Frank Pietrzok
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich sehr, sehr weitgehend dem anschließen, was der Kollege Bensch hier – wenn ich es richtig sehe, in seiner ersten Rede im Parlament – jetzt gerade gesagt hat.
Ich möchte mich jetzt hier nur auf einige Punkte beschränken, die noch nicht so zur Sprache gekommen sind. Ich glaube, dass die Bedeutung der Elternbildung in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Man hat früher sehr stark den Gedanken verfolgt, dass Eltern naturgemäß in der Lage sind, ihre Kinder gut zu erziehen, dass die Lebensverhältnisse so stabil sind, dass es den Eltern in der Regel von sich aus gelingt, dass sie ihre Kinder auch auf einen guten Weg bringen. Ich glaube, dass die Zeiten so schwierig geworden sind, gerade für Eltern, dass wir mehr Unterstützung für die Eltern herstellen müssen. Diese Ambition kommt auch durch diese Antwort des Senats zum Ausdruck.
Ich finde es nicht richtig, was Sie gesagt haben, Herr Crueger, dass diese Vorlage des Senats nun so verkürzt ist und nicht genügend wiedergibt. Wenn wir uns anschauen, wie die Papierlage aus den vergangenen Jahren ist im Hinblick auf die Konzepte, dann wissen wir sehr genau, was hier in der Stadt tatsächlich läuft, und wir wissen auch sehr genau, wohin wir wollen. Ich will Ihnen dazu vielleicht auch gleich noch einmal ein paar Erläuterungen geben, damit Sie es besser verstehen.
Zunächst will ich noch einmal sagen, dass die Herausforderungen für die Eltern deswegen größer geworden sind, weil insbesondere die soziale Situation von Familien sehr schwierig ist. Wir wissen, dass ein sehr großer Teil der Kinder – hier in Bremen ist es besonders extrem, in Bremerhaven ist es noch ausgeprägter – mittlerweile von Transferzahlungen abhängig ist. Das heißt, die Familien insgesamt befinden sich in einer sozialen Situation, in der sie Unterstützung brauchen und eben nicht nur Transferleistungen.
Wir haben mittlerweile aber auch einen gesellschaftlichen Diskurs, bei dem nicht mehr klar ist, mit welchem Erziehungsziel man eigentlich sein Kind großziehen soll. Da gibt es die einen, die sagen, dass man doch mehr Strenge walten lassen muss, wenn man die Kinder großzieht, und auf der anderen Seite gibt es ganz liberale Erziehungsstile. Mein Eindruck ist, dass viele Eltern nicht mehr genau wissen, welchen Weg sie eigentlich selbst verfolgen wollen. Auch deswegen brauchen sie dringend mehr Unterstützung. Es kommen viel mehr Entscheidungen auf die Eltern ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
zu: die Individualisierung von Lebenslagen, die Frage der Religionszugehörigkeit, die Frage, an welche Schule die Kinder gehen, in welchen Kindergarten, mit welchem Konzept. Das alles sind mittlerweile Herausforderungen, denen sich die Eltern stellen müssen, von denen mein Eindruck ist, dass die Generation vor mir da doch viel stärker in vorgegebenen Bahnen operieren konnte und von den Eltern heutzutage viel mehr Entscheidungsfreude erwartet wird.
Wir wissen, dass mittlerweile vielen Eltern Basiskompetenzen fehlen. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass Kinder nicht mehr überall im Alltag gegenwärtig sind. Ich glaube, dass viele, die Eltern geworden sind, nicht mehr mit dieser Selbstsicherheit mit Kindern umgehen, wie es vielleicht früher der Fall war, als es viel mehr Kinder in unserem Land gegeben hat. Das alles sind Dinge, die wir natürlich im Hinblick auf die Familienbildung auch berücksichtigen müssen. Das wird aber auch getan. Wir versuchen deswegen auch, dieses System weiterzuentwickeln und genau die Familien zu erreichen, die es bitter nötig haben,
weil wir genau wissen, und das hat Herr Bensch sehr deutlich gesagt, wenn es uns gelingt, dass die Familien ihre Kinder vernünftig erziehen können, wenn es uns also gelingt, sie in die Lage zu versetzen, ihre Kinder sinnvoll zu erziehen, dann schützt es uns auch im Hinblick darauf, dass wir auf weiterführende Hilfesysteme keinen so großen Aufwand verwenden müssen, um die Kinder wieder einzufangen, weil wir einfach wissen, sie werden schon in jungen Jahren auf eine gute Bahn gebracht.
Wir haben hier in Bremen ein sehr umfassendes Programm, um genau das zu erreichen. Ich kritisiere das, was Sie gesagt haben, Herr Crueger, weil Sie doch den Eindruck erwecken wollten, dass es sich hierbei um ein beliebiges Programm handelt. Dem will ich widersprechen. Wir haben ein sehr vielfältiges Programm, in dem es sehr, sehr unterschiedliche Angebotsformen gibt. Sie sind aber eben nicht beliebig, sondern es sind konkrete Konzepte, die mit einer sehr starken Stadtteilorientierung entwickelt worden sind und sich als sehr leistungsfähig erwiesen haben.
Wir schauen bei den Kozepten sehr weit über den Tellerrand. Da gibt es Kurse „Mama lernt Deutsch“, in denen wir die Eltern in die Lage versetzen wollen, dass sie sich selbst sprachlich entwickeln. Wir haben mit „Hippy“ ein Programm, mit dem wir die Eltern fördern wollen, wie sie besser mit ihren Kindern umgehen. Das Programm haben wir aus Israel übernommen, weil Israel sich damit sehr stark auseinander gesetzt hat, da Israel ein Land ist – das wissen
Sie sicher alle –, das sehr viele Zuwanderer hat und sich deswegen ganz besonders anstrengt, Konzepte zu entwickeln, die genau diese Zielgruppe erreichen.
Wir haben mit dem Programm „Opstapje“ aus den Niederlanden Konzepte übernommen, weil wir wissen, dass auch die Niederländer an dieser Stelle sehr fortschrittlich sind, und wir haben auch solche Programme hier eingeführt. Im Moment führen wir genau die Diskussion – aus dem, was wir in Großbritannien auch schon gelernt haben, die „Early excellency center“ –, dass man solche Ansätze fördert, bei denen die Kindertagesheime stärker in die Verantwortung genommen werden, weil sie ein wichtiger Zugang sind, um an die Eltern heranzukommen.
Wir haben noch eine ganze Reihe an Angeboten. Ich denke nur einmal an die Angebote, die beispielsweise die katholische Kirche macht, die sehr ambitioniert ist, um den Eltern auch Hife zu leisten, um ihrem Erziehungsauftrag auch wirklich gerecht zu werden. Das alles sind meiner Meinung nach Angebote, die total gerechtfertigt sind und von denen ich nicht sagen kann, dass es da Angebote gibt, die ich für obsolet halte, für verzichtbar halte. Da sind wir aber ganz schnell in einer Diskussion, wie man das Programm weiterentwickeln kann.
Ich will Ihnen nur noch einmal ein kleines Beispiel erzählen, welche Bemühungen wir unternehmen, um die Familienbildung noch besser zu organisieren. Wir haben aus der Bundesfinanzierung ein Programm finanziert bekommen, bei dem es darum ging, genau die Schichten stärker für die Familienbildung zu motivieren, die wir nicht so leicht erreichen können, und das sind die bildungsfernen Familien. Das ist in meiner Rede, hoffe ich, schon deutlich geworden, dass sich diese Konzepte nach israelischem Modell sehr stark daran orientieren. Wir haben eine richtige Kampagne mit einem Kleinbus, allen möglichen Flugblättern und persönlichen Ansprachen und im Internet ein System gehabt, wo jeder sofort sehen kann, welche Bildungsangebote es für Familien hier in der Stadt gibt, weil wir diese Ambitionen haben, dass wir jede Zugangsschwelle, die es irgendwie gibt, abbauen wollen.
Erst einmal will ich deutlich sagen, wir haben Probleme gehabt mit dem Programm. Diese Kampagne hat nicht die erwarteten Erfolge gehabt. Wir haben festgestellt, dass der Zugang über solche Kampagnen nicht so erfolgreich ist, wie wir es haben wollen. Deswegen werden wir auch stärker auf solche stadtteilbezogenen, einrichtungsbezogenen Strukturen zurückgreifen, weil sie uns den Zugang zu den Familien besser organisieren, als es mit einer Kampagne möglich ist. Das wollen wir auch weiter so betreiben.
Die Frage ist nur, wenn wir im Bereich der Familienbildung jetzt zu einer Neusystematisierung kom
men, Herr Crueger, und wir müssen davon ausgehen, dass die finanzpolitischen Spielräume nicht so groß sind, dann muss man eben nicht nur sagen, was man alles zusätzlich haben möchte, sondern da muss man auch sagen können, worauf man verzichten will. Das haben Sie bisher hier nicht gemacht. Das finde ich schwierig. Ich jedenfalls möchte deutlich sagen, dass das, was in dem Bericht des Senats deutlich formuliert worden ist, die produktive Vielfalt in unserem Bundesland sehr deutlich signalisiert hat. Es zeigt auch, dass wir große Ambitionen haben, und es zeigt auch auf, welchen Weg wir weitergehen wollen.
Die Botschaft der Senatsvorlage ist doch ganz deutlich: Wir haben diese Vielfalt und machen uns auf den Weg, über die Vernetzung der Hilfesysteme in Bremen und Bremerhaven den Zugang noch weiter zu intensivieren. Die Vernetzung in den Stadtteilen, die Vernetzung unter den Einrichtungen ist meiner Meinung nach der richtige Weg. Wir greifen auf die Kompetenzen zu, wir greifen auf die Kontakte zu den Bürgerinnen und Bürgern zu und können so erreichen, dass wir möglichst viele Familien auch für solche Angebote finden. Wir können, glaube ich, auch sagen, dass es unsere Ambition für die Koalition ist, dass wir das Niveau, das wir erreicht haben, auf jeden Fall auch halten wollen.
Es gibt eine große Rechtfertigung dafür, dass man in dem Bereich noch mehr macht. Die gesellschaftspolitischen Herausforderungen sind groß. Die Frage ist aber nicht in erster Linie: Wollen wir mehr für die Familienbildung tun? Die konkrete Frage lautet: Können wir angesichts der Haushaltslage mehr für die Familienbildung tun? Damit müssen wir uns auseinander setzen. Das ist unser großes Problem, und ich gebe Ihnen auch gern zu, dass wir hier an dieser Stelle nicht jedem Bedürfnis gerecht werden können, das es da noch gibt. Das gebe ich gern zu, denn auch an dieser Stelle ist das Geld zu knapp. Ich glaube aber, im Rahmen dessen, was wir an Ressourcen zur Verfügung haben, ist das Geld richtig angelegt, und deswegen wollen wir auch so weitermachen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Anlass für unsere Große Anfrage zum Thema „Stand der Integrationsarbeit in Bremen und Bremerhaven“ ist, dass die Bertelsmann-Stiftung eine Untersuchung gemacht hat, in der sie eine große Zahl von Städten und Gemeinden untersucht hat hinsichtlich der Frage, wie ambitioniert diese Städte und Gemeinden bei der Integration von Zuwanderern sind. Man muss da deutlich sagen: Bremen hat ein sehr gutes Ergebnis bekommen! Die Bertelsmann-Stiftung hat Bremen attestiert, dass in der Frage der Integration Bremen sich sehr bemüht und sehr erfolgreich ist.
Vor dem Hintergrund, dass wir ungefähr zu der gleichen Zeit die Diskussion gehabt haben, vor allem initiiert durch einen gewissen Herrn Luft, der mit dem Begriff der Parallelgesellschaft, wie ich fand, doch sehr stark polarisiert hat
und auch die Integrationsbereitschaft von Zuwanderern sehr stark polarisiert hat, war es mir ein Anliegen, dass wir noch einmal zusammentragen, was hier in der Stadt eigentlich an Integrationsangeboten vorherrscht.
Ich bin froh, dass ich Ihnen mitteilen kann, dass uns die Bertelsmann-Stiftung dabei auch bestätigt. Das zeigt, dass wir hier als große Koalition eine moderne Großstadtpolitik betreiben können und dass wir das Bemühen um Integration als eine partnerschaftliche Aufgabe ansehen, die nicht nur, aber natürlich auch den Zuwanderern zufällt, aber gleichzeitig eine Aufgabe ist, die eine große Herausforderung für viele staatliche Institutionen darstellt. Die Antwort des Senats auf verschiedene Fragen macht deutlich, dass die vielen Institutionen sich auch tatsächlich mit dieser Problematik befassen und sich diese Aufgabe zu Eigen gemacht haben.
Wir haben mittlerweile Migranten in allen Altersklassen in unserem Land. Insofern handelt es sich nicht mehr um eine Aufgabe, die auf bestimmte Generationen zukommt, und insofern gilt auch hier mittlerweile der Satz, der früher schon immer für die sozialdemokratische Organisationsfamilie galt, dass es von der Wiege bis zur Bahre Angebote geben muss. Das gilt mittlerweile auch für die Integrationsangebote, und das wird in der Antwort des Senats deutlich.
Wenn wir uns anschauen, was wir bereits im Kindergarten machen: Wir haben mittlerweile Sprachstandsüberprüfungen in Bremen eingeführt, und sie sind auch in Bremerhaven eingeführt worden, wir haben Erzieherinnen dafür ausgebildet, damit sie das vernünftig leisten können, es hat Qualifizierungsmaßnahmen gegeben, um Sprachförderprogramme zu machen, es gibt ein vielfältiges Programm an Elternbildungsangeboten – das Problem ist ja vorhin hier schon debattiert worden –, und auch in Bremerhaven gibt es entsprechende Angebote, dann können wir sagen, dass wir für den Bereich der Kindertagesbetreuung an dieser Stelle schon eine ganze Menge gemacht haben.
