Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Meiner Meinung nach sollte, wer mit 16 Jahren reif dafür ist, solche wichtigen politischen Entscheidungen treffen zu können, der sollte auch mit 16 Jahren ein solch großes Verantwortungsbewusstsein besitzen, um zu wissen, was falsch und was richtig ist, was ich darf und was ich nicht darf, und welche Grenzen ich ohne Konsequenzen nicht überschreiten darf. Der sollte dann auch mit 16 Jahren schon wissen, dass er für sein Handeln im positiven Sinne, aber auch im negativen Sinne voll verantwortlich ist und dass er jetzt mit 16 Jahren zwar viel mehr Rechte hat, aber auch gegenüber unserer Gesellschaft viel mehr Pflichten hat. Auf der einen Seite kann ich Sechzehnjährigen nicht nur alle erdenklichen gesellschaftlichen Rechte zugestehen und auf der anderen Seite für ein schlimmes strafrechtliches Geschehen nicht voll zur Verantwortung ziehen. Das geht überhaupt nicht! Das wäre erzieherisch gesehen ein unverantwortlicher, fataler Fehler.

Diverse Untersuchungen haben ergeben, dass gerade jugendliche Gewalttäter viel zu milde bestraft werden. Darum ist es dringend erforderlich, die Strafe für jugendliche Gewalttäter deutlich zu verschärfen und dementsprechend auch das Erwachsenenstrafrecht auf 16 Jahre herabzusenken, um so unsere Bevölkerung vor jugendlichen Gewalt- und Intensivtätern viel effektiver und besser schützen zu können. Darum stimmen Sie meinem Antrag zu! – Ich danke Ihnen!

Bevor ich Frau Winther das Wort erteile, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass interfraktionell vereinbart worden ist, dass wir gleich nach diesem Tagesordnungspunkt die Änderung des Radio-Bremen-Gesetzes aufrufen werden.

Als Nächste rufe ich die Abgeordnete Frau Winther auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Tittmann, das Thema ist viel zu ernst, um sich so undifferenziert mit den Problemen jugendlicher Gewalttäter auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Ein solch rigoroses Verfahren, nämlich schon Sechzehn- und Siebzehnjährige nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen, wird hier im Haus niemand mittragen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Das einzige, und das finde ich ganz besonders fatal, was Sie in Ihrem Antrag als Reaktion auf Jugendkriminalität bringen, ist die Repression. Nein, Herr Tittmann, es geht um Prävention, es geht um Integration, um Bildung und um Erziehung, und es geht erst ganz zum Schluss um Strafe!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Ich glaube, es wäre auch ganz gut gewesen, Sie hätten einmal einen Blick in das Jugendgerichtsgesetz geworfen. Dann hätten Sie nämlich feststellen können, wie differenziert wir mit jungen Gewalttätern umgehen.

(Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das versteht er nicht!)

Dann kann ich es eigentlich auch lassen, ich versuche es aber noch einmal!

Von 14 bis 17 Jahre gilt das Jugendstrafrecht, und für Erwachsene über 21 Jahre gilt immer das Erwachsenenstrafrecht. Für diejenigen, die zwischen 18 und 20 Jahren alt sind, die sogenannten Heranwachsenden, richtet sich das Verfahren dann nach dem Jugendrecht, wenn eine Reifeverzögerung oder eine Jugendverfehlung vorliegt.

Die aktuelle Frage, die sich anlässlich der Vorfälle in München und der Probleme, die wir auch in Bremen haben, stellt, ist, ob im Regelfall von einer Reifeverzögerung oder einer Jugendverfehlung ausgegangen werden soll. Wir sind der Meinung, dass man das kritisch hinterfragen muss und nicht im Regelfall das Jugendstrafrecht in jedem Fall für diese Gruppe anwendet. Das Jugendstrafrecht hat aber eine ganze Reihe von Sonderregelungen, es hat nicht nur er––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

mäßigte Strafen, es bietet ganz andere, vielfältige, den Jugendlichen angepasste Maßnahmen und Sanktionen. Das, Herr Tittmann, sollten Sie sich einmal ansehen!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der FDP und bei der LINKEN)

Was sicher hier auch zur Debatte stehen wird und in der Vergangenheit auch eine Rolle gespielt hat, ist, dass gerade Jugendliche schnelle Verfahren brauchen, dass es nicht sein kann, dass auch Sechzehnund Siebzehnjährige monatelang auf ihre Verfahren warten, dass Jugendliche erfahren, dass die Strafe auf dem Fuße folgt und dass sie die Justiz und die Polizei nicht an der Nase herumführen können. Dafür braucht es allerdings keine neuen Gesetze. Das Thema werden wir insgesamt an anderer Stelle weiter diskutieren, nicht aber aufgrund eines Antrags, der so undifferenziert und mit so radikalen Methoden vorgeht, wie das der Ihre macht. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich rufe auf den Abgeordneten Tittmann. Ich möchte darauf aufmerksam machen, Herr Tittmann, dass Sie noch eine Minute Redezeit haben.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines vorweg: Integration und Prävention im Bereich der ansteigenden Jugendkriminalität ist doch nachweislich schon lange, zu lange erbärmlich gescheitert.

(Widerspruch bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben ja noch den Tagesordnungspunkt 11, Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamten konsequent ahnden. Zu diesem Antrag möchte ich dann noch Folgendes ausführen, dazu werde ich mich nachher gesondert äußern, aber hinzufügen möchte ich dennoch, dass sehr viele gewalttätige Übergriffe gegen Polizeibeamtinnen und -beamte gerade von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sehr brutal begangen werden. Diesbezüglich wäre mein jetziger Antrag auch ein sehr wichtiger Beitrag, um die ausufernde Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und beamte konsequent und noch effektiver ahnden zu können, wenn Sie meinem jetzigen Antrag zum Schutz unserer Beamtinnen und Beamten zustimmen würden.

