Sibylle Winther
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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition legt uns heute ein Gesetz vor, mit dem sie die im Jahr 2004 beschlossene Befristung von Gesetzen durch das Mittelstandsfördergesetz im Grundsatz wieder aufheben will. Sie tun das, weil Sie in den vergangenen vier Jahren kein effizientes System gefunden haben, um Gesetze und Verordnungen kritisch zu überprüfen, abzubauen und Deregulierung voranzubringen. Wir haben daher, wie schon im Jahr 2008, in unserem Antrag Wege aufgezeigt, um die Wirtschaft aber ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
auch die Verwaltung von einer Gesetzesflut zu entlasten. Die Rolle rückwärts, die Sie jetzt mit der Aufhebung machen, können wir aber nicht mittragen.
Mit dieser grundsätzlichen Entfristung, sehr geehrte Regierungskoalition, verabschieden Sie sich von einem ganz wichtigen Baustein des Mittelstandsfördergesetzes.
Wenn ich einmal frage, welche anderen Bausteine der Deregulierung Sie in den vergangenen vier Jahren umgesetzt haben, sieht das Bild leider sehr düster aus. Aus der geplanten Pilotregion Bremen und Bremerhaven ist nichts geworden. Das einstige Vorzeigemodell „Kfz-Zulassung online“ macht jetzt Hamburg, die Selbstverpflichtung der Großen Koalition, Baugenehmigungen in acht Wochen zu bescheiden, wurde zu den Akten gelegt, die Umweltzone ist ein Dauerärgernis bei Handwerkern und anderen und ein enormer Kostenfaktor für die Wirtschaft, Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge sind zu kompliziert, man braucht eine Fachausbildung, um Anträge zu bearbeiten, und das macht ganz besonders dem Handwerk Probleme.
Auch die Verfahren, die die Arbeitskraft der Verwaltung binden und den Steuerzahler viel Geld kosten, wurden aber vom Senat bis heute nicht wirklich hinterfragt. Ich will nur beispielhaft schildern, was der Bausenator gefordert hat, um 20 Marktstände neu aufzustellen: einen Pflasterplan, ein Gutachten eines Landschaftsgärtners und ein Gutachten der DEKRA wegen irgendwelcher Lüftungsschächte.
Oder ein anderes Beispiel: Die Beschäftigungsträger werden nach wie vor mit Dokumentationspflichten belegt, die doppelt und so nicht nötig sind. So sehen also die schlanken und effizienten Verfahren von RotGrün aus, meine Damen und Herren! Sie bauen Hürden auf, aber sie bauen leider keine ab. Nun schaffen Sie auch noch die Befristung von Gesetzen im Grundsatz ab und wollen ein Evaluierungssystem einführen, das kaum mehr zu durchschauen und zu verstehen ist. So kann Bürokratieabbau nicht aussehen!
Die CDU-Fraktion unterbreitet dem Parlament vor allem zwei Vorschläge: Erstens, die Verlängerung von Gesetzen und Verordnungen darf kein Automatismus sein. Die bisherige Evaluierungspraxis leidet darunter, dass jedes Ressort die Rechtsnorm in seinem Bereich prüfen soll. Eine kritische Überprüfung ist so kaum möglich. Die CDU-Fraktion fordert daher, dass die Befristung im Grundsatz beibehalten wird und eine externe und neutrale Kontrollstelle sich um den Abbau kümmert. Das wäre auch kostenneutral zu bewerk
stelligen. Zweitens fordern wir, die gewerblichen Baugenehmigungen wieder in einer Frist von acht Wochen zu bescheiden. Wenn bis dahin kein Bescheid ergangen ist, sprechen wir uns für eine Genehmigungsfiktion aus.
Ich komme nun zu dem Antrag der Koalition! Eine Minute vor zwölf sind Sie nun auch noch auf den Zug aufgesprungen mit dem Antrag, den wir gestern vorfanden, nachdem das Thema bereits seit Februar, glaube ich, auf der Tagesordnung ist. Es ist okay, wenn Sie eine Genehmigungsfiktion prüfen wollen. Eine Fiktion nützt aber nur dann, wenn es eine Bearbeitungsfrist gibt. Diese gibt es bei gewerblichen Baugenehmigungen aber gerade nicht. Beschließen Sie doch erst einmal diese Frist! Das könnten Sie heute tun, Sie könnten mindestens einen Teil unseres Antrags einmal mitmachen, dann hätten wir dieses Problem schon einmal erledigt. Ich fürchte aber, soweit wird es heute leider wieder nicht kommen. Das ist hier also weiße Wahlkampfsalbe, die Sie hier verteilen. Das ist nicht falsch, deswegen machen wir das auch mit, aber es ist nicht das, was wir von Ihnen erwartet haben und was dem Thema Deregulierung angemessen wäre. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich zunächst bei der Ausschussassistenz für eine fachlich hochkompetente Unterstützung der Arbeit sehr herzlich bedanken, aber genauso auch für den riesigen Einsatz, um den Bericht und die Anhörung und alles Weitere zu organisieren und so gut, wie es gelungen ist, auf den Weg zu bringen.
Den Bericht und die juristische Auswertung der Anhörung trägt die CDU-Faktion in vollem Umfang mit. Auch wir sind im Laufe der umfassenden Beratungen zu der Überzeugung gelangt, dass die Zeugen Jehovas, so wie es auch im Bericht dargestellt worden ist, in vielen Fragen nicht verfassungstreu sind. Dies war keine schnell gefasste Meinung der CDU, sondern das Resultat einer umfassenden Auseinandersetzung mit dem Thema und auch mit den eigenen Recherchen.
Wir haben uns die Entscheidung, den Zeugen Jehovas in Bremen die Rechte der Körperschaft nicht zu verleihen, nicht leicht gemacht. Ich sage das deswegen so deutlich, da uns die Berliner Zeugen Jehovas in vielen Briefen etwas anderes nachweisen wollen, vor allen Dingen aber auch Verfahrensfehler. Alle, auch die Zeugen Jehovas, hatten ausreichende und gleiche Gelegenheiten, sich im Verfahren zu Wort zu melden. Ich würde jetzt gern vieles unterstützen und auch nicht wiederholen, was Herr Frehe insbesondere zum Thema Bluttransfusionen gesagt hat. Auch Ihre juristischen Ausführungen tragen wir mit.
Vielleicht darf ich jetzt ergänzend nur noch einen Teil aufgreifen, nämlich den Umgang mit Abtrünnigen. Dazu möchte ich mich nur noch kurz äußern, weil es jetzt in der Zeit ein wenig schwierig ist, das alles irgendwie zusammenzufassen. Wir waren von einer Aussage des Vertreters der Zeugen Jehovas einigermaßen beeindruckt. Er brachte folgenden Vergleich: „Ebenso wie ein Dieb, der bei Beck’s einen Kollegen bestohlen hatte, gemieden werde, ebenso würden auch Aussteiger gemieden.“ Das heißt, es gibt das Eingeständnis, dass Aussteiger isoliert werden, das leugnen selbst die Zeugen Jehovas nicht. Aber nicht nur das. Ich halte diesen Vergleich für ziemlich unsäglich, denn immerhin werden durch diese Ächtung Familien auseinandergerissen und Ehen gefährdet, ohne dass eine kriminelle Handlung die Basis ist.
Der Vergleich zeigt aber deutlich die Denk- und Verhaltenweise der Zeugen Jehovas. Im Ergebnis finde ich es gut, dass wir im Laufe des Verfahrens auch die SPD davon überzeugen konnten, dass die Zeugen Jehovas in vielen Fragen nicht verfassungstreu sind. Ich komme jetzt zum Antrag der FDP! Wenn wir in Bremen bereits eine Entscheidungsbefugnis der Verwaltung gehabt hätten, dann hätte Bremen die Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts bereits anerkannt, denn das war das ursprüngliche Votum des Kirchensenators. Ich muss leider auch darauf hinweisen, dass sich die Verwaltung diese damalige Entscheidung einigermaßen leicht gemacht hat. Recherchen gab es praktisch nicht. Man hat sich überwiegend auf die Länderarbeitsgruppe bezogen. Insbesondere die Anfragen bei den Ressorts Bildung und Soziales führten zu nichts, wenn sie denn überhaupt geantwortet haben. Selbst der Rechtsausschuss hatte größere Probleme mit beiden Ressorts. Entweder sie waren nicht da, sie kamen nicht, oder sie wussten nichts. Das war, so muss man es sagen, ziemlich desolat. Einzig eine Schuldirektorin hat uns dann die gewünschten Angaben gemacht. Allein dieser Ablauf zeigt, dass es richtig ist, wenn das Parlament bei solch weitreichenden Entscheidungen nach einer gründlichen eigenen Vorarbeit entscheidet, ganz unabhängig davon, dass eine solch gravierende Entscheidung dem Parlament vorbehalten bleiben sollte. So ist die Ansicht der CDU. Immerhin steht zu befürchten, dass auch andere Religionsgemeinschaften oder Sekten einen Antrag auf Anerkennung stellen werden, und ich glaube, es ist gut, wenn damit im Parlament umgegangen wird. Wir lehnen den Antrag der FDP ab!
Dies ist meine letzte Debatte in diesem Hohen Haus, und auch ich möchte mich verabschieden. Es war eine hoch spannende Zeit. Es war auch für mich eine sehr lehrreiche Zeit, und ich empfand es als eine sehr große Ehre, die Geschicke Bremens und des Landes mitbegleiten zu dürfen. Ich möchte diese Zeit keineswegs missen, auch wenn ich es gut finde, dass man Politik nur auf Zeit betreibt. Ich möchte mich sehr bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die immer sehr fair zu mir gewesen sind. Wenn ich denn vielleicht einmal an meinem eigenen Projekt Politik gezweifelt habe, dann lag das in der Sache, aber es lag nicht an Ihnen. Hierfür noch einmal herzlichen Dank!
Allen, die in Zukunft wiederkommen, dabei sein werden, wünsche ich viel Erfolg bei ihrer Arbeit! Ich bin sehr sicher, sie werden kräftig für Bremen kämpfen. Es lohnt sich! – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die CDUFraktion frage ich mich, was diese Große Anfrage denn eigentlich für ein Ziel gehabt hat.
Ja, es ist nett, dass wir hier einmal darüber reden, und ich bin auch sehr bei Ihnen, wenn wir die Richter, die sich mit diesem Thema wirklich toll auseinandersetzen, bei der Gelegenheit loben! Das ist alles in Ordnung. Der Senat gibt eine sehr umfangreiche, sehr gute Antwort, und, lieber Herr Frehe, Sie sind so gut in der Justiz vernetzt, Sie kannten die Antwort vorher.
Zu den einzelnen Bereichen möchte ich dann aber kurz noch etwas sagen! Der Senat schildert in seiner Antwort ausführlich, dass in vielen Bereichen außergerichtliche Streitschlichtungen sehr erfolgreich durchgeführt werden, damit lange Verfahren abgekürzt werden und Kosten eingespart werden können, und dies auf freiwilliger Basis. Das ist natürlich sehr zu unterstützen, und wo immer das ausbaubar ist, bin ich sofort dafür.
Dann kommen wir aber auch schon gleich zu den Teilen, die eher etwas schwierig sind. Eine obligatorische Streitschlichtung scheint allerdings außer bei den Nachbarschaftsstreitigkeiten eher weniger zielführend. So hat ja auch die Bund-LänderArbeitsgruppe festgestellt, dass so wahnsinnig viele weitere Sachgebiete sich nicht für diesen Bereich eignen, und schon gar nicht die vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Lieber Herr Frehe, wenn denn Ihr Ziel gewesen sein sollte, eine außergerichtliche Streitschlichtung in Bremen über Schiedsämter zu regeln – das vermute ich einmal hinter Ihren Fragen –, so ist das nicht zwingend sinnvoll, was auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe feststellt. Vor allen Dingen aber kostet sie Geld. Das heißt, wir müssen eine ganze Struktur aufbauen, und das ist natürlich mit finanziellen Belastungen verbunden. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Justiz haarscharf am Rand arbeitet und dass wir ihnen nicht noch mehr Aufgaben zumuten können, dass wir schon sehr froh wären, wenn sie das Pensum, was ihnen aufgebürdet worden ist, mit dem Personal auch wirklich schaffen kann.
Auch der Ausbau der Schiedsämter hat in anderen Ländern andere Hintergründe und zwar deswegen, weil in Flächenstaaten die Gerichte weit entfernt liegen und es nicht eine solche Bürgernähe gibt, wie wir sie hier in Bremen vorfinden. Folglich kann ich auch nur dem Senat folgen, der hier sagt, die Szene in Bremen ist gut. Wir brauchen keine obligatorischen Schiedsämter. Sie sind einfach zu kostenträchtig und bringen nicht so viel zusätzliche Effekte, als dass man hier investieren sollte.
