Matthias Güldner
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Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht nur ein Verfahren rund um die Autobahn A 281, das schon sehr lange geht. Es ist im Grundsatz auch, ich würde fast sagen, natürlich ein großes Problem. Wir bauen eine Autobahn mitten durch die Stadt, um die Stadt zu entlasten. Dieser Widerspruch war von Anfang an in diesem Bauprojekt darin, deswegen ging das, glaube ich, auch so viele Jahre. Einerseits war allen klar wie bei vielen Umgehungsstraßen kleinerer Gemeinden: So wird Bremen – die ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Innenstadt, auch weite Teile der Neustadt – natürlich entlastet, wenn wir diesen Autobahnring schließen. Gleichzeitig werden andere Menschen dort, wo der Autobahnring am Ende durchgehen soll, belastet, und das ist ein ganz schwieriger Abwägungsprozess.
Ich bin froh, dass wir diesen Abwägungsprozess nicht wie in den ersten Jahren und Jahrzehnten dieser Planung von oben nach unten durch Planungsvorgaben von Behörden und Planungsgesellschaften gestaltet haben, sondern durch dieses gemeinsame Zusammenwirken am runden Tisch. Ich möchte mich auch bei allen, die daran mitgewirkt haben, sehr herzlich bedanken.
Wir haben sehr viel gelernt, und meines Erachtens – ich bin sonst relativ sparsam mit solchen Äußerungen – haben wir auch einen Standard gesetzt, von dem man, ganz egal welche Regierung in Bremen irgendwann einmal in der Zukunft regiert, auch nicht wieder zurück kann. Ich möchte Sie auch auffordern, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus, dass wir gemeinsam zum Ausdruck bringen, dass diese Art der Bürgerbeteiligung, diese Art, auf Augenhöhe mit den Menschen zusammenzusitzen – Bürger, die von der Straße betroffen sind, Menschen, die wirtschaftliche Interessen haben, Beiräte, Abgeordnete und viele Initiativen –, der Gemeinsamkeit ein sehr viel besseres – und jetzt lehne ich mich sehr weit aus dem Fenster – Ergebnis erzielt hat, als das, was vorher im Hinterstübchen der Verwaltung und in den Planungsgesellschaften erarbeitet worden ist.
Ich möchte das an dieser Stelle auch einmal sagen, weil es politisch unverdächtig ist, weil so viele Generationen von Bau- und Verkehrssenatoren, Ämtern, Amtsleitern und persönlich Betroffenen daran beteiligt waren, dass man sagen kann, da trifft man niemanden persönlich, wenn man das so feststellt, sondern es ist die Planungskultur und die Kultur der Bürgerbeteiligung, die hier gesiegt haben. Ich glaube, am runden Tisch beobachtet zu haben, dass auch die Planer, die an diesem Projekt beteiligt waren – und das war für mich die am meisten optimistisch stimmende Beobachtung am runden Tisch –, so viel dazugelernt haben, dass sie gemerkt haben, das ist keine Zumutung, das ist keine Belastung, sondern eine Bereicherung für ihre eigene Arbeit, sich mit den Leuten zusammenzusetzen, die von ihren eigenen Planungen betroffen sind. Das ist keine Belastung! Wenn wir das in den Köpfen der Planer verankert haben und wenn das die Planungskultur der Zukunft ist, dann haben wir mit dem runden Tisch sehr viel mehr erreicht, als
nur eine neue Trasse für die Autobahn A 281, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deswegen haben wir es hier mit einer Grundsatzfrage der Bürgerbeteiligung zu tun. Bürgerbeteiligung hören Sie in allen politischen Reden, und jeder findet es erst einmal gut. Es kommt aber darauf an, wie es dann am Ende tatsächlich gemacht wird. Man kann von Bürgerbeteiligung sprechen und kann dann etwas anderes tun. Man kann nach außen positiv sprechen und kann sich umdrehen und sagen: Nun ja, die Leute gehen mir, gelinde gesagt, einfach nur auf die Nerven. Man sieht es nur an den Taten und daran, was am Ende herauskommt, ob man sich auf die Argumente der Anwohnerinnen und Anwohner auch tatsächlich einlässt, ob das Wort Bürgerbeteiligung in politischen Reden auch tatsächlich ernst gemeint ist. Hier sollten wir uns alle dafür einsetzen, dass diese Kultur Bremen weiter nach vorn bringt, so wie das mit dem runden Tisch schon geschehen ist. Ein ausdrückliches Lob wollte ich auch hier noch einmal an die beiden Moderatoren, Frau Czichon und Herrn Dr. Hoppensack, aber auch an die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiativen und an die Wirtschaftsvertreter der Handelskammer und des GVZ sagen, weil ich glaube, auch bei ihnen, so ähnlich wie bei den Planern, festgestellt zu haben, dass am Ende über die sture Abgrenzung der unterschiedlichen Interessen gesiegt hat, dass man Spaß daran gefunden hat, sich mit den anderen auseinanderzusetzen, dass man sehr gut zugehört hat und dass wir auch auf diesen Ebenen eine hervorragende Weiterentwicklung der bremischen Planungskultur erlebt haben. Insofern kann man wirklich sagen: Der runde Tisch hat Standards gesetzt. Ich sagte es bereits, wenn wir in Zukunft Projekte planen – und jetzt lassen Sie mich einmal von der Autobahn A 281 einen Halbsatz abschweifen –, dann müssen diese Standards in der einen oder anderen Form – das kann man nicht immer gleich machen, das kann man nicht immer mit diesem großen Aufwand machen, wie er betrieben worden ist, das muss man einmal eine Nummer kleiner und einmal ein bisschen anders machen – auch für andere große Projekte in den Stadtteilen Bremens und Bremerhavens gelten. Sie befrieden nicht nur, wie vielleicht manche sagen würden, die Szene, sondern sie bringen wirklich bessere Lösungen – das haben wir an diesem Bauabschnitt 2.2 der Autobahn gesehen –, und sie beschleunigen natürlich auch die Verfahren. Was ist denn, wenn man sich, wie erzwungenermaßen in Leipzig, über ein Jahr vor Gericht gestritten hat? Es dauert doch länger, als wenn man sich jetzt in den drei Monaten am runden Tisch auf eine hervorragende Trasse geeinigt hat.
