obwohl wir ja Produktgruppenhaushalte vorlegen, in vielen Punkten immer noch das Problem: Wir wissen, wie viel Geld in welche Bereiche geht, aber wir kennen nicht genau die Wirkungsweise. Da werden wir besser werden müssen. Allein das ist eine Grundlage dafür, in Zukunft auch verantwortbar einzusparen.
Außerdem ist es auch ein gern verbreitetes Ammenmärchen, dass man nur einen Sinn in der Haushaltspolitik sehen kann, dass man mehr Geld ausgibt. Auch dem Umbau muss man sich stellen. Die Zeiten, in denen die meisten, die so alt sind wie ich, sozialisiert sind in der Vorstellung, dass es immer mehr wird, sind vorbei, da bin ich mir ziemlich sicher, und es ist gerecht, dass sich diese Generation dem stellt, dass die Zeiten des unbegrenzten imaginierten Wachstums wahrscheinlich vorbei sind und wir schauen müssen, wie wir mit dem, was wir haben, zurechtkommen können. Ich wünsche mir, dass Sie bei den Haushaltsberatungen auch solche Aspekte mit entdecken können und daran Freude haben.
Als Letztes die bewährte Zusammenarbeit zwischen meinem Haus und dem Haushaltsauschuss! Es ist wie immer selbstverständlich, wer Fragen hat, wer Unterlagen und Daten braucht, kann sich vertrauensvoll an uns wenden. Wir werden Ihnen alles das, was Sie brauchen, um sich ein Urteil zu bilden über die Grundlage der Regierungstätigkeit der nächsten Jahre, selbstverständlich zur Verfügung stellen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer hätte gedacht, dass nach diesen Tagen, wo die sportbegeisterte Welt nach Berlin geschaut hat und beeindruckt sehen konnte, wie der Ausnahmesportler Usain Bolt gleich zwei neue Rekorde aufstellen konnte, dieser rot-grüne Senat es schafft, mit den Ihnen vorliegenden Unterlagen zur Beratung des Haushalts für die Jahre 2010 und 2011 gleich drei neue Rekorde aufzustellen?
Den Unterlagen ist zu entnehmen, dass wir in den nächsten beiden Jahren in Bremen und den beiden Städten unseres Landes eine neue Rekordverschuldung haben werden. Noch nie werden die Menschen in Bremen und Bremerhaven pro Kopf so viele Schulden gehabt haben wie nach zwei weiteren Jahren rot-grüner Regierungskoalition. Noch nie – wie in diesem und im nächsten Jahr – werden die Einnahmen und Ausgaben im Primärhaushalt so weit auseinanderklaffen wie unter dieser Regierung. Jeder Euro, den diese Regierung einnimmt, wird
Der dritte Rekord – wahrscheinlich der, für den sich diese Regierung noch am meisten feiern wird – ist der, dass noch nie in unserem Bundesland so viel Geld in den sozialen Transfer gesteckt wurde, wie es in den nächsten beiden Jahren der Fall sein wird. Noch nie war die soziale Armut in Bremen und Bremerhaven größer als nach zwei weiteren Jahren Rot-Grün. Meine Damen und Herren, das ist die wirkliche Bilanz Ihrer Leistung, und das ist die wirkliche Bilanz, die Sie dem Parlament heute für die nächsten beiden Jahre als Ihren Plan für Bremen vorstellen!
Dies ist umso überraschender und enttäuschender, als in den uns zur Verfügung gestellten Unterlagen auch die Bereitschaft fehlt, an diesen Minusrekorden auch nur im Geringsten etwas zu ändern, die Zukunft unseres Bundeslandes selbst in die Hand zu nehmen statt nur abzuwarten. Die uns überlassenen Unterlagen sind voll von Ausreden und Entschuldigungen, und mit der ersten Ausrede und Entschuldigung will ich an dieser Stelle gleich beginnen! Das erinnert mich immer ein bisschen daran, wie es zu Hause ist. Wenn der Jüngste mit dem Fußball ein Loch in die Scheibe geschossen hat, dann ist er merkwürdigerweise an dem Ergebnis, nämlich dem Loch in der Scheibe, nie schuld. Genauso verhält es sich mit unserer Bremer Finanzsenatorin.