Ich möchte abschließend noch sagen, Sie haben es kurz erwähnt, die Bundesregierung hat sich intensiv mit der Förderung der Mediation beschäftigt und am 12. Januar 2011 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, der selbst von Rot-Grün begrüßt wird, das ist einmal angenehm. Ich denke, wir sollten warten, was denn das Ergebnis der Beratung insgesamt ist und – wenn wir dann ganz klare und konkrete Vorschläge haben – hier weiter beraten, ob die Ergebnisse aus diesen Beratungen für Bremen noch einen Mehrwert bringen oder wie wir damit umgehen wollen.
Insgesamt noch einmal: Das Lob für die Richter ist in Ordnung, aber einen Ansatzpunkt, um nun irgendwie großartig zu Handlungen hier in Bremen zu kommen, kann ich der Antwort des Senats beziehungsweise Ihrer Anfrage nicht entnehmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt versuchen, wieder etwas sachlich auf das Thema zurückzukommen! Es ist ein Skandal, wenn Futtermittelhersteller Dioxin in das Tierfutter mischen. Durch dieses kriminelle Handeln wurden Tausende Landwirte, Händler und Verarbeiter zu Geschädigten, Bauern sind in ihrer Existenz gefährdet, und Verbraucher wie internationale Handelspartner haben das Vertrauen in eine hohe Qualität deutscher Lebensmittel verloren.
In dieser Situation begrüßt die CDU-Fraktion in Bremen ausdrücklich das Verhandlungsergebnis aus der letzten Woche von Ministerin Aigner und den Ministern der Länder. Innerhalb von drei Wochen, Herr Dr. Buhlert, ist es gelungen, einen 14-Punkte-Plan auf den Weg zu bringen, mit dem das Sicherheitsniveau für Futter und Lebensmittel noch einmal erhöht wird. Das ist nicht so einfach, wie Sie, Frau Dr. Mathes, und Ihre Kollegen immer wieder behaupten, denn die Futtermittelkontrollen sind Ländersache, vieles ist EU-Recht, und nur weniges kann der Bund direkt beeinflussen. Sehr geehrter Herr Oppermann, es ist schon ziemlich unverfroren zu behaupten, Frau Rosenkötter hätte diesen Plan auf den Weg gebracht. Ich glaube, das sieht sie selbst nicht so.
Mit der Umsetzung des Plans wird das deutsche Futtermittelrecht das anspruchsvollste und strengste der Welt. Viele Punkte sind bereits genannt worden, noch einmal ganz kurz: Trennung der Produktionsströme, verschärfte Kontrollen mit einer übergeordneten Kontrolle des Bundes und der EU-Strafverschärfung, schnellere Information der Verbraucher, öffentliche Warnungen im Internet. Frau Dr. Mathes, Positivliste: Sie scheitert nicht an Frau Aigner, sie scheitert an der EU, und es wäre sehr hilfreich, Sie würden Ihre Europaabgeordneten motivieren, ihr ein bisschen hilfreich zur Seite zu stehen.
Insgesamt ist das ein gutes Verhandlungsergebnis, an dem alle Parteien in vielen Sitzungen beteiligt waren. Insofern ist es ein fadenscheiniges und sehr vordergründiges Manöver, wenn die SPD und die Grünen an diesen Verfahren herumkritisieren; wie fadenscheinig, zeigt das Beispiel aus RheinlandPfalz: Erst fordert die SPD von der Bundesregierung weitergehende Maßnahmen, dann aber lehnt der Landwirtschaftsminister von Herrn Beck eine Kompetenzübertragung auf den Bund ab.
Ich darf auch daran erinnern, wie die Vorgänger von Frau Aigner gearbeitet haben! Herr Funke, der ehemalige SPD-Landwirtschaftsminister, hatte schon vor zehn Jahren von einer Trennung der Produktion von Fetten und Futter geredet, aber getan hat er nichts, sonst hätten wir wohl heute das Problem auch nicht. Frau Künast hat diese Frage auch nicht geregelt, obwohl sie sich, wie Sie alle wissen, aktuell ja lautstark zu Wort gemeldet hat. Sie hat selbst übrigens über tausend Tage gebraucht, um den Weinpanschskandal damals zu regeln. Sehr geehrte Frau Dr. Mathes, versuchen Sie nicht, vom eigenen Fehlverhalten abzulenken. Ich hoffe sehr, dass wenigstens Ihre Landwirtschaftsminister in den Länderregierungen und die der SPD nun die Vorschläge von Frau Aigner zügig umsetzen, denn das ist nun einmal weitgehend Ländersache.
Frau Dr. Mathes, wie Sie wissen, ist Bremen bei den notwendigen Maßnahmen nicht involviert, denn wir haben – und, Herrn Dr. Buhlert, das muss ich Ihnen auch sagen – die Futtermittelkontrolle an Niedersachsen abgegeben, und unser einziger Bauernhof mit Legehennen benutzt eigenes Futter, und wir sind in Bremen also nur als Endverbraucher betroffen. Weil das so ist, kann man sich auch trefflich darüber streiten, was die Aktuelle Stunde in der Bürgerschaft bewirken soll, außer dass Sie, sehr geehrte Frau Dr. Mathes, sie im Wahlkampf zur Darstellung Ihrer Landwirtschaftspolitik nutzen. Dabei darf ich anmerken, auch Bioeier sind nicht immer frei von Dioxin. Ich darf auch anmerken, dass die Förderung der Biolandwirte Ländersache ist und nicht Sache des Bundes.
Ich komme aber noch einmal zurück auf das allgemeine Thema! Es sind nicht nur die kriminellen Machenschaften Ursache des akuten Skandals, es ist natürlich auch der Preisdruck am Markt an den Ereignissen schuld, und wenn dann ein Pfund Kotelett so viel kostet wie ein Liter Benzin, dann kann das Versorgungssystem mit Schweinefleisch nicht mehr funktionieren. Es stellt sich damit die Frage, wie wir einerseits die Menschen mit den notwendigen Nahrungsmitteln zu bezahlbaren Preisen versorgen, andererseits die Massenproduktion zu Dumpingpreisen eingrenzen. So verständlich der Protest des Aktionsbündnisses gegen Billigfleisch ist, das sich ja gerade in Berlin anlässlich der Grünen Woche formiert hat, so offen lässt aber Herr Bode auch, der als Food-watch-Geschäftsführer hinter dieser Aktion
steht, wie denn die hungernde Weltbevölkerung insgesamt ernährt werden soll. Angesichts der Tatsache, dass jeder Bundesbürger im Durchschnitt 88 Kilogramm Fleisch und Wurst im Jahr isst, kann man sich aber die Frage stellen, ob das wirklich so nötig ist. Ich denke, jeder von uns kann seinen Fleischkonsum reduzieren, und das ist angesichts der Verbrauchszahlen keine Frage mehr von Arm und Reich. Wir sind also alle gefordert, verantwortlich mit unserer Ernährung umzugehen, und sicher ist der Fleischer an der Ecke oft die bessere Alternative als das Billigangebot der Supermärkte. Liebe Frau Nitz, laut Gesellschaft für Konsumforschung sind selbst über 30 Prozent der Haushalte mit einem Monatseinkommen von unter 1 000 Euro bereit, Eier, Fleisch und Fisch ausschließlich in Bioläden einzukaufen. Ein anderes Verbraucherverhalten wäre ein Anfang, um unseren heimischen Landwirten zu helfen, ihre Existenz zu sichern, um Dumpingpreise zu verhindern und um zu einer vernünftigen Preispolitik zurückzukehren. Das ist aber nicht in erster Linie Aufgabe der Politik. Aufgabe der Politik, Frau Dr. Mathes und Herr Oppermann, wäre es nun, dass alle Ihre Minister in den Ländern dem 14-Punkte-Plan zustimmen, und Aufgabe, Frau Dr. Mathes, wäre es natürlich auch, im Bundesrat dem Verbraucherinformationsschutzgesetz zuzustimmen, das ja die erwähnten Informationen, die Sie verlangen, vorsieht. Ich wäre also sehr dankbar, wenn Sie in diesen Bereichen Ihre Leute motivieren, Frau Aigner zu unterstützen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man schätzt, dass etwa die Hälfte der Tötungsdelikte bei Kindern unter sechs Jahren unentdeckt bleiben. Auch in Bremen kommen immer wieder unklare Todesursachen vor, und wir alle kennen die Problemfälle, Eltern schütteln, schlagen oder ersticken ihre Kinder, oft nicht in einer Tötungsabsicht, sondern weil sie schlicht überfordert sind. Wir müssen uns daher die Frage stellen, was wir tun können, um diese Fälle zu vermeiden und Geschwisterkinder zu schützen.
Es wurde schon angesprochen, zunächst ist natürlich Prävention gefragt, damit es gar nicht erst soweit kommt. Wenn aber alle Beratungsangebote und Hilfsangebote nichts nützen und hilflose Eltern zu Misshandlungen greifen, muss der Staat Regelungen bieten, die solche Misshandlungen aufdecken, oder er muss zumindest vermitteln, dass das Fehlverhalten der Betroffenen aufgedeckt wird und strafrechtliche Folgen hat.
In dieser Situation macht es Sinn, ein Projekt zu testen, das die Obduktion von Kindern unter sechs Jahren dann verbindlich vorschreibt, wenn die Todesursache unklar ist. Auf diese Weise schaffen wir einen Automatismus zur Klärung des Falls, der nicht von vornherein eine Vorverurteilung der Eltern oder der Angehörigen ist. Der Rechtsausschuss – auch das wurde schon erwähnt – hat sich nicht leicht getan mit dieser Empfehlung. Wir haben in einer Anhörung viele Ärzte, Institutionen und Betroffene angehört, sind aber auf eine breite Zustimmung gestoßen im Sinne von Klarheit für die Eltern und im Sinne von Prävention für die Geschwister. Herr Frehe hat das bereits alles vorgetragen, und wir unterstützen sehr, was dort gesagt worden ist.
Ein Punkt wurde allerdings immer wieder angesprochen, und zwar ist das die Art und Weise der Obduktion von Kindern. Es war daher das besondere Anliegen der CDU-Fraktion, wenigstens die Obduktion so vorzunehmen, dass sich Eltern von ihren Kindern verabschieden können, ohne durch Verunstaltung zusätzlich geschockt zu werden. Der Senat hat zugesagt, dies entsprechend zu regeln.
Ein weiterer Punkt betraf die Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz. In aller Regel wird in Bremen bei einem unklaren Todesfall die Kripo hinzugezogen, die dann alles Weitere veranlasst. Das wollen wir bei unklaren Todesfällen von Kindern unter sechs Jahren gerade nicht. Wir wollen verhindern, dass die Polizei mit aller Öffentlichkeitswirkung
hinzugezogen wird. Das Gesundheitsressort hat uns zugesichert, dass es Handlungsanleitungen geben wird, wonach allein der Amtsarzt einzuschalten ist.
Wir werden im Übrigen in der Gesundheitsdeputation diese Durchführungsverordnung vorgelegt bekommen. Ich denke, wir werden dort noch die Gelegenheit haben, über den einen oder anderen Punkt zu diskutieren. Das soll uns aber heute nicht hindern, diesem Gesetz insgesamt zuzustimmen.
Es ist richtig, dass die Laufzeit dieses Projekts bis Ende des Jahres 2013 verlängert wird. Ich glaube, sonst wäre die Frist zur Evaluierung zu kurz gewesen. Insofern stimmen wir auch diesem Antrag zu.
Das Projekt ist in Deutschland neu. Wir sind mit dieser Regelung Vorreiter. Die anderen Bundesländer werden genau beobachten, wie sich dieses Gesetz bei uns bewährt. Es wäre sehr erfreulich, wenn mit diesem Gesetz der Tod von kleinen Kindern durch Misshandlungen von Eltern verhindert werden könnte. Sehr geehrte FDP, wenn mit diesem Automatismus auch nur ein Kinderleben gerettet würde, dann hätte sich dieses Gesetz schon gelohnt. – Danke!
Wir fragen den Senat: Erstens: Was für Vorstellungen hat das Land Bremen bezüglich der Unterbringung von Sicherungs
verwahrten und der Personen, die unter das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter fallen sollen? Zweitens: Wo ist eine von den Nordländern gemeinsam betriebene Einrichtung für die Personen, die unter das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter fallen sollen, geplant?
Ist es denn richtig, dass in der Justizministerkonferenz überlegt worden ist, eine gemeinsame Einrichtung zu organisieren? Jetzt habe ich Sie eben so verstanden, dass mit Niedersachsen zusammen ohne die anderen Bundesländer ein Projekt erarbeitet wird. Ist das dann nur eine Organisation, die Niedersachsen trägt und an der sich Bremen beteiligen kann?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Den letzten Vortrag kannten wir schon, den brauchten wir nicht. Sehr geehrter Herr Ehmke, Sie haben leider inhaltlich überhaupt nichts gesagt!
