Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

Ich finde, Sie haben zu beidem etwas gesagt, aber sind an keiner Stelle genügend konkret geworden.

(Beifall bei der SPD)

Ich will zunächst einmal auf die Frage eingehen, ob es eine zusätzliche Sozialberichterstattung braucht. Wir haben, das hat Herr Oppermann schon deutlich gesagt, eine ganze Reihe von Statistiken, von Analysen im Hinblick auf einzelne Bevölkerungsgruppen und im Hinblick auf ihre Armutssituation. Diese Berichte machen übrigens deutlich, dass es nicht den geringsten Anlass zu Selbstgerechtigkeit für uns als Politikerinnen und Politiker gibt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir leben in einer dramatischen Zeit der strukturellen Massenarbeitslosigkeit. Es gibt im Moment keine Konzepte, die die Massenarbeitslosigkeit so abbauen, dass wir mit einer radikalen Reduzierung der Arbeitslosigkeit rechnen können. Wir sind also in einer ganz dramatischen Situation. Vor dem Hintergrund haben wir aber eine ganze Menge an Berichterstattungen im Land Bremen. Ich nehme nur einmal für die Stadt Bremen das Beispiel der Sozialindikatoren. Da haben wir 25 Indikatoren, mit denen wir Stadtteile – also nicht nur Beiratsgebiete, sondern noch viel kleinräumiger – analysieren und prüfen, welche besonderen sozialen Problemlagen diese haben und wie man politische Schwerpunktsetzungen auch so organisieren kann, dass diese Querschnittsaufgabe Armutsbekämpfung in sehr vielen verschiedenen Politikfeldern auch umgesetzt wird.

Beispiele gibt es dafür eine ganze Reihe, dass wir dann sagen, hier ist ein Stadtteil, der besondere Probleme hat, deswegen müssen wir mehr Geld in die––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sen Bereich hineinbringen. Insofern bin ich der Auffassung, wir haben im Prinzip durchaus schon eine relativ gute Datenlage, die man allerdings an bestimmten Punkten durchaus weiter entwickeln kann. Hier, möchte ich deswegen auch noch einmal deutlich sagen, ist die Broschüre, die die Arbeitnehmerkammer gemacht hat, natürlich ein sehr wertvolles Papier. Ich bedanke mich hier ausdrücklich bei der Arbeitnehmerkammer, denn was sie mit ihrer Publikation macht, ist, eine Politisierung weg von den verwaltungstechnischen Kleinarbeiten, eine Politisierung dieses Themas zu schaffen. Ich denke, das ist bitter nötig. Vielen Dank dafür!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn wir uns die Zahlen des Statistischen Landesamtes anschauen, wenn wir uns die Berichterstattung über Wohnen in Nachbarschaften anschauen, alle möglichen Benchmarkings, die wir mittlerweile machen, dann muss man deutlich sagen, finde ich jedenfalls, dass wir eine sehr gute Datenlage haben. Ich selbst habe vor einigen Jahren hier in diesem Hause auch eine parlamentarische Initiative ergriffen, die das Ziel hatte zu versuchen, eine bundespolitische Initiative, die die SPD zusammen mit den Grünen forciert hat, hier auf unser Land herunterzudeklinieren. Es ging dabei darum, die Armuts- und Reichtumsberichterstattung auf das Land Bremen herunterzubrechen.

Ich will Ihnen ganz offen sagen, das war nicht einer meiner größten politischen Erfolge, diese Große Anfrage, so wie wir sie hier auch debattiert haben. Der Hintergrund war nicht etwa der, dass uns nicht ausreichende Daten erbracht werden konnten im Hinblick auf die verschiedenen Fragen der Armut, die wir hier im Land hatten. Was uns nicht gelungen ist, war, vernünftige Daten im Hinblick auf die Frage zu stellen, welche Reichtümer in unserem Land bestehen und welche verteilungspolitischen Diskurse hier geführt werden können.

(Beifall bei der SPD)

Das ist meiner Meinung nach eine der zentralen Fragen. Wir haben es im Prinzip bei der Armutsbekämpfung immer ganz grundlegend mit zwei Dingen zu tun. Das eine ist, dass wir eine Ökonomie so dynamisieren müssen, dass die Menschen in eine Situation versetzt werden, dass sie mit der eigenen Hände Kraft arbeiten und davon leben können, und das andere ist, dass die Menschen, die es nicht können, über eine Verteilungspolitik in eine menschenwürdige Situation versetzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Oppermann, wenn man versucht, sich damit zu befassen, was jetzt der richtige Armutsbegriff ist,

dann bringt uns das nicht wirklich weiter. Ich glaube, dass die verschiedenen Lebenssituationen, in denen die Menschen auf den verschiedenen Kontinenten leben, natürlich auch dazu führen, dass man zu verschiedenen Armutsbegriffen kommt.

