tatsächlich im Haushalt eingestellte Summe von über 500 Millionen Euro jährlich eine Maximalforderung war. Wir wussten, dass die Mindereinnahmen Bremens nicht ausschließlich auf die Steuerreform und ihre Folgen für die öffentlichen Haushalte zurückzuführen waren, sondern dass auch konjunkturelle Entwicklungen eine Rolle gespielt haben.
Worum ging es seinerzeit bei dem Kanzlerbrief, was war der Anlass? Es ging um die Steuerreform der rotgrünen Bundesregierung. Das mit der Steuerreform anvisierte Ziel einer steuerlichen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und auch der Unternehmen wurde von allen Parteien der Bundesrepublik parteiübergreifend geteilt. Der CDU und der FDP ging die steuerliche Entlastung nicht weit genug. Die Christ- und Freidemokraten wollten zum Beispiel den Spitzensteuersatz erheblich weiter senken, als die rotgrüne Bundestagsmehrheit es beschlossen hatte, aber die Richtung weniger Steuern wurde gemeinsam vertreten.
Wie immer man über diese Steuerreform gedacht hat und denkt, ich verhehle nicht, dass ich da durchaus meine eigenen Gedanken habe, wenn ich an die Ausstattung der öffentlichen Gebietskörperschaften in Deutschland denke, eines ist aber doch völlig klar: Aus Bremer Sicht kam die Steuerreform zur Unzeit. Unsere Haushaltslage war extrem, uns stand das Wasser bis zum Hals. Bremen versuchte, sich durch gewaltige Anstrengungen aus der extremen Haushaltsnotlage zu befreien, und zwar mit durchaus, wie wir alle wissen, sehr schmerzhaften Sparrunden. In dieser Situation eine Steuerreform zu bekommen, die auf steuerliche Entlastung zielt und damit – zumindest zunächst, so war ja die Absicht – zu erheblichen Einnahmeeinbußen der öffentlichen Haushalte führt, das war eine Katastrophe für Bremen.
Das, was uns auf der einen Seite an Hilfe zur Selbsthilfe gegeben wurde, wurde uns auf der anderen Seite durch Steuersenkungen genommen. Unter dem Strich war es ein Nullsummenspiel. Die Steuerreform hat praktisch die Sanierungshilfen des Bundes konterkariert und damit unseren Ansatz in der Sanierungspolitik zum Scheitern verurteilt. Weil in Bremen diese Bedrohungslage gesehen wurde, hat sich der Senat bei den Beratungen über die Steuerreform für eine Strategie entschieden, die sich von der anderer Bundesländer deutlich unterschied. Wir wollten uns nicht, wie zum Beispiel MecklenburgVorpommern oder Berlin, mit einmaligen Investitionen abfinden lassen. Bremen ist diesen Weg nicht gegangen, ich denke, zumindest aus damaliger Sicht zu Recht nicht, weil uns das überhaupt nicht weitergeholfen hätte. Henning Scherf und Bernd Neumann haben in dieser Situation darauf gesetzt, eine schriftliche Zusage des Bundes zu bekommen, die
mit der Steuerreform verbundenen Einnahmeausfälle auszugleichen. Das ist der Hintergrund des Kanzlerbriefs.
Wenn der Kanzler uns dann schriftlich versichert hat, dass ein „erneutes Abgleiten der Sanierungsländer in eine extreme Haushaltsnotlage durch die finanziellen Auswirkungen der Steuerreform nicht zugelassen werden darf, um eine ansonsten erforderliche Fortführung der Sanierungshilfen zu vermeiden“, so lese ich das gerade aufgrund der Vorgeschichte, und ich habe es so gelesen, als eine Zusage, Bremen bei der Überwindung der durch die Steuerreform zusätzlich verursachten Probleme zu helfen, wenn diese eintreten.
