Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich verspreche, dass ich nicht 25 Minuten reden werde.

(Abg. K l e e n [SPD]: 30!)

Deutschland verfügt mit einigen anderen, wenigen europäischen Ländern wie die Schweiz und Österreich über eine Berufsbildungstradition, die auf dem Zusammenspiel von systematischer Arbeitserfahrung in Betrieben und Handlungslernen mit höheren theoretischen Anteilen in Berufsschulen beruht. Darauf gründen sich unter anderem die hohe berufliche Kompetenz und das berufliche Selbstbewusstsein ausgebildeter Fachkräfte in diesen Ländern. Dieses duale System der Berufsausbildung ist aber kein europäisches System. Die Ergebnisse der Arbeitsmarktforschung zeigen, dass die Beschäftigten mit mittleren Qualifikationsabschlüssen auch in Zukunft mit einem Anteil von beinahe zwei Dritteln der Be

schäftigten das Rückgrad einer innovativen Beschäftigungsstruktur sein werden.

Meine Damen und Herren, in Bremen sind zirka 55 Prozent aller Betriebe ausbildungsberechtigt, und trotzdem bilden nur 25 bis 30 Prozent aller Unternehmen aus. Herr Ravens hat darauf hingewiesen, dass von einem Fachkräftemangel eigentlich kaum die Rede sein kann. Das passiert allerdings auch schon über einen längeren Zeitraum und mit abfallender Tendenz. Dies bedeutet, dass nur etwa die Hälfte aller ausbildungsberechtigten Betriebe tatsächlich ausbildet. Hier gilt es, Abhilfe zu schaffen!

(Beifall bei der SPD)

Eine Umkehr dieses Abwärtstrends in der dualen Berufsausbildung und die Realisierung eines zukunftsfähigen und modernisierten Berufsbildungssystems auf einem deutlich höheren Ausbildungsniveau ist im Interesse der Bremer Wirtschaft und vor allen Dingen im Interesse aller Jugendlichen auf ihrem Weg von der Schule in die Arbeitswelt dringend geboten. Hierzu ist es unabdingbar, dass alle an einem Strang ziehen.

Dies ist geschehen in den acht Verabredungen des regionalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Bremen und Bremerhaven vom Juni 2004. Diesem Zusammenwirken der Paktpartner war ein großer Erfolg beschieden, wird Bremen doch vom Sta-tistischen Bundesamt um die acht Prozent und damit der weitaus größte Zuwachs an dualen Ausbildungsplätzen bescheinigt. Bremerhaven toppt das noch mit einer Zahl von zirka zwölf Prozent. Trotzdem sind immer noch viel zu viele Jugendliche ohne einen Ausbildungsplatz, und es bleibt unsere Aufgabe, diesen Abwärtstrend in der dualen Berufsausbildung umzukehren.

Im regionalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Bremen und Bremerhaven wurde neben den verschiedenen Sofortmaßnahmen verabredet, ein bremisches Projekt mit dem Titel „Innovative Berufsbildung 2010“ mit dem Ziel auf den Weg zu bringen, durch eine Erhöhung der Attraktivität und der Qualität der Berufsausbildung sowie eine Senkung der Ausbildungskosten beziehungsweise eine Erhöhung des Nutzens der Ausbildung eine deutlich höhere Ausschöpfung des Ausbildungspotentials der Bremer Wirtschaft zu erreichen. Initiiert und begleitet wurde dieses Projekt von der Universität, in Person von Professor Rauner. Die Federführung für die Umsetzung liegt bei der IHK Bremerhaven in Kooperation mit der Handelskammer Bremen. Es ist beabsichtigt, der Deputation für Arbeit und Gesundheit im August einen entsprechenden Projektantrag vorzulegen und das Programm selbst dann im September beginnen zu lassen.

Bei dem Projekt „Innovative Berufsbildung 2010“ handelt es sich nicht um weitere bildungspolitische

Maßnahmen mit beschränkter Reichweite, sondern um die Modernisierung eines komplexen Bereiches von weitreichender regionaler und wirtschaftlicher Bedeutung. Schon jetzt wird in verschiedenen Zusammenhängen versucht, über Einzelmaßnahmen zum Beispiel eine Verbesserung der Berufsorientierung, eine Erhöhung der Qualität der Berufsausbildung und der Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze zu erreichen. Das Programm „Innovative Berufsbildung 2010“ wird die bisherigen Aktivitäten bündeln, in einem übergeordneten Zusammenhang systematisieren sowie notwendige weitere Maßnahmen initiieren und begleiten.

