Protokoll der Sitzung vom 08.11.2005

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich den Vorsteher der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung,

Herrn Arthur Beneken, und den Oberbürgermeister Jörg Schulz begrüßen!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Böhrnsen, ich werde Sie als Bürgermeister und Präsident des Senats selbstverständlich nicht mitwählen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Sie haben zwar den Bildungssenator Herrn Lemke als SPD-Mitbewerber für dieses sehr schwere Amt eindeutig mit sieben zu drei geschlagen, aber, und nun kommt das Aber: Hätten Sie oder Herr Senator Lemke eine diesbezügliche Abstimmung in unserer Bremer und Bremerhavener Bevölkerung durchgeführt, dann, glaube ich, wären Sie beide für das Bürgermeisteramt mit Schimpf und Schande untergegangen, weil Sie beide keine Ausstrahlung eines Herrn Dr. Scherf besitzen, der Ihre SPD persönlich allein durch seine Ausstrahlung und seine Persönlichkeit bei der letzten Landtagswahl vor einem SPD-Wahldesaster gerettet hat. Die gesamte SPD hat keine Persönlichkeit eines Herrn Dr. Scherf mehr. Das wird Ihre SPD bei den nächsten Landtagswahlen noch deutlich zu spüren bekommen.

Herr Böhrnsen, ich möchte Ihnen Ihren guten Willen, dieses Bundesland politisch positiv zu verändern und weiter nach vorn zu bringen, ja überhaupt nicht absprechen. Sie haben gerade in den letzten Wochen bei unzähligen SPD-Veranstaltungen durchaus positive programmatische Zielsetzungen für das sehr schwere Amt dargestellt. Da waren einige sehr gute Ansätze dabei. Sie haben wie alle etablierten Politiker sehr viel und sehr gern über positive politische Veränderungen in diesem Bundesland geredet, aber wie sagt man so schön: Allein der Glaube dazu fehlt mir. Herr Böhrnsen, Sie sind seit 1967 Mitglied der SPD und in weiteren Organisationen, zum Beispiel ÖTV, AWO und so weiter, aktiv tätig. Das heißt also für mich, dass Sie in unzähligen Funktionen gerade als SPD-Fraktionsvorsitzender direkt oder indirekt für den wirtschaftlichen und finanziellen Ruin dieses Bundeslandes mitverantwortlich sind.

Meine Damen und Herren, unsere Bürgerinnen und Bürger haben es doch einer SPD-Politik mit sozialdemokratischen Inhalten zu verdanken, dass das Bundesland Bremen zwölf Milliarden Schulden hat – es zahlt allein für Zinsen eine Milliarde D-Mark –, dass es praktisch ruiniert, finanziell und wirtschaftlich am Ende ist und es unter Herrn Dr. Scherf und Herrn Senator Lemke den größten Bildungsnotstand in seiner Geschichte ertragen und erleiden muss. Ich muss diese Aufzählung leider abkürzen, weil ansonsten dafür

meine Redezeit nicht ausreichen würde. Ihre SPD hat durch Ihre allein geführte Regierung und jetzt gemeinsam mit der CDU als große Koalition unser Bundesland völlig, aber auch völlig ruiniert. Herr Böhrnsen, wenn das Ihre ach so angepriesenen sozialdemokratischen Werte sind, auf die Sie immer so viel Wert legen, wenn so eine sozialdemokratische Erneuerung aussehen soll, dann gute Nacht, Bundesland Bremen!

Herr Böhrnsen redet immer von so genannten sozialdemokratischen Inhalten, zum Beispiel kündigt er an die Schaffung neuer Arbeitsplätze – sehr gut! –, keine Studiengebühren – sehr gut! –, keine weiteren Kürzungen bei den Jugendverbänden und so weiter. Alle Forderungen kann ich namens der Deutschen Volksunion voll und ganz unterstützen, aber Herr Böhrnsen hat dabei ganz vergessen zu erwähnen, dass es gerade diese große Koalition aus SPD und CDU gewesen ist, die gerade bei Kindern, Jugendverbänden und Jugendprojekten so dramatisch gekürzt hat, dass weitere Kürzungen praktisch gar nicht mehr möglich sind. In anderen wichtigen Bereichen ist es ebenso. Also haben Sie da unseren Bürgerinnen und Bürgern etwas versprochen, was praktisch eigentlich sowieso nicht mehr sozialverträglich möglich ist.

