Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich muss schon sagen, der Masterplan Kultur liest sich wirklich gut. Ich würde mir wünschen, dass sich viele Abgeordnete, die immer sagen, was ist schon Kultur, den Masterplan einmal aufmerksam durchlesen, dann werden sie nämlich merken, warum hier neue Wege beschritten werden sollen: Weil nämlich dieser Masterplan an den Gedanken der alten Kulturhauptstadtbewerbung anknüpft, dass Kultur eben nicht losgelöst von den anderen Bereichen betrachtet werden kann, dass es enge Verbindungen zu Bildung gibt – diese müssen in Zukunft besser werden –, dass es enge Bindungen zur Wissenschaft gibt, Stadt der Wissenschaft nenne ich hier! Das alles sind Zukunftsbereiche.

Wenn es uns nicht gelingt, hier eine engere Verknüpfung herzustellen, und wenn nicht das Wissenschaftsressort, das Bildungsressort und das Wirtschaftsressort, das füge ich ausdrücklich hinzu, erkennen, wie notwendig und wichtig Kultur als Ressource, als Motor von Stadtentwicklung, von neuen Kräften ist, die man hier in der Stadt fördern und binden muss, dann wird Kultur auch zukünftig keine Chance haben. Es muss in alle unsere Köpfe hinein, dass Kultur einfach mehr ist als Anhängsel. Das habe ich vorhin schon gesagt, und dazu brauchen wir vor allen Dingen auch eine deutlich andere Kulturpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage noch einmal, was ich am meisten bedauert habe: Es gab in dieser Stadt eine Verständigung über die Wichtigkeit der Kultur. Diese gab es in der Zeit der Kulturhauptstadtbewerbung. Ich werfe Ihnen vor, dass, nachdem es mit der Kulturhauptstadtbewerbung zu Ende war, diese Aufbruchsstimmung völlig untergegangen ist. Ressortegoismen waren wieder an der Tagesordnung, Schwarze-Peter-Spiele nach dem Motto, wie ärgere ich den Koalitionspartner am meisten. Viele Sachen sind auf die lange Bank geschoben worden. Ich erinnere nur daran, wie lange es aufgrund koalitionsinterner Streitigkeiten gedauert hat, bis ein Stadtbibliothekskonzept verabschiedet werden konnte. Ich erinnere an den Streit über die Umwandlung in Schulbibliotheken, wem gehören wie viele Bücher und so weiter. Ich erinnere an die unendliche Geschichte mit der schulgeschichtlichen Sammlung, und ich mache darauf aufmerksam, dass das Kulturleben in Bremen-Nord seit über einem Jahr daniederliegt, sodass es jetzt mühselig von ganz unten an wieder aufgebaut werden muss. Es gibt wirklich viel zu tun, und ich wünsche mir, dass dieser Masterplan Hilfe sein kann, damit das, was in der Vergangenheit nicht so gut gelaufen ist, in Zukunft besser läuft. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Emigholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Krusche, es schadet sicher nichts, wenn wir unsere Beiträge, unsere inhaltlichen Überzeugungen mit großer Leidenschaft darstellen. Das zeigt nur, dass wir hinter den Bereichen stehen, aber zum Konkreten gern eines: Sie haben gesagt, die Kulturpolitik muss an vielen Stellen verbessert werden, da gebe ich Ihnen recht. Es ist auch so, dass personelle Diskontinuitäten nicht gerade Glück bringend für alle Beteiligten sind, da gebe ich Ihnen auch recht. Aber ich sage Ihnen auch einmal eines: Gerade weil wir kollegial und an der Sache orientiert in diesem Feld wie in kaum einem anderen arbeiten, haben Sie auch jederzeit die Möglichkeit, nicht nur hier im Parlament Reden zu halten von dem, was Sie an Anforderungen an die Große Koalition haben und was Sie einbringen müssen, sondern Sie sind auch gern gefordert, dies in der alltäglichen Arbeit der Deputation zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind da sehr aufgeschlossen, das will ich hier ganz ausdrücklich sagen. Es misst sich immer an dem, was man auch konkret macht. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Herr Senator Kastendiek hat den Masterplan zur Diskussion gestellt, und er hat uns alle aufgefordert, nach dem Erstentwurf des Hauses Anmerkungen zu machen und Verbesserungsvorschläge einzureichen. Wir haben das ausführlich getan. Wir haben das nicht nur mit Wortbeiträgen gemacht, sondern wir haben eine schriftliche Vorlage eingereicht und gesagt, wir bitten, das einzuarbeiten. Wir waren sehr erfreut darüber, dass diese Anregungen, die wir in Anhörungen mit der Kulturszene entwickelt haben, aufgenommen wurden.