Meine Damen und Herren, das Projekt „Innovative Berufsbildung 2010“ umfasst drei zentrale Bereiche. Erstens, eine Stärkung der Unterstützungssysteme! Bereits jetzt wird vom Arbeitgeberverband Bremerhavens die positive Arbeit des externen Ausbildungsmanagements EXAM, das gibt es in Bremen und Bremerhaven, gelobt. Es berät und begleitet die Betriebe bei der fachlichen Berufsauswahl, indem es zum Beispiel Auswahlverfahren und eine konkrete Bewerberauswahl durchführt. Allerdings konzentriert sich zurzeit die Diskussion auf die Gewinnung der ausbildungsberechtigten Betriebe für die Berufsausbildung.

Zu den Betrieben, die nicht ausbildungsberechtigt sind beziehungsweise wegen ihrer Spezialisierung oder Fertigungstiefe nicht ausbilden können, liegen keine Untersuchungen vor. Hier spielt natürlich auch das Outsourcing vieler Betriebseinheiten eine maßgebliche Rolle. Zu untersuchen ist in diesem Zusammenhang vor allem, unter welchen Bedingungen diese Betriebe sich an einer Berufsausbildung beteiligen würden, denn die Erhöhung des Angebots an Ausbildungsplätzen setzt zunächst einmal die Identifizierung der Ausbildungshemmnisse, sowohl der ausbildungsberechtigten als auch der nicht ausbildungsberechtigten Betriebe, voraus. Darüber hinaus können die Einführung einer Handreichung zur Aufnahme beziehungsweise Wiederaufnahme der Ausbildung, eine erweiterte Ausbildungsberatung der Kammern und der Berufsfachkommissionen den Anteil der ausbildenden Betriebe deutlich erhöhen.

Der Ausbildungspool in Bremerhaven leistet hier bereits jetzt schon vorbildliche Arbeit dadurch, dass es durch seine Unterstützung ermöglicht wurde, zum Beispiel in den Shops der Tankstellen, in den türkischen Einzelhandelsgeschäften oder einer italienischen Pizzeria auszubilden. Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang allerdings, dass es nicht zu einem Nebeneinander verschiedener Unterstützungssysteme kommt, die sich alle um dieselben Unternehmen bemühen und sich gegenseitig Konkurrenz machen. Es muss sichergestellt werden, dass wirklich alle interessierten Betriebe die Informationen über diese Möglichkeiten der Hilfeleistung auch erhalten.

Meine Damen und Herren, für die betriebliche Ausbildung stehen im Durchschnitt 137 Ausbildungs

tage pro Jahr zur Verfügung. Abzüglich der Tage für den innerbetrieblichen Unterricht und das Lehrwerkstättentraining verbleiben nach einer Untersuchung des Berufsbildungsinstituts noch 46 Tage für das Lernen im Arbeitsprozess. Davon umfasst die praktische Berufsausbildung auf dem Niveau von Fachkräftetätigkeiten durchschnittlich nur 36 Tage pro Jahr. Dieser außerordentlich geringe Umfang der Ausbildung in qualifizierten Facharbeitsprozessen ist die zentrale Ursache für die qualitativen Schwächen der beruflichen Erstausbildung sowie für ihre geringen Erträge.

Die Ertragssituation im Bereich der beruflichen Erstausbildung gestaltet sich immer dann betriebswirtschaftlich günstig, wenn es erstens gelingt, die Arbeitsaufträge für Auszubildende auf an- und ungelerntem Niveau drastisch zu reduzieren zugunsten einer nach Lehrjahren zunehmenden Einbeziehung in Fachkräfteaufgaben, und zweitens mit den Berufsschulen eng zu kooperieren, so dass alle theoretischen Ausbildungsinhalte von der Berufsschule übernommen werden und in den Betrieben das Lernen in lernhaltigen, beruflichen Arbeitsprozessen verstärkt werden kann, wie es in den neuen Ausbildungsverordnungen auch vorgesehen ist.