Das zeigt uns einmal mehr, wie wichtig es ist, über dieses Thema hier immer wieder zu sprechen.
Der Senat hat in der Vorlage, die er im Oktober vorgelegt hat, ein dickes Eigenlob gebracht. Wir wissen ganz genau, dass noch erhebliche Lücken da sind, die geregelt werden müssen, und wir haben an Ih
rem Beitrag gesehen, dass wir hier immer wieder Druck machen müssen, dass dies auch geschieht, also werden Sie sich nicht wundern, dass wir den Bericht so nicht unterstützen können. Es fehlen aber auch ganz entscheidende Aussagen. Es gibt einen Hinweis, wie ein Evaluierungskonzept aussehen soll. Es gibt aber keine Evaluierung, obwohl wir dieses Programm „Stopp der Jugendgewalt“ im Januar 2008 beschlossen haben. Man hätte also schon einmal tätig werden können.
Es gibt auch keine Verbesserungsvorschläge, obwohl wir ganz genau wissen, dass wir eine Reihe von Schwachstellen haben. Ein Hauptproblem ist, dass Jugendliche nicht umgehend nach einer Straftat die Folgen ihrer Tat zu spüren bekommen. Frau Richterin Heisig hat immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass straffällig gewordene Jugendliche sofort nach der Tat ein Stopp erfahren müssen. Das gelingt uns leider aber hier in Bremen immer noch nicht. Das liegt nicht so sehr an der Polizei, die gute Arbeit leistet. Das liegt daran, dass dann die Zuständigkeitsfragen losgehen oder dass wir keine sofort verfügbaren Heimplätze haben. Wir haben diese nur in Niedersachsen, aber es dauert, bis wir dann dort den einen oder anderen Platz erhalten.
Die Polizei müht sich mit normenverdeutlichenden Ansprachen, aber leider sind diese Mittel oft umsonst. Eltern interessieren sich oft nicht, insofern kommen wir an dieser Stelle nicht wirklich weiter. Das heißt, wir haben nur die Folge, dass die Polizei frustriert ist, aber wirklich einschlägige Folgen für die Jugendlichen nicht immer wirklich nachvollziehbar sind.
Deswegen fordern wir an dieser Stelle zum wiederholten Mal eine schnelle und konsequente Zusammenarbeit aller Ressorts und genauso die deutlichen Folgen für die Jugendlichen. Gerade was die Zusammenarbeit der Ressorts betrifft, gibt es einiges kritisch zu sehen. Das ist das Thema Fallkonferenzen und Datenschutz. Es kann nicht sein, dass wir hier ein solches Problem aus dem Datenschutz machen, wenn es darum gehen muss, Jugendliche wieder auf die rechte Bahn zu bringen. In anderen Bundesländern ist es möglich, trotz eines guten Datenschutzes die Informationen, die wir aus den Schulen, dem Bildungsressort, aber ganz speziell auch aus dem Sozialressort brauchen, in den Konferenzen zu behandeln, um damit eine schlagkräftige Truppe zu werden.
Es kann auch nicht richtig sein, dass wir, wie es das Sozialressort hier in Bremen macht, die Verwendung der Daten von der Zustimmung der Minderjährigen beziehungsweise deren Eltern abhängig machen, denn oftmals sind die Eltern ja gerade Teil der Misere, und es wird uns dann eben diese verweigerte Zustimmung nicht weiterhelfen, um konsequent an den Fällen zu arbeiten.
Noch etwas anderes sollte uns nachdenklich machen. Laut Gutachten aus Hannover und aus Hamburg liegt die Dunkelziffer bei der Jugendkriminalität bei 80 Prozent. In dieser Situation sind wir mit den uns zur Verfügung stehenden Informationen zurückhaltend. Das ist nicht hinnehmbar.
Es ist sicher richtig, dass sich ein großer Teil des Projekts um die Prävention kümmert. Es ist natürlich genauso richtig, in die Bildung der Jugendlichen zu investieren, das ist sicher die beste Vorbeugemaßnahme für deutsche wie für Migrantenkinder. Der Erfolg kommt aber erst nach zehn Jahren, und so lange können wir nicht tatenlos zusehen. Deswegen fordern wir an dieser Stelle noch einmal den Senat auf, den präventiven Ansatz zu optimieren, der bereits in der Anlage in diesem Programm enthalten ist.
Kritisch ist aber auch das Verhalten des Bildungsressorts zu sehen, nämlich dann, wenn es um die Schulschwänzer geht. Diese werden in Bremen immer noch nicht konsequent verfolgt. Dabei haben wir Regelungen und Maßnahmen genug, die eingesetzt werden könnten. Sie müssen eben einfach nur umgesetzt werden. Das geschieht leider nicht. Wie sollen wir denn eine gute Bildung erreichen, gerade für eine schwierige Klientel, wenn Sie in diesem Punkt nicht handeln?
Ein Eigenlob für ein im Grundsatz gutes Konzept reicht nicht. Es muss konsequent angewendet, und es muss vor allen Dingen dort nachgebessert werden, wo es Schwachstellen hat, sonst hat es eben einfach keinen Erfolg. Dies können wir immer wieder nur anmahnen. Deswegen erwarten wir auch einen Bericht zu diesen fehlenden Punkten bis zum Februar des kommenden Jahres. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zunächst zum Haushalt des Innenressorts. Um es vorweg zu sagen: Der Senat hat in seinem Haushalt viele der anstehenden Probleme nicht gelöst. Das gilt trotz der Einstellung von 60 Polizisten, die die Finanzsenatorin auf Druck der Opposition und des Koalitionspartners nachträglich genehmigt hat. Dazu werden wir aber morgen debattieren.
Im Stadtamt bleibt es bei der ungelösten schwierigen Personalsituation. Bei der Waffenkontrolle müssen nach wie vor Rentner einspringen. Das ist höchstens kurzfristig eine Lösung, langfristig aber nicht rechtmäßig. Im Ausländeramt arbeiten viele Mitarbeiter mit Zeitverträgen, die demnächst auslaufen. Der Senat aber gibt keine Antwort, wie es weitergehen soll, wenn diese Mitarbeiter entfallen. Das ist keine solide Haushaltsführung. Bei der Führerscheinstelle sieht es ähnlich aus.
Auch im investiven Bereich des Innenressorts sind dringend notwendige Anschaffungen in diesem Haushalt nicht finanziert. Die Ausrüstung der Freiwilligen Feuerwehr Bremen zum Beispiel ist in einem desolaten Zustand und muss in vielen Bereichen dringend erneuert werden. Auch die Immobilien müssen renoviert werden, und zwar nicht nur allein in Borgfeld. Hierfür hat der Senat keine Vorsorge getroffen.
Ich komme zum Bereich Justiz. Mit großem Interesse habe ich das Regierungsprogramm der SPD für das Jahr 2011 bis zum Jahr 2015 zum Thema effektive Justiz gelesen. Dort heißt es wörtlich: „Ein weiterer Abbau von Stellen würde die Funktionsfähigkeit der Gerichte ernsthaft infrage stellen. Die Funk
tionsfähigkeit der Gerichte muss auch in den kommenden Jahren ab 2012 erhalten werden.“ Leider ist aber das Gegenteil der Fall. Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, haben selbst mitbeschlossen, im kommenden Jahr 25 Stellen bei den Gerichten zu streichen, und nun suggerieren Sie den Menschen, die da Ihre Programme lesen, dass diese Streichungen nicht stattfinden, oder was soll das heißen, was Sie hier gesagt haben? Das finde ich nicht redlich, und soweit auch zu den Themen Wahrheit und Klarheit.
Realistischerweise gehe ich davon aus, dass es im Jahr 2011 zu einer Einsparung von 25 Justizmitarbeitern kommen wird. Betroffen sind vor allem das Amtsgericht und das Landgericht, dort insbesondere der mittlere Dienst. Wir können uns diesen Einsparungen angesichts der Haushaltsnotlage Bremens nicht grundsätzlich verweigern. Ein Kriterium ist aber für uns ganz entscheidend: Es darf nicht zu einem Sparansatz und damit zu Verzögerungen bei den Jugendstrafverfahren kommen. Nur ein schnelles Verfahren in diesen Jugendstrafsachen kann einigermaßen Eindruck auf die Delinquenten machen und sie hoffentlich von weiteren Taten abhalten.
Zu den Kosten! Die Wiederholungstäter kosten uns am Ende erheblich mehr Geld in den einschlägigen Maßnahmen oder im Vollzug als eine Prävention und Maßnahmen, damit das Kind gar nicht erst in den Brunnen fällt. Der vorgelegte Haushalt Inneres und Justiz hat also erhebliche Lücken, wenn es um die Sicherheit der Bürger geht, wenn es darum geht, ein gut funktionierendes Stadtamt mit seinen umfassenden Zuständigkeiten für viele Bürger dieses Landes vorzuhalten. – Daher lehnen wir den Haushalt Inneres und Justiz ab. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema ist jetzt etwas sperrig, aber ich versuche es nach dieser sehr engagierten Debatte, die wir gerade eben hatten, trotzdem.
Wie im Bund, so sollte es auch in Bremen darum gehen, den gesamten Aufwand an Bürokratiekosten zu ermitteln, also den für die Wirtschaft ebenso wie die Kosten für die Bürger und für die gesamte Verwaltung. Hierzu aber sagt die Antwort des Senats nichts. Einsparungen von rund sieben Milliarden Euro seit dem Jahr 2006 für die Wirtschaft konnten im Bund durch Bürokratieabbau bereits erreicht werden.
Das neue Büro der Kammern und der öffentlichen Hand wird aber keinen direkten Zugriff auf Senatsressorts haben. Es wäre deswegen sehr wohl überlegenswert, ob man nicht die Staatsräterunde und die Staatsräte, die sich zu dem Thema Bürokratieabbau treffen und tagen, sozusagen als Troubleshooter nutzen könnte, um Probleme in Verfahren auf höchster Ebene zu lösen.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Vorschlägen, denen man nachgehen könnte, aber leider sind diese fünf Minuten zu kurz, um das alles zu erläutern. Man muss nur einfach einmal auf den Internetseiten der Handelskammern nachschauen, auf denen viele Vorschläge gemacht werden. Es wurde heute Morgen gesagt, dass es in Kürze einen Bericht über ein neues Verfahren geben wird. Ich hoffe sehr, dass dieses Verfahren nicht nur Formalien betrifft, sondern auch Inhalte, und bin sehr gespannt, ob Sie uns heute schon etwas dazu sagen können. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich darf es vorweg sagen, ein hoher Standard in der Lebensmittelqualität, in der Hygiene sowohl in gastronomischen Betrieben als auch im Fachhandel ist für uns unverzichtbar. Wenn es um Projekte und Maßnahmen geht, die in der Tat oft kritisierte Situation in den Küchen zu verbessern, so haben Sie uns an Ihrer Seite. Aber bei den Initiativen, die wir in dieser Bürgerschaftssitzung debattieren, geht es doch einigermaßen durcheinander, und sie sind wenig durchdacht und auch wenig konstruktiv.
Frau Nitz, Sie plädieren in Ihrem Antrag für das dänische System. Ich glaube, es ist hier schon erwähnt worden, die Dänen haben landesweit ein verpflichtendes Smiley-Kontrollsystem eingerichtet, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
und das ist eben in Deutschland rechtlich weder auf Bundes- noch auf Landesebene möglich. Das heißt in der Konsequenz, dass ein lachender oder auch ein trauriger Smiley für gute oder schlechte Küchen und für gut oder schlecht geführte Gaststätten nur auf freiwilliger Basis möglich ist, und deswegen können wir Ihrem Antrag nicht folgen.
Liebe Koalitionäre, Sie beantragen nun ein Projekt, wie es Berlin-Pankow durchführt. Der Wirtschaftssenator hat sich dazu vorgestern irgendwie skeptisch geäußert, abgestimmt haben Sie das wohl mit ihm nicht. Der Wirtschaftssenator sieht eine ganze Menge Schwierigkeiten bei dem Smiley-Bewertungssystem. Er hinterfragt auch, ob es überhaupt belastbare Aussagen über einen Nutzen gibt, und er erwähnt, dass gerade die Freiwilligkeit dazu führt, dass eine realistische Einschätzung im Wettbewerb durch den Bürger kaum möglich ist. Ich füge noch hinzu, dass eine Verwässerung der Qualitätskennzeichnung durch allzu viele Smileys oder andere Bewertungen dem Verbraucher auch nicht gerade hilft.