Meine Damen und Herren, das Bundesland Bremen hat unter dieser großen Koalition aus SPD und CDU den unsozialsten, grausamsten und rücksichtslosesten Sparkurs und Sozialabbau betrieben, den es so in der Geschichte Bremens noch nie gegeben hat. Sie, Herr Böhrnsen, waren als SPD-Fraktionsvorsitzender maßgeblich daran beteiligt.

In Ihren Aussagen der letzten Wochen hatten Sie durchaus gute Ziele und Ansätze. Nun frage ich Sie: Warum haben Sie sich für die Umsetzung und Durchsetzung Ihrer guten Ziele und Ansätze als SPD-Fraktionsvorsitzender nicht schon viel früher eingesetzt? Warum erst jetzt? Den politischen Einfluss als SPDFraktionsvorsitzender haben Sie doch schon viel früher gehabt, und heute machen Sie Versprechungen, obwohl Sie genau wissen, dass Sie diese aufgrund des fehlenden finanziellen Handlungsspielraums gar nicht einhalten können. Nun bin ich wirklich einmal gespannt, in welchen wichtigen Bereichen, die von den sozialdemokratischen Inhalten geprägt sein sollen, Sie künftig drastische Einsparungen vornehmen wollen oder vornehmen müssen. Darauf bin ich schon sehr gespannt!

Des Weiteren haben Sie ausgeführt, dass Sie es heute als einen sehr großen Fehler ansehen, dass Sie damals den schrecklichen und grausamen Affenversuchen an der Bremer Universität mit zugestimmt haben. Sie haben aber nach dieser richtigen Erkenntnis trotzdem meinen Antrag „Keine weiteren Affenversuche an der Bremer Uni!“ abgelehnt. So viel nun zu Ihrer Ehrlichkeit und Lernfähigkeit einer richtigen Erleuchtung!

Herr Böhrnsen, ich spreche Ihnen Ihren guten Willen und hohe Fachkompetenz, dieses Bundesland

nach vorn zu bringen, überhaupt nicht ab, aber Herr Dr. Scherf hat Ihnen ein wirklich sehr schweres Erbe hinterlassen. In zehn Jahren sind die Schulden von acht Milliarden Euro auf sage und schreibe weit über zwölf Milliarden Euro angestiegen, und das trotz 8,5 Milliarden Euro Zuwendungen vom Bund. Aufgrund des fehlenden Geldes aus dem Kanzlerbrief muss zum Beispiel ein Viertel des zirka Vier-Milliarden-Etats über Kredite finanziert werden. Das ist keine gute Grundlage für Visionen, um dieses Bundesland zukunftsorientiert nach vorn zu bringen. Wirtschaftlich und finanziell muss eine politische Umstrukturierung vorgenommen werden, das ist ganz klar, und auch die Selbständigkeit des Bundeslandes Bremen muss abgesichert werden.

Herr Böhrnsen, Sie haben die meisten unsozialen Beschlüsse für den Ruin des Bundeslandes Bremen in den beiden Städten Bremen und Bremerhaven als Fraktionsvorsitzender der SPD mitgetragen. Eine dringend notwendige politische Erneuerung und neue Ansätze sehe ich leider nicht. Darum werde ich mit Nein stimmen, wünsche Ihnen aber trotzdem im Interesse und zum Wohl des Bundeslandes Bremen und seiner Bevölkerung alles Gute und bedanke mich!

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Meine Damen und Herren, die Mitglieder des Senats werden nach Artikel 107 Absatz 2 der Landesverfassung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt.

Gemäß Paragraph 58 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung erfolgt die Wahl des Senats in geheimer Abstimmung. Da es interfraktionell vereinbart wurde, erfolgt die Abstimmung gemäß Absatz 4 in Wahlkabinen.