Meine Damen und Herren, es ist und bleibt richtig: Wir haben ein Recht darauf, mit unseren Problemen nicht allein gelassen zu werden. Vor diesem Hintergrund, sage ich ganz ausdrücklich, bin ich sehr enttäuscht darüber, dass wir keine dauerhafte Hilfe aus Berlin erhalten. Das uns vorgestellte Ergebnis der Verhandlung ist enttäuschend, und zwar ohne Wenn und Aber. Wir wissen alle, dass es uns in der gegenwärtigen Haushaltssituation nicht grundsätzlich hilft, bei den Investitionen einmalig entlastet zu werden.
Wir alle wissen, dass die Einnahmen, die für den Kanzlerbrief im Haushalt eingestellt sind, konsumtive Einnahmen sind. Wir sind davon ausgegangen, dass diese Einnahmen nicht nur einmalig erfolgen, sondern über Jahre hinweg. So hat der Senat, so haben die Koalitionsfraktionen den Kanzlerbrief verstanden, und so sind wir mit ihm umgegangen. So haben wir ihn auch in unsere Planungen und Beschlüsse eingebunden. Ich denke, dass das von der Sache her logisch und legitim war, nicht in dem Sinne, dass wir mit dem Kanzlerbrief die Sicherheit hatten, das Geld auch zu bekommen, aber mit der Sichtweise, dass wir bei der Überwindung der extremen Haushaltsnotlage nicht noch zusätzliche, vom Bund verursachte Einnahmeausfälle kompensieren hätten können. Das galt zu der Zeit, als der Kanzlerbrief geschrieben wurde, und das gilt auch heute noch: Ohne weitere Hilfen wird Bremen keinen verfassungskonformen Haushalt aufstellen können.
Meine Damen und Herren, dabei unterstellt das Wort Hilfe, dass das Bundesland Bremen aus sich heraus nicht lebensfähig sei. Das aber ist falsch. Wir sind im europäischen Vergleich eine der reichsten Regionen überhaupt. Unser Problem ist die ungerechte Verteilung der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer. Deshalb gilt nach wie vor das Motto, mit dem schon die Regierung von Klaus Wedemeier vor dem Bundesverfassungsgericht 1992 erfolgreich geklagt hat: Wir fordern, was uns zusteht. Das aber brauchen wir, denn ohne das, was uns zusteht, können wir auf Dauer nicht existieren, und deshalb, glaube ich, gibt es auch keine Patentrezepte, wie es denn nun weitergehen soll.
Übrigens, Stichwort Klage beim Bundesverfassungsgericht: Ich werbe sehr dafür, dass wir es nicht zu einem Kanzlerbrief zwei machen,
dass wir nicht glauben, dass es so wie beim Amtsgericht in Bremen und Bremerhaven auf einen Posteingangsstempel ankommt, dass die Klage dort vorliegt, sondern eine solche Klage muss erstens gut vorbereitet sein, sie muss zweitens auch sorgfältig die Chancen und die Risiken abschätzen, und sie muss sicherlich auch zum richtigen Zeitpunkt eingebracht werden. Lassen Sie uns mit diesem wahrscheinlich notwendigen Instrument so umgehen, dass wir es zum Besten Bremens einsetzen, aber das Beste Bremens nicht gefährden!
Ich bin zweitens der Auffassung, dass wir uns für unsere weitere Politik realistische Ziele setzen sollen.
Dazu gehört Selbstkritik, Herr Kastendiek, deswegen meine Eingangsbemerkung, und zur Selbstkritik gehört, dass die große Koalition in den letzten zehn Jahren ihre jeweils gesteckten Ziele bei der Haushaltskonsolidierung nicht erreicht hat! Ich glaube, es ist viel einfacher, sein Ziel realistisch zu setzen, um dann zu sagen, es ist noch nicht das endgültige Ziel, aber wir haben eines, das wir mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erreicht haben. Ich will es selbstkritisch auch sagen: Ich halte es rückblickend durchaus für einen Fehler, dass wir den verfassungskonformen Haushalt 2005 gewissermaßen wie eine Monstranz vor uns hergetragen haben.