Ich finde den theoretischen Ansatz, den Professor Nolte von der Internationalen Universität Bremen vertritt, ganz interessant, dass er sagt, das substantiell andere an der Armut, die wir in den Metropolenländern haben, besteht darin, dass wir auch eine veränderte Armutskultur haben, dass wir es sozusagen mit einer Armutssituation zu tun haben, in der die ganzen sozialen Bezugsrahmen zunehmend zerbrechen, dass also auch diese Ambitionen, sich aus dieser Armut zu befreien, an vielen Stellen nicht mehr so zu erkennen sind und deswegen viel umfangreichere staatliche Hilfsmaßnahmen organisiert werden müssen, als nur dafür zu sorgen, dass am Anfang des Monats nur genügend Geld auf dieses Konto eingeht.

Deswegen ist, glaube ich, auch hier diese politische Debatte so schwierig, weil wir das natürlich in der Politik schon umgesetzt haben, dass wir eine andere Armutskultur in unserem Land haben und wir deswegen auf unheimlich vielen Handlungsfeldern aktiv werden müssen, um Armutsbekämpfung zu betreiben. Ich möchte nur drei Punkte benennen, die nicht originär mit den Transferzahlungen zusammenhängen, die auch eine ganz wichtige Rolle spielen. Transferzahlungen ermöglichen den Menschen erst, dass sie eine würdige Wohnung haben, dass sie sich würdig ernähren können, aber es gibt eben ganz andere Beispiele. Da will ich Ihnen einmal nur drei nennen, um das deutlich zu machen.

Die Frage der Familienbildung ist eine, die historisch gesehen eigentlich etwas gewesen ist, wo mehrere Familien gemeinsam ihre sozialen Kompetenzen weiterentwickeln sollten mit einem ganz anderen Bildungsanspruch als den, den wir jetzt versuchen hineinzutransportieren. Wir stellen fest, dass immer mehr Familien so wenig funktionieren, dass die Kinder in eine ganz dramatische Lebenssituation kommen. Insofern überprüfen wir, welche Möglichkeiten es gibt, dieses Angebot Familienbildung so umzusteuern, dass es insbesondere in den Stadtteilen angenommen wird, wo wir wissen, dass da ganz viele Kinder mit großen Problemlagen leben.

Das Umsteuern ist ganz schwierig, weil natürlich genau diese Familien, die es eigentlich bitter nötig haben, diejenigen sind, die da nicht hingehen. Wir machen Ernährungsberatungsangebote in den Kindertagesheimen, und welche Eltern kommen überwiegend? Die, die schon bestens informiert sind und sich jetzt noch fragen, ob es besser ist, einen ungeschälten Apfel oder eine ungeschälte Birne zu essen! Aber die Frage ist eigentlich eher die, dass wir die Familien gewinnen müssen, die immer noch denken, ein gutes Frühstück wäre zum Beispiel eine Milchschnitte.

Ein anderes Beispiel will ich Ihnen auch einmal geben. Wir haben es damit zu tun, dass wir bei den Kindern verbreitete Fehlernährung haben, und deswegen und aus keinem anderen Grund sagen wir, wenn wir auf die Kindergärten schauen, müssen wir darauf achten, dass die Küchen weiterhin Bestand haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich persönlich sage das ganz bewusst, weil man das Gefühl haben kann, dass da der Hammer kreist, aber ich will deutlich sagen, dass die Frage der Küchen eine ganz besondere Rolle spielt, und zwar nicht nur deswegen, weil wir darüber wissen, dass die Kinder frische Nahrungsmittel bekommen, sondern auch, weil wir wissen, dass die Kinder erfahren, wie man aus normalen, an der Bohnenstange gewachsenen Gegenständen oder in der Erde gewachsenen Knollen ein vernünftiges Essen machen kann. Darum geht es, und deswegen lege ich großen Wert auf dieses Angebot.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als dritten Punkt will ich das Thema Sprachförderung angehen, weil das noch einmal den bildungspolitischen Aspekt von Armutsbekämpfung genau beschreibt. Armutsbekämpfung heißt natürlich auch, dass man die Startchancen verbessern muss. Wir müssen gerade bei Kindern dafür sorgen, dass sie so früh auf die Startrampe kommen, dass sie eine vernünftige Bildungskarriere hinlegen, damit ihr ganzes Leben eine erfolgreiche Karriere wird. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen die Sprachförderung einführen, indem wir vorher Sprachstandsüberprüfungen machen und dann eben dafür sorgen, dass die Kinder in den Schulen vernünftige Chancen haben.