Sie räumt die Zahlen, die Rekordverschuldung pro Kopf und absolut, die höchste Primärausgabenüberschreitung im Land Bremen und die höchsten Ausgaben für soziale Leistungen pro Kopf, aber auch im Land Bremen, unumwunden ein und zeigt sogleich mit dem Finger auf die anderen und sagt, schuld seien die anderen. Wer immer nur mit dem Finger auf andere zeigt, wird das eigene Land nicht retten können!
Zumal klar ist, wenn man mit einem Finger auf andere zeigt, zeigen ganz viele Finger auf einen selbst, und das betrifft in diesem Fall insbesondere die seit Jahrzehnten ununterbrochen in Bremen regierenden Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, weil wenn Sie, Frau Bürgermeisterin Linnert, in den Unterlagen feststellen, dass eine der ganz wesentlichen Ursachen für unsere Haushaltsnotlage sei, dass wir so hohe Schulden hätten, dann muss man sich einmal fragen, wo diese Schulden eigentlich herkommen. Die haben nicht andere gemacht, sondern es gibt eine Partei in diesem Haus, die seit 60 Jahren jeden Haushalt mitbeschlossen hat. Die in unseren Haushaltsplänen ausgewiesenen Altschulden sind
Deswegen erwidere ich auf den Vorwurf zu sagen, dass die Schulden schuld sind, Herr Dr. Sieling, genau das, was ich zu Hause auch meinen Kindern sage, wenn ich solche oberflächlichen Antworten bekomme, und ich sage es auch Ihnen: Daran sind Sie, Herr Dr. Sieling, als Bremer Sozialdemokrat selbst schuld.
Der zweite Punkt, den die Bürgermeisterin hier in ihrer Einbringungsrede zur Frage der Rechtfertigung dieser miserablen Zahlen im Haushalt betont hat, ist zu sagen, dass wir Einnahmeausfälle in den letzten Jahren gehabt haben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Sie, Frau Bürgermeisterin Linnert, gejubelt haben, am Ende des Jahres 2007 und am Ende des Jahres 2008, als Bremen am Ende des Jahres 2008 es erstmalig geschafft hat, einen positiven Primärsaldo hinzubekommen, und dieser positive Primärsaldo ist ja nicht aus dem Nichts entstanden. Dieser positive Primärsaldo ist auch nicht durch diese Regierung geschaffen worden.
Herr Dr. Kuhn, warten Sie es doch ab! Der positive Primärsaldo ist dadurch entstanden, dass die Bremer Bürgerinnen und Bürger und die Menschen, die in Bremerhaven jeden Tag durch ihrer Hände Arbeit ihr Geld verdient haben, den Anteil an den Staat abgeführt haben, den wir erheben, und dazu beigetragen haben, dass die steuerlichen Einnahmen in unserem Bundesland so hoch waren, wie sie waren. Es ist nicht die Leistung einer Regierung oder einer Partei, das war die Leistung der Menschen in den beiden Städten unseres Landes.
Da bin ich bei einem ganz entscheidenden Punkt: Wodurch entsteht eine solche Leistung? Sie entsteht nicht dadurch, dass irgendjemand durch Deutschland läuft und vier Millionen neue Arbeitsplätze verspricht, Herr Dr. Sieling. Sie entsteht auch nicht dadurch, dass jemand durch unser Land läuft und eine Million neue Arbeitsplätze verspricht, Herr Dr. Güldner. Sie entsteht dadurch, dass Unternehmen in Deutschland neue Arbeitsplätze schaffen, weil sie daran glauben, dass die Rahmenbedingungen
Wenn Sie deswegen larmoyant jammern, dass die Einnahmen des Staates zurückgegangen sind, dann sage ich umgekehrt, dass Sie, sehr geehrte Frau Linnert, dann nicht weiter auf die Schrumpfung unseres Landes setzen dürfen. Gerade in dieser Phase der existenziellen Krise öffentlicher Haushalte brauchen wir Anreize, damit neue Beschäftigung und Wachstum in Bremen und Bremerhaven entstehen, damit Menschen Aussicht auf Beschäftigung haben, damit sie endlich wieder eine Perspektive am Arbeitsmarkt haben. Wir brauchen Wachstumsanreize und keine rot-grüne Larmoyanz in unserem Bundesland.
Was tut denn eigentlich der Senat dafür, wenn man sich die Haushaltsplanentwürfe anschaut? Was tut der Senat für Wachstum?
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sprechen Sie einmal mit den CDU-Ministerpräsidenten!)