Die Schule ist natürlich eine der zentralen Fragen in diesem Zusammenhang. Ich möchte auch hier noch einmal deutlich sagen, dass die Antwort des Senats sehr viel darstellt im Hinblick auf das, was die Schule unternimmt. Es gibt Förderunterricht in deutscher Sprache, Vorkurse für die Grundschulen, Sprachintensivkurse, es gibt die Sommercamps, an denen sehr viele Migrantenkinder teilnehmen, es gibt Erzählwerkstätten, muttersprachlichen Unterricht, es gibt eine ganz große Zahl an schulischen Angeboten, die
das Ziel haben, die Teilhabe von jugendlichen Migranten auch tatsächlich zu gewährleisten.
Ich will aber auch deutlich sagen: Wir können damit nicht zufrieden sein. Die Pisa-Studie hat gezeigt, dass wir gerade bei Migrantenkindern deutliche Defizite haben. Im internationalen Vergleich hat sich gezeigt, dass gerade Zuwandererkinder in ihrem schulischen Leistungsvermögen deutlich zurückbleiben hinter dem, was Kinder, die aus Zuwandererfamilien kommen, in anderen Ländern können. Aber wir haben hier in Bremen ein besonderes Problem, und das muss man in diesem Zusammenhang auch immer berücksichtigen: Wir haben 40 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund in den Schulen. Das ist eine derartig hohe Quote, da muss man sich klarmachen, welch große Integrationsleistung das ist, die da von allen Institutionen erwartet wird, also eine große Herausforderung, der wir uns aber auch dadurch stellen, dass wir eine Vielzahl von Angeboten machen.
Mittlerweile ist es aber so, dass wir nicht nur bei den Kindern Zuwanderer haben – da sind es besonders viele –, sondern dass die ersten Generationen jener, die noch unter der Bezeichnung Gastarbeiter hierher gekommen sind, aber nicht Gastarbeiter geblieben, sondern ganz normale Bürger unseres Landes geworden sind, jetzt mittlerweile auch im Seniorenalter mit den entsprechenden Bedürfnissen sind, die Senioren nun einmal haben. Darauf müssen wir uns einstellen, damit ist auch begonnen worden. Es gibt mittlerweile im Bereich der interkulturellen Altenhilfe eine vielfältige Palette an Angeboten, die sich stärker an Migranten orientiert. Wir haben damit angefangen, spezielle Informationen für Migranten höheren Alters bereitzustellen, wir versuchen, bei den Begegnungsstätten Angebote auch wirklich bereitzustellen, die dazu führen, dass Migranten dorthin kommen, so dass wir nicht nur eine Symbolik haben. Jeder kann kommen, der möchte. Wir wollen, dass die Migranten wirklich da sind.
Wir setzen gezielt darauf, dass Migranten auch an der Pflegeausbildung teilnehmen, weil wir genau wissen, dass die entsprechende kulturelle Sensibilität ein wichtiger Faktor dafür ist, dass ältere Menschen sich auch tatsächlich pflegen lassen. Es gibt spezifische Probleme in diesem Zusammenhang. Darüber ist uns in der Sozialdeputation schon eine Vielzahl von Berichten zur Kenntnis gegeben worden. Ich will nur deutlich sagen: Für den Bereich der interkulturellen Altenhilfe haben wir dort, meiner Meinung nach, den richtigen Einstieg geschafft und uns hier auf den Weg gemacht.
Der Senat berichtet auch im Hinblick auf seine Personalpolitik, dass er Sensibilität für dieses Thema hat. Im Bereich der Kindertagesbetreuung und der Kindertagesheime streben wir an, die Quote aller Erzieherinnen zu erhöhen. Das ist nicht ganz einfach, weil der Anteil der Migrantinnen und Migranten unter denen, die einen entsprechenden Abschluss haben, noch sehr gering ist. Aber klar ist: Wir bemühen uns darum, dass die, die einen entsprechenden Abschluss haben, dann auch tatsächlich in der Kindertagesbetreuung arbeiten können, weil wir das für eine wichtige Ergänzung unserer Arbeit für die Integration von Kindern halten.
Eine ähnliche Problematik hat der Senat auch berichtet im Hinblick auf das Personal an den Schulen. Die Ambition ist hier die gleiche, jedoch muss man deutlich sagen: Wir könnten mehr machen, wenn wir entsprechende Handlungsspielräume hätten, nur müssen wir bei der Personalauswahl auch berücksichtigen, welche Personengruppen dafür überhaupt verfügbar sind. Auch bei der Polizei wurde das deutlich gemacht. Ich finde, das ist noch einmal ein ganz wichtiges Signal, dass wir uns auch bei diesen originären, mit dem Staat identifizierten Aufgaben – und dazu gehört die Polizei ja sehr deutlich – diese Ambitionen zu Eigen machen. Ich halte das für einen sehr positiven Schritt.
Durch den Bremer Rat für Integration ist meiner Auffassung nach die Symbolik, mit der wir Integration betreiben wollen, noch einmal deutlich geworden. Wir haben uns nicht mehr so stark daran orientiert, dass wir Organisationen fördern, die die Identität der Migranten repräsentieren, sondern wir haben mit dem Bremer Rat für Integration eine Organisationsform geschaffen, die stärker die gemeinsame Herausforderung der Integration von Zuwanderern durch Migranten selbst und alle aktiven gesellschaftlichen Gruppen repräsentiert. Dafür ist der Bremer Rat für Integration meiner Meinung nach ein sehr positives Signal.
Da arbeiten Migrantenorganisationen mit, Sportvereine, Kirchen, Verbände, also ein sehr großes Gremium, das sich zu verschiedenen integrationspolitischen Fragestellungen zusammensetzt, debattiert, sich äußert und auch entsprechende Forderungen formuliert. Ich will nur kurz daran erinnern, dass beispielsweise die Debatte um die Härtefallkommission eine ist, bei der sich der Bremer Rat für Integration auch deutlich eingebracht hat.
Mir ist nur wichtig, an dieser Stelle noch einmal zu sagen: Wir haben hiermit eine deutliche Verän
derung in der Organisationsstruktur – auch im Hinblick auf die staatliche Förderung – geschaffen, die deutlich sagt: Die Integration ist als gemeinsame, partnerschaftliche Aufgabe unser größtes Ziel, und deswegen gibt es eine solche Organisation.
Das Zuwanderungsgesetz als eine weitere große Herausforderung hat uns sehr viele Aufgaben gegeben. Wir haben hier insbesondere die Integrationskurse, die mit insgesamt 630 Stunden Integrationsangebote für die Migranten leisten mit einem hohen Maß an Verbindlichkeit, was, gemessen an dem, was bisher stattgefunden hat, auch eine neue Qualität ist. Mir ist an der Stelle nur wichtig, darauf hinzuweisen, was in der Antwort des Senats steht. Zwar sagen wir deutlich: Wir wollen ein hohes Maß an Verbindlichkeit; nur steht eben auch darin, dass zum jetzigen Zeitpunkt eben keine Maßnahmen durchgeführt werden mussten, um entsprechend Personen dazu zu bringen, dass sie an diesen Integrationskursen teilnehmen. Das heißt, es gibt ein hohes Maß an Freiwilligkeit in dem Zusammenhang, und deswegen ist es genauso schwierig, in diesem Politikfeld so zu polarisieren, wie das manchmal geschehen ist.
Ich finde, es ist dadurch, dass die Beteiligung an den Integrationsangeboten eine so hohe Quote und ein solches Maß an Freiwilligkeit erreicht hat, auch deutlich geworden, dass auch die Zuwanderer hier im Land ein großes Interesse daran haben, sich auf den gemeinsamen Weg der Integration zu machen. Das tun sie partnerschaftlich mit uns, mit den staatlichen Institutionen, und deswegen bin ich der festen Überzeugung: Wir sind hier auf einem guten Weg, wir wollen diesen Weg weitergehen und wollen uns dabei auch den Zukunftsfragen stellen. Es gibt noch einiges an Herausforderungen. Die werden wir auch noch weiter erörtern, aber wir können, glaube ich, vor dem Hintergrund der Bertelsmann-Stiftung und deren Ergebnissen stolz sagen: Wir machen eine zukunftsweisende und großstadtorientierte Integrationspolitik, und darauf sind wir stolz. – Vielen Dank!
Herr Tittmann, ich habe eine Frage. Sie haben sich ja bisher noch nicht dazu geäußert, was Sie für eine finanzpolitische Linie vertreten wollen. Mich würde interessieren: Haben Sie eine finanzpolitische Linie, und wie sieht sie aus?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir über die Bildungspolitik reden, dann haben wir es ja in Deutschland mit einer richtigen Großbaustelle zu tun, wo an allen möglichen Bauabschnitten zu gleicher Zeit gearbeitet wird, und das findet auch unter Hochdruck statt.
Es ist richtig, dass wir in Deutschland den Schritt in die Ganztagsschulangebote geschafft haben. Das ist historisch notwendig und eine der zentralen Fragen gewesen im Hinblick auf unsere Großbaustelle Bildungspolitik. Es ist richtig gewesen, dass wir gesagt haben, wir müssen im Bereich der Null- bis Dreijährigen Förderungen nicht nur aus Gründen der Betreuung, sondern auch aus Gründen der frühkindlichen Bildung zusätzliche Angebote schaffen, und wir müssen über die Bundesregierung einen Einstieg in die Verbesserung dieser Angebote anleiern.
Es ist auch richtig, was die Grünen hier gefordert haben und was natürlich auch die Forderung der Sozialdemokraten ist, dass wir das Qualifikationsniveau bei dem pädagogischen Personal in den Kindertagesheimen anheben wollen, völlig richtig!
Eine solche Forderung können wir nur unterstützen, auch wenn wir, genau wie das von den anderen Fraktionen deutlich gemacht worden ist, großen Respekt vor dem haben, was das Personal dort jetzt in diesen Einrichtungen unter diesen leider sehr schwierigen Bedingungen, die wir bieten können, leistet. An dieser Stelle vielen Dank für dieses Engagement!
Die Bedingungen sind nicht gut, die Personalausstattung ist gerade einmal ausreichend. Wir haben in Bremen im Vergleich zu anderen Bundesländern eine relativ ungünstige Personalausstattung. Daran müssen wir weiter arbeiten, und daran werden wir auch weiter arbeiten.
Im internationalen Maßstab, das haben die OECDStudien und auch andere Analysen gezeigt, ist Deutschland einen völlig anderen Weg gegangen, deswegen haben wir hier ein niedrigeres Ausbildungsniveau, das muss man deutlich sagen, das müssen wir auch zugestehen. Das muss für uns auch eine Herausforderung sein, uns mit dieser Frage offensiv auseinander zu setzen, und das wollen wir tun.
Diese Frage bekommt eine zusätzliche Aktualität, wenn wir uns anschauen, wie sich die Lebensbedingungen der Kinder nicht nur in diesem Bundesland Bremen, sondern in der Bundesrepublik verändert haben. Kinderarmut, höhere Raten von Alleinerziehendenhaushalten, dann die Probleme mit den neuen Medien, die mittlerweile auch für junge Kinder ein Problem sind, das alles sind große zusätzliche Herausforderungen an die staatlichen Bildungsinstitutionen, hier mehr zu leisten, als bisher geleistet wurde. Das sind Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, das muss man offen sagen. Deswegen müssen wir dabei auch an die Qualifikation des pädagogischen Personals denken.
Historisch sind wir in Deutschland, was den Bereich der elementaren Bildung betrifft, einen anderen Weg gegangen. Wenn man das mit Frankreich vergleicht, dann sind die Vernetzungen zwischen schulischen Angebotsformen der ab Sechsjährigen zu denen, die jünger sind, der ab Vierjährigen, viel enger als in Deutschland. Das liegt daran, dass im Kern in Deutschland früher weniger an die frühkindliche Bildung gedacht worden ist bei der Frage der Kindertagesbetreuung, deswegen heißt sie nämlich auch so, sondern in erster Linie an die Kindertagesbetreuung gedacht worden ist. Hier ändert sich gerade, glaube ich, das Bewusstsein aller, die für diese Bereiche politisch verantwortlich sind, denn Diskurs heißt nicht mehr nur Kindertagesbetreuung, sondern der Diskurs heißt zunehmend frühkindliche Bildung, das können wir hier im Hause auch deutlich feststellen.
Jetzt stehen wir aber vor der großen Herausforderung, wir wollen das Qualifikationsniveau bei diesem Personal anheben und müssen gleichzeitig feststellen, dass das eine verflucht schwierige Aufgabe ist, weil man immer darauf achten muss, welchen finanzpolitischen Spielraum wir für diesen Teil unserer Großbaustelle überhaupt haben. Das ist die große Problematik.
Deswegen sagen wir auch, wir wollen diesen Antrag jetzt hier nicht einfach beschließen und sagen, wir machen das einmal und engagieren uns, obwohl das eine relativ abstrakte Beschlusslage ist, die Sie da eigentlich wollen – man soll dies unterstützen und
das fordern und fördern –, das könnte man im Prinzip auch so beschließen, nur, entscheidend ist am Ende, wie wir das konkret abarbeiten im Hinblick auf die finanzpolitischen Spielräume. Da müssen wir in der Deputation genau schauen, was wir an dieser Stelle machen können, und deswegen wollen wir auch eine Überweisung dieses Antrags erst einmal an die Deputation und den Jugendhilfeausschuss, um uns das genauer anzusehen.
