Nicht nur netto, sondern ich behaupte sogar brutto! Das ist riskant, aber die Taschenbuchausgabe von Karl Marx ist mir das wert. Wenn ich mir die kaufe und Ihnen schenke, ist der Schaden geringer, als wenn sie irgendwo anders landet.
Ich biete Ihnen also diese Wette an, Frau Nitz, weil auf Ihrem Gehaltszettel – das versuchen wir Ihnen seit Wochen zu erklären – eben nicht alles steht, was Sie tatsächlich bekommen, Frau Nitz!
Auf Ihrem Gehaltszettel steht Ihre Diät, 2 550 Euro, das habe ich nicht gesehen, ich vermute, ich will es hoffen, dass das bei allen daraufsteht. Es steht die steuerfreie Aufwandspauschale darauf. Auf Ihrem Gehaltszettel steht, was Sie an Sitzungsgeld und an Fahrtkostenerstattung bekommen, sofern Sie einmal nach Bremerhaven fahren, was ich nicht weiß, wie oft das vorkommt, aber dafür würde es Ihnen zustehen. Auf Ihrem Gehaltszettel steht nicht – es ist schon infam, das in die Diäten mit einzurechnen –, dass Sie, wie jedes andere Mitglied Ihrer Fraktion, für die bürgernahe Mandatsausübung zurzeit 450 Euro bekommen. Das steht auf Ihrem Gehaltszettel nicht. In Zukunft wird es diese Leistung neben den 4 700 Euro nicht mehr geben, und es ist unfair zu sagen, dann verdoppeln wir das, und dann ist das eine Ganztagstätigkeit. Hier sind Einmal-Bestandteile enthalten, 450 Euro fehlen schon einmal auf Ihrem Gehaltszettel.
Auf Ihrem Gehaltszettel steht nicht, dass Sie während der Tätigkeit hier im Parlament einen Anspruch auf Übergangsgeld erwerben, der erst fällig wird, wenn Sie aus dem Parlament ausscheiden, 200 Euro – im Schnitt – stehen auf Ihrem Gehaltszettel nicht darauf. Es steht nicht darauf, dass Sie bisher, falls Sie während der Zeit im Parlament oder danach sterben sollten, Sterbegeld bekommen. Das steht auf Ihrem Gehaltszettel nicht. Wenn wir das da alles darauf schreiben würden, worauf die Menschen eigentlich einen Anspruch hätten, dann bin ich mir ziemlich sicher, ist der Nachweis geführt, dass Sie persönlich sich in Zukunft verschlechtern werden, wenn Sie dem Parlament angehören.
Das Zweite, was ich zu dem sagen will, was Sie hier angesprochen haben: Ich finde, es ist in Anbetracht der bisherigen Debatten um die Fragen, wie
erhöhen wir die Diäten, erhöhen wir sie überhaupt und um wie viel, machen wir das mit Diätenkommissionen oder ohne, dass das an sich für alle Beteiligten, auch für diejenigen, die uns bezahlen, nämlich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die ungerechteste Variante, weil es immer in die Willkür des Parlaments gestellt ist. Nun war es immer so, dass wir eher zurückhaltend davon Gebrauch gemacht haben, um es einmal vorsichtig zu sagen. Wir haben in der Vergangenheit ganz häufig auf eine uns von der Diätenkommission ermittelte Diätenerhöhung verzichtet. Es ist doch viel gerechter zu sagen, in Zukunft erhöhen sich die Entschädigungen von Abgeordneten nicht mehr danach, ob sie das wollen und so viel sie wollen, sondern nach einem Index, der ermittelt wird nach einer Steigerung von Inflation, Durchschnittseinkommen und Renteneinkommen und was wir da alles hereinrechnen, somit eben nicht mehr aufgrund einer Willkür, sondern mit einem transparenten Verfahren. Ich finde, das ist ein Fortschritt gegenüber dem, was wir bisher hatten.