Zum Wahlverfahren lassen Sie mich bitte folgende Anmerkungen machen: Die Ausgabe der Stimmzettel und Wahlumschläge erfolgt nach Namensaufruf an den Tischen rechts neben den Wahlkabinen. Bitte gehen Sie dann mit Ihrem Stimmzettel in eine der beiden Wahlkabinen und vermerken dort Ihre Wahlentscheidung auf dem Stimmzettel.

Sie haben die Möglichkeit, mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung zu entscheiden. Fehlt eine Kennzeichnung, gilt die Stimme als nicht abgegeben. Enthält der Stimmzettel mehr Kennzeichnungen als zu Wählende, ist er ungültig. Falten Sie bitte den Stimmzettel und stecken Sie ihn in den mitgegebenen Wahlumschlag. Werfen Sie dann den Stimmzettel in die Wahlurne.

Ich weise noch darauf hin, dass die Schriftführerinnen Stimmzettel zurückzuweisen haben, die erstens außerhalb der Wahlkabine gekennzeichnet oder in den Wahlumschlag gelegt wurden, zweitens nicht in den Wahlumschlag gelegt wurden, drittens sich in ei

nem Wahlumschlag befinden, der offensichtlich in einer das Wahlgeheimnis gefährdenden Weise von den übrigen abweicht.

Stimmzettel, die Zusätze oder Kennzeichnungen enthalten, sind ungültig, wenn sie den Willen des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder die Person des Wählers erkennbar wird.

Sollte sich ein Abgeordneter beim Ausfüllen des Stimmzettels verschreiben, kann er bei den Schriftführerinnen gegen Rückgabe des alten Stimmzettels einen neuen Stimmzettel erhalten.

Wir kommen zur Wahl.

Ich eröffne den Wahlgang.

Ich rufe jetzt alle Abgeordneten nach dem Alphabet namentlich auf und bitte die so aufgerufenen Damen und Herren, die Wahl vorzunehmen. Gleichzeitig bitte ich die Schriftführerinnen, an der Ausgabe der Stimmzettel und an der Wahlurne Platz zu nehmen.

Ich beginne mit dem Namensaufruf.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Meine Damen und Herren, ich frage, ob alle Abgeordneten ihre Stimmzettel erhalten und abgegeben haben.

Ich stelle fest, dass alle Abgeordneten ihren Stimmzettel erhalten und abgegeben haben.

Meine Damen und Herren, dann ist der Wahlgang beendet.

Wir kommen jetzt zur Auszählung der abgegebenen Stimmen. Ich bitte die Schriftführerinnen, die Auszählung vorzunehmen.

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag), bis das Ergebnis der Auszählung vorliegt.

(Unterbrechung der Sitzung 11.15 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 11.22 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich gebe Ihnen jetzt das Wahlergebnis bekannt, und zwar in der Form, wie es mir von den Schriftführerinnen vorgelegt wurde: Ausgegebene Stimmzettel 81, abgegebene Stimmzettel 81.

Auf Herrn Böhrnsen entfielen 62 Jastimmen, 19 Neinstimmen. Es gab keine Enthaltungen und keine ungültigen Stimmen.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, damit ist Herr Jens Böhrnsen gemäß Artikel 107 Absatz 2 unserer Landesverfassung zum Präsidenten des Senats gewählt worden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Böhrnsen, ich stelle fest, die Bürgerschaft (Land- tag) hat Sie soeben zum Präsidenten des Senats gewählt.

Ich frage Sie, ob Sie die Wahl annehmen.

(Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Ich nehme die Wahl an!)

Ich stelle fest, Sie haben die Wahl zum Präsidenten des Senats angenommen.

Wir kommen nun zu Ihrer Vereidigung.

Nach der Landesverfassung haben Sie den Eid vor der Bürgerschaft zu leisten. Ich spreche Ihnen jetzt

die Eidesformel vor und bitte Sie, mit den Worten „Das schwöre ich“ oder „Das schwöre ich, so wahr mir Gott helfe“ den Eid zu leisten!