Die Situation hat übrigens eine ganz wichtige Besonderheit, das haben Sie überhaupt nicht gesagt. Wir haben zwar in Deutschland, das muss man einmal ganz offen sagen, im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern ein vergleichsweise niedriges Qualifikationsniveau, und wenn man an Steigerungen des Qualifikationsniveaus denkt, assoziiert man damit natürlich automatisch auch, dass entsprechende BATanaloge Arbeitsverhältnisse höher eingruppiert werden, wenn man sich aber anschaut, wie das andere pädagogische Personal in den entsprechenden Einrichtungen in Europa bezahlt wird, dann stellen wir fest, dass die Eingruppierung in der Bundesrepublik Deutschland und den anderen europäischen Ländern ungefähr gleich ist. Das heißt, wir werden sehr schnell die Auseinandersetzung bekommen, wenn es uns wirklich gelingt, neue Ausbildungsgänge zu stärken, mit welchen Tarifen wir da überhaupt eine Vergütung hinbekommen können. Wenn wir uns nämlich nicht nur bei dem Qualifikationsniveau, sondern auch bei den Tarifen an europäischen Niveaus orientieren, wird da mit Gehaltssteigerungen nicht viel möglich sein.
Von der Kultusministerkonferenz haben Sie ja gesprochen. Ich habe ein bisschen die Papiere untersucht und bin da vor allem auf Beschlüsse der Jugendministerkonferenz gestoßen. Sie sagt ja auch ganz deutlich, wir sollen in diesem Bereich und an den verschiedenen Teilen weiter arbeiten, in denen da in den Bundesländern gearbeitet wird, das fordert und fördert die Jugendministerkonferenz auch. Aber die Jugendministerkonferenz sagt auch deutlich, dass sie in dem Zusammenhang sehr skeptisch ist, dass sie realisieren könne, dass wir mittelfristig tatsächlich zu einer Hochschul- oder universitären Ausbildung überwiegend kommen werden.
Ich möchte das kurz mit Genehmigung des Präsidenten zitieren: „Die Jugendministerkonferenz geht davon aus, dass die Fachschul- beziehungsweise Fachakademieausbildung noch für viele Jahre vorherrschend sein wird.“ Das dokumentiert, glaube ich, wie selbst in anderen Bundesländern im Moment die Einschätzung ihrer Handlungsspielräume ist. Wenn man sich dann noch einmal anschaut, welche Lage wir hier in Bremen gerade haushalts- und finanzpolitisch haben, wird mir ein bisschen schwummerig dabei, das will ich Ihnen offen sagen. Trotzdem habe ich diese
Ambition genauso wie Sie, wir müssen uns genau anschauen, was wir da treiben.
Es gibt ein paar Geschichten, die wir gemacht haben. Das Qualifikationsprogramm, das mit einigen Schwierigkeiten behaftet ist, haben Sie gerade wieder einmal kleingeredet. Ich bedauere das sehr. Es ist eine Erfolgsgeschichte, die wir weiter betreiben wollen!
Es ist klar, dass die Opposition an so einer Stelle natürlich versucht, den Finger in die Wunde zu legen.
Aber man muss einmal deutlich sagen, was da läuft, ist besser als das, was vorher gelaufen ist. Das ist ein Fortschritt. Der Fortschritt ist nicht so groß, wie wir es gern gehabt hätten, aber es ist und bleibt ein Fortschritt!
Worin besteht denn der qualitative Sprung? Dass wir es geschafft haben, auf der einen Seite Erzieherinnen in dieses Programm hineinzubringen, die als Ersatzpersonal dann für die Erzieherinnen, die im Job stehen, fungieren können! Das sind bei weitem nicht so viele, wie es eigentlich werden sollen.
Das ist übrigens interessant, das muss man sich einmal anschauen: Wie kommt es eigentlich, dass sozusagen das Reintegrieren von arbeitslosen Erzieherinnen nicht in dem Maße funktioniert hat, wie wir uns das eigentlich gewünscht haben? Das hat verschiedene Faktoren. Bei einigen müssen wir auch etwas wirklich an der Systematik ändern. Ich sage nur einmal ein Stichwort: Ist die Kindertagesbetreuung für solche Personengruppen eigentlich gut genug, dass sie das Programm auch tatsächlich machen können? Aber was wir erreicht haben, ist doch, dass wir die Freistellung hinbekommen können.
Jetzt läuft allerdings hier in der Stadt Bremen im Moment ein Deal. Der Deal ist der: Wie viel Ersatzpersonal bekommen wir eigentlich dafür, wenn andere Erzieherinnen aus den Einrichtungen heraus sind? Da werden gerade Geschäfte gemacht, das kommt auch einmal politisch hoch. Da sollte man aber vorsichtig sein, dass man dem nicht hinterherläuft, sondern genau schaut, was dahintersteckt. Das ist jedenfalls meiner Meinung nach ein richtiger Schritt. Ich will, dass das Programm weitergeführt wird, und wenn es nach mir geht, dann wird es noch in deutlich größerem Umfang durchgeführt, weil ich der Überzeugung bin, dass das ein richtiges Programm ist.
Den Bachelorstudiengang, dazu haben Sie einiges gesagt, kann ich nur unterstützen. Die Finanzierung, die wir mit der BEK über die Robert-Bosch-Stiftung hinbekommen haben, so dass wir an der Universität einen Studiengang haben, in dem Grundschullehrerinnen und Erzieherinnen gemeinsam ausgebildet wer-den, ist ein richtiger Schritt. Das ist genau eines von diesen Elementen, die in der Jugendministerkonferenz auch beschrieben worden sind. Das zeigt, dass wir neue Wege gehen, aber es zeigt eben auch, dass wir wie alle anderen Bundesländer das als ein Element benutzen, aber dass wir genau sehen, dass das nicht komplett die gesamte Systematik kurz- oder mittelfristig ändern kann, sondern dass wir das fördern, aber gleichzeitig die, die jetzt im Job sind, weiter aufbauen wollen. Das ist unsere Strategie, und da stehen wir politisch sehr dahinter.
Im Hinblick auf die Praktikanten haben Sie gerade etwas geschildert. Der Sachstand im Jugendhilfeausschuss war der, dass das düstere Bild, das Sie an die Wand gemalt haben, noch nicht Realität ist, sondern
das müssen wir uns an dieser Stelle noch genau ansehen. Es darf meiner Meinung nach nicht passieren, dass Praktikanten einfach kein Geld bekommen, deswegen für sie in Bremen die Ausbildung unattraktiv ist und dann die Konsequenz ist, dass nur die, die keinen anderen Ausbildungsplatz bekommen, nach Bremen kommen. Das meinten Sie, glaube ich, mit dem Fremdwort Brain Drain. Ich jedenfalls will mich dafür engagieren, dass wir eine solche Situation nicht schaffen.
Es ist aber auch schon deutlich gesagt worden, dass natürlich Wege gesucht werden, über Modularisierung, über Verflechtung von Theorie und Praxis genau das zu organisieren, dass das verhindert wird. Das hat Michael Schwarz, der Referent für diesen Bereich, im Jugendhilfeausschuss deutlich gesagt. Deswegen will ich nur sagen, die Welt ist nicht so düster, wie es die Opposition geschildert hat, auch in diesem Fall nicht. – Vielen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Kinder und Jugendliche nehmen die Angebote der Jugendverbandsarbeit in welchem Umfang wahr?
Zweitens: Wie viele Personen sind in der Jugendverbandsarbeit in welchem Zeitumfang ehrenamtlich engagiert und tätig, und in welcher Anzahl werden Ehrenamtliche von Jugendverbänden für diese Tätigkeit ausgebildet?
Drittens: Wie bewertet der Senat die Arbeit der Jugendverbände, und welche Rolle sollen sie zukünftig nach Auffassung des Senats spielen?
Ich möchte gern folgende Frage stellen: Worin begründet sich die Nachrangigkeit aus Sicht des Senats für diesen Bereich, die der Senat durch seine weit überproportionale Kürzungsquote zum Ausdruck bringt?
Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sagen, einen Bereich entsprechend Ihres Haushaltsvorschlags um 50 Prozent zu kürzen, ist kein Ausdruck von einer Nachrangigkeit? Es gibt doch ganz viele andere Bereiche, die nicht um eine solche Quote gekürzt werden!
Ja, ich möchte trotz allem kurz noch einmal sagen, dass Ihre Antwort nicht plausibel ist, denn nach wie vor ist es ja so: Wenn man bestimmte Bereiche mit einer bestimmten Quote belegt, drückt es natürlich jederzeit eine Vor- oder Nachrangigkeit aus. Meine Frage ist: Sind Sie denn nach wie vor der Auffassung, dass der Haushaltsentwurf so, wie es in Ihrer Vorlage, in Ihrem Haushaltsvorschlag steht, nicht dem Kinder-, Jugend- und Familienfördergesetz und den dadurch formulierten Ansprüchen gerecht wird?
Ich habe noch eine weitere Frage! Mir ist es nicht geläufig, dass dieses Gesetz einen Haushaltsvorbehalt hat. Daran erinnere ich mich jetzt nicht. Aber noch einmal ganz konkret die Frage: Ihr Haushaltsvorschlag entspricht geltendem Recht?
Ich verstehe es jetzt aber richtig, dass Ihre Auffassung im Hinblick auf das Kinder, Jugend- und Familienfördergesetz sich insofern geändert hat? In Ihrer Vorlage zum Haushalt schreiben Sie noch, Sie könnten den Anforderungen des Gesetzes nicht gerecht werden. Hier haben Sie gerade erklärt, dass Sie dem gesetzlichen Auftrag bei einer Leistungsminderung doch gerecht werden könnten!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Bereich der Pflege älterer Menschen stellt eine der großen sozialpolitischen Herausforderungen dar, die wachsende Zahl älterer, pflegebedürftiger Menschen und sinkende öffentliche Einnahmen zwingen hier zu einer politischen Steuerung. Man muss aber gleichermaßen sagen, dass die Politik, wie Herr Oppermann das eben deutlich gemacht hat, an vielen Punkten gar nicht direkt steuert, sondern dass im Hinblick auf die Pflegeeinrichtungen die verschiedenen staatlichen Institutionen Rahmenbedingungen herstellen. Diese Rahmenbedingungen führen dann dazu, dass sich bestimmte Profile entwickeln.
Man muss aber auch deutlich sagen, das hat Herr Oppermann vorhin schon gemacht, dass Pflegeeinrichtungen gebaut werden und erfahrungsgemäß solche Häuser auch eine hohe Belegungsrate haben. Das heißt, das Bauen solcher Häuser schafft möglicherweise einen Bedarf, der so noch gar nicht da ist, sondern es schafft erst diesen Bedarf nach Pflegeplätzen, und darüber muss man auch noch einmal nachdenken.
Wie ist denn eigentlich diese gesamte Situation in der Pflege in Bremen zu charakterisieren? Ich will das einmal an ein paar Punkten deutlich machen. Ich möchte aber vorab darauf hinweisen, dass der Bereich der Pflege sicherlich einer der sensibelsten Bereiche für viele Familien ist, und zwar einfach deswegen, weil es sich oft um eine sehr krisenhafte Lebenssituation handelt, in der sich die Familien befinden, in der sie sich damit auseinander setzen müssen, wie ein Angehöriger oder eine Angehörige
aus der Familie dann in eine solche Einrichtung geht. Das ist mit sehr, sehr vielen Problemen behaftet, und insofern ist es aus meiner Sicht auch dringend erforderlich, dass Politik hier sehr sensibel agiert, um der Lebenssituation der Menschen gerecht zu werden.
Wir stehen vor der Situation, dass wir mehr ältere Menschen haben, das ist die demographische Entwicklung, das ist im Moment der Status quo. Wir haben, das zeigt auch die Antwort auf unsere Fragen, eine höhere Quote bei der Versorgung älterer Menschen. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass der Bereich der Pflege charakterisiert ist durch einen relativ hohen Anteil an stationärer Versorgung, also der Bereich der stationären Versorgung nimmt rapide zu.
Wir stellen auch fest, dass innerhalb der Pflegeeinrichtungen immer mehr Menschen mit Altersdemenz zu tun haben, das bedeutet eben auch, dass die Belastungen innerhalb dieser Einrichtungen für die Menschen, die dort arbeiten, deutlich größer werden. Wir stellen fest, dass in Bremen der Bereich der Kurzzeitpflege noch nicht sehr entwickelt ist. Wir müssen auch feststellen, dass wir in Bremen einen hohen Grad von Professionalität in den Pflegeinrichtungen haben, allerdings auch, das beklagen die Einrichtungen, das haben wir schon des Öfteren hier auch im Parlament debattiert, stellen wir fest, dass wir ein verbesserungswürdiges Verhältnis haben von Verwaltungsaufwand, der im Bereich der Pflege stattfindet, um die Qualität zu sichern, im Verhältnis zu dem, was an originärer Pflege geleistet wird in diesen Häusern.
Jetzt muss man sich aus dieser gesamten Situation natürlich einmal ansehen, mit welcher Perspektive man überhaupt versucht, den Bereich der Pflege weiterzuentwickeln. Ich denke, dass hier einige Punkte schon angesprochen worden sind. Einer der wichtigsten Punkte aus der Sicht der SPD-Fraktion ist, dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen solange wie möglich innerhalb ihrer eigenen vier Wände bleiben können und möglichst nicht gezwungen sind, in Pflegeeinrichtungen zu gehen.