Eine letzte Bemerkung möchte ich noch machen, Frau Nitz. Es mag ja sein, dass das, was wir bisher alle im Durchschnitt bekommen – das haben Sie ja nicht bestritten, im Durchschnitt kostet jeder, der hier sitzt, den Steuerzahler bisher 4 700 Euro –, Ihnen zu viel ist. Ich habe allerdings von Ihnen, seitdem Sie hier im Parlament sitzen, nicht einen einzigen Antrag gesehen, mit dem Sie das, was wir bisher bekommen, verringern oder abschaffen wollten. Wenn Sie also sagen, mir ist das zu viel, dann mag das so sein, darüber kann man auch streiten, aber der Punkt bei mir und meinen Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion ist, wir glauben es Ihnen nicht, weil Sie in der Vergangenheit nichts dafür getan haben, um die bisherigen Ansprüche der Angeordneten zu senken. Deswegen glauben wir, dass das scheinheilig ist, was Sie hier betreiben.
Ein letzter Punkt! Es ist – das mag für Sie vielleicht überraschend sein – in der Demokratie nun einmal so, dass sich jeder, der möchte und in Bremen seinen Wohnsitz hat, für einen Sitz im Parlament bewerben kann.
Das heißt, jeder, der in Zukunft mit Ihnen der Auffassung ist, hier im Parlament sitzen Spitzenverdiener, den fordere ich auf: Bewerben Sie sich bei der nächsten Bürgerschaftswahl um ein Mandat hier im
Parlament! Ihnen, sehr geehrte Frau Nitz, sage ich, wenn Ihnen das viel zu viel ist, was Sie hier bekommen, es zwingt Sie keiner, Abgeordnete zu sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Manchmal ist ja die Wortwahl schon ein wenig verräterisch. Ich denke, das, was Sie gesagt haben, verehrte Kollegin Nitz, wir lassen uns von den anderen Fraktionen nicht einkaufen, zeigt ja die Denkrichtung. Sie wollen damit sagen, dass hier Dinge passieren, die man nicht aus Überzeugung tut oder weil man einen Kompromiss gefunden hat und glaubt, dass es eine gute Sache und richtig ist. Sie erwecken den Eindruck, dass es hier nur darum geht, wie man wen einkaufen und über den Tisch ziehen kann. Diesem Eindruck muss ich entschieden widersprechen. Wir wollen Sie überhaupt nicht einkaufen, wir haben gesagt, wir verstehen bestimmte Argumente, und wir haben das eingebaut. Es ist ja in dem Gesetzentwurf enthalten, dass wir dabei auf Ihre Fraktionsorganisation Rücksicht nehmen, und deshalb verstehe ich den Vorwurf überhaupt nicht.
Der zweite Punkt, das hat ja genau gezeigt, dass Sie an dieser Debatte im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss nicht teilgenommen haben, indem Sie hier eine Statistik hochhalten. Es gibt eine namhafte große deutsche Stadt, die auch ein Stadtstaat ist und die ein Feierabendparlament hat. Was haben wir bei der ganzen Debatte gelernt? Diese große deutsche Stadt, die ein Feierabendparlament hat, ist ausgesprochen geschickt in der Außendarstellung, indem sie nämlich ihre Diäten sehr weit herunterrechnet, aber jedem Parlamentarier dort einen eigenen Mitarbeiter an die Seite stellt. Was will ich damit sagen? Man kann das nicht einfach miteinander vergleichen. Wenn Sie diese Statistik hochhalten, dann vergleichen Sie hier Äpfel mit Birnen. Wir haben uns sehr ernsthaft damit auseinandergesetzt,
und wir sind ja nicht auf die Idee gekommen, dass Bremen jetzt Nordrhein-Westfalen und auch die anderen Bundesländer in den Diäten überholen muss, sondern wir haben uns das sehr genau angeschaut. Auch Schleswig-Holstein hat ja noch Sondertatbe
stände. Wir haben gesagt, nein, wir machen das nicht, wenn wir schon dabei sind. Das ist das, was der Kollege Dr. Güldner vorhin gemeint hat. Teilweise haben wir es nicht geglaubt, dass wir es schaffen, aber das war genauso ein Punkt, wo wir gesagt haben, jetzt gibt es auch kein Zurück mehr, dann nehmen wir die steuerfreie Pauschale heraus, und dann haben wir eine eindeutige Regelung.