Lieber Herr Richter, wenn Sie jetzt erst einmal das ganze Informationsfreiheitsgesetz mit allen anderen noch dazugehörigen Gesetzen ändern wollen, dann kommen wir hier, glaube ich, überhaupt nicht mehr zu einer Verbesserung der Situation, die wir im Grundsatz gern wollen. Wir wollen sie dann, wenn damit die Sicherheit für Verbraucher erhöht werden kann und wenn damit schwarze Schafe einen Anreiz erhalten, die geltenden Vorschriften einzuhalten. Auch wir finden die ziemlich erschreckenden Bilder aus manchen Küchen nun nicht gerade erstrebenswert und sind dafür, dass wir hier etwas dagegen unternehmen müssen. Aber für ein solches Projekt, und darauf ist Herr Richter auch eingegangen, braucht man klare Kriterien, und diese Kriterien haben weder die LINKEN noch die Koalition aufgezeigt.
Ich darf hier auch noch zwei Kriterien aus dem ganzen Katalog erwähnen, die betreffen die Negativliste, und dabei wird es einer der Hauptpunkte sein, wie man denn mit der Negativliste umgeht und wie man vor allen Dingen wieder davon herunterkommt. Die Verbraucher in Deutschland haben ein Recht auf Information. Gemäß Verbraucherinformationsgesetz darf aber ohne Anhörung des Betroffenen nicht in die Rechte der Beteiligten eingegriffen werden. Deswegen muss immer eine Anhörung durchgeführt werden, bevor jemand auf eine Negativliste kommt. Außerdem sollte ein Betrieb nicht gleich beim ersten unangekündigten Kontrollbesuch auf dieser Liste erscheinen, sondern er müsste im Vorfeld die Möglichkeit haben, dies zu vermeiden. Entscheidend ist natürlich auch, um von der Liste wieder herunterzukommen, in welchen Zeiträumen die Kontrollen bei diesen beanstandeten Gaststätten vorgenommen werden. Auch hierüber muss man sich Gedanken machen.
Letztendlich ist es auch ein bisschen durcheinandergegangen: Was wollen Sie jetzt in dem ersten
Schritt, nur die gastronomischen Betriebe prüfen? So, Herr Oppermann, hatte ich Ihren Antrag verstanden. In der Debatte sind Sie und auch Frau Dr. Mathes weiter gegangen und wollen sämtliche Lebensmittel einzelhandelsgeschäfte und auch den Fachbereich – ich habe es am Dienstag in der Fragestunde auch gesagt – mit einbeziehen. Sie müssen dann natürlich auch alle Großküchen, egal wo, ob in Schulen, in Kindergärten oder wo auch immer, mit einbeziehen, und ob das hier personell leistbar ist und was das kostet, auch dazu habe ich hier keine Erkenntnis. Wegen dieses Schnellschusses, ohne dass wir uns zunächst einmal mit den Einzelheiten auseinandergesetzt haben, können wir die Anträge nicht mittragen. Wir plädieren aber dafür, dass der Senat uns erst einmal die Modelle in Berlin – es gibt ja auch noch andere – hoffentlich auch evaluiert vorstellt und uns eine Konzeption zur Beratung vorlegt. Wenn wir eine solche Basis haben, dann sind wir, egal ob in der Gesundheitsdeputation oder in der Wirtschaftsdeputation, gern bereit, dieses Projekt mit zu beflügeln, gerade wenn es darum geht, Maßnahmen mitzubeschließen, die die Sicherheit der Verbraucher verbessern. Eine bundesweit verpflichtende Smiley-Kennzeichnung lehnen wir ab. Insofern, das ergibt sich dann daraus, lehnen wir den Antrag der LINKEN und auch den Koalitionsantrag ab. Ich darf vielleicht noch letztlich ergänzen, ein solches Vorgehen, zunächst einmal eine Evaluierung uns anzuschauen und einen Projektentwurf zu haben, ist übrigens auch das, was uns die Verbraucherzentrale vorschlägt und was der Wirtschaftssenator am Dienstag vorgeschlagen hat. – Vielen Dank!
Ich hätte auch gern die Bemerkung gemacht, ich bin natürlich sehr für Verbraucherschutz und auch für Lebensmittelsicherheit, das steht völlig außer Frage, die Diskussion haben wir aber ja am Donnerstag, deswegen möchte ich hier auch nicht weiter im Detail nachfragen. Ich habe nur eine Frage. Sie sagten, es wäre nur sinnvoll, eine Regelung bundesweit einzuführen, und Sie sagten ebenso, dass wir auf freiwilliger Basis wahrscheinlich wenig Erfolg haben würden. Eine verpflichtende Kontrolle bundesweit, und zwar nicht nur für die Gastronomie – ich glaube, so haben Sie sich auch geäußert –, sondern für den gesamten Einzelhandel inklusive Fachhandel, dazu würde dann natürlich auch jeder Mittagstisch bei Kindergärten gehören, alles, was Sie sich rund um die Verpflegung denken können: Was für einen Aufwand würde das für Bremen bedeuten? Haben Sie das irgendwie kalkuliert?
Sind Sie mit mir der Meinung, dass es sinnvoll wäre, bevor wir jetzt alle möglichen Forderungen aufstellen, zunächst einmal ein Projekt zu planen, Kriterien festzulegen und darüber dann zu diskutieren, entweder in der Gesundheitsdeputation oder in der Wirtschaftsdeputation?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte drei Vorbemerkungen machen: Erstens, ich lasse uns hier nicht absprechen, dass wir sowohl in Bremen als auch im Bund verantwortungsvoll mit dem Thema eingetragene Lebenspartnerschaften umgehen.
Drittens, wenn Sie das Bundesverfassungsgericht vom 17. August 2010 hier zitieren, muss man das, denke ich, auch komplett tun. Erstens, es hat nicht ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
von einer Gleichstellung geredet, sondern von einer Gleichbehandlung, genauso wie das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Thema. Zweitens haben Sie wohl übersehen, dass es einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz gibt, der stammt nämlich auch vom 22. Juni 2010, in dem eine vollständige Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten im Erbschafts- und im Steuerrecht angekündigt wird. Insofern stimmt nicht, was Sie hier angeführt haben!
Für uns bleibt es aber dabei, dass die Ehe und gerade das Thema Familie der zentrale Baustein einer Gemeinschaft, der Gesellschaft und auch der Zukunft sind. Daran ändert sich auch nichts, was wir ja früher auch diskutiert haben, wenn in eingetragenen Lebenspartnerschaften sehr wohl Kinder wohlbehütet betreut werden und auch füreinander Verpflichtungen übernommen werden.
Für uns muss es aber bei einem besonderen Schutz der Ehe und der Familie bleiben. Dieser Schutz – und das ist der einzige Punkt, wo wir mit Ihnen gehen – darf natürlich nicht zu einer Benachteiligung anderer Lebensformen führen. Wir haben uns deswegen so deutlich dafür eingesetzt, den Schutz der eingetragenen Lebenspartnerschaften in einem zusätzlichen Absatz in der Landesverfassung zu verankern. Sie sind diesem Punkt leider nicht gefolgt, wir können uns aus unserer christlichen Überzeugung, aus der Überzeugung der Wertigkeiten der Familien Ihrem Vorschlag nicht anschließen.
Ja, sicher sind wir anderer Meinung, das haben wir hier immer wieder betont. Ich nutze die Gelegenheit, dies noch einmal zu begründen und gleichermaßen festzustellen, dass diese Einstellung aber nicht bedeutet, dass wir in irgendeiner Form die eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht für besonders schutzbedürftig halten. Das haben wir belegt, indem wir sie in der Landesverfassung verankern wollten. Dem sind Sie nicht gefolgt, wir können das nicht ändern, aber solch eine doch uns diskriminierende Einführung, wie Sie sie soeben vorgebracht haben, müssen wir weit von uns weisen! – Danke schön!
Herr Senator, Sie haben die Maßnahmen angesprochen, die getroffen werden können und müssen, wenn denn jemand aus der Sicherungsverwahrung nach Bremen zurückkommt. Können Sie mir bitte sagen, wie aufwendig die polizeiliche Überwachung ist und mit welchen Kosten bei diesen Maßnahmen von Therapie bis Überwachung, die da zur Debatte stehen, zu rechnen ist?
Sie haben auch die Justizministerkonferenz in der nächsten Woche angesprochen. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gibt es nun einige Unsicherheiten, was die Regeln für die Sicherungsverwahrung angeht. Bisher ist nicht zu sehen, dass Frau LeutheusserSchnarrenberger in Berlin zur Klärung dieser Regelung beiträgt oder zur Änderung des Gesetzes. Wird sich Bremen in der Justizministerkonferenz und im Bund dafür einsetzen, dass hier klare Regeln von der Justizministerin erarbeitet werden?
Würde Bremen im Ernstfall von dieser Übergangsregelung Gebrauch machen?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU hat immer wieder deutlich gemacht, dass für uns die Ehe einen ganz besonderen Wert hat, der auf unserem christlichen Glauben basiert, und daran werden wir auch festhalten. Das ist genau der Unterschied zu allen anderen Fraktionen hier in der Bürgerschaft.
Gerade auf der Basis des Urteils des Bundesverfassungsgerichts geht es uns um eine Gleichbehand
lung der Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft und nicht um eine Gleichstellung. Ich freue mich ja sehr über die Äußerungen der Grünen, die uns hier ja schon als modernisiert anerkannt haben, und weil das so ist, haben wir einen Antrag vorgelegt, mit dem wir gern eingetragene Lebenspartnerschaften auch in der Verfassung schützen wollen. Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, in anderer Form der Partnerschaft zu leben, andere Lebensentwürfe zu haben, und natürlich wollen wir diese anderen Formen auch in der Verfassung schützen und vor Diskriminierung bewahren. Dennoch möchte ich aber hier feststellen, dass das, was Rot-Grün heute zur Debatte stellt und die FDP und DIE LINKE mittragen, die vollständige Aufgabe einer klaren Unterscheidung zwischen herkömmlicher Ehe und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften darstellt.
Das ist genau der Punkt, den wir nicht mittragen können!
Es besteht aber auch in der Sache keine Notwendigkeit. Dies ist ein Bild nach außen, denn all das, was gemacht werden muss, um eine Gleichbehandlung zu gewährleisten, ist bereits geschehen oder ist auf einem guten Weg. Ich darf daran erinnern, dass in Berlin gerade die Gesetzgebung überarbeitet wird, beispielsweise im Einkommensteuerrecht, im Beamtenrecht, zum Beispiel bei der Besoldung, beim BAföG, bei der Unfallversicherung und in vielen anderen Bereichen. Das ist eben genau die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichbehandlung. Auch Bremen, das ist uns hier ja auch bei der letzten Debatte vorgelegt worden, hat vieles, im Grunde alles getan, um diesem Urteil zu genügen.
Es bleibt also allein die Frage, wie man zur Ehe mit all ihren Rechten und Pflichten steht, und die CDU hat sich klar entschieden: Wir halten die Ehe für ein ganz besonderes Element unserer Gemeinschaft und sehen sie vor der Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Menschen! – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Günthner, das Bundesverfassungsgericht hat nicht eine Gleichstellung vorgeschrieben, sondern eine Gleichbehandlung.
Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen, weil wir uns sehr wohl auf dem Boden der Verfassung und
der Entscheidung des Verfassungsgerichts mit unserer Auffassung befinden. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Nitz, auch mich müssen Sie dort irgendwie falsch verstanden haben. Es liegt doch wohl auf der Hand, dass ich das Berliner Gesetz oder die Berliner Regelung begrüßt habe, die immerhin mit den Stimmen der SPD und der CDU im vergangenen Sommer entstanden ist.
Dann haben Sie eine ganze Reihe von Themen benannt, von denen ich glaube, dass die meisten dieser Themen in Berlin abgehandelt werden und in Berlin geregelt werden müssen. Ich nenne zum Beispiel – das haben Sie auch gesagt – das Informationsfreiheitsgesetz, das Lebensmittelkennzeichnungsgesetz, das Thema Finanzdienstleistungen oder auch Produkthaftung und entsprechende Beweisverfahren. Wir begrüßen, dass diese Themen in Berlin geprüft werden und dass es damit hoffentlich zu einem breiten Schutz für den Verbraucher kommt, vor allen Dingen aber zu einem routinemäßigen Schutz für den Verbraucher. Ich denke allerdings, dass in Bremen die Themen etwas anders gelagert sein werden. Die Verbraucherzentrale selbst geht davon aus, dass die Überprüfung insbesondere das Thema Lebensmittelkennzeichnung und den Ladenschluss betreffen wird.
Wir haben den Antrag der Koalitionäre mit unterschrieben, weil wir denken, dass es richtig und sinnvoll ist, auch in Bremen den Verbraucherschutz immer im Blick zu behalten. Mit dieser vorgeschlagenen Pilotphase können wir uns 2011 noch einmal über dieses Thema Gedanken machen. Wo entstehen Fragen? Welche Probleme müssen geregelt werden? Wir können prüfen, wie effektiv die Arbeiten bis dahin gewesen sind. Wir vermeiden es vor allen Dingen, auf Dauer angelegte überflüssige Bürokratie zu verfestigen. Das ist der Grund, warum wir Ihren Antrag mittragen. Wir denken, dass das eine gute Regelung ist, denken aber auch, dass die Zusatzvorschläge der FDP in Ordnung sind, dass wir uns noch einmal im Detail über die Formalien Gedanken machen und im Sommer diese Fragen in der Wirtschaftsdeputation beraten.