Die Opposition und die Regierung unterscheiden sich nicht in der grundsätzlichen Frage, sondern nur in der Frage, welche Ressourcen stehen dafür zur Verfügung, wie viel Geld kann man mobilisieren. Ich möchte deswegen hier meine Rede damit abschließen, deutlich zu sagen, dass es meiner Meinung nach einen relativ breiten Konsens darüber gibt, dass wir eine Armutsbekämpfung auf allen möglichen Politikfeldern betreiben müssen, und es geht meiner Meinung nach in erster Linie darum, dass wir uns darauf konzentrieren, diese Strukturen zu verbessern, die wir haben, sie zu verteidigen, damit es sie in Zukunft gibt, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, und ich glaube, wir sollten uns nicht zu sehr auf das Berichtswesen konzentrieren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort Frau Senatorin Röpke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe die Große Anfrage von den Grünen so verstanden, dass es in erster Linie darum geht, wie im Lande Bremen Armutsberichterstattung erfolgt. Die Fragestellung, brauchen wir einen großen, alles umfassenden Sozial- oder Armutsbericht, das war aus meiner Sicht die Kernfrage der Großen Anfrage. Dass das natürlich jetzt auch in eine Debatte geht, wie wir mit dem gesellschaftlichen Problem Armut umgehen, das in der Tat weiter zunimmt, begrüße ich. Was die Berichterstattung betrifft, das können Sie ja aus der Antwort des Senats entnehmen, hat Bremen anders als andere Länder oder der Bund einen anderen Weg verfolgt, den ich aber auch zielführender und angemessener für unser Bundesland finde.

Wir brauchen selbstverständlich, wenn wir die großen sozialen und gesundheitlichen Aufgaben erledigen wollen, gute Informationen über die Lebenslagen unserer Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen nah am Thema sein. Ich bin davon überzeugt, dass wir das besser mit kleinteiligeren Berichten zu den einzelnen Schwerpunktthemen leisten können als mit einem großen umfassenden Bericht, der vielleicht eine große Datenmenge verarbeitet, aber an vielen Stellen auch wirklich nicht weiter hilft. Insofern denke ich, dass wir diesen Weg der kleinteiligen Berichterstattung nachhaltig weiter gehen sollten.

Der jährliche Bericht der Arbeitnehmerkammer, der in der Tat sehr viele Daten, Fakten, Aspekte, aber natürlich auch Bewertungen beinhaltet, ist aus meiner Sicht sehr hilfreich an vielen Stellen. Er lenkt noch einmal den Fokus auf Problemlagen, beleuchtet sie und macht deutlich, wo Handlungsbedarf ist. Wir unterstützen als Ressort die Berichterstattung der Arbeitnehmerkammer zum Beispiel dadurch, dass wir entsprechende Daten zuliefern. Wir sind auch mit der Arbeitnehmerkammer im Gespräch, was die Bewertung betrifft, und arbeiten sehr gut mit der Arbeitnehmerkammer zusammen. Das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich betonen.

Neben dem Bericht der Arbeitnehmerkammer, das ist zum Teil schon gesagt worden, gibt es weitere Berichte, Datenlagen, Auswertungen. Ich möchte darauf jetzt nicht im Einzelnen eingehen. Das so genannte Stadtteilinfo ist schon genannt worden. Es ist aus meiner Sicht eine sehr hilfreiche Einrichtung.

Noch nicht erwähnt worden, das möchte ich hier hervorheben, ist das Projekt „Wohnen in Nachbarschaften“. Auch das ist eine Fokussierung auf ganz bestimmte kleinräumige Lebenssituationen von Menschen, die eher in der Gefahr sind, in Armut zu leben. Wir haben zum Beispiel eine periodische Berichterstattung über Erziehungsberatungen, die auch ganz konkret Problemlagen aufgreift oder, für mich ganz wichtig, die Berichte, die wir zur Lage alter Menschen erstellen, zu ihren belasteten Lebenssituationen, zu ihren Fragestellungen, was es für Hilfsangebote gibt. Der nächste Bericht ist in Vorbereitung. Da haben wir ganz klar die Zielgruppe der alten Menschen im

Auge, die eben auch zunehmend von Armut bedroht sind.