Deshalb warne ich davor, einfach diese Zahlenvergleiche zu benutzen, und bitte noch einmal darum, auch ausdrücklich hier zur Sachlichkeit zurückzukehren und sich sachlich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Ich glaube, keiner von uns hat die Idee, die Linkspartei einzukaufen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Nitz, was Sie eben versucht haben mit dem Vergleich mit anderen Bundesländern ist, ich mache es einmal konform der parlamentarischen Regeln, unredlich oder dumm. Entweder wollen Sie Äpfel mit Birnen vergleichen, oder Sie wissen nicht, dass Äpfel keine Birnen sind.
Wenn Sie in der Anhörung gewesen wären oder sich der Mühe unterzogen hätten, sich die Synopse – ich glaube, es war Anlage drei der Anhörung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses – zu den Entschädigungstatbeständen in anderen Ländern anzusehen, dann werden Sie dort feststellen, dass beispielsweise das Land Schleswig-Holstein den Abgeordneten ein Büro stellt. Sie werden feststellen, dass das Land Schleswig-Holstein eine sogenannte EDV-Pauschale ohne Nachweis in Höhe von 3 000 Euro den Abgeordneten am Beginn der Legislaturperiode zur Verfügung stellt, weitere 3 500 Euro zur Einrichtung des Büros gegen Nachweis. Sie werden feststellen, dass dort Fahrtkosten zum Landtag erstattet werden. Nageln Sie mich nicht fest, ich weiß nicht mehr wie viel, ich glaube, ungefähr 2 750 Euro für Mitarbeiter! Sie verwechseln hier oder versuchen immer Folgendes darzustellen: 4 700 Euro sei das Einkommen eines Abgeordneten.
Das ist es definitiv nicht, 4 700 Euro sind die Entschädigung für die Abgeordnetentätigkeit, aus der sämtliche mandatsrelevanten Ausgaben zu bestrei
ten sind, und wenn Sie versuchen, das gleichzurechnen, dann seien Sie verständig oder ehrlich, schauen Sie in die Synopse. Dann stellen Sie fest, dass wir im Vergleich mit 4 700 Euro, unter Einschluss aller Entschädigungstatbestände, immer noch im unteren Drittel rangieren. Ich weiß nicht, warum man sich hier hinstellen und das sozialtherapeutisch einer Fraktion beibringen muss, denn die anderen vier haben es begriffen.
Ich wollte noch eine Sache sagen, und die ärgert mich. Ich bin keiner aus dem öffentlichen Dienst, aber diese Geschichte, die Sie hier immer fahren, bei der Sie sagen: Na ja, aber die Abgeordneten aus dem öffentlichen Dienst bekommen ja jetzt einen Ausgleichsbetrag, und in Zukunft arbeiten sie, und weil sie arbeiten, bekommen sie dann noch mehr Geld und sind deshalb doppelt privilegiert. Das geht überhaupt nicht in meinen Schädel hinein, sage ich ganz ehrlich. Was ist das für eine Sichtweise vom Wert von Arbeit im öffentlichen Dienst? Wenn Ihre Meinung richtig wäre, dann müssten Abgeordnete, die im öffentlichen Dienst arbeiten, schlicht und ergreifend eine wertlose Leistung erbringen. Das ist doch absurd!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Jetzt werden sie kriti- siert, dass sie nicht arbeiten! In Zukunft werden sie kritisiert, dass sie arbeiten!)