Ich finde aber auch, dass das Thema Verbraucherschutz bei der LINKEN auch etwas schwierig angesiedelt ist. Wenn Sie sich damit hervortun, nur einen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Antrag abzuschreiben, denke ich, ist das auch keine besondere Hilfe in Sachen Verbraucherschutz.
Das alles ist aber nur ein politisches Geplänkel. Es gibt noch einen ganz anderen Punkt. SPD und CDU hatten am Ende der vergangenen Legislaturperiode einen gemeinsamen Antrag auf den Weg gebracht. Eine Forderung aus dem damaligen Antrag war, das Thema Verbraucherschutz in einem Ressort zusammenzufassen, statt zwischen gesundheitlichem Verbraucherschutz und dem Rest zu trennen. Das ist aber leider bis heute nicht geschehen.
Sie sehen aus dem Antrag, wie lebensfremd es ist, ein Prüfverfahren überwiegend für Lebensmittelkennzeichnung, Sicherheit und Ladenschluss einzuführen und auf der anderen Seite die Zuständigkeit bei Wirtschaft zu haben. Dieses gesplittete Verfahren halten wir für sehr unglücklich, denn es wäre gerade für den Lebensmittelstandort Bremen und den damit verbundenen internationalen Handel eine klare Zuständigkeit dringend notwendig.
Die CDU-Fraktion fordert die Koalition daher noch einmal auf, ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden und die verbraucherrechtlichen Aufgaben in einem Ressort zu bündeln. Den Antrag der LINKEN lehnen wir ab, und wir stimmen beiden weiteren Anträgen zu. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Tittmann, das Thema ist viel zu ernst, um sich so undifferenziert mit den Problemen jugendlicher Gewalttäter auseinanderzusetzen.
Ein solch rigoroses Verfahren, nämlich schon Sechzehn- und Siebzehnjährige nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen, wird hier im Haus niemand mittragen.
Das einzige, und das finde ich ganz besonders fatal, was Sie in Ihrem Antrag als Reaktion auf Jugendkriminalität bringen, ist die Repression. Nein, Herr Tittmann, es geht um Prävention, es geht um Integration, um Bildung und um Erziehung, und es geht erst ganz zum Schluss um Strafe!
Ich glaube, es wäre auch ganz gut gewesen, Sie hätten einmal einen Blick in das Jugendgerichtsgesetz geworfen. Dann hätten Sie nämlich feststellen können, wie differenziert wir mit jungen Gewalttätern umgehen.
Dann kann ich es eigentlich auch lassen, ich versuche es aber noch einmal!
Von 14 bis 17 Jahre gilt das Jugendstrafrecht, und für Erwachsene über 21 Jahre gilt immer das Erwachsenenstrafrecht. Für diejenigen, die zwischen 18 und 20 Jahren alt sind, die sogenannten Heranwachsenden, richtet sich das Verfahren dann nach dem Jugendrecht, wenn eine Reifeverzögerung oder eine Jugendverfehlung vorliegt.
Die aktuelle Frage, die sich anlässlich der Vorfälle in München und der Probleme, die wir auch in Bremen haben, stellt, ist, ob im Regelfall von einer Reifeverzögerung oder einer Jugendverfehlung ausgegangen werden soll. Wir sind der Meinung, dass man das kritisch hinterfragen muss und nicht im Regelfall das Jugendstrafrecht in jedem Fall für diese Gruppe anwendet. Das Jugendstrafrecht hat aber eine ganze Reihe von Sonderregelungen, es hat nicht nur er––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
mäßigte Strafen, es bietet ganz andere, vielfältige, den Jugendlichen angepasste Maßnahmen und Sanktionen. Das, Herr Tittmann, sollten Sie sich einmal ansehen!
Was sicher hier auch zur Debatte stehen wird und in der Vergangenheit auch eine Rolle gespielt hat, ist, dass gerade Jugendliche schnelle Verfahren brauchen, dass es nicht sein kann, dass auch Sechzehnund Siebzehnjährige monatelang auf ihre Verfahren warten, dass Jugendliche erfahren, dass die Strafe auf dem Fuße folgt und dass sie die Justiz und die Polizei nicht an der Nase herumführen können. Dafür braucht es allerdings keine neuen Gesetze. Das Thema werden wir insgesamt an anderer Stelle weiter diskutieren, nicht aber aufgrund eines Antrags, der so undifferenziert und mit so radikalen Methoden vorgeht, wie das der Ihre macht. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir begrüßen dieses Gesetz und bedanken uns für die Vorarbeiten, die wirklich sehr intensiv waren und uns sehr geholfen haben. Ich denke, es ist mit diesem Gesetzentwurf insgesamt ein Spagat – das hat Frau Peters-Rehwinkel eben schon angemerkt – zwischen der für Untersuchungshäftlinge bestehenden Unschuldsvermutung und den Regeln des geschlossenen Vollzugs vorgenommen worden. Daran ist neu, glaube ich, dass die Zuständigkeit für den Untersuchungshaftvollzug auf die Vollzugsanstalt übertragen wurde. Das heißt, Aufgaben der Staatsanwaltschaft sind verlagert worden, was dort nicht unbedingt immer besonders gut angekommen ist. Insgesamt wird diese Form, das Gesetz zu regeln, von unseren Kollegen aus den anderen Bundesländern als wegweisend bezeichnet. Insofern finden wir, dass in diesem Gesetz, das hier vorgelegt worden ist, die Rechte der Untersuchungshäftlinge gestärkt worden sind.
Herr Frehe, es ist richtig, wir haben eine zweite Anhörung durchgeführt, wir haben uns sehr intensiv mit diesen Themen beschäftigt. Sie haben ein paar Punkte angesprochen, ein paar haben Sie weggelassen, zum Beispiel die Frage der Kontrolle von Lebensmitteln. Sie wollten gern, dass Lebensmittel eingeführt werden können. Die Mehrheit war nicht dafür, weil wir die Gefahr für zu groß ansehen, dass dadurch unerlaubte Dinge eingeschleust werden können. Insofern ist es eine vernünftige Regelung, die wir hier haben. Das muss auch so bleiben!
Sie hatten auch moniert, dass die Besuchszeiten für die U-Häftlinge zu kurz sind. Ich kann nur sagen, dass wir mit zwei Stunden plus zwei Stunden für UHäftlinge mit Kindern unter 14 Jahren weit über die Regelung der anderen zehn Bundesländer hinausgehen. Ich halte auch die ärztliche Versorgung, die Sie auch diskutiert hatten, für angemessen und ausreichend, so wie sie in der Justizvollzugsanstalt derzeit angeboten wird. Sicherlich haben Sie recht, dass das Thema, besonders auf suizidgefährdete Menschen zu achten, auch angesichts der Vorfälle, die wir hier in Bremen hatten, noch einmal besonders zu beleuchten war und dass hierauf ein besonderer Wert gelegt wird. Ich glaube aber, das waren Themen, die sowieso gemacht werden, ganz neu sind sie also nicht.
Für uns gibt es eigentlich nur noch einen einzigen Punkt: Das sind die Mehrkosten. Es ist klar, das wurde auch vom Senator gesagt, es wird Mehrkosten geben. Die interessante Frage wird sein: Wo werden Löcher gerissen, wenn hier mehr Finanzierungen notwendig sind. Der Senat sagt, er würde es in seinem Budget organisieren. Wir sind deswegen gespannt, weil wir noch eine Reihe von anderen Risiken im Justizressort haben, und diese Kosten bei den Personalkosten in den Gerichten zum Beispiel nicht ein––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
gespart werden dürfen. Wir sind mit diesem Gesetz einen wichtigen Schritt vorangekommen. Wir stimmen dem Antrag sowie auch dem zweiten Antrag zur Inkraftsetzung zu. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Liess, Sie reden hier den Haushalt schön! An allen Ecken und Enden haben Sie ge––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
kürzt. Das haben Sie auch selbst schon dargestellt. Sie können es gar nicht leugnen, dass Sie – –.
Vergleichen Sie doch einmal die Zahlen! Dann sehen Sie selbst, in welcher Weise Sie hier gekürzt haben. Ich werde auch gleich noch im Einzelnen darauf zurückkommen.
Wenn Sie all das bezahlen wollen, was Sie jetzt an anderer Stelle in diesem Haushalt beschließen wollen, dann hätten Sie eines tun müssen; nämlich die Wirtschaft durch eine gute attraktive Wirtschaftspolitik stärken müssen, um die Steuern zu generieren, die Sie für die Ausgaben an anderer Stelle brauchen.
Die Schwerpunktsetzung, die sich in diesem Haushalt abbildet, hat leider nichts mit einer wirtschaftsfreundlichen Politik zu tun und ist eben gerade nicht geeignet, Arbeitsplätze in Bremen zu schaffen oder zu sichern. Dazu will ich Ihnen auch gern einige Beispiele nennen. Wir sind eine Autostadt, und das Mercedes-Werk Bremen geht gerade erst gestärkt in die neue Produktion. Der Senat aber verteufelt den mobilisierten Verkehr, führt für 14 Anlieger eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A1 ein, erschwert durch Übergänge über die Richard-Boljahn-Allee die Erreichbarkeit der Stadt oder diskutiert über den Abriss der Hochstraße und über die flächendeckende Einführung von Tempo-30-Zonen!
Oder nehmen Sie die Wirtschaftsförderung Bremen! Sie hat angekündigt, jedenfalls bei uns im Ausschuss, die Wirtschaftscluster, die wir gemeinsam erarbeitet haben, zu reduzieren. Was das heißen soll, ist nicht ersichtlich. Die unabhängigen Betriebsräte von Airbus beklagen sich schon heute über ein mangelndes Interesse an ihrem Betrieb.
Oder nehmen Sie den Einzelhandel! Mit großen Mühen arbeitet der Senat an einem Einkaufscenter, um fehlende Flächen gerade für inhabergeführte Geschäft, auszuweisen. Im gleichen Atemzug belegt jedoch die WFB genau diese Flächen im Kontorhaus mit Büronutzung. Das ist völlig inakzeptabel, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass es keine Gesamtplanung des Senats für die Aufwertung des Einzelhandels in der gesamten Innenstadt gibt.
Zunehmend mehren sich die Klagen der Unternehmer über die mangelhafte individuelle Wirtschaftsförderung. Bei all diesen Themen schaut der Wirt
schaftssenator zu, moderiert und „will ermöglichen“. Eine aktive Gestaltung können wir allerdings nicht erkennen.
Die finanziellen Freiräume, die eine offensive Wirtschaftspolitik ermöglicht hätten, sind bei der Finanzsenatorin abgeliefert worden. 150 Millionen Euro sind auf andere Ressorts verteilt worden. Auch hier nur ein kleines Beispiel: Mit 1,7 Millionen Euro aus dem Ressort des Wirtschaftssenators wird die JVA finanziert. Was daran Wirtschaftsförderung ist, das muss mir noch jemand erklären!
Sehr geehrter Herr Liess, die Folge dieser Politik ist, dass das Geld hinten und vorn nicht reicht und die Löcher über Freiräume des BAP gestopft werden müssen. Zu welchen akrobatischen Lösungen das nun wieder führt, dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel aus Bremerhaven nennen: Einem Unternehmen, das in Bremerhaven expandieren und investieren will, wird der Grundstückspreis ein ganzes Jahr gestundet. RotGrün merkt also selbst, dass sie mit dieser Förderung der Wirtschaft versagen, und sucht nun nach anderen Möglichkeiten. Investitionsspielräume, sehr geehrter Herr Liess, sind mit dieser Politik über das Maß hinaus eingeschränkt worden. Der Wirtschaftsminister hat im März ein Innovationsförderprogramm vorgestellt. Auch dazu ein Beispiel, wie das umgesetzt werden soll: Die Regierungskoalition bezeichnet zwar den Schiffbau als ein ganz wichtiges Cluster, im Innovationsprogramm steht dazu aber kein Wort.
Auch neue Themen werden nicht entwickelt; man beschränkt sich auf das Abarbeiten der Schwerpunkte der Großen Koalition. Das geschieht auf der anderen Seite allerdings leider einigermaßen dilettantisch. Ich nenne Ihnen auch dazu ein Beispiel aus der Windenergie: Hier wurde uns eine Vorlage zur Errichtung eines Testcenters vorgelegt, in der maßgebliche Informationen fehlten, die den Sachverhalt daher nicht umfassend widerspiegelte. So waren eigentlich kaum verantwortliche Entscheidungen möglich.