Es ist doch völlig klar: Wir werden in ganz Deutschland, aber insbesondere auch in den wirtschaftlich starken Standorten Bremen und Bremerhaven nur dann wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir stärker aus der Krise herauskommen, als wir hineingegangen sind. Das heißt in dieser Phase, nicht nur die des Konjunkturprogramms, sondern eben auch in der Frage, welche Wettbewerbsfähigkeit eigentlich einzelne Standorte in Europa und international nach der Krise haben, wird es ganz entscheidend darauf ankommen, unser Bundesland so aufzustellen, dass Wachstum und Beschäftigung in unserer Region entstehen, sodass den Bürgerinnen und Bürgern unseres Bundeslandes neue Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden und die Menschen, die bei uns zurzeit im Hafen unter Kurzarbeit und Entlassung leiden, wieder eine Perspektive am Arbeitsmarkt haben. Wir brauchen eine Regierung, die auf Wachstum und Beschäftigung setzt, wir brauchen keine Regierung, die die Ausgaben für Investitionen und Beschäftigungspolitik in den nächsten beiden Jahren drastisch reduziert und zurückschraubt, wir brauchen die Impulse am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft.
Deswegen sage ich, der Kurs dieser Regierung ist falsch. Er ist katastrophal falsch, weil er die Krise, in der wir uns jetzt befinden, nicht nutzt, um uns in den nächsten Jahren besser zu positionieren, sondern
er verschärft die Krise dadurch, dass er die Wachstumsimpulse auf null streicht. Wenn mir jemand zu Beginn dieser rot-grünen Landesregierung gesagt hätte, dass diese Regierung es wagen würde, in der prekären Beschäftigungssituation unseres Landes, wo Menschen Angst um ihren Arbeitsplatz haben und ihren Arbeitsplatz verlieren, wo sie in die Perspektivlosigkeit der Arbeitslosigkeit entlassen werden und wo Menschen, Hafenarbeiter in Bremen, auf die Hälfte ihres Einkommens verzichten müssen, weil nicht mehr genug Arbeit da ist, dass in einer solchen Lage unseres Landes eine rot-grüne Landesregierung die Maßnahmen zur Qualifizierung und Beschäftigungsförderung um ein Drittel kürzen würde, hätte ich das nicht geglaubt.
Sie setzen genau die falschen Impulse. Wir brauchen gerade in diesen schwierigen Zeiten nicht nur Impulse für wirtschaftliches Wachstum, sondern wir müssen den Menschen am Arbeitsmarkt eine Perspektive geben, und das funktioniert nur durch Qualifizierung und Beschäftigungsförderung, das funktioniert nicht dadurch, dass man ausgerechnet diese Maßnahmen um 30 Prozent zurückschraubt. Das ist verantwortungslos gegenüber den Menschen in den beiden Städten unseres Landes.
Frau Ziegert, schauen Sie sich die Maßnahmen des beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms an! Sie werden in den nächsten beiden Jahren zurückgeschraubt. Schauen Sie einmal in den Haushalt hinein! Wie können Sie es eigentlich als Gewerkschafterin vertreten, hier im Parlament zu sitzen und solchen beschäftigungsfeindlichen Haushaltsplanentwürfen zuzustimmen? Ich finde das auch von Ihnen persönlich unverantwortlich an dieser Stelle.