Jetzt bleibt doch die Frage, können Sie mir vielleicht noch einmal – gestern bin ich auch krank gewesen, fühle mich heute noch nicht so fit, vielleicht ist mein Kopf deshalb auch ein bisschen geschlossen – Folgendes erklären. Wenn Sie das, was wir bisher für unsere Abgeordneten aufwenden, auch ab der 18. Legislaturperiode für unsere Abgeordneten aufwenden bei der gleichen Anzahl, wie da eine Diätenerhöhung entstehen kann! Das ist für mich mathematisch leider nicht nachvollziehbar, und ich würde einfach jetzt um Ihr sozialtherapeutisches Bemühen mir gegenüber bitten: Erklären Sie mir das! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Was doch sehr nachdenklich stimmt, Sie merken ja auch an unserer Reaktion, dass uns das wirklich nahegeht, auch emotional berührt, und dass das ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
keine Debatte ist, wo man einmal sagt, Paragraf 3 kann man so oder so umschreiben, sondern dass das wirklich auch ins Mark geht.
Ich will Ihnen einmal sagen, warum ich glaube, dass uns das so sehr ärgert, das ist vielleicht noch zu schwach ausgedrückt. Im Kern versuchen Sie mit falschen Fakten etwas, was sich als so verhängnisvoll herausgestellt hat, zu machen, nämlich eine Verächtlichmachung des Parlaments, der Abgeordneten und der Demokratie. Das ist schon immer schiefgegangen, und vor allen Dingen ist das in diesem Land schon immer schiefgegangen!
Es kann ja sein, dass einige Strategen bei Ihnen das wissen und sich trotzdem entscheiden, es so zu machen. Bei anderen wiederum hat man das Gefühl, dass sie noch nicht einmal darüber diskutieren oder ein Bewusstsein entwickeln, dass es so etwas gibt wie ein verächtlich machen der Demokratie und dass so etwas gefährlich sein könnte, weil auch nicht nur der Hauch einer Andeutung, dass Sie solche Diskussionen führen und einmal darüber nachdenken, je in irgendeinem Ihrer Beiträge gekommen ist. Das ist ein sehr erschreckendes Beispiel für Ihre Diskussionskultur, die Sie dort entwickeln!
Vielleicht ist es auch so, dass Sie einfach noch nicht genug darüber geredet haben, weil Sie so mit gespaltener Zunge über die gleichen Vorgänge bei unterschiedlichen Feldern reden. Sie haben zum Beispiel nicht anerkannt, dass dieses Parlament sieben Jahre lang freiwillig auf jede Diätenerhöhung, auch wenn sie von der Diätenkommission vorgeschlagen war, verzichtet hat, dass also dieses Parlament sehr wohl in der Lage ist, sehr differenzierte Entscheidungen, manchmal auch schmerzliche Entscheidungen darüber zu treffen, was angemessen ist und was nicht.
Jetzt kritisieren Sie aber unter anderem – das ist bisher noch gar kein oder nur am Rande Thema gewesen – auch das Indexverfahren. Die gleichen Leute, die sagen, das Indexverfahren ist eine riesige Schweinerei, um die Menschen draußen zu betrügen, sagen aber auch, dass wir einen Automatismus haben sollten, Tarifabschlüsse der Angestellten im öffentlichen Dienst automatisch ohne zu hinterfragen und ohne Diskussion am selben Tag auf die Beamtenbesoldung zu übertragen. Das ist ein solches Indexverfahren oder ein solcher Automatismus. Dafür gibt es sehr viele gute Gründe, und es gibt sehr viele gute Gründe dafür, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Tarifverhandlungen gute Ergebnisse erzielen und die Beamten den Anspruch haben und gern möch
ten, dass sie auf sie übertragen werden. Wie Sie aber einerseits diese Dinge bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unterstützen können und uns hier die gleichen Vorgänge vorhalten können als in die Tasche greifen, als Raubrittertum und was immer Sie hier noch unterstellen, das zeigt, dass Sie mit zweierlei Maß messen, dass Sie mit gespaltener Zunge reden und dass es wirklich eine riesige scheinheilige Kampagne ist, die Sie hier versuchen, vom Leder zu ziehen.