In den vergangenen zweieinhalb Jahren war die Wirtschaftspolitik in Bremen kein Schwerpunkt Ihrer Aktionen. Lieber Herr Liess, im Vergleich zu den Vorjahren zeigen alle Zahlen aus den Controllingberichten über Arbeitsplätze und Investitionen steil bergab. Sie, sehr geehrter Herr Senator, begründen dies immer wieder mit der Wirtschaftskrise. Wenn denn Ihre Interpretation richtig ist, wären Sie jetzt umso mehr gefordert, der Wirtschaftspolitik in Bremen einen herausragenden Stellenwert beizumessen. Mit dem vorgelegten Haushalt tun Sie dies nicht, obwohl gerade jetzt und noch dazu in einer Handelsstadt, die besonders betroffen ist – Herr Bödeker hat
auch darauf hingewiesen –, die Förderung der Wirtschaft das oberste Gebot wäre.
Sehr geehrter Herr Senator, es muss auch nicht immer alles Geld kosten. Auf die Wirtschaft zuzugehen und wirtschaftsfeindliche Projekte zu vermeiden, das gibt es umsonst! Entscheidungen zügig zu treffen, kostet zum Beispiel auch nichts! Welche Schwierigkeiten damit verbunden sind, wenn man es denn nicht tut, konnten Sie gerade heute der Zeitung entnehmen.
Man muss sich dann auch nicht wundern, wenn der Präses der Handelskammer die Situation so zusammenfasst, ich zitiere aus dem „Weser-Kurier“ vom 12. Dezember: „Der Senat ist wirtschaftsfern und setzt auf Kirchturmpolitik. Die Wirtschaft fühlt sich vom Senat nicht mehr vertreten.“ – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator, das ist wirk––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
lich ziemlich unglaublich, was Sie hier gerade vorgetragen haben!
Rund 90 Prozent der Projekte, die Sie gerade hier genannt haben, sind Projekte der Großen Koalition. Das schreiben Sie sich jetzt auf Ihre Fahnen? Das tun Sie doch wahrscheinlich nur, weil Sie keine eigenen Ideen haben.
Das ist deswegen so schlimm, weil Sie ja gerade den ersten Arbeitsmarkt stärken müsten. Das muss doch das Ziel sein, statt, wie Sie es hier getan haben, sich für die Kurzarbeit zu loben. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Sie müssen doch sehen, dass die Menschen langfristig abgesicherte Arbeit haben und nicht in der Kurzarbeit bleiben.
Ich bin ja nicht gegen die Kurzarbeit, aber das Endziel muss etwas anderes sein. Da sind wir uns doch einig, oder, Herr Dr. Güldner, sehen Sie das anders?
Noch etwas finde ich wirklich schwer verständlich: Da ist jemand besorgt – der Präses der Handelskammer sorgt sich nämlich um die Wirtschaft und gerade eben auch um die Arbeitsplätze hier in Bremen –,
und Sie bügeln das einfach so weg und nennen das alles eine Wahrnehmungsstörung, wenn ich das richtig verstanden habe. Solch einen Umgang mit der Kammer hat es hier in Bremen, soweit ich mich erinnere, bisher nicht gegeben. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das „Projekt Junior“ des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln bietet in allen Bundesländern eine Palette von Möglichkeiten an, Schülern wirtschaftliches Verständnis zu vermitteln. Es unterstützt und fördert Schüler bei der Gründung einer Schülerfirma, und es bietet genauso auch Lehrmaterialien für alle Schulen, für alle Schulformen an, so zum Beispiel gerade auch für die Hauptschule.
Bremen ist das einzige Bundesland, das an diesem Projekt nicht teilnimmt. Wir, die CDU-Fraktion, hatten im Juni dieses Jahres eine entsprechende Frage in der Fragestunde gestellt. Das, was uns die Bildungssenatorin als Antwort gab, erinnert jedoch sehr verdächtig an eine Antwort des Senats aus dem Jahre 2005: Bremen wird an dem Projekt nicht teilnehmen, es gebe keine Kapazitäten des Instituts der Deutschen Wirtschaft, und die Kosten seien zu hoch. Das bremische Angebot sei im Übrigen ausreichend. Diese Antwort fand sich auch in der Antwort auf unsere Frage im Sommer dieses Jahres wieder.
Diese Antwort zeigt aber auch, dass sich die Senatorin nicht noch einmal informiert hatte, wie dieses Projekt aktuell auch vom Institut der Wirtschaft in Köln begleitet werden kann, denn wenn sie das getan hätte, hätte die Antwort so nicht ausgesehen. Das Kölner Projekt kann sehr wohl eine Teilnahme Bremens ermöglichen, und die Kosten sind nicht, wie damals angegeben, starr 50 000 Euro, sondern variieren je nach Beteiligung und den lokal ausgerichteten Projekten. Die Stadt und die Schulen könnten in ein nationales wie internationales Netzwerk eingebunden werden, das ist mehr als das, was die Szene in Bremen heute bietet.
Ich möchte daher für die CDU-Fraktion heute hier noch einmal klarmachen, warum wir eine Teilnahme Bremens am „Projekt Junior“ für sehr sinnvoll halten. Wir sind uns sicher – ich denke, es gab eine ganze Reihe von Anlaufschwierigkeiten unter den Schulpolitikern –, dass wirtschaftliches Verständnis ein ernst zu nehmendes Fach ist. Ich denke aber, inzwischen sind wir uns einig, dass wir in diesem Bereich viel tun müssen, eben um den Schülern wirtschaftliches Verständnis beizubringen, um Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, Eigenverantwortung und Selbstständigkeit zu fördern, wo immer wir es denn können,
weil sie eben im wirtschaftlichen Alltag heute notwendig sind. Trotz einer ganzen Reihe von Einzelangeboten, die es in Bremen gibt, bemängelt die Handelskammer, aber auch gerade die Handwerkskammer, nach wie vor ein fehlendes wirtschaftliches Verständnis der Schüler beziehungsweise der Auszubildenden. Daher denke ich, dass das „Projekt Junior“ ein hervorragendes Dach wäre, um die Bremer Initiativen zu bündeln und gleichzeitig in ein überregionales Netzwerk einzubinden, das auch gleichzeitig als AlumniNetzwerk für viele Jugendliche nützlich sein könnte, um später auch im Beruf Fuß zu fassen und eine Chance zu bekommen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch noch einmal auf die Finanzen eingehen, weil Sie wahrscheinlich argumentieren werden, es sei kein Geld für ein solches Projekt vorhanden. Man muss einmal nach Modellen in anderen Bundesländern schauen, so zum Beispiel in Bayern. In Bayern wird das Projekt vom Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft unterstützt und von der LfA Förderbank. Ich denke, dass auch die in diesem Bereich in Bremen sehr engagierte Wirtschaft mit Sicherheit ansprechbar ist, um dieses Projekt des Instituts der Deutschen Wirtschaft mit zu unterstützen. Ich denke auch, dass man gerade die bremischen Wirtschaftsförderinstrumente noch einmal überprüfen sollte, ob es nicht auch von dieser Seite geeignete Unterstützung geben kann. Ich bin überzeugt, wenn man sich denn die Mühe macht, die beteiligte Wirtschaft zu fragen, wenn man sich die Mühe macht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, könnten wir auch in Bremen dieses Projekt auf die Schiene setzen. Ich komme zum Abstimmungsverhalten: Ich habe kein Verständnis dafür, wie hier die Überlegungen hin- und hergehen, wie die Regierung jetzt mit diesem Antrag umgeht. Sie haben hier in der letzten Bürgerschaftssitzung, als dieses Thema eigentlich debattiert werden sollte, signalisiert, Sie wollten eine Überweisung in die Ausschüsse Bildung und Wirtschaft. Ich höre jetzt, dass Sie diese Überweisung nicht mehr wollen. Das ist ein ziemlich inkonsequentes Verhalten, und ich bedaure sehr, dass Sie nicht einmal mehr in Betracht ziehen, dieses Thema zu debattieren, um zu schauen, was wir mit einem solchen Projekt machen können und wie wir gerade auch die Szene in Bremen verbessern können, um Jugendliche so fit zu machen, dass sie vor Arbeitslosigkeit gefeit sind und dass sie eine gute Chance in der Wirtschaft haben.
Deshalb werbe ich hier noch einmal sehr vehement für unseren Antrag und bitte Sie, ihm zuzustimmen! – Vielen Dank!
Herr Güngör, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass eine erneute Nachfrage in diesem Sommer beim Institut der Deutschen Wirtschaft nach den Kosten für dieses Projekt ergeben hat, dass es keineswegs 50 000 Euro kosten muss, sondern dass es Einstiegsmöglichkeiten und Fördermöglichkeiten gibt?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn, wir debattieren heute das Wahlrecht und nicht die Volksgesetzgebung, und Ihre Rede hat mich eben gerade schon sehr erstaunt. Wer wollte denn die Herabsetzung der Hürden für die Verfassungsänderungen? Sie sind es gewesen! Sie haben sich nicht durchsetzen können und schieben uns nun dieses Problem in die Schuhe. Das ist nicht reell, das können Sie so nicht machen!
Zurück zum heutigen Thema: Ich schließe mich insoweit meinen Vorrednern an, als ich die Arbeit im Ausschuss hochspannend und interessant fand. Wir haben uns mit großem Engagement grundsätzlichen verfassungsrechtlichen wie auch sehr praktischen Fragen gestellt. Wir hatten eine große Unterstützung durch die Ausschussassistenz und auch durch die Verwaltung, und deswegen möchte ich mich ganz besonders bei beiden bedanken. Sehr geehrter Herr Dr. Kuhn, Sie haben in der Einführungsdebatte 2007 und ja auch im Ausschuss eine lebendige Demokratie gefordert. Das ist in Ordnung, auch im Wahlrecht ist sie erstrebenswert, aber sie muss eben in unsere Verfassung passen, und was das Wahlalter angeht, muss sie auch mit anderen Rechtsgebieten schlüssig, so zum Beispiel mit dem Jugendstrafrecht, sein. Das sind die beide großen Punkte, die Sie hier eben gerade angesprochen haben, für uns nicht. Wir haben erhebliche verfassungspolitische wie auch rechtspolitische Bedenken bei der Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für Ausländer und auch beim Wahlalter. Ich fange einmal an mit dem Wahlrecht für EUBürger. Sie wissen, um diesem Personenkreis ein Wahlrecht zum Landtag einräumen zu können, müssen wir das Grundgesetz ändern. Das heißt, wir müssen noch einmal abweichen von einer Ausnahme, die zu Recht für Unionsbürger gemacht worden ist. Diese Ausnahme ist gut, aber gegen eine weitere Aufweichung stehen das Bundesverfassungsgericht und auch die Mehrheit von Bundestag und Bundesrat. Sie wissen, das Bundesverfassungsgericht sagt, dass das Wahlrecht deutschen Bürgern zusteht, und es gibt nur eben diese eine Ausnahme, und eine weitere Aufweichung dürfen wir nicht machen.
Daran ändern auch die bremischen Gegebenheiten, also das Zusammenfallen von Landtags- und Kommunalwahlen, nichts. Wenn Sie hier eine Bremer Klausel anstreben, wie Sie das gesagt haben, dann stoßen Sie dabei auf dieselben Probleme, als wenn Sie es denn allgemein fordern würden.
Noch eindeutiger ist die Rechtslage für Nicht-EUAusländer bei Kommunalwahlen. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der bremische Staatsgerichtshof haben anlässlich ähnlicher Bestrebungen bereits in den Neunzigerjahren gesagt, dass es eine Ausweitung nicht geben kann, denn das Volk ist der Träger der Staatsgewalt, und es kann eben nicht beliebig interpretiert werden, wer das Volk ist.
Das Wahlrecht ist an die Staatsangehörigkeit gekoppelt, und das muss auch so bleiben. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit ist in den vergangenen 20 Jahren stetig erleichtert worden, und das war auch richtig. Aber eine Integration, und das ist ja das, was Sie wollen, erreichen Sie eben über eine gute Bildungspolitik. Das erreichen Sie über eine gute Sozial- und eine gute Wirtschaftspolitik, aber nicht durch Änderungen von Formalien.
Ich sage Ihnen auch, Sie müssen da mehr tun, als hier Bundesratsinitiativen auf den Weg zu bringen.
Sie müssen sich aber an Gegebenheiten halten, die verfassungsrechtlich festgesetzt sind.