Ich habe vor einigen Tagen in diesem Zusammenhang auch vor der Seniorenvertretung einen Vortrag gehalten, bei dem es genau um diese Frage ging. Wir haben als SPD-Fraktion die Stadt Bielefeld besucht, um uns einfach anzuschauen, ob es möglicherweise in dieser Stadt, wie wir vorher informiert worden sind, kluge Ansätze gibt, um genau diese Chance besser auszunutzen, Menschen solange wie möglich innerhalb ihrer eigenen vier Wände verweilen lassen zu können. Wir haben da sehr interessante Wege gefunden, wie das in Bielefeld geht. Das Besondere daran ist, das hat Herr Oppermann gerade auch schon gesagt, dass die Wohnungsbaugesellschaften dort deutlich mehr Verantwortung für die älteren Menschen übernehmen, als das hier im Moment der Fall ist.
Wir glauben, dass wir dort noch erhebliche Potentiale haben, indem wir das nachbarschaftliche System stärken, in dem die älteren Menschen leben, so dass sie auch mit Pflegebedürftigkeiten innerhalb ihrer eigenen vier Wände bleiben können und es nicht unbedingt nötig ist, dass sie in stationäre Pflegeeinrichtungen kommen. Das bedeutet, die Wohnungsbaugesellschaften müssen zusammenarbeiten, das bedeutet aber auch, dass die entsprechenden Träger für soziale Dienstleistungen daran mitwirken müssen, die öffentliche Verwaltung muss daran mitwirken, und auch die verschiedenen im Stadtteil tätigen Akteure müssen daran mitwirken, so dass wir auf die Quartiere bezogene Möglichkeiten hinbekommen.
Für den Bereich des Qualitätsmanagements muss man deutlich sagen, es hat Bundesgesetze gegeben, die auch von allen drei hier im Hause vertretenen Fraktionen mitgetragen wurden, die einen höheren Dokumentationsaufwand fordern mit dem Ziel, dass das Qualitätsmanagement in den Häusern gewährleistet ist. Wir stehen jetzt vor der politischen Herausforderung im Bund, in Ländern und in Kommunen, dafür zu sorgen, dass die Menschen dieses Qualitätsmanagement und Dokumentationswesen so bewältigt bekommen, dass sie nicht vor lauter Schreibtischarbeit ihre originäre Pflege nicht mehr leisten können. Dazu gibt es erste Ansätze aus Bayern, in der Antwort wird darüber auch berichtet, meiner Meinung nach gibt es auch sehr positive Ansätze aus Schleswig-Holstein, mit denen man versucht, mit elektronischer Datenverarbeitung im Bereich der Dokumentation effektiver zu werden.
Ein weiteres wichtiges Ziel muss heißen, dass die Bremer in Bremen bleiben, und da sind wir genau bei dem Punkt, den Sie auch angesprochen haben, Herr Oppermann, das ist die Frage der Investitionskosten. Wenn man sich ansieht, was der Senat dazu beschlossen hat, dann bedeutet das, dass die Investitionskostenzuschüsse gesenkt werden sollen und, weil sich das konkret auf die Kosten für die Menschen auswirkt, die in solchen Einrichtungen leben, dass die, die von Sozialleistungen leben, entsprechende Erstattungen bekommen. Insofern bedeutet die Senkung der Investitionskosten für den einen Teil der Menschen eine Erhöhung, und für den anderen Teil muss die Sozialleistung angehoben werden. Wenn wir wollen, dass ältere Menschen verstärkt in Bremen bleiben, können wir nicht weiter die Pflegeinvestitionen absenken.
Ich bin sehr gespannt, Herr Kastendiek und Herr Oppermann – Herr Kastendiek hat gerade auch sehr engagiert applaudiert, als Herr Oppermann sich positioniert hat –, ich bin sehr offen und hoffe auf Ihre ernsthafte Unterstützung in dieser Frage. Die Haltung der SPD-Fraktion ist Ihnen bekannt, wir würden
wirklich gern die Pflegeinvestitionen nicht absenken. Wenn Sie uns die politischen Handlungsspielräume dazu geben, dann sind wir da sehr offen. Im Moment kann ich sie allerdings nur schwer erkennen.
Meine Senatorin brauche ich an dieser Stelle überhaupt nicht zu überzeugen. Wenn ich Sie darauf hinweisen darf, dann beschließen die Haushalte wir hier im Hause, und wenn wir die entsprechenden Positionen beschließen, dann steht der Umsetzung nichts im Weg, und ich bin sicher, dann steht dem auch Frau Senatorin Röpke nicht im Weg. Ein deutliches Wort heißt aber auch, dass Sie natürlich bei solchen Haushaltsberatungen sich immer darüber klar werden müssen, aus welchen finanziellen Budgets man eine Finanzierung auf die Beine stellen kann, und darüber muss dann auch gesprochen werden, und dazu habe ich von Ihnen noch keinen Vorschlag gesehen.
Wir müssen darüber nachdenken, wie wir in Zukunft Modelle von familiärem Engagement in den Häusern, in denen stationäre Pflege stattfindet, besser fördern können. Es gibt mittlerweile einzelne Einrichtungen und auch Träger, die sich damit sehr intensiv auseinander setzen. Ich bin der Auffassung, dass wir hier die Erfahrungen auswerten müssen und diesen Bereich weiter protegieren müssen, aber ich sehe auch hier eigentlich keine politische Kontroverse innerhalb dieses Hauses. Ich bin der Meinung, wir müssen im Hinblick auf die Verbesserung der Substanz den bisher eingeschlagenen Weg weitergehen. Mein Eindruck ist, dass der Anteil der Investitionskosten, die angefallen sind bei den Trägern, zu wachsenden Anteilen in die Verbesserung der bestehenden Substanz gegangen ist. Viele Häuser haben schon eine Umwandlung von Zweibettzimmern in Einbettzimmer betrieben, die aus offensichtlichen Gründen mittlerweile auch Standard sind. Insofern bin ich der Meinung, wir sind durchaus auf einem guten Weg, stehen aber immer in dem Widerspruch, dass wir Schwierigkeiten haben, die finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Herr Oppermann, Sie haben sich sehr deutlich dazu geäußert, darauf möchte ich auch noch einmal eingehen, wie sich Alexander Künzel von der Bremer Heimstiftung in der Öffentlichkeit geäußert hat. Das Papier ist immer noch einzusehen unter „Mehr dazu“, diese Seite von der „taz“, dort ist es immer noch zu finden. Sie haben gesagt, es handelt sich dabei um ein Sahnehäubchen, aber im Kern sind die sozialstaatlichen Fragestellungen immer noch so zu beantworten, wie das bisher der Fall war.
Ich kann dem sehr viel abgewinnen, was Sie da gesagt haben. Herr Künzel hat sehr deutlich heraus
gearbeitet, dass wir im Prinzip in einer massiven Zäsur des Sozialstaates stehen und dass er von völlig anderen Voraussetzungen für das Bürgerengagement ausgeht. Auch ich bin der Meinung, dass es eine klare Überinterpretation von Herrn Künzel ist zu sagen, dass man so viele Kernaufgaben des Sozialstaates verlagern kann auf das Bürgerengagement. Ich glaube auch, dass das Bürgerengagement dann in einer Weise überfrachtet wird, so dass die Unterstützung, die für solches Engagement von staatlicher Seite kommt, total unglaubwürdig wird.
Ich finde aber auch, dass wir uns damit auseinander setzen müssen, wie wir solche Wege weiterentwickeln können, ohne dem Diskurs von Herrn Künzel zu folgen, und würde deswegen auch sagen, dass der Begriff des Sahnehäubchens insofern falsch ist, weil wir es zum Teil wirklich mit Bedarfen zu tun haben, die wir natürlich auch über solche bürgerschaftlichen Subsysteme, also Hilfsleistungen, bewerkstelligen oder bewältigen, dass man nicht von Sahne reden kann. Sahne heißt immer, dass es nicht unbedingt nötig ist, aber dass es schön ist, wenn man das hat. Mein Eindruck aber ist, dass auch jetzt schon Dinge über solches Engagement geleistet werden, die dringend nötig sind. Das muss auch weiter so sein, und wir wollen uns auch bemühen, das auszubauen, aber im Grundsatz unterstütze ich auch hier Ihre Position. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte angesichts dieser sozialpolitischen Debatte mich noch einmal äußern zu dem, was wir hier gerade von Herrn Tittmann von der DVU gehört haben, denn ich bin der Meinung, dass wir hier ein ideologisches Grundmuster bei der DVU in seiner Rede erkennen konnten, was nicht neu ist, sondern was durchaus in der Tradition der NSDAP steht.
Ich will das an einem Beispiel deutlich machen, und zwar folgt Herr Tittmann der Konstruktion, dass alle anderen demokratischen Parteien nicht dazu in der Lage sind, ein gesellschaftspolitisches Problem zu lösen,
macht dann ganz allgemeine Vorschläge, ohne sie so zu konkretisieren, dass sie politisch handhabbar sind, mit dem Ziel nachzuweisen, dass die Demokraten nicht in der Lage dazu sind, entsprechende gesellschaftspolitische Probleme zu lösen.
Das hat eine ganz klare argumentative Funktion. Sie ist in ihrer Grundausrichtung antidemokratisch, und deswegen weise ich sie zurück!
Herrn Tittmanns Rede war antieuropäisch, und zwar will ich das an dem Punkt deutlich machen, dass Herr Tittmann hier signalisiert, dass die Europäische Union soviel deutsches Geld absorbieren würde, dass genau dieses Geld am Ende fehlen würde, um sozial gerechte Politik für die älteren Generationen zu machen.
Wenn man als Bremerhavener so argumentiert, muss man übrigens vollkommen durchgeknallt sein, Herr Tittmann.
Es gibt kaum eine Stadt in Deutschland, die so von der Europäischen Union profitiert wie Bremerhaven, und wir hier kämpfen alle dafür, dass es so bleibt, und werden uns von solchen Leuten wie Ihnen daran nicht hindern lassen. Wir kämpfen um Bremerhaven!
Die Rede von Herrn Tittmann war ausländerfeindlich, und zwar hat er signalisiert, dass die Asylpolitik Kosten verursacht, die dazu führen, dass für die ältere Generation nicht mehr genug Geld vorhanden ist. Das ist eine ausländerfeindliche Position. Ich stehe zu dem, was die Bundesrepublik für die Asylpolitik tut, denn es steht in der historischen Verantwortung genau Ihrer Vorgänger, was diese angerichtet haben, was diese für Fluchtbewegungen in Europa und weltweit erzeugt haben. Deswegen steht im Grundgesetz, dass in Deutschland das politische Asyl eine hohe Priorität hat.
Menschen, die ein bisschen Sachkenntnis haben und sich einmal ansehen, wie die Zahlen der Flüchtlinge sich in Europa entwickelt haben, stellen übrigens fest, dass die Zahlen hier deutlich heruntergegangen sind. Sie bauen hier also einen Problemdruck auf, den es in Wirklichkeit nicht mehr gibt.
Auf ein Detail möchte ich auch noch einmal eingehen, Herr Tittmann hat hier deutlich gesagt, dass es kein qualifiziertes oder nicht ausreichend qualifiziertes Personal gebe. Eigentlich ist die Klarstellung von Herrn Oppermann gerade schon gekommen. Es gibt eine massive politische Ambition und deutliches Engagement, um mehr qualifiziertes Personal herzustellen. Die Antwort des Senats macht deutlich, dass die Situation sich zunehmend entspannt, gerade weil wir mehr geschafft haben an dieser Stelle. Insofern bin ich der Überzeugung, dass wir auf dem richtigen Weg sind an dieser Stelle, und Sie haben überhaupt nichts Konkretes, Produktives beigetragen zu dieser Debatte.
Herr Oppermann, ich möchte kurz noch auf Sie eingehen. Das Bielefelder Modell! Natürlich ist das Bielefelder Modell, genau wie es sonst im richtigen Leben auch immer so ist, nicht die eine Lösung, die das ganze Problem löst. Nein, es ist eine kleine pfiffige Idee. Die Überlegungen gibt es an anderen Standorten, übrigens auch in Bremen, schon, aber das ist eine kleine Idee, die die ganze Problematik, mit der wir im Bereich der Altenpflege zu tun haben, einmal von einer anderen Seite sieht, und deswegen erwähne ich dieses eine spannende Modell einfach nur.
Das Spannende ist, dass andere Akteure auch die Verantwortung übernehmen und eben nicht einfach nur gesagt wird, das müssen Frau Röpke und die Sozialverwaltung organisieren. Nein, die Wohnungsbaugesellschaften in Bielefeld sagen, klar, wir haben eine veränderte demographische Entwicklung, da müssen wir auch heran. Diese Akteure wollen wir mit diesem Modell, mit anderen Modellen gewinnen, und wir hoffen, dass sie uns dabei helfen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich zunächst bei der Großen Anfrage der Grünen gewundert, weil mir eigentlich die politische Zielrichtung dieser Großen Anfrage nicht so richtig deutlich geworden ist. Herr Schmidtmann hat, finde ich, auch in seiner Rede nicht deutlich herausgearbeitet, was eigentlich die genaue Zielsetzung ist. Geht es darum, dass wir eine verbesserte Sozialberichterstattung für das Land Bremen organisieren wollen, oder geht es darum, dass wir an bestimmten Punkten die Armutsbekämpfung konsequenter umsetzen wollen?
Ich finde, Sie haben zu beidem etwas gesagt, aber sind an keiner Stelle genügend konkret geworden.
Ich will zunächst einmal auf die Frage eingehen, ob es eine zusätzliche Sozialberichterstattung braucht. Wir haben, das hat Herr Oppermann schon deutlich gesagt, eine ganze Reihe von Statistiken, von Analysen im Hinblick auf einzelne Bevölkerungsgruppen und im Hinblick auf ihre Armutssituation. Diese Berichte machen übrigens deutlich, dass es nicht den geringsten Anlass zu Selbstgerechtigkeit für uns als Politikerinnen und Politiker gibt.