Das ITB entwickelt im Rahmen dieses Projektes ein einfach zu handhabendes Instrument zur Abschätzung des Nutzens und der Kosten der Ausbildung, das den Betrieben zur Verfügung gestellt wird. Die Zielgruppe sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Nicht ausbildende Betriebe sollen durch eine Dokumentation von Beispielen guter Ausbildungspraxis, die nicht nur eine hohe Ausbildungsqualität, sondern auch eine günstige Kosten-Nutzen-Relation aufweisen, angeregt werden, auszubilden oder wieder auszubilden.

Im zweiten Bereich des Projektes „Innovative Berufsbildung 2010“ geht es um eine Stärkung der dualen Berufsausbildung durch eine Verstärkung der Ausbildungspartnerschaften und Lernortkooperationen. Sie lässt erwarten, dass Betriebe, die nur über ein begrenztes Spektrum an Geschäftsfeldern verfügen, auf diesem Weg für die Ausbildung gewonnen werden können. In Bremerhaven hat sich gezeigt, dass die Koordinierung dieser Kooperationen, die es im Bereich der Mechatroniker und Mechatronikerinnen, der IT-Fachleute und Berufskraftfahrer und Berufskraftfahrerinnen gibt, durch die entsprechenden Berufsschulkollegen außerordentlich erfolgreich und von der Wirtschaft gewünscht ist, haben doch die einzelnen Betriebe in der Regel keine Kapazitäten, um eine professionelle Organisation zu gewährleisten. Hier müssen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um entsprechende Erfolgsmodelle abzusichern und auszuweiten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir beklagen alle den zeitlich etwa um zwei Jahre verzöger

ten Übergang von der Schule in die Berufsausbildung. Damit verbunden sind außerordentlich hohe Kosten zur Finanzierung von diversen Formen und Maßnahmen der Berufsorientierung. Durch eine schulstufenübergreifende Form der beruflichen Grundbildung kann sowohl die Verweildauer im Bildungssystem reduziert werden als auch das Eintrittsalter in die duale Berufsausbildung abgesenkt werden. Die Durchfallquoten sowie die Abbrecher- beziehungsweise Abbrecherinnenquoten in der dualen Berufsausbildung können ebenfalls gesenkt werden.

Ein Gesamtkonzept für die Berufsorientierung in den verschiedenen Altersgruppen wird zurzeit beim Senator für Bildung erstellt, um nach dem Abschluss der achten Klasse der Sekundarstufe I beziehungsweise der elften Klasse der Sekundarstufe II sicherzustellen, dass die Jugendlichen klare und realistische Vorstellungen über ihre zukünftige Berufsausbildung beziehungsweise den beruflichen Karriereweg haben. Hierzu gehört zum Beispiel ein Berufswahlpass, der den Prozess der beruflichen Orientierung in den Schulen steuern und die Aktivitäten lenken wird.

Zukünftig soll dokumentiert werden, wie Schülerinnen ihre individuellen Schritte zur Berufswahlentscheidung und ihre Fähigkeiten und Kompetenzen erworben haben. Für Jugendliche ohne Schulabschluss oder Sonderschulabschluss soll eine erfolgreiche Berufsausbildung nach dem Vorbild des so genannten Wolfsburger Modells ermöglicht werden.

Lassen Sie mich aber noch auf den dritten Bereich des Projektes „Innovative Berufsbildung 2010“ eingehen! Hier geht es um eine Stärkung des Übergangs zur Weiterbildung beziehungsweise dualen Weiterbildung und Professionalisierung des Ausbildungspersonals. Den Führungskräften auf dem Niveau von Fachschulabsolventen kommt in Zukunft eine zentrale Bedeutung zu. Die Integration der Hochschulen im Zuge der Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse geht mit einer weiteren Annäherung der Fachhochschulen an akademische Ausbildungsformen und -inhalte einher.