Darüber können Sie nicht einfach so hinweggehen, und es wäre besser, Sie würden sich eben mehr Gedanken machen, an welchen Stellen Sie denn Integration voranbringen können, und zwar tatsächlich, ohne irgendwelche großen juristischen Auseinandersetzungen zu riskieren. Sie können vieles gleich tun und müssen gar nicht erst warten. Sie würden ja auch das Bremer Gefüge erheblich komplizierter und teurer machen, wenn wir hier andere Wahlvoraussetzungen hätten. Im Übrigen gilt das, was für Nicht-EUAusländer bei Kommunalwahlen gilt, auch für Beiräte, denn auch hier wird Staatsgewalt ausgeübt, die eben nur vom Volk ausgehen kann und nicht von Drittstaatenangehörigen. Was Sie hier insgesamt anstreben, das ist eine Aushöhlung des Wahlrechts und damit auch der Verfassung. In unseren Augen ist das ein Systembruch, und es ist schon ein ziemlich dickes Brett, was Sie hier anbohren, was unser Gesamtverfassungsgefüge doch einigermaßen irritieren könnte.
Das sind die Gründe, warum wir diese Bereiche nicht mittragen können.
Nun zur Herabsetzung des aktiven Wahlalters von 18 Jahre auf 16 Jahre: Wir haben Ihnen schon in mehreren Debatten hier im Haus die Beliebigkeit Ihres Ansinnens klarzumachen versucht. Wenn denn der Hintergrund dieser Neuregelung sein sollte, mehr Wähler auf die eigenen Seiten zu bringen, so ist das, glaube ich, zumindest bei einer Partei hier am Sonntag nicht gelungen. Auch Prof. Palentien konnte uns nicht wirklich bei der Beantwortung der Frage helfen, welche eindeutigen und neuen Erkenntnisse denn vorliegen, dass Jugendliche mit 16 Jahren verantwortlich unsere Zukunft politisch mit gestalten können, aber im Strafrecht nach Jugendrecht behandelt werden sollen und ein Handy nicht ohne Zustimmung der Eltern kaufen können.
Für die CDU-Fraktion muss es dabei bleiben, dass Wahlberechtigung und Volljährigkeit gekoppelt bleiben. Für beides ist eine hinreichende Reife der Jugendlichen Voraussetzung, damit verantwortliche und vor allen Dingen auch selbstbestimmte Entscheidungen von Jugendlichen getroffen werden können. Da hat sich nach unserer Ansicht die Altersgrenze von 18 Jahren bewährt.
Die Fraktionen, die jetzt von dieser Regelung abweichen wollen, müssen aber wenigstens so verantwortungsvoll sein und dafür Sorge tragen, dass die politische Bildung in Schulen verbessert wird. Davon haben wir aber leider im Ausschuss überhaupt nichts gehört.
Sie haben sich keinerlei Gedanken gemacht, was denn passieren muss, was an den Schulen denn anders gemacht werden muss, um gerade den Jugendlichen mehr Informationen näherzubringen. Das ist der Grund, weshalb ich denke, das ist auch eine parteitaktische Regelung, die Sie hier wollen, und keine wirklich sachliche Begründung. Im Übrigen macht das auch kein anderes Bundesland, und das ist mit ein Grund, weshalb wir dem Vorschlag nicht folgen können. Es gibt noch ein weiteres Argument: Es gibt auch keine andere Regelung, wo aktives und passives Wahlrecht auseinanderfallen. Auch insoweit wäre es hier in Bremen ein Unikum.
Nun haben Herr Dr. Kuhn wie auch schon Herr Tschöpe in seinem Bericht dargestellt, es gibt eine Reihe von technischen Einzelfragen, die wir im Ausschuss weitgehend einvernehmlich haben regeln können. Das waren also die Themen weggeworfene Stimmen, das war die Mandatsaufteilung zwischen Bremen und Bremerhaven oder der barrierefreie Zu
gang zu Wahllokalen. Offen bleibt die Frage der Sitzverteilung. Wir haben dargestellt, was wir wollen, aber natürlich warten auch wir die Entscheidung des Staatsgerichtshofs ab, denn das, was wir in der Zukunft hier tun, muss eine verfassungsrechtlich sichere Grundlage haben, und so werden wir uns dann dem Votum des Staatsgerichtshofs fügen.
Wir werden eine solche Kampagne in der Innendeputation konstruktiv kritisch begleiten.
Abschließend darf ich noch anmerken: Ich hoffe sehr, dass das neue Wahlverfahren mehr Demokratie, mehr direkte Einflussnahme erlaubt. Soweit tragen wir die Neuregelungen mit. Aber eine Aushöhlung unserer verfassungsrechtlichen Grundsätze können wir ebenso wenig mittragen wie die Absenkung des Wahlalters. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab. – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Müller, so einfach, wie Sie sich das hier machen, geht das nicht! Unser Anliegen ist es nie gewesen, uns gegen kleinere demokratische Parteien zu wenden, und dass wir hier mit fadenscheinigen Argumenten gearbeitet haben, das weise ich weit von uns. Deswegen lassen Sie mich noch einmal darlegen, warum denn die CDU-Fraktion sich für eine Fünfprozentklausel für Bremerhaven ausgesprochen hat. Sie alle wissen – und es ist in Teilen auch schon dargelegt worden, und wir haben gerade auch ein Beispiel dafür gehört –, dass es in Bremerhaven viele Splitterparteien mit fraglicher demokratischer Legitimation gibt. Um dieses Lager nicht zu übermächtig werden zu lassen und die Funktionsfähigkeit des Parlaments nicht zu gefährden, hielten wir die Fünfprozentklausel für ein geeignetes Mittel, und um so mehr – das darf ich auch noch erwähnen –, da in Bremerhaven der Oberbürgermeister und der Magistrat von der Stadtverordnetenversammlung gewählt werden. Herr Bödeker, der hierzu in der Vergangenheit debattiert hatte, hat aber in allen Debatten immer wieder darauf hingewiesen, dass es zu überprüfen ist, ob eine solche Klausel verfassungskonform ist, und genau diesen Weg ist auch der Wahlrechtsausschuss gegangen. Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsregelung in SchleswigHolstein zu dieser Frage der Fünfprozentklausel ergab sich die Notwendigkeit, den Änderungsvorschlag des Bremischen Wahlgesetzes dem Staatsgerichtshof vorzulegen. Der Ausschuss hat das getan. Das Resultat ist bekannt, dem haben wir nicht nur zu folgen, sondern, ich denke, Bremerhaven wird damit auch umgehen können, und eine wehrhafte Demokratie wird Mittel und Wege finden, um Gefährdung, Missbräuche und Funktionsstörungen durch Splittergruppen abzuwenden. Der Staatsgerichtshof hat zudem auch Abhilfemöglichkeiten zu möglichen Missbräuchen geschildert. Er hat zum Beispiel den Vorschlag gemacht, die Geschäftsordnungsmaßnahmen der Stadtverordnetenversammlung zu schärfen. Ich möchte aber noch einmal, weil es hier auch angesprochen worden ist, auf eine Position des Staats––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
gerichtshofs eingehen. Ein Leitsatz des Gerichts war, dass eine Fünfprozentklausel erheblich in den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit eingreift und nur eine zu erwartende erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Kommune eine solche Einschränkung rechtfertigen kann. Für eine solche konkrete Beeinträchtigung fehlt es dem Gericht aber an genügend realen Hinweisen. Das Gericht schließt also eine Fünfprozentklausel nicht grundsätzlich aus, und es ist daher eine Frage der Wertung der erforderlichen Wahrscheinlichkeit und eine Wertung der Frage, wie konkret die Hinweise auf mögliche nichtdemokratische Eingriffe sind. Bremerhaven sieht eine solche Gefährdung stärker, als das Gericht es tut. Ich erwähne diesen Punkt des Staatsgerichtshofs, um noch einmal deutlich zu machen, dass die Fraktionen, die den Antrag mit getragen haben, nicht leichtfertig mit dem Thema Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit umgegangen sind. Vielmehr waren wir darauf bedacht, solchen Missbräuchen vorzubeugen, und, ich denke, das ist eine legitime Debatte. Wir werden jetzt genau beobachten müssen, wie die Fortführung des Status quo sich praktisch auswirkt, und wenn es zu Problemen kommt, werden wir uns Gedanken machen müssen, wie mit ihnen umzugehen ist.
Ich sage nur einen Satz zur aufkommenden Thematik „Fünfprozentklausel für die Kommune Bremen“: Wir haben eine Verbindung der Kommune und des Landtags, und, ich glaube, eine Trennung würde auf unübersehbare Probleme und Fragen stoßen. Insofern können Sie diesbezüglich heute kein Votum von uns erwarten. Ich bin da skeptisch. – Vielen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Aus welchen Gründen beteiligt sich Bremen nicht an dem Projekt JUNIOR?
Zweitens: Hat sich Bremen bei den 15 anderen Bundesländern über die Inhalte und Erfolge des Projektes JUNIOR informiert?
Drittens: Wie bewertet der Senat den Ausbildungsstand bremischer Schülerinnen und Schüler im Bereich „Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge“ im Vergleich zu den Schülerinnen und Schülern in den anderen Bundesländern?
Angesichts der Ähnlichkeit Ihrer Antwort heute mit einer Antwort aus Ihrem Hause aus dem Jahr 2005 möchte ich fragen, wann denn Ihr Haus zuletzt Kontakt mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft hatte.
Sie haben in der Antwort angemerkt, dass das Institut der Deutschen Wirtschaft keine Kapazitäten für das Land Bremen gehabt hat, wohlgemerkt ist Bremen das einzige Land, das an dem Projekt JUNIOR nicht teilnimmt. Wie erklären Sie sich die Diskrepanz zwischen Ihrer Aussage und der Aussage eines Direktors des Institutes der Wirtschaft vor 14 Tagen in einer größeren Veranstaltung hier in Bremen, der kritisch angemerkt hat, dass Bremen das einzige Land ist, das nicht teilnimmt?
Noch einmal zur finanziellen Seite: Ist Ihnen bekannt, dass dieses Projekt nicht unbedingt 50 000 Euro kosten muss, sondern dass das von der Größe des Projektes, von der Beteiligung der Wirtschaft an dem Projekt abhängig ist und dass es sehr wohl auch Möglichkeiten gibt, das Land davon zu entlasten, vorfinanzieren zu müssen, sodass lediglich Gebühren für die Geschäftsstelle im laufenden Jahr anfallen werden?
Ja, eine Frage habe ich dann doch noch! Die Projekte, die sich hier in Bremen etabliert haben, insbesondere die bei B.E.G.IN und auf der START-Messe, sind ja lokale Projekte. Dieses Projekt JUNIOR ist in einen nationalen Wettbewerb und in einen internationalen Wettbewerb eingebettet und verfügt darüber hinaus auch über ein Alumni-Netzwerk. Ich denke, dass solche AlumniNetzwerke für Jugendliche oder junge Erwachsene ganz besondere Chancen bieten, die über die Möglichkeiten Bremens hinausgehen. Sehen Sie das auch so?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn hat die Beratungen im Ausschuss richtig wiedergegeben, wobei ich nur anmerken darf, dass der Bericht heute sehr viel länger war als die Sitzung und die Beratung in der Sitzung.