Wir leben in einer dramatischen Zeit der strukturellen Massenarbeitslosigkeit. Es gibt im Moment keine Konzepte, die die Massenarbeitslosigkeit so abbauen, dass wir mit einer radikalen Reduzierung der Arbeitslosigkeit rechnen können. Wir sind also in einer ganz dramatischen Situation. Vor dem Hintergrund haben wir aber eine ganze Menge an Berichterstattungen im Land Bremen. Ich nehme nur einmal für die Stadt Bremen das Beispiel der Sozialindikatoren. Da haben wir 25 Indikatoren, mit denen wir Stadtteile – also nicht nur Beiratsgebiete, sondern noch viel kleinräumiger – analysieren und prüfen, welche besonderen sozialen Problemlagen diese haben und wie man politische Schwerpunktsetzungen auch so organisieren kann, dass diese Querschnittsaufgabe Armutsbekämpfung in sehr vielen verschiedenen Politikfeldern auch umgesetzt wird.
Beispiele gibt es dafür eine ganze Reihe, dass wir dann sagen, hier ist ein Stadtteil, der besondere Probleme hat, deswegen müssen wir mehr Geld in die––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
sen Bereich hineinbringen. Insofern bin ich der Auffassung, wir haben im Prinzip durchaus schon eine relativ gute Datenlage, die man allerdings an bestimmten Punkten durchaus weiter entwickeln kann. Hier, möchte ich deswegen auch noch einmal deutlich sagen, ist die Broschüre, die die Arbeitnehmerkammer gemacht hat, natürlich ein sehr wertvolles Papier. Ich bedanke mich hier ausdrücklich bei der Arbeitnehmerkammer, denn was sie mit ihrer Publikation macht, ist, eine Politisierung weg von den verwaltungstechnischen Kleinarbeiten, eine Politisierung dieses Themas zu schaffen. Ich denke, das ist bitter nötig. Vielen Dank dafür!
Wenn wir uns die Zahlen des Statistischen Landesamtes anschauen, wenn wir uns die Berichterstattung über Wohnen in Nachbarschaften anschauen, alle möglichen Benchmarkings, die wir mittlerweile machen, dann muss man deutlich sagen, finde ich jedenfalls, dass wir eine sehr gute Datenlage haben. Ich selbst habe vor einigen Jahren hier in diesem Hause auch eine parlamentarische Initiative ergriffen, die das Ziel hatte zu versuchen, eine bundespolitische Initiative, die die SPD zusammen mit den Grünen forciert hat, hier auf unser Land herunterzudeklinieren. Es ging dabei darum, die Armuts- und Reichtumsberichterstattung auf das Land Bremen herunterzubrechen.
Ich will Ihnen ganz offen sagen, das war nicht einer meiner größten politischen Erfolge, diese Große Anfrage, so wie wir sie hier auch debattiert haben. Der Hintergrund war nicht etwa der, dass uns nicht ausreichende Daten erbracht werden konnten im Hinblick auf die verschiedenen Fragen der Armut, die wir hier im Land hatten. Was uns nicht gelungen ist, war, vernünftige Daten im Hinblick auf die Frage zu stellen, welche Reichtümer in unserem Land bestehen und welche verteilungspolitischen Diskurse hier geführt werden können.
Das ist meiner Meinung nach eine der zentralen Fragen. Wir haben es im Prinzip bei der Armutsbekämpfung immer ganz grundlegend mit zwei Dingen zu tun. Das eine ist, dass wir eine Ökonomie so dynamisieren müssen, dass die Menschen in eine Situation versetzt werden, dass sie mit der eigenen Hände Kraft arbeiten und davon leben können, und das andere ist, dass die Menschen, die es nicht können, über eine Verteilungspolitik in eine menschenwürdige Situation versetzt werden.
Herr Oppermann, wenn man versucht, sich damit zu befassen, was jetzt der richtige Armutsbegriff ist,
dann bringt uns das nicht wirklich weiter. Ich glaube, dass die verschiedenen Lebenssituationen, in denen die Menschen auf den verschiedenen Kontinenten leben, natürlich auch dazu führen, dass man zu verschiedenen Armutsbegriffen kommt.
Ich finde den theoretischen Ansatz, den Professor Nolte von der Internationalen Universität Bremen vertritt, ganz interessant, dass er sagt, das substantiell andere an der Armut, die wir in den Metropolenländern haben, besteht darin, dass wir auch eine veränderte Armutskultur haben, dass wir es sozusagen mit einer Armutssituation zu tun haben, in der die ganzen sozialen Bezugsrahmen zunehmend zerbrechen, dass also auch diese Ambitionen, sich aus dieser Armut zu befreien, an vielen Stellen nicht mehr so zu erkennen sind und deswegen viel umfangreichere staatliche Hilfsmaßnahmen organisiert werden müssen, als nur dafür zu sorgen, dass am Anfang des Monats nur genügend Geld auf dieses Konto eingeht.
Deswegen ist, glaube ich, auch hier diese politische Debatte so schwierig, weil wir das natürlich in der Politik schon umgesetzt haben, dass wir eine andere Armutskultur in unserem Land haben und wir deswegen auf unheimlich vielen Handlungsfeldern aktiv werden müssen, um Armutsbekämpfung zu betreiben. Ich möchte nur drei Punkte benennen, die nicht originär mit den Transferzahlungen zusammenhängen, die auch eine ganz wichtige Rolle spielen. Transferzahlungen ermöglichen den Menschen erst, dass sie eine würdige Wohnung haben, dass sie sich würdig ernähren können, aber es gibt eben ganz andere Beispiele. Da will ich Ihnen einmal nur drei nennen, um das deutlich zu machen.
Die Frage der Familienbildung ist eine, die historisch gesehen eigentlich etwas gewesen ist, wo mehrere Familien gemeinsam ihre sozialen Kompetenzen weiterentwickeln sollten mit einem ganz anderen Bildungsanspruch als den, den wir jetzt versuchen hineinzutransportieren. Wir stellen fest, dass immer mehr Familien so wenig funktionieren, dass die Kinder in eine ganz dramatische Lebenssituation kommen. Insofern überprüfen wir, welche Möglichkeiten es gibt, dieses Angebot Familienbildung so umzusteuern, dass es insbesondere in den Stadtteilen angenommen wird, wo wir wissen, dass da ganz viele Kinder mit großen Problemlagen leben.
Das Umsteuern ist ganz schwierig, weil natürlich genau diese Familien, die es eigentlich bitter nötig haben, diejenigen sind, die da nicht hingehen. Wir machen Ernährungsberatungsangebote in den Kindertagesheimen, und welche Eltern kommen überwiegend? Die, die schon bestens informiert sind und sich jetzt noch fragen, ob es besser ist, einen ungeschälten Apfel oder eine ungeschälte Birne zu essen! Aber die Frage ist eigentlich eher die, dass wir die Familien gewinnen müssen, die immer noch denken, ein gutes Frühstück wäre zum Beispiel eine Milchschnitte.
Ein anderes Beispiel will ich Ihnen auch einmal geben. Wir haben es damit zu tun, dass wir bei den Kindern verbreitete Fehlernährung haben, und deswegen und aus keinem anderen Grund sagen wir, wenn wir auf die Kindergärten schauen, müssen wir darauf achten, dass die Küchen weiterhin Bestand haben.
Ich persönlich sage das ganz bewusst, weil man das Gefühl haben kann, dass da der Hammer kreist, aber ich will deutlich sagen, dass die Frage der Küchen eine ganz besondere Rolle spielt, und zwar nicht nur deswegen, weil wir darüber wissen, dass die Kinder frische Nahrungsmittel bekommen, sondern auch, weil wir wissen, dass die Kinder erfahren, wie man aus normalen, an der Bohnenstange gewachsenen Gegenständen oder in der Erde gewachsenen Knollen ein vernünftiges Essen machen kann. Darum geht es, und deswegen lege ich großen Wert auf dieses Angebot.
Als dritten Punkt will ich das Thema Sprachförderung angehen, weil das noch einmal den bildungspolitischen Aspekt von Armutsbekämpfung genau beschreibt. Armutsbekämpfung heißt natürlich auch, dass man die Startchancen verbessern muss. Wir müssen gerade bei Kindern dafür sorgen, dass sie so früh auf die Startrampe kommen, dass sie eine vernünftige Bildungskarriere hinlegen, damit ihr ganzes Leben eine erfolgreiche Karriere wird. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen die Sprachförderung einführen, indem wir vorher Sprachstandsüberprüfungen machen und dann eben dafür sorgen, dass die Kinder in den Schulen vernünftige Chancen haben.
Die Opposition und die Regierung unterscheiden sich nicht in der grundsätzlichen Frage, sondern nur in der Frage, welche Ressourcen stehen dafür zur Verfügung, wie viel Geld kann man mobilisieren. Ich möchte deswegen hier meine Rede damit abschließen, deutlich zu sagen, dass es meiner Meinung nach einen relativ breiten Konsens darüber gibt, dass wir eine Armutsbekämpfung auf allen möglichen Politikfeldern betreiben müssen, und es geht meiner Meinung nach in erster Linie darum, dass wir uns darauf konzentrieren, diese Strukturen zu verbessern, die wir haben, sie zu verteidigen, damit es sie in Zukunft gibt, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, und ich glaube, wir sollten uns nicht zu sehr auf das Berichtswesen konzentrieren. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sicherlich werden wir über das Thema Pflege noch viel diskutieren. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass wir bei diesem Antrag hier nicht allzu viele Kontroversen auszutragen haben. Ich kann fast alles, was Sie beschrieben haben, Herr Oppermann, auch unterschreiben.
Wenn wir uns die Pflege anschauen, wie wir sie hier in Deutschland im Moment haben, dann müssen wir sagen, wir haben ein Finanzierungssystem aufgebaut, wir haben in den Pflegeeinrichtungen, wenn man sich die Realität ansieht, deutlichen Personalmangel, wir haben eines der größten Probleme in der Pflege, die Demenz, überhaupt nicht mit Personal hinterlegt. Das ist, glaube ich, eine der größten Herausforderungen für die Zukunft. Wie kann man den Hilfebedarf, der durch Altersdemenz entsteht, wie kann man diesen Hilfebedarf auch mit Personal so hinterlegen, dass die Menschen ein würdigeres Leben haben?
Dann haben wir noch die Situation, auch für den restlichen Pflegebedarf eigentlich feststellen zu müssen, dass wir bei der Personalbemessung jetzt schon wirklich an der untersten Grenze angekommen sind. Viele Einrichtungen klagen schon jetzt. Gleichzeitig stellen wir fest, dass mit dem eingesetzten Personal die Einrichtungen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen im Hinblick auf die Qualität kommen.
Deswegen hat Politik natürlich auch den Anspruch, dafür zu sorgen, dass möglichst das Qualitätsoptimum aus den vorhandenen Ressourcen, die über die Pflegeversicherung und andere Finanzierungen bereitgestellt wurden, herausgeholt wird. Da ist Politik dann meiner Meinung nach genau an dem Zielkonflikt, dass sie auf der einen Seite die Kontrolle sehr detailliert haben muss, aber auf der anderen Seite eben auch darauf achten muss, dass die Kontrolle nicht dazu führt, dass sie so viel an Arbeitszeit absorbiert, dass die Qualität nun wieder darunter leidet.
Das ist im Prinzip eine Problematik, die jedes Qualitätsmanagement hat, dass es auf der einen Seite bewirkt, dass die Ansprüche, die man formuliert, eingehalten werden, aber auf der anderen Seite auch Arbeitszeit absorbiert. Das ist ein Widerspruch, mit dem man sich auseinander setzen muss. Damit haben sich auch die Bundestagsfraktionen im neuen Heimgesetz auseinander gesetzt, und sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass man im Hinblick auf das Berichtswesen und im Hinblick auf das Controlling dort Präzisierungen fordern will.
Die Intention, die dazu geführt hat, war die, dass man sich ganz klar den Interessen des Verbraucherschutzes gestellt und gesagt hat, wir müssen eine Qualität in diesen Einrichtungen gewährleisten, und das machen wir darüber, dass wir die Träger, die solche Angebote bereitstellen, verpflichten, im Detail bestimmte Leistungen zu erbringen und über dieses Erbringen von solchen Leistungen dann auch zu berichten. Der Verbraucherschutz war die Hauptintention für eine solche Beschlusslage, die nun aber von den Trägern in Schärfe kritisiert wird, und wenn man mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Einrichtungen spricht, dann muss man deutlich sagen, unter ihnen ist die Akzeptanz für ein solches Gesetz nicht sehr groß.
Ich selbst bin sehr häufig mit Kritik konfrontiert worden, in der die Menschen deutlich sagen, ich muss den ganzen Tag nur noch Papierberge bewältigen und kann meine originäre Arbeit, für die ich auch in diesen Beruf gegangen bin, nicht mehr vernünftig abwickeln. Ich habe Einrichtungen besucht, da war plötzlich ein Raum, der sicherlich einmal eine Art Besenkammer war, wo Reinigungsgeräte und so weiter standen, voll mit Plastikschubladen übereinander, die, ich schätze einmal grob, 45 verschiedene Formulare enthielten, die sie ab
zuarbeiten hatten. Ich bin dann in das Büro gekommen, und dann hat mir eine Einrichtungsleiterin zwei schwere, voll gepackte Leitzordner in die Hand gedrückt und gesagt, Herr Pietrzok, schauen Sie sich das einmal an, das ist jetzt die Dokumentation eines Falles, das kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass das so weitergeht! In einer solchen Situation fragt man sich schon, ob wir da auf dem richtigen Weg sind. Da fragt man sich schon, ob man nicht vielleicht im Hinblick auf die Dokumentation zu einer überzogenen Regelungsdichte gekommen ist.