Dieses Ziel war nie Politikersatz, sondern unsere Ziele müssen sich politisch-inhaltlich definieren, aber nicht an irgendeiner Zahl. Im Übrigen, meine Damen und Herren, ein verfassungskonformer Haushalt ist nicht etwas, worüber man eigentlich politisch entscheiden kann, ob man ihn will oder nicht will, er steht in der Verfassung. Deswegen ist das große Ziel, immer diesen zu erreichen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es Patentrezepte nicht gibt, wir sie auch nicht behaupten sollten, ich glaube auch nicht, dass wir am Freitag bei dem anstehenden Koalitionsausschuss ein solches Patentrezept finden werden. Aber eines ist doch ganz klar, dass wir Bremerinnen und Bremer uns nicht aufgeben werden. Wir werden weiterkämpfen.
Bremen kann auf eine Jahrhunderte alte Tradition als Stadtrepublik zurückblicken, dazu stehen wir. Die Vorteile der Selbständigkeit müssen aber auch für die Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bre
merhaven erfahrbar sein. Die Selbstständigkeit ist kein Selbstzweck, sondern nach unserer Überzeugung Voraussetzung dafür, Bremen und Bremerhaven als lebenswerte, als attraktive Städte zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Es ist übrigens ausgesprochen spannend, wenn man noch einmal nachliest, wie die Wiedererlangung der Staatlichkeit Bremens nach dem Zweiten Weltkrieg diskutiert worden ist, also in den Jahren 1946 und 1947. Da ist immer gesagt worden, wir definieren uns nicht aus uns selbst heraus, sondern aus unserer Rolle, die wir im föderalen System und für das sich neu entwickelnde Deutschland spielen können.
Wilhelm Kaisen hat seinem Freund, dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten, Hinrich Wilhelm Kopf, zwar immer deutlich gesagt, wir wollen nicht die politischen Tage Bremens als niedersächsische Provinz beenden, aber das war immer nur ein Teil der Argumentation, vielmehr ging es darum, die Bedeutung der bremischen Selbstständigkeit eben insgesamt herauszustellen und in Deutschland deutlich zu machen. Das, glaube ich, ist auch für uns der Weg, wir müssen nach innen und nach außen mit guten Argumenten für unsere Selbstständigkeit werben.
Meine Damen und Herren, was wir selbst tun können, das wollen wir tun, und das müssen wir tun. Das heißt, es führt auch kein Weg daran vorbei, wir müssen noch mehr sparen, das ist die bittere Wahrheit, alle Sparpotentiale sind auszuschöpfen, ob investiv oder konsumtiv. Ich stimme auch meinen Vorrednern zu – jedenfalls habe ich es so verstanden, dass sie es so gesagt haben –, mit den bisherigen Instrumenten der Sparpolitik wird das nicht mehr weitergehen.
Ein Vorgehen, der Begriff ist, glaube ich, von beiden gefallen, nach dem Rasenmäherprinzip, also ein mathematisches Herunterbrechen des Konsolidierungsbetrags auf einzelne Ressorts, ist kein taugliches Verfahren. Ein solches Verfahren wird es deshalb mit der SPD auch nicht geben. Wir müssen noch mehr sparen, trotz aller Sparrunden in der Vergangenheit, trotz der Tatsachen, dass wir in vielen Bereichen an einer Grenze angelangt sind. Zu einer äußerst restriktiven Haushaltspolitik gibt es überhaupt keine Alternative, aber gerade weil wir wissen, dass wir an Grenzen angelangt sind, weil wir wissen, dass die gesellschaftlichen Probleme an vielen Stellen nicht kleiner geworden sind, sagen wir, wir brauchen eine Sparpolitik, die uns nicht technokratisch daherkommt, sondern die sich ihrer sozialen Verantwortung auch bewusst ist, meine Damen und Herren.