Zu unserem Bedauern sah sich die Koalition nicht in der Lage, noch einmal die Frage zu diskutieren, wie Volksbegehren auch für Verfassungsänderungen erleichtert werden können. Ich darf daran erinnern, dass dies ein ausdrücklicher Wunsch auch gerade von „Mehr Demokratie e. V.“ gewesen ist. Das Thema wurde ziemlich kurz und bündig unter den Tisch gekehrt. Ich denke, das ist dem Umstand geschuldet, dass es zwischen Rot-Grün in dieser Frage bis heute unterschiedliche Meinungen gibt. Ich will auch an dieser Stelle – ich habe es bereits im Ausschuss und auch in den Vordebatten getan – darauf hinweisen, dass auch für die CDU-Fraktion die Verfassung ein ganz besonderes Gut ist, ein besonderes Gut der Demokratie, das nicht ohne Not geändert werden sollte. Dennoch muss man aber anerkennen, dass auch die Verfassung nicht immer in allen Punkten unveränderbar sein kann. Sie ist in Bremen in der Vergangenheit genau wie das Grundgesetz oft geändert worden. Wir sind daher der Meinung, dass auch die Bürgerinnen und Bürger eine realistische Möglichkeit haben müssen, eine Verfassungsänderung per Volksentscheid zu beantragen. Daher sind wir der Auffassung, dass die Nutzung verfassungsrechtlich vorgesehener Instrumente der direkten Demokratie für Bürgerinnen und Bürger nicht an formalen Hürden scheitern sollte und von vornherein als aussichtslos erscheinen darf. Wir hatten daher im Vorfeld zu der Ausschusssitzung zwei Vorschläge gemacht. Eine Möglichkeit der Erleichterung wäre das Hamburger Modell gewesen, wie die Hamburger es auch beschlossen haben und durchführen. Dieses Modell habe ich Ihnen in der letzten Debatte bereits vorgestellt. Ein anderer Weg ist es, Volksentscheide über verfassungsändernde Gesetze dann zuzulassen, wenn zehn Prozent der Stimmberechtigten das Volksbegehren unterstützt haben. Wir sind der Meinung, dass es genügt, wenn das Unterschriftenquorum bei Verfassungsänderungen doppelt so hoch ist wie bei einfachen Gesetzen. Das dann folgende Zustimmungsquorum bei verfassungsändernden Gesetzen sollte von 50 Prozent auf 40 Prozent gesenkt werden. Auch hier genügt es, wenn das Quorum für verfassungsändernde Gesetze doppelt so hoch ist wie für die einfache Gesetzgebung. Dagegen hätte die Beibehaltung eines Zustimmungsquorums von 50 Prozent zur Folge, dass Volksentscheide über Verfassungsänderungen auch in der Zukunft von vornherein keine wirklich realistische Chance auf Erfolg hätten. Soweit zu diesen Komplex! Ich weiß, heute wird nur dieser Bereich abgestimmt, aber wir haben – ich will unseren Antrag hier nur in Gänze darstellen – noch einen zweiten Änderungsantrag eingebracht, der finanzwirksame Volksbegehren betrifft. Wir haben auch in der Vergangenheit klar gesagt, dass wir den Vorschlag der Koalition, nämlich eine Gegenfinanzierung für finanzwirksame Volksbegehren zu fordern, nicht mittragen können. Wir möchten, wie ich glaube, alle in diesem Hause eine
maßvolle Ausweitung der Möglichkeit, finanzwirksame Volksbegehren durchzuführen, aber wir möchten das durch eine Konkretisierung des Gesetzes über das Verfahren beim Volksentscheid. Wir sind der Meinung, dass aufgrund der Komplexität des Haushaltsrechts ehrenamtliche Initiatoren überfordert sind, wenn sie denn einen rechtskonformen Vorschlag zur Gegenfinanzierung ihres Vorhabens vorlegen sollen, insbesondere dann, wenn sich die Finanzierung auf einen künftigen Haushalt bezieht, der noch gar nicht existiert.
Meine verehrten Damen und Herren, Herr Dr. Kuhn hat es angesprochen, wir haben in den Gesamtberatungen zur Erleichterung der Volksgesetzgebung viel erreicht, und das ist gut so. Wir sollten aber nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern jetzt ein Gesetz auf den Weg bringen, das auch die Erleichterung von Verfassungsänderungen mit einbezieht, aber leider scheint das Hindernis zurzeit ausschließlich bei der SPD zu liegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn Sie denn meinen, dass Sie das Thema aussitzen können, um am Ende eine Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung zu erreichen, so muss ich Sie leider enttäuschen. Mit unserem Antrag haben wir heute ein ganz klares Bekenntnis abgegeben, und ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Möllenstädt, Ihr Antrag ist alles andere, aber nicht dringlich. Es hat einen Sinn, warum es Fristen in der Geschäftsordnung der Bürgerschaft gibt, nämlich den Sinn, dass es für die Abgeordneten einen Zeitraum gibt, in dem sie überprüfen können, wie sie mit Ihrem Antrag verfahren wollen und damit auch eine vernünftige Debatte gestalten können. Wer ernsthaft über so komplizierte und sicherlich auch wichtige Dinge debattieren will, wie es eben auch das Verwaltungsverfahren ist, der braucht einen bestimmten Zeitraum, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ich denke, es ist nicht richtig, hier einfach kurzfristig einen beliebigen Punkt, Bürokratie
abbau, einzubringen und ihn als Dringlichkeitsantrag zu deklarieren. Er ist aber auch kein Bürokratieabbau, dazu komme ich gleich noch.
Sehr geehrter Herr Dr. Möllenstädt, Sie haben sich aber auch selbst nicht die Zeit genommen, einen Blick in das Verwaltungsverfahrensgesetz zu werfen, denn ansonsten würden Sie den Senat nicht auffordern zu prüfen, welche Vorschriften des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes sich von denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes unterscheiden. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis hätte gezeigt, welche Aufgaben wie geregelt sind, für was das Verwaltungsverfahrensgesetz in Bremen zuständig ist und für welche Institutionen nicht.
Ja!
Ich glaube schon, dass den Abgeordneten zuzumuten ist, wenigstens in ein Inhaltsverzeichnis eines Gesetzes zu schauen.
Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass Sie vielleicht in der Eile des Geschäfts die Verfahren in Niedersachsen nicht richtig geschildert haben. Niedersachsen hat in den vergangenen Jahren das Verwaltungsverfahrensgesetz, sagen Sie, im Sinne der FDP geändert. Richtig ist vielmehr, dass im Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetz schon immer eine Verweisung auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes enthalten war. Neu ist, dass im Moment debattiert wird, ob man diese Verweisung dynamisch gestalten kann, das heißt, ob man vermeiden kann, bei jeder Gesetzesänderung des Bundes auch die Änderung des Landesrechts vorzunehmen. Dass Sie dort eine neue Politik eingebracht haben, das stimmt nun gar nicht!
Im Übrigen, sehr geehrter Herr Möllenstädt, haben wir im Rechtsausschuss über die Anpassung des Verwaltungsverfahrensgesetzes an die Europäische Dienstleistungsrichtlinie debattiert und hatten dazu eine Vorlage. Ich denke, das Thema war auch in der Innendeputation auf der Tagesordnung. Sie hätten jede Gelegenheit gehabt, dort auch dieses Thema einzubringen und den Senat zu bitten, vorbereitend tätig zu werden, damit wir uns hier mit einer wirklich fundierten Einlassung auseinandersetzen können.
Ja!
Wir haben in dieser Sache nicht diskutiert, das ist richtig. Dennoch ist der Rechtsausschuss, was dieses Thema angeht, federführend, und in diesem Zusammenhang, denke ich, hätte es nahegelegen, auch einmal nach anderen Verwaltungsverfahrensregelungen zu fragen.
Jetzt noch einmal zum Inhalt, ob man das Bremische Verwaltungsverfahrensgesetz als komplettes Gesetz ausgestaltet oder, so wie von Ihnen angeregt, weitgehend in das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes verweist, das ist eine Geschmackssache. Es ist eine Frage der Regelungstechnik, und die Mehrzahl der Bundesländer hat es so wie Bremen geregelt. Wie auch immer Sie das gestalten, diese Frage hat nichts mit Bürokratieabbau zu tun, denn ob die Verwaltung in das Bundesverwaltungsverfahrensgesetz oder in das Landesverwaltungsverfahrensgesetz schaut, bevor sie eine Regelung anwendet, das ist egal. Die Regelung bleibt gleich, die Verwaltung bleibt gleich, und für den Bürger bleibt auch alles gleich, die Kosten bleiben gleich. Es wird kein Gesetz abgeschafft, beide Gesetze bleiben erhalten, wenn auch das eine in kürzerer Form. Für den Bürger hat der Vorschlag der FDP sogar den Nachteil, dass er nicht nur in ein Gesetz schauen muss, sondern, wenn Sie diese Regelung umsetzen wollen, in zwei Gesetze, nämlich in das Landesgesetz und in das Bundesgesetz. Ob das wirklich bürgerfreundlich ist, wage ich zu bezweifeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe FDP, Sie haben uns sofort an Ihrer Seite, wenn Sie hier einen konkreten Vorschlag machen, um Gesetze abzubauen, die Bürger und Unternehmen behindern, dann kämpfen wir sofort mit Ihnen. Wenn wir hier aber einen unausgegorenen Antrag behandeln sollen, heißt das für mich, dem Senat eine solche Aufgabe, die in diesem Umfang nicht notwendig ist, aufzudrücken, Kapazitäten zu blockieren, und das ist nun gerade kein Bürokratieabbau. Wir können uns gern mit Fachreferenten darüber unterhalten, ob man hier eine Änderung herbeiführen kann, aber diesen Schnellschuss ohne jegliche inhaltliche Grundfundierung lehnen wir ab. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDUFraktion hatte ja bereits in der letzten Debatte in der Bürgerschaft klargemacht, dass sie eine Gleichstellung von Ehe, Familie und Eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht mittragen kann, sie aber gleichwohl einen Schutz alternativer Lebensformen vor Diskriminierung für erforderlich hält. Wir haben den Antrag eingebracht, um unsere Position noch einmal zu bestärken. Wir haben das aber auch getan, weil uns in der letzten Debatte vorgeworfen wurde, dass wir eben gerade nicht Sorge dafür tragen, dass alternative Lebensformen nicht diskriminiert werden. Wir haben diesen Antrag auch eingebracht, um noch einmal deutlich zu machen, dass für uns die Ehe ein nicht ersetzbares besonderes Gut ist, und hierüber wollen wir eine Abstimmung und nicht nur eine Debatte.
Ich darf noch einmal die zwei Kernsätze unseres Antrags wiederholen: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“ Absatz 2: „Eingetragene Lebenspartnerschaften haben Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung.“ Dieser besondere Schutz der Ehe und Familie ist im Artikel 6 des Grundgesetzes verankert. An dieser Priori––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
tät halten wir fest, denn Familien mit Kindern sind für uns der wichtigste Baustein der Gesellschaft.
Die Mehrheit dieses Hauses, das haben wir ja eben gerade auch gehört, will nun aber für die Bremische Landesverfassung diesen besonderen Schutz von Ehe und Familie nicht. Ich finde schon, dass es noch einmal eine Auseinandersetzung wert ist, warum Bremen vom Grundgesetz abweichen will, und selbst Frau Zypries hat zu diesem Thema kürzlich eine Ergänzung des Grundgesetzes erwähnt und nicht eine Än-derung des Grundgesetzes. Insofern erwarte ich schon, dass die SPD hier einmal erklärt, wieso sie von der Bundespartei in diesem Punkt denn wohl abweicht. Es hat auch keine materiell-rechtlichen Folgen, wenn man einerseits Eingetragene Lebenspartnerschaften auch verfassungsrechtlich anerkennt und sich andererseits zu dem besonderen Gut Ehe und Familie bekennt, denn die Absicherung Eingetragener Lebenspartnerschaften ist durch viele Gesetze bereits geregelt. Es ist allein die Frage des politischen Willens, des gesellschaftlichen Willens und insbesondere für uns auch der christlichen Überzeugung, welchen Weg man in dieser Frage geht. Die Frage Gleichstellung oder Gleichbehandlung zu diskutieren und die Ehe unter einen besonderen Schutz zu stellen, heißt aber nicht, dass andere Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens für uns nicht wichtig sind. Ich sage ausdrücklich, dass auch in alternativen Lebensformen Werte gelebt werden, die wichtig für die Gesellschaft sind, und für uns ist es anzuerkennen, wenn gleichgeschlechtliche Partner auch vor dem Gesetz Verantwortung füreinander übernehmen. Diese Lebensformen werden mit unserem Gesetzesvorschlag vor Diskriminierung geschützt, ohne das Institut der Ehe herabzusetzen. Diesen Weg ist zum Beispiel, wie ich Ihnen in der letzten Debatte bereits gesagt habe, das Land Berlin gegangen. Daher noch einmal, wir können eine Gleichstellung von Ehe und Familie mit Eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht mittragen und lehnen daher die Verfassungsänderung ab, ohne aber in Abrede zu stellen, dass Eingetragene Lebenspartnerschaften eine auch durch die Bremer Landesverfassung schützenswerte Lebensform ist. Ich bitte Sie daher, wenn auch mit mäßigen Erfolg, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Tschöpe, ich habe Ihren Beitrag als sehr unsachlich empfunden.
Sie sind derjenige gewesen, der den schönen Begriff Telos in die Debatte eingebracht hat, und ich denke, wenn Sie schon solche hehren Worte hier bemühen, dann hätte ich auch erwartet, dass Sie entsprechend humanistisch sachlich und ernsthaft diskutieren.
Es kann nicht angehen, dass uns hier abgesprochen wird, dass wir – genauso wie Sie alle – gegen eine Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sind.
Wir haben aber mehrfach klar erklärt, dass für uns eine Gleichbehandlung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften wichtig ist, dass aber eine Gleichstellung von Lebenspartnerschaften, auch nicht von Eingetragenen Lebenspartnerschaften, mit der Ehe nicht infrage kommen kann. Da unsere christlichen Werte hier angesprochen worden sind, gerade diese bedingen es, dass wir die Ehe als ein höheres Gut verstehen als alternative Lebensformen.
Wir respektieren sehr wohl diese eben genannten anderen Formen und anderen Lebensentwürfe, die Menschen haben können. Wir erkennen an, dass in
diesen Beziehungen Werte gelebt werden und dass diese Werte auch schutzbedürftig sind. Es stellt sich für uns nur die Frage, ob und wie solche alternativen Lebensentwürfe in der Verfassung gesichert werden können, eben gerade um sie vor Diskriminierung zu schützen, und dazu haben wir sehr wohl einen Vorschlag gemacht.