Andererseits ist es aber so, wenn man sich mit Trägern darüber unterhält, ich persönlich hatte solche Erfahrungen mit Kollegen aus Schleswig-Holstein, dann gibt es Einrichtungen, die modellhaft genau mit solchen Methoden, wie Herr Oppermann sie gerade angesprochen hat, erreichen, für einen Arbeitstag den gesamten Pflegeaufwand, der erforderlich ist, auf einen Zeitraum von neun Minuten zu reduzieren. Sie haben formuliert, dass sie das auf neun Minuten reduzieren können.
Das ist das Plaisir-Verfahren, in dem es um urheberrechtliche Dinge geht. Das ist ein standardisiertes Verfahren, bei dem die Lizenzrechte so teuer waren, dass dieses Verfahren jetzt nicht mehr praktisch angewandt werden kann. Es gibt aber auch schon andere Modelle, die mit demselben Zeitrahmen für die Dokumentationszeit auskommen. Deswegen ist das, was Herr Oppermann gesagt hat, meiner Meinung nach genau richtig. Wir müssen alle Arbeitsprozesse modernisieren. Die Frage, wie wir die Dokumentation der Pflege modernisieren können, ist meiner Meinung nach eine absolut zeitgerechte Frage, und deswegen unterstützen wir diesen Antrag auch in aller Entschlossenheit.
Unsere Handlungsmöglichkeiten als kleines Bundesland sind so groß nicht, wenn wir ganz ehrlich sind, da werden größere Räder gedreht. Herr Oppermann hat gerade schon formuliert, dass die Bundesministerin auf Bundesebene auch diesen Prozess forciert. Das unterstützen wir auch, und wir begrüßen das. Es ist dringend nötig!
Jetzt ist es an der Zeit, dass wir in Bremen mit allen Akteuren zusammenkommen, um zu überlegen, wie wir diesen Prozess, der auch in Berlin begonnen worden ist, hier begleiten können, wie wir Wege finden können, um die Dokumentation in der Pflege zu verbessern. Das heißt neue Technologien, das heißt, vielleicht gibt es auch in vie
len Einrichtungen noch Berichte, die geschrieben werden, die sich keiner mehr anschaut. Mein Eindruck ist, jedenfalls wird das von den Experten berichtet, dass es sehr viele Formulare gibt, in denen Fragen beantwortet werden, die keiner mehr stellt, die auch in gesetzlichen Regelungen nicht mehr so abgefragt werden. Insofern werden wir uns darüber unterhalten müssen, wie ein optimiertes Dokumentationssystem stattfinden kann, wir moderne Technologien einbinden und die Kolleginnen und Kollegen auch so qualifizieren können, dass sie dann mit solchen neuen Technologien arbeiten können!
Insofern denke ich, dass wir hier auf einer gemeinsamen politischen Linie sind, die in der gesamten Bundesrepublik auch so vollzogen wird. Das ist zumindest mein Eindruck. Wir haben keine Chance, wenn wir hier als Politik Dinge entscheiden und nicht dafür sorgen, dass eine Umsetzung auch tatsächlich möglich ist. Der Pflegebereich ist ein solch hoch sensibler Bereich, dass ich Sie alle bitten möchte, diesen Weg zu unterstützen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin, ich möchte mich erst einmal für Ihre Rede bedanken. Sie hat mir nicht nur sehr gut gefallen, sondern ich finde, Sie haben die wichtigsten Punkte hier auch aufgeführt, und ich bin der Überzeugung, dass es ein sehr großer Schritt ist, dass wir hier koalitionär einen solchen Antrag vorliegen haben, der noch einmal deutlich signalisiert, dass man auch über gesetzgeberische Mittel und über zusätzliche Steuern mit solchen alkoholischen Getränken umgehen muss.
Mir ist es noch einmal wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir es im Hinblick auf den Alkoholismus bei Jugendlichen nicht nur mit einem Thema zu tun haben, dass die Jugendlichen inzwischen öfter eine Party feiern und dabei auch eine gute Stimmung gemacht wird, sondern es ist wirklich ein gesellschaftspolitisches Problem von einer ganz erheblichen Bedeutung. Mittlerweile orientieren sich ganz viele Jugendliche so, dass sie sich abends den Kopf vollknallen wollen und wirklich dieses Komatrinken betreiben. Das heißt, sie trinken in großen Mengen Alkohol, so dass sie wirklich kurz vor der Besinnungslosigkeit sind oder sie erleiden, und in den Krankenhäusern muss diesen Jugendlichen dann der Magen ausgepumpt werden, damit das nicht noch mehr gesundheitliche Folgen hat. Das ist wirklich eine ganz dramatische Situation, und deswegen finde ich es auch gut, dass wir dieses Problem einmal thematisieren, weil es wirklich brisant ist.
Ich will Ihnen nur einmal ganz persönlich sagen, ich habe heute Abend das Vergnügen, an einem Elternabend teilzunehmen, bei dem es um eine Schulklasse geht, bei der 20 Kinder eine Geburtstagsfeier vorhatten und zehn Flaschen Schnaps da gehabt haben. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, sie hätten die alle getrunken, wie Frau Mohr-Lüllmann das schon sagte! Aufgrund der Tatsache, dass Jugendliche im Hinblick auf die Enzyme gar nicht die physischen Möglichkeiten haben, den Alkohol zu verarbeiten! Das hat nichts mit Gewöhnung zu tun, sondern sie haben die physischen Möglichkeiten nicht, genauso wie man das aus den Westernfilmen kennt, in denen die Indianer früher immer so schnell betrunken gewesen sind, die haben diese Enzyme nämlich auch nicht und können ihn deswegen nicht verarbeiten. Was mit dieser Feier passiert wäre, wenn der Alkoholvorrat nicht bekannt gewesen wäre, muss man sich einmal klar machen.
Wir haben es also hier in der Stadt wirklich mit einem sehr brisanten Thema zu tun, und die Alkopops sind meiner Meinung nach ein ganz brisantes Thema deswegen, weil sie sozusagen als Getränk ein Bindeglied zwischen Jugendlichen und Erwachsenen und Erwachsenenkonsumgewohnheiten geworden sind, denn die Jugendlichen kennen diesen süßen Geschmack von Getränken seit Jahren vom Kindergeburtstag her und verbinden ihn mit dem, was an Alkohol auf Erwachsenenpartys läuft, und das ist das Tückische daran, weil das die Schwelle für die Jugendlichen noch mehr senkt, solche Getränke zu sich zu nehmen. Sie schmecken wie ein Campino-Bonbon, aber wirken genauso wie ein Cola-Whisky, den die Eltern vielleicht in der Kneipe trinken. Das ist das brisante Thema, und deswegen finde ich es auch gut, dass wir uns des Themas Alkopops hier einmal ganz gezielt annehmen.
Der Bundestag hat ein Gesetz beschlossen, bei dem es genau darum ging, dass man die Alkopops kennzeichnungspflichtig macht. Auf den Flaschen steht mittlerweile ein dickes Schild, dass sie erst ab 18 Jahre verkauft werden dürfen, und wir haben ein Gesetz, das besagt, dass die Preise für diese Getränke über eine Sondersteuer deutlich erhöht werden. Das heißt, diese Alkopops sind in der Regel für die Jugendlichen zu teuer, und jede Kassiererin und jeder Kassierer an der Kasse, in der Tankstelle, im Warenhaus sieht, diese Getränke sind erst ab 18. Das ist ein wichtiges Steuerungselement, und es wirkt, denn die Zahlen sagen deutlich, die Discounter beklagen drastischen Umsatzrückgang bei diesen Alkopops, das heißt, dieses Gesetz war erfolgreich.
Aber das war nicht ganz einfach, dies politisch durchzusetzen. Ich möchte darauf hinweisen, dass sich die CDU-regierten Länder im Bundesrat die Position der Getränkeindustrie in der Abwägung zu Eigen gemacht und gesagt haben, wir dürfen hier mit der Sondersteuer nicht den Markt insgesamt belasten, das finden wir nicht richtig. Insofern freue ich mich besonders, dass wir hier einen Weg gefunden haben, in einem Antrag zum Ausdruck zu bringen, dass ein solches Gesetz vor dem Hintergrund der positiven Erfahrung ein Mittel ist, mit dem man operieren kann, aber man muss auch über andere Sachen nachdenken. Das wollen wir auch gemeinsam tun, denn ich glaube, dass wir auch gemeinsam den Problemdruck erkannt haben und hier zu einer Lösung kommen wollen.
Ich finde, es ist übrigens ein starkes Stück, dass die Industrie, wenn man in gesellschaftspolitischer Verantwortung diese Alkopops versucht, die Nutzungsgewohnheiten der Jugendlichen über eine Sondersteuer zu beeinflussen, sofort eine Ausweichbewegung macht und sagt, dann machen wir es nicht mit dem Branntweinalkohol, sondern mit dem Weinalkohol, weil es eine gesetzliche Regelung gibt, die das ermöglicht. Ich finde das nicht richtig, dass dieser strategische Weg von der Industrie gegangen wird, weil ich das gegenüber den Kindern und Jugendlichen in unserem Land verantwortungslos finde.
Ich freue mich aber auch darüber, dass es der Getränkeindustrie keineswegs gelungen ist, auf diesem Weg zu kompensieren, was sie mit den Alkopops auf der Basis der Branntweingetränke an Verlusten durch das Gesetz einbüßen muss. Es ist nämlich nicht so, dass die Jugendlichen jetzt diese weinhaltigen Getränke kaufen, sondern wir haben es tatsächlich mit einer Reduzierung zu tun.
Ich habe in dem Zusammenhang noch eine Bitte an das Gesundheits- und Jugendressort, und zwar
gibt es aus dem Oktoberfest die Erfahrung, dass das Jugendamt München die Empfehlung an das Oktoberfest gegeben hat, darauf zu verzichten, solche Getränke dort auszuschenken, und für das Oktoberfest in München ein Verbot für diese Getränke verhängt worden ist. Dazu sagt die Festleiterin, Gabriele Weißhäupl, ich darf das zitieren: „Wir sind dieser Empfehlung des Jugendamtes gern gefolgt, denn Alkopops sind Kinderdrogen, und die wollen wir nicht auf dem Oktoberfest.“
Ich würde mich freuen, wenn wir hier auch einen solchen Weg für den von uns allen geliebten Bremer Freimarkt gehen könnten in Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen.
Aber noch ganz kurz zu zwei Punkten, die deswegen aber nicht weniger wichtig sind, weil ich sie hier nur kurz benenne! Das Kinder- und Jugendschutzgesetz muss konsequent umgesetzt werden. Es kann nicht sein, dass Kinder und Jugendliche die harten Getränke weiterhin kaufen dürfen und dann die Geschäfte noch ungestraft weiter machen können mit diesem Verkauf. Ich finde es wirklich ungehörig, dass wir eine solche Situation haben. Wir müssen aber auch so ehrlich sein und sagen, der Staat hat nicht die unmittelbaren Zugriffsrechte. Wenn so etwas vorkommt, müssen die Eltern intervenieren, sie müssen es melden. So etwas muss dann auch beweisbar gemacht werden, und dann kann so etwas auch verfolgt werden. Das macht die Sache sehr schwierig.
Ich kann das aus konkreten persönlichen Erfahrungen Ihnen nur einmal schildern, wie schwierig es ist zu ermöglichen, dass dem Staat auch die Waffen in die Hände gegeben sind, dass Geschäfte die Konsequenzen dafür tragen müssen, damit sie einen solchen Weg zukünftig nicht mehr gehen. Ich bitte jedenfalls darum, dass wir uns gemeinsam anstrengen, auch Eltern darin zu unterstützen, dass sie offensiv damit umgehen, wenn Geschäfte mit solchem Verkauf bekannt werden.
Prävention gehört meiner Meinung nach zu den wichtigsten Dingen im Zusammenhang von Alkoholgebrauch bei Kindern und Jugendlichen. Wir werden, da bin ich relativ sicher, nicht dazu kommen, dass Jugendliche keinen Alkohol mehr trinken. Wir haben eine so tiefe Verankerung in unserer Gesellschaft im Hinblick auf den Konsum von Alkohol, dass Kinder und Jugendliche diesen Zugang einfach objektiv auf Dauer haben werden. Das werden wir nicht über staatliche Regeln verhindern
können, und das werden wir in allerletzter Konsequenz sicher auch alle nicht wollen. Deswegen kann es nur darum gehen, dass wir unter Jugendlichen und Kindern ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es sich um gefährliche Stoffe handelt und dass man sehr bewusst damit umgehen muss.
Es gibt dafür eine ganze Menge an Präventionsangeboten. Man könnte da sicher noch mehr machen, aber Sie wissen alle, dass Prävention ein nicht gerade billiges Angebot ist. Wir müssen auch immer darauf achten, wie viel Geld wir für solche Programme zur Verfügung haben. Aus diesem Grund habe ich mich auch sehr darüber gefreut, dass die Getränkeindustrie gemeinsam mit der Gesundheitssenatorin eine Kampagne gegen den Alkoholkonsum von Jugendlichen ins Leben gerufen hat. Das, finde ich, ist ein richtiger Schritt, auch die Industrie hier in die Verantwortung zu nehmen, und ich möchte Ihnen hier auch noch signalisieren, dass wir uns für die SPD bemühen werden, dass eine solche Kampagne auch dauerhaft weitergeführt werden kann. – Vielen Dank!