Die Landesgesundheitsberichte möchte ich erwähnen, die sich auch schwerpunktmäßig mit bestimmten Themen beschäftigen. Der Bericht von 1998 hat sich beschäftigt mit dem Thema „Kinder und Gesundheit“, 2001 war das Thema „Patientinnen, pflegende Angehörige und Frauen“. Das Thema Gewaltbelastung spielt in vielfältigen Berichten, zum Beispiel jetzt jüngst beim Bildungsressort, eine Rolle. Wir haben Stadtteilberichte des Bauressorts, die neben den stadtteilentwicklungspolitischen Aspekten auch soziale Aspekte einbeziehen. Das sind nur exemplarisch genannte Themenbereiche. In der Großen Anfrage haben wir den Versuch unternommen, das möglichst vollständig darzustellen, was nebeneinander und miteinander passiert, was aber auch auf jeden Fall miteinander verknüpft werden muss.

Der aktuelle Bericht der Arbeitnehmerkammer hat sich, wie gesagt, mit dem Thema „Armut und Gesundheit“ auseinander gesetzt. Auch der Senat stellt in seiner Antwort fest, dass gerade im Land Bremen Kinder und Jugendliche im Vergleich zu anderen Bundesländern – Sie haben das Beispiel Bayern genannt, Herr Schmidtmann – in sehr ungünstigen Lebenszusammenhängen, was Armut betrifft, leben, aber bundesweit steigt eben auch die Anzahl der Kinder, die von Armut bedroht sind, an. Die Bundesministerin Renate Schmidt hat das ja auch dankenswerterweise sehr stark thematisiert.

Wir wissen, dass wir mit der Armutsbekämpfung uns nicht mit so einfachen Mustern bedienen können, wie manche das vielleicht annehmen, sondern das ist ein ganz hartes, ein ganz schwieriges Unterfangen. Wir müssen mit den Menschen arbeiten und den Menschen Hilfestellung geben. Insbesondere auf dem Gebiet des Gesundheitssektors ist das ziemlich im Argen.

Herr Oppermann, wenn Sie sagen, dass bei den Krankenkassen nette Broschüren zur Prävention herumliegen und wie man seine Lebenssituation verbessern kann, dann wissen wir auch, und das haben wir auch in die Antwort hineingeschrieben, dass nur ein Bruchteil dieser Angebote der Krankenkassen bei den Familien ankommt, die dringend darauf angewiesen wären, also bei den sozial schwachen Familien. Das ist das Problem, das wir haben, das Herr Pietrzok auch schon beschrieben hat, für das wir noch kein Patentrezept gefunden haben trotz Modellversuchen und immer wieder neuen Fragestellungen: Wie kommen wir an die Menschen heran, die es wirklich brauchen, an die Menschen, die sich eben nicht von sich aus mit diesen Fragestellungen beschäftigen, den so genannten bildungsfernen Familien? Dieses Problem haben wir alle miteinander nicht gelöst, weder in Bremen und Bremerhaven noch bundesweit.

Vielleicht kommen wir einen Schritt weiter, wenn wir auf der Bundesebene das Präventionsgesetz endlich verabschieden. Ich bin sehr froh, dass es gelun

gen ist, in diesem Präventionsgesetz einen großen Anteil zu verankern, wo das so genannte kommunale Setting greift. Dadurch haben wir weitere Möglichkeiten, die Probleme von Kindern und Jugendlichen – Thema Ernährung, Thema Bewegungsmangel – aufzugreifen und mit ganz konkreten Projekten vor Ort zu unterstützen. Insofern begrüße ich es sehr, dass das Präventionsgesetz diesen Weg geht, und hoffe, dass es auch politisch so eine breite Mehrheit findet, dass es verabschiedet werden kann.

