Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst kann man sich in der Tat die Frage stellen, warum wir überhaupt hier im Landtag über dieses Thema debattieren.
Wie der Antwort des Senats zu entnehmen ist, gibt es ja weder eine Zuständigkeit noch eine Fachaufsicht des Landes. Was ich allerdings schon bemerkenswert finde, ist jedoch die Art und Weise, wie in dieser Angelegenheit vom Gesundheitsressort verfahren worden ist. Dazu heißt es in der Antwort des Senats auf die Frage 19: „Das Modellprojekt wurde aus rechtlicher Sicht zunächst daraufhin geprüft, ob es in Einklang mit geltenden Vorschriften steht.“
haben wir da sehr interessante Auseinandersetzungen mitverfolgen dürfen. Ich erinnere mich an eine Sitzung der Gesundheitsdeputation schon vor etlichen Monaten, das Ganze ging auch über etliche Monate, damals noch in die Zeit der früheren Staatsrätin Frau Dr. Weihrauch zurück, die sich dort wohl mehrere interessante Briefwechsel mit Herrn Töpfer geliefert hat. All das wird hier auf eine formale Prüfung reduziert, die stattgefunden haben soll. Ich glaube, das ist eigentlich etwas, was in diesem Kontext ganz vorrangig zu bemängeln ist, nämlich die Art und Weise, wie das Gesundheitsressort dieses Thema angegangen ist.
Man hätte, meiner Meinung nach, innerhalb weniger Wochen problemlos feststellen können, dass überhaupt keine Zuständigkeit vorhanden ist, und das Thema ad acta legen können. Das wäre richtig gewesen, es hätte deshalb einer derart in die Länge gezogenen Debatte gar nicht bedurft, die über mehrere Monate zwischen Bremerhaven und Bremen hinund hergespielt wurde.
Zur Verlegung des Sozialmedizinischen Dienstes in Bremerhaven selbst will ich deshalb auch gar nicht so viel sagen. Wie gesagt, aus unserer Sicht handelt es sich um ein Thema, für das dieses Parlament nicht zuständig ist. Bisher spricht allerdings aus der Sicht der FDP, das will ich hier schon anmerken, nicht sehr viel für die vorgenommene Organisationsänderung. Vielmehr sind wir der Auffassung, dass es richtiger gewesen wäre, den Zustand so zu belassen, wie er vorher war.
Kritisch zu bewerten ist aus unserer Sicht ebenfalls die hier bereits angesprochene Nähe zum Kostenträger, die sich aus dieser Organisationsänderung ergibt, was sich unserer Meinung nach eigentlich gar nicht bewähren kann und deshalb auch im Vorfeld hätte geprüft werden müssen.
Insgesamt wirft diese Thematik und dieses Modellvorhaben, wie es genannt wird, doch mehr Fragen auf, als dass es sie beantwortet, zum Beispiel die Frage nach Vertretungsregelungen im Krankheitsfall, denn theoretisch müsste solch eine Ärztin, wenn es denn dort noch eine gäbe, durch eine Person aus dem Gesundheitsamt vertreten werden, was vermutlich nicht so ganz einfach wäre, wenn man die Vorgeschichte dazu kennt.
Es stellt sich weiterhin die Frage, warum weder eine Kosten-Nutzen-Analyse noch eine konkrete Vorgabe von Leistungszielen erstellt worden sind, bevor man die Organisationsänderung vorgenommen hat.
Im Übrigen hätte aus unserer Sicht durchaus auch eine Integration des Sozialmedizinischen Dienstes im Gesundheitsamt in Betracht gezogen werden können, weil nur dort eigentlich wirklich diese komplexen Beratungsleistungen, die vielfach erforderlich sind, auch gewährleistet werden können.