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie der Meinung, dass die Steuerumgehung durch die Industrie dazu führt, dass im Prinzip ähnliche Getränke mit ähnlichen Risiken behaftet dann nur unter anderem Steuerrecht weiterhin verkauft werden. Ich frage Sie nur vor dem Hintergrund, dass alle Medien darüber berichten, dass dann diese Steuer dazu führt, dass der Konsum von Alkopops auf Branntweinbasis rapide heruntergegangen und anderer Getränke auf Weinbasis keineswegs hochgegangen ist, sondern dass es da zwar Versuche gibt, die aber bisher nicht erfolgreich sind: Wie bewerten Sie das?
Frau Schön, ist Ihnen bekannt, wie viele Städte in Deutschland die Rechtsform, die wir hier für die Stadt Bremen vorgeschlagen haben, vorsehen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist nicht nur ein Dringlichkeitsantrag, sondern es ist auch langsam wirklich dringlich, dass wir einmal zu einer Beschlussfassung kommen. Die Koalition hatte im Rahmen der Beratung um das Behindertengleichstellungsgesetz schon vorgesehen gehabt, dass sie einen Beschluss fassen will hier im Parlament zur Einsetzung eines Landesbehindertenbeauftragten. Wir haben es nicht geschafft und haben dann hier im Parlament gesagt, bis zu den Osterferien bekommen wir das ganz be––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
stimmt hin. Jetzt haben wir die letzte Parlamentssitzung, bevor die Sommerferien endlich kommen, aber jetzt haben wir es wenigstens geschafft. Ich bin wirklich froh darüber, dass es endlich geklappt hat, denn es war eine Menge Arbeit, wir haben wirklich eine Menge daran gefeilt, um jetzt tatsächlich einen Behindertenbeauftragten für das Land Bremen zu bekommen.
Wir haben im Rahmen des Gesetzes eine sehr umfangreiche Beratung gehabt, und wir haben dann bei den drei Fraktionen drei unterschiedliche Konzepte gehabt für die Ideallinie eines solchen Behindertenbeauftragten. Wir als SPD-Fraktion hatten damals die Position vertreten, wir wollen einen solchen Behindertenbeauftragten als eine Person, die für diese Funktion freigestellt und am Sozialressort angegliedert ist, weil wir der Meinung waren, dass aus den Erfahrungen heraus, die uns auch in entsprechenden Beratungen geschildert wurden von Behindertenbeauftragten des Landes SchleswigHolstein, das die beste Variante ist.
Die CDU war damals der Auffassung, dass die beste Lösung wäre, wenn wir einen Parlamentarier aus unserem Kreis nehmen, der diese Aufgabe erfüllt. Die Grünen haben damals die Position vertreten, dass wir einen Behindertenbeauftragten am Parlament angegliedert einrichten wollen. Ich hoffe, dass es so kommt, wie Frau Linnert das auch vorhin schon angedeutet hat, aber wir haben als Koalitionäre Meinungsverschiedenheiten gehabt und kommen jetzt zu einer Linie, die sehr nah an dem ist, was sich die Grünen vorgestellt haben.
Immerhin im Hinblick auf die Einrichtung und am Parlament angegliedert, darüber spreche ich gerade, Frau Linnert, und genau bei dem Punkt, über den ich gerade spreche, werden Sie mir sicher zustimmen! Insofern, was die organisatorische Frage betrifft, gehe ich davon aus, dass wir hier eine relativ große Einigkeit haben.
Klar ist, und darauf will ich jetzt auch noch einmal eingehen, dass wir hier als Koalition eine kleine, eine bremische Version eines Landesbehindertenbeauftragten eingerichtet haben. Wir sind in einer Zeit, in der wir im Rahmen der Haushaltsberatungen sehr große Schwierigkeiten haben, zusätzliche Institutionen zu schaffen. Aufgabenkritik ist eine der Hauptaufgaben, denen sich die Ressorts zu stellen haben, und in der Phase zu sagen, wir brauchen eine zusätzliche Institution, macht ganz besondere Schwierigkeiten. Vor dem Hintergrund haben wir auch keine eigenen Haushaltsstellen bereitstellen können für den Behindertenbeauftragten, sondern wir werden, und das ist aber auch klar, dass das klappt, im Rahmen des Haushaltsvollzugs ein solches Organ einrichten können. In einer Zeit, in der
wir beim Landesjugendring, der jugendpolitischen Interessenvertretung der Jugendverbände, Geld herausschneiden müssen, was uns alles andere als leicht fällt, gleichzeitig eine solche Organisation einzurichten, ist für uns auch ein schwieriger politischer Schritt, und deswegen freue ich mich, dass wir das hinbekommen haben.
Wir haben es jetzt hier mit einem Einsetzungsbeschluss zu tun. Es ist also eine Form, die wir gewählt haben, die dem entspricht, was einige Bundesländer schon zu der Zeit gemacht haben, als es die Landesgleichstellungsgesetze in der Regel noch nicht gab. Man hätte auch über ein Einrichtungsgesetz einen solchen Behindertenbeauftragten einrichten können, aber wir waren der Auffassung, dass wir unser Ziel gleichermaßen erreichen können auf dem Wege, dass wir jetzt einen solchen Einsetzungsbeschluss, wie wir ihn vorliegen haben, fassen.
Wir werden also jetzt, so hoffe ich, in Kürze einen Landesbehindertenbeauftragten haben. Ich begrüße das sehr, denn er ist aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion erforderlich. Man muss noch einmal kurz darüber reden, wozu er eigentlich vorhanden sein soll. Ich glaube, dass die Behinderten im Lande Bremen keine ausreichende Lobby und nicht so viel politisches Durchsetzungsvermögen haben, wie ihnen zusteht. Wir als Politik benötigen eine Kontrollfunktion ebenso wie die Verwaltungsorgane des Landes Bremen eine solche Kontrollfunktion benötigen.
Wir haben festgestellt, dass sehr viele Projekte, auch Bauprojekte, durchgeführt worden sind und dass es trotz aller Bekenntnisse und Erklärungen oft dazu gekommen ist, dass die Bedürfnisse oder die Ansprüche von behinderten Menschen nicht ausreichend berücksichtigt worden sind. Wir haben jede Menge schwere politische Auseinandersetzungen im behindertenpolitischen Bereich, was Bildungspolitik oder Sozialpolitik betrifft. Es gibt jede Menge Notwendigkeit aus meiner Sicht, die Interessen von behinderten Menschen stärker zu vernetzen und die Zusammenarbeit zu verbessern. Ich erwarte, dass wir das mit einem Landesbehindertenbeauftragten in Zukunft besser hinbekommen werden, und deswegen freue ich mich auch, dass er jetzt kommt. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Oppermann, Ihre Rede hat mir gefallen, weil Sie zu Beginn noch einmal deutlich darauf hingewiesen haben, dass wir mittlerweile gesellschaftspolitisch in einer Phase sind, in der es gewissermaßen eine nationale Frage ist, wie wir mit dem Thema Familie, mit dem Thema Kinder in unserer Gesellschaft umgehen. Ich möchte das noch einmal betonen. Angesichts der Geburtenraten, die wir haben, stehen wir vor so elementaren Zukunftsfragen im Hinblick auf die Altersvorsorge, im Hinblick auf das ökonomische Potential dieses Landes, dass wir uns wirklich alle Gedanken machen müssen, um Familien in Zukunft so zu stärken, dass wieder mehr Menschen das Gefühl haben, es ist sinnvoll und eine Bereicherung für das eigene Leben, Kinder zu bekommen.
Das ist meiner Meinung nach eine Frage, die wir in Kommunalparlamenten, in Landesparlamenten und natürlich auch im Bund, und ich möchte auch Europa nicht vergessen, auf allen Ebenen diskutieren müssen, auch da Deutschland mittlerweile das Land ist, das bei der Geburtenrate ganz hinten ist. Mittlerweile haben uns sogar die Spanierinnen überholt, aber wir sind das Land in Europa, in dem die wenigsten Kinder geboren werden im Verhältnis zu den Frauen im gebärfähigen Alter. Darüber müssen wir uns wirklich dringend Gedanken machen.
Das, was wir jetzt hier vorliegen haben, ist deswegen auch nur als eine ganz kleine Facette in einem riesigen Mosaik zu begreifen, das noch fertig gestellt werden muss, bei dem wir dabei sind, im Moment nur an einzelnen Punkten Verbesserungen herauszuarbeiten. Das tun wir nun auch mit Ach und Krach, das muss man deutlich sagen, wir haben finanzpolitische Handlungsspielräume, die es uns sehr schwer machen.
Ich will nur noch einmal deutlich machen, wir haben vor einigen Jahren den gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz eingeführt. Das war natürlich ein erheblicher familienpolitischer Fortschritt. Dann ist deutlich geworden, die Kinder kommen schon in den Kindergarten, wenn sie den dritten Geburtstag gefeiert haben, dann gilt der Rechtsanspruch. Jetzt stehen wir vor der Frage, was ist denn mit den Kindern, die ein paar Monate nach dem Beginn des Kindergartenjahres Geburtstag haben, die müssten doch eigentlich auch schon in den Kindergarten hinein. Das sind solche Fragestellungen, mit denen wir uns aus haushaltspolitischen Gründen auseinander setzen müssen und bei denen wir dann nicht sagen können, das, was so unmittelbar eigentlich plausibel ist, das machen wir jetzt einfach.
Wir können nicht alles, was wir familienpolitisch für richtig halten, mit Geld hinterlegen und umsetzen. Auch wenn wir uns bemühen und einiges an
Erfolgen geschafft haben, stehen wir hier vor einer meiner Meinung nach wirklich großen gesellschaftspolitischen Frage, ob wir eine Umsteuerung hinbekommen. Kindertagesbetreuung, Ganztagsschulen, eine andere Steuersystematik, das sind alles Fragestellungen, die in dem Zusammenhang eine Rolle spielen.
Insofern unterstützen wir diesen Antrag, den Sie hier eingebracht haben. Wir unterstützen diese Initiative, weil wir auch der Meinung sind, dass wir dem Rechnung tragen müssen, dass Familien, die viele Kinder haben, in einer ganz besonderen Situation sind. Wenn sie drei oder noch mehr Kinder haben, dann sind, obwohl die Einkommen durchaus akzeptabel sind, die Lebensrealitäten doch so wie in anderen Familien mit sehr geringem Einkommen, die nur knapp über dem Sozialhilfeniveau leben. Es ist eine andere Lebensrealität für die Familien, wenn sie viele Kinder haben, als wenn sie wenig Kinder haben. Es ist ein Stück struktureller Benachteiligung von kinderreichen Familien hier in diesem Land eingezogen. Das ist eine Realität, bei der wir mit dieser Familiencard einen kleinen Gegenakzent setzen wollen. Sie soll ermöglichen, dass in den Einrichtungen kinderreiche Familien leichter, vor allem preisgünstiger den Zugang bekommen. Dafür ist diese Initiative da, und wir unterstützen sie.
Wir möchten aber auch deutlich sagen, es ist uns auch in dieser Frage im Rahmen der Haushaltsberatungen nicht gelungen, für dieses Programm, obwohl es für uns so eine politische Schwerpunktsetzung ist, unsere politischen Spielräume zu nutzen und hier Geld einzusetzen. In den Haushaltsberatungen ist eine Formulierung gewählt worden, die deutlich sagt, der Senat muss organisieren, im Haushaltsvollzug Geld bereitzustellen dafür, dass man das in bestimmten Maßnahmen hinbekommt.
Das liegt nicht daran, dass wir an dieser Stelle eine politische Schwäche haben, das behaupte ich jedenfalls, sondern es liegt daran, dass wir einen so extrem klammen Haushalt haben, gerade im Bereich Sozialleistungen. Gerade weil Familien ein bestimmtes Leistungsvermögen im Hinblick auf die Förderung ihrer Kinder immer weniger haben und deswegen in den Erziehungshilfen beispielsweise die Bedarfe gestiegen sind, haben wir so wenig Handlungsspielräume, dass wir uns mit einer solchen zugegebenermaßen bescheidenen Formulierung abfinden müssen. Wir werden aber dieses Projekt realisieren und müssen den Haushaltsvollzug organisieren, so dass das Geld zur Verfügung gestellt wird. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass wir das hinbekommen und dass wir bald die Familiencard haben werden.
Wir müssen uns, Herr Oppermann, übrigens auch noch darüber auseinander setzen, wie neben der Tatsache, dass wir das auf Landesebene beschließen,
die Kommunen mit ins Boot kommen, denn in Thüringen ist es eine reine Landesaktivität. Im Land Bremen wäre es zumindest ein untypisches Vorgehen, wenn wir das auch so formalistisch betreiben würden. Das würden die Leute in der Stadt auch nicht verstehen. Ich glaube aber, das sind alles Dinge, die wir dann in der Sozialdeputation noch einmal genauer erörtern können. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zweifellos ist es für unser Land und die beiden Kommunen die zentrale Frage, wie wir die Sozialleistungen in Zukunft in den Griff bekommen. Tatsache ist, wir werden eine wachsende Zahl an behinderten Menschen haben, und damit haben wir tendenziell ein hohes Risiko, dass es in dem Bereich der Sozialleistungen zu Steigerungen kommt. Im Hinblick auf die Hartz-IV-Gesetze können wir die Kosten im Moment nicht genau prognostizieren, die auf uns zukommen. Wir werden im Bereich der Erziehungshilfe feststellen, dass wir wachsende Bedarfe haben.
Vor dem Hintergrund ist es schon eine hohe Ambition, dass wir das erreichen, was jetzt im Haushalt steht. Wir haben dem Haushalts- und Finanzausschuss deutlich gesagt, dass es mit Risiken verbunden ist. Wenn sich die Entwicklungen nicht so einstellen, dann kann auch passieren, dass man bei dem Bereich Sozialleistungen nachher zu der Erkenntnis kommt, dass man mit den Budgets nicht hinkommt, denn es sind Rechtsansprüche, die zu erfüllen sind.