Wir haben, das ist schon beschrieben worden, den Ansatz, dass wir möglichst versuchen wollen, von Anfang an Kindern Bildung mitzugeben. Bildung ist die zentrale Voraussetzung für die Entwicklung der Persönlichkeit. Bildung ist vor allem für die Kinder wichtig, die es eben nicht zu Hause vorgelebt bekommen, sondern die ein ganz negatives Vorbild zu Hause vorgelebt bekommen. Das sind die Probleme, mit denen wir zu tun haben, dass diese Kinder von vornherein für sich keine Perspektive entwickeln können, dass sie keine Unterstützung in den Familien bekommen, weil die Familie, wenn sie überhaupt noch vollständig ist, selbst nicht mehr in der Lage ist, ihr Leben zu organisieren, weil sie vielleicht durch lange Arbeitslosigkeit für sich keine Perspektive mehr hat, völlig desorientiert ist.

Das sind die Kinder, die uns große Sorgen machen, um die wir uns kümmern müssen. Deswegen bin ich fest davon überzeugt, dass wir in die frühkindliche Bildung, in den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen unsere Kraft setzen müssen, um diesen Kindern von vornherein gleiche Chancen zu geben wie den Kindern, die in gut situierten Familien aufwachsen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist aus meiner Sicht unsere Kernaufgabe. Davon bin ich fest überzeugt. Da spielen ganz viele Faktoren eine Rolle. Ich sage das hier auch noch einmal, weil ich den Hammer genauso sehe wie Herr Pietrzok. Mir ist wichtig, dass wir das Thema gesunde Ernährung, Bewegung in den Kindergärten, in den Schulen auch weiter nach vorn bringen. Es darf nicht passieren, dass jetzt durch Sparmaßnahmen hier Einschränkungen gefordert werden. Ich bedauere es sehr, dass der Finanzsenator dieser Debatte heute nicht folgt. Wir haben die gesellschaftliche Aufgabe, dass wir alles daran setzen müssen, den Kindern von vornherein alle Perspektiven zu geben, und dazu gehört eben gesunde Ernährung, dazu gehören Bewegungsmöglichkeiten in der ganzen Stadt, und dazu gehört Bildung, Bildung, Bildung.

(Beifall bei der SPD)

Das ist eine langfristige Perspektive, man muss erst einmal mehr Geld in die Hand nehmen, das ist klar, aber dafür spart man dann auch später Geld. Wir haben es, das wissen Sie alle, jetzt mit vielen Jugend

lichen zu tun, die eben keine Perspektive haben, weil sie keinen Schulabschluss haben. Was nehmen wir da alles in die Hand in der Arbeitsmarktpolitik für Qualifizierungsprogramme, für Unterstützungsprogramme, Förderprogramme! Was kostet das für ein Geld und ist meistens an vielen Stellen auch noch erfolglos, weil die Jugendlichen einfach gar nicht mehr abgeholt werden können, weil man nur noch mit ganz viel Mühe und mit ganz viel Arbeit sie unterstützen kann und immer wieder am Ball bleiben muss. Das können wir uns von vornherein ersparen, wenn wir nachhaltiger und langfristiger denken und langfristiger auch Politik entwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in der Arbeitsmarktpolitik einen neuen Weg mit Hartz IV beschritten, im Übrigen, Herr Oppermann, mit der CDU!

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Wir streiten das ja gar nicht ab! Es gibt ja andere hier im Haus!)

Dann ist ja gut, weil Sie immer so tun, als sei das alles rotgrüne Politik. Hartz IV ist von allen mitgetragen worden. Ich finde es auch richtig, diesen Weg des Förderns und Forderns zu gehen. Ein entscheidender Fortschritt, der erst noch umgesetzt werden muss zugegebenermaßen, ist das Fallmanagement, wo wir mit dem einzelnen Menschen alles tun, um ihm Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, und das ist der entscheidende Schritt aus der Armut heraus. Aber ich gebe zu, es fehlt an vielen Stellen noch an der Perspektive, nämlich an einer Chance auf dem Arbeitsmarkt, weil eben Arbeit im notwendigen Umfang nicht vorhanden ist.

Da sind wir bei den Rahmenbedingungen, die wir von Bremen auch nicht beeinflussen können: Wirtschaftspolitik auf der Bundesebene, die gesellschaftliche Verpflichtung von Unternehmen, die Steuerpolitik, die Frage, wie sich Konjunktur entwickelt. Das sind alles Rahmenbedingungen, die wir nicht in der Hand haben, die aber ganz entscheidend dafür sind, wie viele neue Jobs in dieser Gesellschaft möglich sind, und daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten. – Danke schön!