Ich denke, als Fazit kann man sagen, dass dieses Projekt schon gescheitert ist, bevor es angefangen hat. Es war falsch, das so anzugehen, dies wird, denke ich, von kaum jemandem heute noch bestritten. Ich will Ihnen für die FDP-Fraktion hier im Haus, aber auch für unsere Kollegen in den zuständigen Gremien in Bremerhaven sagen, wir schauen uns natürlich gern jedes Modellprojekt an, so auch dieses, aber wir haben schon die Erwartung, dass am Ende ein Projekt auch beweisen kann, dass es besser ist als der Zustand, der dadurch abgelöst wurde, und das sehen wir hier bisher nicht. – Herzlichen Dank!
Danke, Frau Präsidentin! Noch ganz kurz ein paar Erläuterungen: Dass wir hier nicht zuständig sind als Landesparlament, mag formaljuristisch sein, aber wenn Sie so tiefgreifende Strukturveränderungen vornehmen, dann muss doch wohl eine Landesbehörde in Bremen darauf achten, wie die Auswirkungen für die Patienten in diesem Land sind, weil das Gesundheitsamt, für das diese Landesbehörde nach wie vor zuständig ist, keine komplexe Beratung mehr vornehmen kann. Wie wir jetzt sehen, und da haben Sie recht, das wäre auch meine Einlassung gewesen, haben wir gar keinen Sozialmedizinischen Dienst mehr. Diese Struktur, wie sie jetzt vorliegt, wäre nie eingetreten, wenn man den Sozialmedizinischen Dienst im Gesundheitsamt belassen hätte. Das noch zu diesem Aspekt!
(Beifall bei der CDU – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Aber das haben Sie doch mitgemacht in Bremerhaven! – Abg. Frau H o c h [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Wer hat denn das ge- macht?)
In Bremerhaven haben sie eine eigene Kommunalaufsicht, die sich dort in der Tat darum kümmern kann, was sie aber nicht tut. Ich will Ihnen nur noch einmal ganz kurz sagen, dass ich mit meiner Meinung auch nicht allein bin, obwohl ich hier sagen muss, dass rein aus fachlichen Gründen, und darauf beziehe ich mich, diese Strukturveränderung abzulehnen ist! Deshalb debattiere ich das hier im Landtag, weil eine Landes
behörde auch aus fachlicher Sicht für die Konsequenzen zuständig ist. Dass ich damit nicht allein stehe, kann ich Ihnen sagen. Es gibt inzwischen eine Richterschelte von einer Kammer des Sozialgerichts in Bremen, und zwar wird genau von diesem Gericht auch die Nähe der Ärztin zu dem Sozialamt bemängelt. Also, es ist nicht etwa so, dass ich mit dieser Meinung hier allein stehe, das ist die 5. Kammer des Bremer Sozialgerichts, und diese beschäftigt sich bereits mit einem Widerspruchsverfahren.
Ich denke, dass die Patienten hier einen großen Nachteil haben, und das ist es wert, darüber zu reden. Insofern, die Synergieeffekte, die Sie hier immer als hervorragend herausstellen, dazu will ich einmal bemerken, wir haben dieses System in Bremen. Ich schaue Sie nur aus Versehen an, weil ich in diese Richtung schaue. Entschuldigung!
Es geht mir darum zu sagen, dass wir in Bremen beides vereint haben im Gesundheitsamt. Wenn die Synergieeffekte, die Sie uns dann eines Tages nachweisen wollen, so ideal sind, dann stelle ich direkt den Antrag in Bremen, damit wir die Dienste auch so trennen wie in Bremerhaven, wenn das so eine geniale Idee war. – Danke!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss natürlich jetzt aufpassen, dass diejenigen, die uns zuschauen und hören, auch noch verstehen, was wir hier eigentlich diskutieren.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Manchmal sind wir so intellektu- ell, dass uns keiner mehr versteht!)