Wir stehen aber doch, das muss man vor dem Hintergrund dieser Entwicklung, die wir haben, deutlich sagen, vor ganz grundlegenden sozialstaatlichen Fragestellungen. Da kann ich Sie, Herr Oppermann, nicht verstehen, dass Sie sich an solchen Themen wie der Bekleidungspauschale derartig festklammern
und dabei völlig ignorieren, welche Dimension diese für dieses letzte halbe Jahr hat, über das wir noch reden, danach gibt es keine Bekleidungspauschale mehr, dass Sie sich daran so klammern und dann simulieren, als hätten Sie mit dieser Strategie Antworten auf die großen Fragestellungen, die wir haben.
Die CDU hat auf diese Problematik genauso wenig eine Antwort, die für die nächsten zehn Jahre Sicherheit garantiert, wie alle anderen Fraktionen, die sie hier auch nicht haben. Wir müssen uns im Augenblick damit auseinander setzen, dass wir versuchen müssen, die aktuellen Entwicklungen im Haushalt darzustellen. Die Rechte sind gesetzlich festgeschrieben, die Rechtsansprüche entstehen, und wir werden ihnen bei allen Steuerungsbemühungen nachkommen müssen, die auch heute übrigens in der Öffentlichkeit eine große Rolle spielen. Ich erinnere nur an die Integration von behinderten und von Behinderung bedrohten Kindern bei der evangelischen Kirche.
Ich will noch auf ein paar Schwerpunkte hinweisen, die die Koalition in dieser Legislaturperiode hat. Es geht nicht nur darum, dass wir uns im Großstädtevergleich, das ist übrigens koalitionärer Konsens, auf das Großstädtemittel hin orientieren. Ich will auf einen Schwerpunkt noch einmal deutlich hinweisen: Die Kindergärten als Einrichtungen, die eben auch Bildungsinstitutionen sind, sind ein politischer Schwerpunkt unserer Koalition. Das ist so auch im Haushalt dargestellt. Das Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm wird kommen. Aus meiner Sicht ist es ein Einstieg in eine deutliche Verbesserung der pädagogischen Qualitäten im Kindergarten. Wir finden es richtig, wissen aber auch, dass
wir damit nicht am Ende dieses Prozesses sind, sondern an einem Beginn, aus diesen Einrichtungen, die sehr stark auf Betreuung orientiert gewesen sind, zu Aspekten zu kommen, in denen die Bildung eine größere Rolle spielt. Wir sind da auf einem guten Weg, wir sind aber erst am Anfang dieses Weges.
Ein weiterer Schwerpunkt, trotz der ganzen Schwierigkeiten, die wir in der Haushaltslage haben, ist die Jugendförderung hier in der Stadt Bremen. Das Budget des Anpassungskonzepts bleibt trotz der Kürzungsquoten in allen anderen Bereichen gleich. Wir haben eine weitere politische Schwerpunktsetzung in den Haushaltsberatungen dadurch untermauert, dass wir eine stärkere Flexibilität in der Mittelzuweisung zwischen den kommunalen Einrichtungen und denen in freier Trägerschaft ermöglichen, da wir wollen, dass haushaltsmäßig die Möglichkeit besteht, diese Einrichtungen an freie Träger zu überführen.
Im Haushalt haben wir darüber hinaus in Anlehnung an das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen im Lande Bremen dargestellt, dass die Koalition sich darauf verständigt hat, einen Behindertenbeauftragten einzusetzen. Es wird eine Version eines Behindertenbeauftragten sein, die auch berücksichtigt, dass die Haushaltslage knapp ist. Ich glaube, dass wir einen guten Behindertenbeauftragten bekommen werden und dass er uns haushaltsmäßig nicht überfordern wird. Soviel zu den Schwerpunktsetzungen der Koalition in aller Kürze! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben das Integrationskonzept des Landes Bremen schon mehrfach hier in diesem Hause diskutiert, und ich möchte mich in meiner Debatte auch auf das konzentrieren, was in diesem Integrationskonzept gegenüber den bisherigen Diskussionen, die wir geführt haben, neu ist. Ich will aber zunächst noch einmal auf die Philosophie dieses Konzepts eingehen.
Ich möchte in dem Rahmen aber zunächst einmal daran denken, dass wir in einer Zeit dieses Konzept diskutieren, in der wir auf der einen Seite zur Kenntnis nehmen müssen, dass auf Bundesebene die Versuche zu scheitern drohen, ein Zuwanderungsgesetz hinzubekommen und zu einer Einigung zu kommen. Das ist meiner Meinung nach eine sehr dramatische Entwicklung, die sich hier abzeichnet, weil dadurch natürlich die integrationspolitischen Zielsetzungen und die Instrumentarien nicht eingesetzt werden können, die ich für sehr dringend notwendig halte. Insofern möchte ich meiner Befürchtung Ausdruck verleihen, dass wir integrationspolitisch, bundespolitisch gesehen in eine Phase der Stagnation eintreten, die den gesellschaftspolitischen Aufgaben, die vor uns liegen, überhaupt nicht gerecht wird.
Ich möchte in dem Zusammenhang aber auch noch einmal daran erinnern, dass wir in der bildungspolitischen Debatte gestern unter anderem sehr engagiert zu der Frage diskutiert haben, dass insbesondere die Schulleistungen von Migrantenkindern – durch die Ergebnisse wurde das belegt – bei weitem nicht ausreichend sind. Das heißt, auch wir haben hier sehr große Aufgaben vor uns, denn natürlich ist die Integration von Migrantinnen und Migranten oder von Zuwanderern in das Bildungssystem eines der wichtigsten Bestandteile, um dauerhaft Integration zu organisieren. Ich denke, dabei ist schon deutlich geworden, dass auch hier noch große Aufgaben vor uns liegen und wir nicht einfach nur sagen können, dass das Land Bremen eine Kette von Erfolgsnummern vorzuweisen hat. So einfach ist es nicht.
Dieses Integrationskonzept, das wir vorliegen haben, ist in der Art, wie es gestaltet ist, durchaus fortschrittlich, weil es zum Ausdruck bringt, dass Integration von Zuwanderern einer Gesamtstrategie des Senats bedarf. Es ist die neue Qualität dieses Konzepts gewesen, dass alle Senatsteile, alle Ressorts dazu aufgefordert waren, sich mit der Frage von Integration auseinander zu setzen, dass man eine Gesamtstrategie entwickelt hat und dies mit Konzep––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ten hinterlegt hat. Das Konzept macht deutlich, Integration ist nicht nur ein Auftrag, der sich an die Zuwanderer richtet, sondern Integration ist eine Aufgabe, die sich an alle und auch an die staatlichen Organe richtet. Sie richtet sich an alle Bremer, und sie richtet sich an alle, die Bremer werden wollen.
Wir reden mittlerweile über Zuwanderer. Ich finde, es ist auch noch einmal ein wichtiger Hinweis, dass wir eben nicht mehr nur über den Begriff Migranten reden, sondern versuchen wegzukommen von Differenzierungen innerhalb der verschiedenen Gruppen, um die es sich hier handelt, eben auch unabhängig davon, mit welcher Staatsbürgerschaft die Menschen hier in Bremen sind. Wir haben auch Zuwanderungen mit deutschen Staatsbürgerschaften. Wir stellen aber fest, dass im Kern viele der Integrationsbedarfe, die konkret festzustellen sind, ähnlich sind. Dies wird in diesem Konzept auch abgebildet.
Ich will nur einmal ein Beispiel nennen für den Bereich Anpassungskonzept Jugendarbeit in der Stadt Bremen. Es ist beispielsweise so, dass wir die Zuwanderer deutscher Staatsbürgerschaft mittlerweile auch über den Sozialindex eingebunden haben, so dass sich die besonderen Integrationsbedarfe dieser Gruppe auch in der Mittelzuweisung für die Ressourcen der Jugendarbeit darstellen. Das ist natürlich nicht nur schön, weil das für einzelne Stadtteile auch bedeutet, dass sie weniger bekommen, weil andere Stadtteile nun mehr bekommen. Die Vahr zum Beispiel profitiert davon, weil die Bevölkerungsgruppe dort sehr stark vertreten ist, und der Stadtteil Mitte/Östliche Vorstadt profitiert eben nicht davon, sondern muss darauf zahlen.
Es geht also darum, dass die Verwaltung insgesamt eine Gesamtstrategie entwickelt unter dem Leitbild, dass wir die gleichberechtigte Teilhabe von allen Zuwanderern ermöglichen wollen. In diesem Integrationskonzept sind dann von einzelnen Senatsressorts viele Handlungsfelder beschrieben worden. Ich will sie hier jetzt nicht aufführen, weil das in vielen anderen Debatten auch schon passiert ist. Ich denke nur, man kann auch noch einmal auf einzelne Mängel hinweisen.
Auf einen Mangel hatte ich schon einmal in einer dieser Debatten hingewiesen und möchte es noch einmal tun: Ich finde hier sehr wenig Bemühungen des Ressorts Wirtschaft, nach Möglichkeiten zu suchen, sich selbst einzubringen. Ich denke, dass wir auch noch einmal darüber nachdenken müssen, inwiefern es auch tatsächlich wirtschaftspolitische Möglichkeiten gibt, bestimmte Migrantengruppen gezielt zu fördern, damit sie auch eigenständig ein Unternehmen aufbauen können. Da müssen vielleicht noch einmal Möglichkeiten geschaffen werden.
Das Konzept richtet sich an Migranten, die hier länger leben. Wir wollen also die dauerhafte Integration organisieren, und wenn wir uns das anschauen, entspricht das im Prinzip dem Ansatz von der Wiege bis zur Bahre. Hier sind Handlungsfelder beschrieben von den Kindergärten über die Schulen, über die Förderung von Familien, über die Integration in den Arbeitsmarkt und eben auch das stärkere Abbilden der wachsenden Gruppe der älteren Migranten, beispielsweise bei den Alteneinrichtungen und den Altenpflegeeinrichtungen. Hier werden dann konkrete Maßnahmen oder Handlungsfelder beschrieben, wie in diesem Zusammenhang Integration organisiert werden muss. Wir unterstützen diesen Ansatz.
Ich möchte noch auf einen Punkt kommen, der hier in der Debatte eine Rolle gespielt hat, als wir vor einigen Monaten dieses Thema diskutiert haben! Es ging darum, dass wir in dem Bereich der politischen Beteiligung von Zuwanderern im Land Bremen auch eine Diskussion gehabt haben, in der der Abgeordnete Güldner von den Grünen deutlich gemacht hatte, dass er dort einen deutlichen Innovationsbedarf sieht und er auf der anderen Seite auch sieht, dass es eine größere Zahl von Projekten gibt, deren sinnvolle Arbeitsfähigkeit durch die schrittweisen Kürzungen, die sie über viele Jahre erlebt haben, in Frage gestellt ist.
Die Organisation Dachverband der Ausländerkulturvereine in Bremen ist über lange Jahre eine Institution gewesen, die sehr viele Zuschüsse auch dafür bekommen hat, dass sie als Organ der Interessenvertretung der Migrantinnen und Migranten eine Rolle spielt. Mittlerweile haben sich ja die Ereignisse überschlagen, so dass der Dachverband in der Weise, wie er bis dahin gefördert worden war, nicht mehr weiter gefördert wird. Das heißt, wenn Sie sich die Haushaltsunterlagen anschauen, werden Sie auch feststellen, dass in diesem Haushaltstitel mittlerweile der Betrag null steht. Das heißt für die SPD-Fraktion allerdings keineswegs, dass wir die politische Beteiligung von Migrantinnen und Migranten einschränken wollen, sondern wir gehen davon aus, dass wir einen positiven Impuls aus den Schwierigkeiten, in die der DAB geraten ist, entwickeln können, indem wir ein innovatorisches Modell entwickeln, in dem die Integrationsinteressen und die Möglichkeiten der politischen Beteiligung organisiert werden.
Es gibt einen Rahmen, in dem das Projekt Bremer Rat für Integration diskutiert wird. Wir haben hier vor wenigen Tagen eine Veranstaltung gehabt, an der auch weit über 100 Leute teilgenommen haben. Zielsetzung ist es, moderne Formen von Zusammenarbeit zu entwickeln, wo alle zusammenarbeiten, die sich an Integration beteiligen, und ich bin immer noch sehr optimistisch, dass wir viele Bevölkerungsgruppen ansprechen, die sich in den vergangenen Jahren nicht in dem Maße eingebracht haben, wie
sie es auch in den vergangen Jahren schon hätten machen können.
Wenn man beobachtet, wie groß das Engagement ist, dann glaube ich wirklich, dass wir rückblickend sagen können, da sind einige Potentiale nicht erschlossen worden, bei denen ich wirklich optimistisch bin, dass wir die erschließen werden. Die Debatte ist durchaus hitzig und auch sehr kontrovers, aber interessant ist doch, dass sich alle daran beteiligen, wie man alle Institutionen zusammenbringen kann, um Integration im Land Bremen so zu organisieren, dass sie besonders effektiv ist. Ich bin sehr dankbar dafür, dass das Ressort ein Verfahren, einen Prozess gewählt hat, der sehr offen ausgestaltet ist, in dem die verschiedenen Zuwanderer, Vereine, Verbände und Organisationen ein sehr hohes Maß an Einflussmöglichkeiten haben, um die Ausgestaltung eines solchen Bremer Rates für Integration dann auch so zu organisieren, wie sie es gern wollen, wie sie es für nötig halten. Ich glaube, es ist eine ganz zentrale Sache, dass wir das mit so viel Akzeptanz und Basis ausstatten, dass es auch wirklich eine politische Kraft bekommt.