(Glocke)

Dann haben Sie noch einmal Glück gehabt! – Ich danke Ihnen!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann (par- teilos) mit der Drucksachen-Nummer 17/1153 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, DIE LINKE, FDP und Abg. M ö h l e [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Änderung des Radio-Bremen-Gesetzes (RBG)

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 8. Dezember 2009 (Drucksache 17/1097) 2. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Bericht und Antrag des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten zum Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Radio-Bremen-Gesetzes (RBG) vom 8. Dezember 2009 (Drs. 17/1097)

vom 16. März 2010 (Neufassung der Drs. 17/1207 vom 10. März 2010) (Drucksache 17/1219)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Schulte.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in ihrer 57. Sitzung am 16. Dezember 2009 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten überwiesen. Dieser Ausschuss legt nunmehr mit der Drucksachen-Nummer 17/1219 – Neufassung der Drucksache 17/1207 – seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als Erste erteile ich das Wort der Berichterstatterin Frau Troedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Bericht komme, möchte ich mich im Namen des Ausschusses bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Protokolldienstes und Frau Danèl vom Wissenschaftlichen Dienst bedanken, die uns in jeder Frage geholfen und unterstützt haben. Warum ich das heute noch einmal ausführlich sage: Es gab recht kurzfristig zusätzlich eine Anhörung. Also noch einmal herzlichen Dank für die Unterstützung und die Arbeit!

(Beifall)

Als Vorsitzende des Medienausschusses möchte ich den Bericht zur Änderung des Radio-Bremen-Gesetzes kurz erläutern, der Ihnen mit der DrucksachenNummer 17/1207 vorliegt. Die Bürgerschaft (Land- tag) hat den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in ihrer Sitzung am 16. September 2009 in erster Lesung beschlossen und ihn an den Medienausschuss zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Der Ausschuss hat die vorgeschlagenen Änderungen intensiv beraten und am 11. Februar 2010 hierzu eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

Zu der öffentlichen Anhörung hat der Ausschuss die Senatskanzlei, die Intendanz, den Personalrat, die Frauenbeauftragte sowie die Vorsitzenden des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats von Radio Bremen um Stellungnahmen gebeten. Ferner haben der Parlamentsausschuss für die Gleichstellung der Frau, die Zentralstelle für die Gleichberechtigung der Frau und der Bremer Frauenausschuss e. V. Stellung genommen. Allen Vertreterinnen und Vertretern wurde in der Anhörung die Gelegenheit gegeben, dem Ausschuss ihre Position ausführlich darzulegen.

Vor dem Hintergrund der umfassenden Novellierung des Radio-Bremen-Gesetzes vor zwei Jahren möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass es sich bei den jetzigen Neuerungen, neben einigen inhaltlichen Änderungen und Klarstellungen, im Wesentlichen um notwendige Anpassungen des Radio-Bremen-Gesetzes handelt, die sich aus dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ergeben. Nach der öffentlichen Anhörung haben die Ausschussmitglieder der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen dem Ausschuss weitere Änderungsanträge vorgelegt, denen sich die Mitglieder der weiterhin im Ausschuss vertretenen Fraktionen angeschlossen haben. Die einzelnen Änderungsanträge sind in dem Ihnen vorliegenden Bericht und Antrag aufgeführt und werden von mir im Einzelnen nicht weiter erläutert. Auch hierbei handelt es sich im Wesentlichen um redaktionelle Anpassungen.

Zu den inhaltlichen Änderungen seien nur folgende Punkte kurz erwähnt: Unter anderem wird der Auf

trag von Radio Bremen neu definiert und an die Formulierung im Rundfunkstaatsvertrag angepasst. Danach wird Radio Bremen neben der verfassungsrechtlich garantierten Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beauftragt, die Angebote in zeitgemäßer Form anzubieten. Ferner wird klargestellt, dass der Auftrag der Anstalt auch in Telemedien eine umfassende Berichterstattung über das Geschehen im Staatsgebiet umfasst. Die Aufgaben des Rundfunkrats werden um die Durchführung des sogenannten Dreistufentests sowie den Erlass von Richtlinien zu den Themen Werbung, Sponsoring, Produktplatzierungen und Gewinnspiele ergänzt.

Hinsichtlich der Mitgliedschaft im Rundfunkrat wird klargestellt, dass eine Person dem Rundfunkrat nur für maximal zwölf Jahre als Mitglied angehören darf. Im Übrigen verfolgt die neue Regelung über ordentliche und stellvertretende Mitglieder des Rundfunkrats das Ziel, eine klare Definition des Mitgliedsstatus und der damit verbundenen Rechte zu erreichen. Bei dem Teilnahmerecht der Frauenbeauftragten und Mitgliedern des Personalrats an Sitzungen des Rundfunkrats war im ursprünglichen Antrag noch vorgesehen, diese auf öffentliche Sitzungen zu beschränken. Diese Änderung wurde sowohl in der Anhörung als auch im Ausschuss von verschiedenen Stellen kritisiert, sodass der Ausschuss jetzt vorschlägt, es bei der geltenden Rechtslage zu belassen, das heißt, der Frauenbeauftragten und den Vertreterinnen und Vertretern des Personalrats, wie bisher auch, die Teilnahme an nicht öffentlichen Sitzungen des Rundfunkrats zu ermöglichen.