Die Tradition des Zugangs zur Fachhochschulausbildung über eine duale Berufsausbildung wird damit weitgehend aufgegeben. Dies führt zu einem Verlust an Praxiskompetenz in unserem Beschäftigungssystem. Für die Fachschule bietet sich hier eine Profilierung durch eine Umstellung auf eine duale Studienstruktur an. Die duale Fachschulausbildung schließt unmittelbar an die Berufsausbildung an. Voraussetzung für das Studium ist ein Arbeitsvertrag und die Einbeziehung der betrieblichen Arbeit in die Ausbildung in Anlehnung an duale Ausbildungsformen.

Für die SPD-Fraktion begrüße ich das Projekt „Innovative Berufsbildung 2010“ ausdrücklich und hoffe, dass möglichst zügig mit der Umsetzung begonnen werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Voraussetzung ist für uns allerdings eine klare Vereinbarung von Zielzahlen, die über unverbindliche Angaben hinausgeht, fließen doch nicht unerhebliche Mittel in dieses Projekt. Darüber hinaus ist es notwendig, über die Europafähigkeit des Systems nachzudenken, leisten wir uns in Deutschland diesbezüglich doch eine ziemliche Ignoranz.

Diese Landesinitiative mit ihrer beabsichtigten Stärkung der Lernortkooperationen und das neue Berufsbildungsreformgesetz mit der gesetzlichen Verpflichtung zur Kooperation der verschiedenen Lernorte des dualen Systems werden im Zusammenspiel mit der Entwicklung der beruflichen Schulen zu regionalen Berufsbildungszentren beziehungsweise Kompetenzzentren die Zusammenarbeit zwischen den beruflichen Schulen und den Betrieben qualitativ weiter stärken und voranbringen. Dies wird aber nicht ohne entsprechendes Lehrpersonal gehen.

Meine Damen und Herren, bereits jetzt haben wir große Schwierigkeiten, bestimmte Fachbereiche für die Berufsschulen abzudecken, und perspektivisch zeichnet sich eine partielle Unterversorgung ab. Hier gilt es, durch ein Personalentwicklungskonzept der Behörde gegenzusteuern, aber auch dafür Sorge zu tragen, dass die jetzt Studierenden vorbereitet werden im Unterrichten nach Lernfeldern und dem damit verbundenen Ziel, betriebliche Aufträge im Rahmen einer Prüfung zu bearbeiten. Das können zurzeit so gut wie keine Studierenden. Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Berufsschulen die Kompetenzzentren für die Ausbildung in der Wirtschaft unserer Städte bleiben oder werden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der CDU ist ja überschrieben mit „Modernisierung der beruflichen Bildung“, und Modernität, finde ich, bezieht sich einerseits auf das novellierte Bundesgesetz, aber auch auf die betriebliche Praxis, die ja letztendlich dazu gehört, weil so etwas auch im Betrieb und in der Berufsschule umgesetzt werden muss.

Es wurde schon gesagt – ich werde hier jetzt auch nicht alles wiederholen –, dass das Berufsbildungsreformgesetz im letzten Jahr vorgelegt und im Januar und Februar 2005 verabschiedet worden ist. Es enthält einige Neuerungen. Wir hätten uns an einigen Stellen ein paar mehr vorgestellt, aber der zentrale Punkt und das Ziel dieser Reform war ja, den wandelnden Anforderungen in der Arbeitswelt gerecht zu werden und die Ausbildung zukunftsfest zu machen, so dass Jugendliche auch breitere berufliche ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Handlungschancen für ihren Berufseinstieg bekommen.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s übernimmt den Vorsitz.)

Die wesentlichen Neuerungen waren aus grüner Sicht, dass es zu einer Aufwertung der Stufenausbildung und zu dieser Modularisierung gekommen ist. Man muss da ausdrücklich anerkennen, dass es heutzutage viele Patchworkbiographien gibt. Es gibt nicht mehr so sehr die Biographien wie vor 20, 30 Jahren – Schule, Ausbildung, Beruf, damit ist die Bildung abgeschlossen, und dann geht man in Pension –, sondern das mischt sich sehr viel stärker, und darauf muss die Ausbildung natürlich auch Rücksicht nehmen.