(Abg. Frau K r u s c h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Davon habe ich doch gar nicht ge- redet!)

Man muss nicht so tun, als wenn es keine Möglichkeiten gibt, das zu machen, auch wenn wir vieles abstellen müssen. Das ist das eine.

Jetzt noch zu Ihnen, Herr Kastendiek! Klar, wir sind uns in vielen Punkten einig, und das sollte man auch hier zur Entwicklung des Masterplans sagen, aber Sie wissen, was jetzt kommt, und da haben Sie mich gereizt, der Stachel ist da, und ich reagiere auch sofort, pawlowsche Reflexe sind ja auch immer ganz unterhaltsam. Ich würde sagen: Kulturwirtschaftlichkeit ist eine Disziplin, die wir von den Einrichtungen natürlich erfordern. Controlling als Instrument ist ein Instrument in der Kulturpolitik, aber kein Selbstzweck, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Für uns muss wichtig sein, dass das Angebot im Vordergrund steht und dass wir die Konkretisierung des Masterplans dafür nutzen, uns darüber zu verständigen, welche Angebote wir unter schwierigen Bedingungen der Bevölkerung in welchen Sparten machen, wie sie sich entwickeln. Wirtschaftlichkeit spielt vor dem Hintergrund der engen Haushaltslage eine wichtige Rolle, aber sie ist Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hätte mich auch gewundert, Frau Krusche, wenn Sie nicht am Ende der ganzen Diskussion da noch einen oppositionellen Touch hineinbekommen hätten! Dass es Ihnen schwerfällt, ist natürlich auch klar, denn so viel gibt es nicht zu kritisieren, deswegen versuchen Sie, Ihre Vorurteile aus den vergangenen Jahren hochzuhalten. Wenn ich dann sehe, was Sie als scheinbar objektive Kritikpunk

te haben, dann, muss ich sagen, ist es wohl doch nicht ganz so viel, was Sie kritisieren können.

Ich fange einmal mit der Stadtbibliothek an. Wir haben eine Lösung gefunden!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir haben eine Entscheidung getroffen, und wir haben sie umgesetzt. Wir haben ein Vier-plus-eins-pluszwei-Konzept, und die zwei Nachbarschaftsbibliotheken sind renoviert der Öffentlichkeit übergeben worden. Alle sind hochzufrieden. Also, ich weiß gar nicht, was Sie haben!

Das Thema mit den Schulbibliotheken! Natürlich wird das auch zukünftig so sein. In welchem Land, in welcher Gesellschaft, auf welcher Welt leben wir? Natürlich wird es hier und da immer noch Kontroversen und Streitigkeiten zwischen den einzelnen Ressorts geben, vor allen Dingen, wenn es um das Geld geht. Das ist doch vollkommen klar! Aber daraus abzuleiten, dass die Kultur überhaupt keine Bedeutung im Bewusstsein der Großen Koalition hat, ist nun völlig abwegig und völliger Quatsch, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das Gleiche gilt für das Verhältnis zu den Kulturschaffenden. Man muss einfach auch bereit sein, einmal zu akzeptieren, dass wir das eine oder andere Projekt nicht realisieren können. Es gibt eine Einrichtung, die bei einer Ablehnung alle drei Wochen mit einer Pressemitteilung durch die Öffentlichkeit wandert, die inzwischen auch nicht mehr abgedruckt wird, weil die Presse gemerkt hat, dass es eigentlich ein und derselbe Vorfall ist. Es gehört auch dazu, Entscheidungen zumindest zu respektieren, dass es bei einzelnen Projekten einmal unterschiedliche Auffassungen gibt. Daraus aber abzuleiten, es gäbe keine Verlässlichkeit – –.

Wenn eine Entscheidung getroffen wird, dann ist es eine Entscheidung. Wir können nicht überall alles fördern in dem Maße, wie sich das die Einzelnen vorstellen. Wir werden Schwerpunktsetzungen vornehmen, und das wird auch weiter zukünftig der Fall sein. Deswegen bitte ich an der Stelle um Fairness, genau zu differenzieren, wo bei Einzelnen wirklich das Problem liegt. Dass diese Entscheidungen zum Teil auch Konsequenzen haben und bei den Einrichtungen nicht immer positiv aufgenommen werden, das ist, glaube ich, auch selbstverständlich.