Ich verfüge nicht über alle Protokolle der zuständigen Ausschüsse aus Bremerhaven, aber im September hat noch der Ausschuss einstimmig beschlossen: „Der Gesundheitsausschuss nimmt die Vorlage“ – darin steht das alles, was wir die ganze Zeit diskutiert haben – „zur Kenntnis und erwartet nach einem Jahr ein Zwischenergebnis und nach Ablauf des Modellversuchs einen Abschlussbericht über das Modellprojekt Verlagerung des Fachbereichs 53/24 Sozial
medizinischer Dienst zum Amt 50“, und dies wurde einstimmig beschlossen mit den Stimmen der CDU, mit den Stimmen der Grünen in Bremerhaven, mit den Stimmen der Linken.
Wenn das alles so stimmt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann würde ich doch diese inhaltliche Debatte, die man führen kann, da will ich auch gar nicht widersprechen oder der Kollegin Frau Hoch sagt, dass sie eine andere fachliche Einschätzung hat, aber dann muss es doch in Bremerhaven in den zuständigen Ausschüssen auch diese tiefgehende Diskussion geben.
Zumindest im September ist das laut Protokoll weder von den Linken noch von den Grünen im Fachausschuss thematisiert worden. Wahrscheinlich wurde es in den folgenden Sitzungen behandelt. Frau Kollegin Dr. Mohr-Lüllmann, wir haben in den Deputationssitzungen seit der Gründung dieser neuen Legislaturperiode darüber diskutiert.
(Abg. Frau D r. M o h r - L ü l l m a n n [CDU]: Nein, da haben Sie nur gesagt, Sie sind nicht zuständig!)
Es war noch eine Altlast aus der letzten Legislatur von der Kollegin Frau Hoch, was in der neuen Legislaturperiode aufgerufen wurde. Wir haben nicht fachlich diskutiert, sondern immer nur hin- und hergeschaut, was da eigentlich darauf steht und was da nicht darauf steht auf der Tagesordnung. Ich gebe Ihnen recht in einem Punkt, diesen langen Briefwechsel der damaligen Staatsrätin Dr. Weihrauch und dem zuständigen Stadtrat Töpfer kann man im Nachhinein bemängeln und sagen, das hätte schneller gehen können.
der hat Ihnen und uns in der Deputation eine fachliche Einschätzung gegeben, die alle diese Probleme von heute bereits beinhaltet hatte und schon damals war die fachliche Einschätzung, dass der Senat – die Sozialsenatorin – keinerlei Zuständigkeit für den Be
reich hat. Der Staatsrat hat es aber nicht erklärt, weil er sagt, das interessiert mich da nicht, sondern er hat fachlich fundiert und für mich schlüssig erläutert, dass es an dieser Stelle eine Kommunalverantwortung gibt, wo die Landesbehörde keine Zuständigkeit hat, es sei denn, es gäbe Punkte, wo man natürlich als Landesbehörde jederzeit darauf aufpassen müsste, was in Bremerhaven gemacht wird, in welchen Fällen da eine Fachaufsicht zum Zuge kommen würde.
Von daher nutzt diese Debatte eigentlich wenigen, wenn wir denen nahekommen wollen, Frau Kollegin Dr. Mohr-Lüllmann, um die es im Inneren in Wirklichkeit geht: um die Betroffenen! Deswegen würde ich uns alle zu Unaufgeregtheit raten und doch bitten, in Bremerhaven diese Diskussion inhaltlich unter Beachtung aller Diskussionen, die man dort führt, und vielleicht auch mit Fachkompetenz von Frau Hoch vor Ort bei den Grünen in Bremerhaven, vorzunehmen, wo die Entscheidung zu treffen ist.
Warten Sie das Jahr ab, es dauert ja nicht mehr lange, es ist doch ein Stück schon vergangen von dem Jahr. Beurteilen Sie es bitte in Bremerhaven in der Regierung, in der Opposition. Die Linken mögen dann bitte auch dort noch einmal ihr Wort ergreifen und sich auch dazu fachlich einlassen und hier nicht suggerieren, sie würden schon alles wissen, und in Bremerhaven würde nicht darüber diskutiert werden. Dort sollten die Linken ihre Debatten führen, das könnten die Grünen dann aber auch machen. – Herzlichen Dank!