Das heißt für mich zum Beispiel, Bremen kann es sich nicht leisten, auf wichtigen Zukunftsfeldern wie zum Beispiel der Kinderbetreuung oder der Bildung hinter die Standards anderer Großstädte zurückzufallen.
Wenn wir das täten, worin läge die Begründung unserer Selbständigkeit? Andererseits, auch das muss man sofort hinzufügen, können einzelne Ressortbereiche nicht von vornherein von den Sparbemühungen ausgenommen werden, und deshalb werden wir Schwerpunkte setzen müssen. Diese Schwerpunkte heißen in dieser Zeit, nicht mehr oben daraufsatteln, sondern sie werden unter den gegebenen Bedingungen nur über interne Umschichtungen möglich gemacht werden können.
Es gibt Grenzen des Sparens, die nicht überschritten werden können. Eine ungerechte Einschränkung der Lebensverhältnisse in Bremen und Bremerhaven würde das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse verletzen. Ein Vergleichsmaßstab für die Grenze des Sparens ist dabei sicher auch die Ausgabenstruktur anderer Großstädte. Dabei kann es nicht um eine phantasielose Angleichung an den ermittelten Durchschnitt gehen, sondern es müssen die jeweils spezifischen Besonderheiten berücksichtigt werden, denn, meine Damen und Herren, wir wollen uns doch nicht zur grauen Maus der Bundesrepublik heruntersparen, so dass wir von außen nicht mehr als eigenständiges Land mit eigenständigen Projekten und spezifischen Charakteristika in den einzelnen Politikfeldern zu erkennen sind. Als graue Maus jedenfalls hat Bremen keine Überlebenschance, davon bin ich überzeugt.
Wir werden bei der Herausforderung, Bremer in Bremen zu halten und neue Bürgerinnen und Bürger für Bremen und Bremerhaven zu gewinnen, nicht punkten, wenn wir beim Vergleich etwa der Kinderbetreuung oder Schulversorgung in jedem Fall hinter unseren niedersächsischen Nachbargemeinden liegen. Bei den Angeboten für die älter werdende Gesellschaft haben wir eine Chance, rückkehrwillige ehemalige Bremerinnen und Bremer aus den inzwischen zu groß gewordenen Einfamilienhäusern im Umland zurückzuholen, aber nicht, wenn wir schlechter sind als andere, sondern nur, wenn wir mithalten können oder besser sind als andere.
Auch deshalb ist es richtig, beim Sparen inhaltliche Schwerpunkte zu setzen, und ich wiederhole, es wird nicht möglich sein, oben daraufzusatteln. Die Chance, die wir ergreifen müssen, wenn wir nicht zu
reinen Zahlenhanseln werden wollen, liegt daran, an einigen Stellen überdurchschnittlich zu sparen, damit an anderen Stellen weiterhin sichtbar politische Akzente gesetzt werden können.
Meine Damen und Herren, der größte Ausgabenblock in unserem Haushalt sind die Personalkosten. Deshalb gebietet es die Ehrlichkeit zu sagen, dass wir die Personalkosten senken müssen. Ich stelle mir vor, dass wir dazu neue Instrumente wie Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich nutzen, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Aber ich füge auch hinzu, Sozialdemokraten sehen den Personalbereich nicht als bloßen Ausgabenblock. Der unausweichliche Modernisierungsprozess kann nur zusammen mit den Beschäftigten gelingen.
Für den Erhalt der Qualität im öffentlichen Dienst brauchen wir auch künftig engagierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Engagierte Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital eines jeden Unternehmens, und dieses Kapital sollten wir nicht durch unqualifizierte Angriffe zum Beispiel auf die Mitbestimmung der Beschäftigten aufs Spiel setzen, meine Damen und Herren.