Ein letztes Wort zu Bremen-Nord! Auch da, muss ich sagen, haben Sie zwölf Monate offensichtlich nicht mitbekommen, was in Bremen-Nord läuft. Bei der Aufgabenstellung will ich auch das Ressort in Schutz nehmen, denn es kann nicht angehen, dass, wenn

irgendwo etwas schiefgeht, es automatisch das Ressort ist, und wenn es gut läuft, dann sind es die jeweiligen Einrichtungen. Wir haben hoch engagierte Mitarbeiter, die sich zum Teil weit über das, was normal abverlangt werden kann, einsetzen und trotz der Probleme im Ressort, die wir hier haben, entsprechend versuchen, das so abzuwickeln, dass man mit Zufriedenheit sagen kann, jawohl, Verlässlichkeit, Ansprechpartner und vernünftiges Verwaltungshandeln! Aber dass nun das Spielchen nach dem Motto läuft: Wenn es schiefläuft, ist es die Verwaltung, und wenn es gut läuft, sind es allein die Einrichtungen, dieses Spielchen funktioniert nicht, Frau Krusche!

In Bremen-Nord gibt es vielfältige Gründe, warum die Situation so ist, wie sie ist, und es ist wirklich nicht staatliches Handeln, was dazu geführt hat. Wir könnten für jede einzelne Einrichtung ganz konkret hier einmal darstellen, wo die Probleme liegen. Das werde ich ganz bewusst nicht machen, weil die Einrichtungen Vertrauensschutz genießen, und ich will nicht in alten Wunden herumstochern, weil ich in die Zukunft schauen will.

Wir haben hier in den letzten Monaten einen Prozess in Gang gesetzt, der sehr erfolgreich läuft. Merkwürdigerweise nehmen die Einrichtungen das auch positiv auf. Wir haben verschiedene Gespräche geführt, und wir werden das in den kommenden Monaten, hoffentlich bis zum Jahresende so zu einem Ergebnis bringen, das wir wieder eine schlagkräftige Unterstützung der Kulturszene in Bremen-Nord bekommen, dass das die Grundlage für die kulturelle Vielfalt, die es in Bremen-Nord auch in der Vergangenheit gegeben hat und auch zukünftig geben soll, ist. In dem Sinne glaube ich, dass es Sinn macht, den Faden, den wir dort gesponnen haben, weiter aufrecht zu erhalten, und das werden wir, glaube ich, auch mit Erfolg praktizieren. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats Kenntnis.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe und dem nächsten Redner das Wort erteile, muss und möchte ich Ihnen mitteilen, dass inzwischen weiterhin nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, den Tagesordnungspunkt 20, es handelt sich hierbei um den Sachstandsbericht zur Gesundheitsvorsorge für Kinder und Jugendliche, den Tagesordnungspunkt 24, Aktionsplan kinderfreundliches Deutschland, und den Tagesordnungspunkt 25, Handlungsfelder für ein kindergerechtes Deutschland, für heute auszusetzen.

Grünbuch/Green Paper der EU-Kommission „Die künftige Meerespolitik der EU: Eine europäische Vision für Ozeane und Meere“

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18. Juli 2006 (Drucksache 16/1084)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 5. September 2006

(Drucksache 16/1127)

Wir verbinden hiermit:

Die künftige Meerespolitik der EU – Auswirkungen des Grünbuchs auf Bremen und Bremerhaven

Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 12. September 2006 (Drucksache 16/1135)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Schulte.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten wollen, so dass wir gleich in die Debatte eintreten können.

Die gemeinsame Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kann Europa es sich leisten, seine Meere und Ozeane sektorspezifisch und mithilfe unkoordinierter Einzelmaßnahmen zu verwalten, fragt die Europäische Kommission und lässt in ihrem im Juni vorgelegten Grünbuch Meerespolitik keinen Zweifel an der Notwendigkeit einer ganzheitlichen Sicht auf das Meer. Ziel ist, alle Nutzungsinteressen – Seeverkehr, Industrie, Entwicklung, Tourismus, Energie, Fischerei, Forschung – nachhaltig unter einen Hut zu bringen. Dabei geht es der EU auch um Wachstum und Beschäftigung vor dem Hintergrund der Lissabon-Strategie.

Die Frage ist für uns, auch aus unserer Sicht: Wie führen wir diese Diskussion und diese Konsultation, die ja im Mai nächsten Jahres hier in Bremen zu einer Veranstaltung zusammengefasst und ausgewertet werden sollen? Wir wünschen uns eine sehr offene, sehr bürgernahe und eine sehr, ich sage einmal, auch dem Umweltgedanken gerecht werdende Debatte in dieser Frage. Es gibt einige Umweltverbände, die das Grünbuch der EU in der Frage der Umwelt und der Ökologie nicht ausreichend finden. Ich bin aber der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Meinung, dass das, was die Europäische Union im Grünbuch hier jetzt vorgelegt hat, durchaus eine Tür öffnet, eine vernünftige Diskussion darüber zu führen, wie wir eigentlich die Meere nutzen können.