Ich finde es ausgesprochen gut, dass jetzt auch Teile der Ausbildung im Ausland absolviert werden können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist ja bereits in der Hochschulausbildung mit der Umstellung auf Bachelor und Master eingeführt worden, so dass es auch ein größeres Gewicht bekommt. Das ist jetzt in der Berufsausbildung auch der Fall. In einem zusammenwachsenden Europa und bei der Globalisierung ist das ein ganz wichtiger Punkt für die heutigen Jugendlichen, denn ein Arbeitsmarkt findet für sie in der Zukunft nicht nur in Deutschland statt, sondern auch in anderen Ländern. Im Übrigen können wir auch von der Ausbildung in anderen Ländern lernen, und das ist gut für unsere Jugendlichen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann ist aus unserer Sicht positiv geregelt worden, dass die Anrechnungsmodalitäten von schulischer Vorbildung auf die Länder übertragen worden sind und dass es auch erleichtert wurde, diese berufliche Vorbildung anzuerkennen. Das ist insofern positiv, weil heute jede Menge Warteschleifen gedreht werden, bevor Jugendliche überhaupt in eine duale Berufsausbildung kommen, und das ist für Jugendliche einfach auch verlorene Zeit. Wenn es da bessere Anerkennungsmöglichkeiten gibt, begrüßen wir das sehr. Insbesondere sind das natürlich auch Chancen für schwächere Jugendliche.

Was wir auch richtig finden, es wird aber teilweise kritisch gesehen, ist, dass die vollzeitschulischen Ausbildungsgänge aufgewertet worden sind. Absolventen können jetzt zur Kammerprüfung zugelassen werden, sofern es Länderregelungen dazu gibt. Auch das ist positiv zu werten gerade vor dem Hintergrund, dass es gegenwärtig deutlich zu wenig Ausbildungsplätze im dualen System gibt. Die Kritik, die da teilweise von den Kammern angebracht wird, verstehe ich ehrlich gesagt nicht, wenn sie und die Betriebe zu wenig Ausbildungsplätze schaffen.

Aufgewertet worden sind auch die Berufsschulen, was Vorteile bringt, denn jetzt können Berufsschullehrer auch bei der Abschlussprüfung mitwirken, was vorher nicht der Fall war. So haben die Berufsschulen ein höheres Gewicht bekommen. Auf die Verbundausbildung, die dort festgeschrieben worden ist, ist schon Bezug genommen worden. Das wird in Bremen aber schon längst praktiziert, und dass die Teilzeitausbildung dort festgeschrieben worden ist, ist auch gut. Ich weiß jetzt nicht genau, wer es gesagt hat – ich glaube, es war Herr Ravens –, gerade für allein erziehende Auszubildende ist es ein Meilenstein, dass das festgeschrieben worden ist. Allerdings müssen wir auch so ehrlich sein einzuräumen, dass die Umsetzung gegenwärtig noch sehr schwierig ist. Da sind natürlich auch die Berufsschulen gefordert, die Ausbildung so zu strukturieren, dass die Teilzeitausbildung generell und von der betrieblichen Seite möglich ist. Auch die Modellprojekte, die wir dazu gegenwärtig in Bremen haben, sind ausgesprochen schwierig zu realisieren. Da muss man noch viel Gehirnschmalz einsetzen, dass das tatsächlich Realität wird.

Was nicht gelungen ist, im Bundesbildungsgesetz umzusetzen, und was wir Grünen ausgesprochen bedauern, ist, dass der Zugang zur Hochschulbildung nicht nennenswert erleichtert worden ist. Es gibt immer noch einen Deckel bei der dualen Berufsausbildung, wo es immer noch schwierig ist, in eine Hochschulbildung hineinzukommen. Das finden wir schade.

Die Ausbildungsberatung wurde nicht festgeschrieben, und das ist insofern ein Problem, weil gegenwärtig, auch wegen der großen Not der zu wenigen Ausbildungsplätze, viele Jugendliche in Ausbildungen hineingehen, für die sie nicht unbedingt geeignet sind, und es deswegen auch hohe Quoten von Ausbildungsabbrüchen gibt. Es wäre besser, wenn es da eine richtig gute Beratung geben würde.

Wir hätten uns auch gewünscht, wenn es Bestimmungen gegen Diskriminierung in der Ausbildung gegeben hätte. Das ist auch nicht der Fall gewesen, und das finden wir schade.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)