Der weitere Punkt, der in dieser Haushaltsplanberatung, wie auch in den letzten Jahren, eine große Rolle gespielt hat und auch sicherlich spielen wird, ist die Frage der sozialen Sicherung. Der Senat hat sich auf die Fahnen geschrieben, die soziale Spaltung in den beiden Städten unseres Landes zu überwinden. Das ist ein hehres Ziel, aber wer die Haushaltsplanentwürfe liest, bekommt den Eindruck, dass diese rot-grüne Landesregierung der Auffassung ist, dass man die soziale Armut am besten dadurch bekämpfen würde, indem man möglichst hohe Sozialausgaben hat. Das sozialste System ist ein System, das keinen Sozialtransfer braucht, weil alle Menschen von ihrer Hände Arbeit und von den von ihnen erarbeiteten Leistungen zum Beispiel in gesetzlichen Versicherungen auch leben können. Es ist nicht das Land am sozialsten, das die meisten Sozialausgaben hat, sondern das Land, das die höchsten Sozialausgaben
Soziale Armut lässt sich nicht durch das Ausschütten sozialer Leistungen bekämpfen, und deswegen finden wir bestimmte strukturelle Entscheidungen, Herr Frehe, falsch. Deswegen sage ich noch einmal bezugnehmend auf die Debatte von vor zwei Tagen: Was ist das eigentlich für ein soziales Verständnis, dass diese Regierung glaubt, sie könne die soziale Armut dadurch bekämpfen, indem sie einigen wenigen in unserem Land, nämlich den Beziehern von Hartz IV und Arbeitslosengeld-II-Leistungen,
ein kostenloses, ein vergünstigtes Sozialticket zur Verfügung stellt? Was haben eigentlich Hartz-IVEmpfänger und Arbeitslosengeld-II-Empfänger mehr, was eine Witwe, die unser Land mit aufgebaut und unter vielen Entbehrungen über Jahre hinweg ihre sozialen Beiträge geleistet hat, nicht hat? Warum ist ein Hartz-IV-Empfänger der rot-grünen Regierung mehr wert als eine Niedrig-Renten-Empfängerin? Das ist nicht Entspannung sozialer Probleme, sie verschärfen die sozialen Probleme in unserem Land, indem sie die Grenzen immer willkürlicher zwischen denen ziehen, die Hilfe brauchen, und denen, die Hilfe geben sollen.
In dem Zusammenhang fand ich übrigens auch die Position der LINKEN besonders bemerkenswert. Ich will das an dieser Stelle auch einmal sagen, Herr Rupp. Wir haben vorgestern gemeinsam bei einer Podiumsdiskussion des Steuerberaterverbandes gesessen, und da haben Sie gesagt, bezugnehmend auf Ihr Plakat „Reichtum für alle?“, dass wir den überbordenden Reichtum in Deutschland abschaffen müssten. Dann habe ich Sie gefragt, was für Sie denn eigentlich ein überbordender Reichtum ist, und da haben Sie gesagt, jemand, der mehr als 500 000 Euro hat – es sei denn, dazu gehört eine Immobilie –, und Sie haben gesagt, wer mehr als 70 000 Euro brutto im Jahr verdient, soll einen deutlich erhöhten Spitzensteuersatz nach dem Programm der LINKEN zahlen.
Ich fand das bemerkenswert, was Sie gesagt haben, und habe dann gleich darauf einmal im Internet den Gehaltsrechner aktiviert. Was haben eigentlich ein
Familienvater oder eine Familienmutter mit 70 000 Euro brutto Jahreseinkommen, die verheiratet sind und zwei minderjährige Kinder haben, am Ende von 70 000 Euro brutto denn netto in der Tasche? Zurzeit zahlt man auf 70 000 Euro ungefähr 14 000 Euro Steuern, 10 000 Euro Abgaben, und noch dies und das, was dazukommt. Am Ende bleiben gut 40 000 Euro von 70 000 Euro brutto übrig. Wenn man Ihrem Modell folgen sollte, Herr Rupp, dann würden von diesen 70 000 Euro brutto unter Anwendung des Spitzensteuersatzes – da sind dann ja statt 14 000 Euro schon einmal 30 000 Euro weg – am Ende dann vielleicht 25 000 Euro oder 26 000 Euro im Jahr netto übrig bleiben. Dann habe ich gesagt, dass das eine bemerkenswerte Abgabenlast ist und habe einmal geschaut, was eigentlich ein Hartz-IV-Empfänger bekommt, der verheiratet ist und zwei Kinder hat. Mit Wohngeld und allen sozialen Leistungen kommt der je nach Größe der Wohnung und Mietkosten auf rund 20 000 Euro im Jahr, und deswegen sage ich, der Weg der LINKEN führt genau in die falsche Richtung. Wenn derjenige, der 40, 42 oder 50 Stunden in der Woche arbeitet, in Zukunft nur noch genauso viel hat wie jemand, der von sozialen Transferleistungen lebt, dann ist unser Land nicht mehr zu retten. Leistung muss sich lohnen, und der, der arbeitet, muss mehr im Geldbeutel haben als der, der von sozialen Transferleistungen lebt.
Deswegen ist Ihre ganze Armuts- und Reichtumsdebatte, nicht nur von den LINKEN, sondern insbesondere auch von den Sozialdemokraten, nichts weiter als eine Neiddebatte.