Ich wollte zum Ende als Fazit nur sagen: Wir müssen die Ärmel aufgekrempelt lassen, trotz dieses Zwischenerfolgs. Wir haben zahlreiche Probleme, an denen wir noch arbeiten müssen, das gilt für den Lärmschutz am Arster Zubringer, genauso wie für eine Regelung in der Kattenturmer Heerstraße, das gilt für die Menschen, die am Provisorium am Neuenlander Ring und der Georg-Wulf-Straße wohnen, ganz genauso wie die Frage, wie wir mit den Auf- und Abfahrten die beiden Anwesen der Familien Dr. Plate und Wähmann belasten oder nicht. Da gibt es also eine ganze Reihe von Themen. Wir sollten die Ärmel aufgekrempelt lassen, sollten daran weiter arbeiten, sollten den Prozess verfolgen, nicht zuletzt auch, um festzustellen, dass tatsächlich dann so gebaut wird, wie der runde Tisch es geplant hat. Auch das ist leider keine Selbstverständlichkeit, da werden wir die Augen offen lassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gar nicht vor – angesichts des für mich sehr viel bedeutsameren Themas, dieses, man kann schon fast sagen, Quantensprungs in der Fra––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ge Planungskultur und Bürgerbeteilung – mich so intensiv mit dem etwas merkwürdigen Abstimmungsverhalten der CDU auseinanderzusetzen, aber jetzt, sehr geehrter Herr Strohmann, muss man doch ein paar Takte dazu sagen.
Es gibt im Prinzip zwei denkbare Möglichkeiten, diese B 6n zu führen, nämlich unter dem Flughafen hindurch Richtung Brinkum an die A 1 oder außen um den Flughafen herum und – das wissen Sie ja auch – direkt an dem Wohngebiet der Wolfskuhle vorbei und dann Richtung Brinkum. Es gibt sonst keine. Deswegen verstehe ich auch das nicht, was Sie – –. Ich glaube, Sie verstehen selbst auch nicht, was Sie die ganze Zeit erzählen. Wenn Sie sagen, wir legen uns nicht auf den Tunnel fest, dann öffnen Sie automatisch die Option für diese andere Option.
Sie sagen, die Option wollen Sie aber auch nicht. Ja, was wollen Sie denn dann eigentlich im Endeffekt, sehr geehrter Herr Strohmann? Diese Festlegung auf den Tunnel unter dem Flughafen heißt, wir werden einer Autobahn mitten durch eine bremische Wohnsiedlung definitiv nicht zustimmen. Das ist eine klare Aussage, die auch Bestand haben wird, die wir hier heute treffen, sehr geehrter Herr Strohmann.
Das ist eine klare Aussage, und dort sind die Handelskammer, die Wirtschaftsvertreter der Speditionen und im GVZ deutlich politischer und weiter als Sie. Sie haben dem nämlich zugestimmt und finden es so auch völlig in Ordnung. Wissen Sie, was der allerbeste Punkt daran ist? Sie haben als CDU-Fraktion dem Ergebnis des runden Tisches zugestimmt, und der runde Tisch hat genau das gesagt, was in diesem Antrag dieser drei Fraktionen und der Gruppe steht. Dort haben Sie zugestimmt, und irgendwie hat Sie der Teufel geritten, weshalb Sie jetzt hier heute dem so nicht zustimmen.
Es gibt eine ganz klare Aussage. Die Aussage heißt: Wir führen keine Autobahn mitten durch ein Wohngebiet, das heißt in diesem Fall Wolfskuhle in der Kattenturmer Heerstraße. Herr Pohlmann hat erwähnt, dass es sich hier um die gleichen Betroffenen handelt, denen man quasi von hinten das Zehnfache an Lärm bescheren würde, von dem man sie vorn ein bisschen entlastet. Einem solchen Wahnsinn stimmen wir nicht zu. Das können wir jetzt auch festsetzen,
und daran werden wir uns auch nach der Wahl halten. Sie verweigern sich dem. Eine klare Aussage. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass in dieser Frage zweierlei wichtig ist, zum einen, dass nun zügig auch die erhöhten Zahlungen erfolgen können, zweitens, dass es eine Rechtssicherheit für die Beamtinnen und Beamten gibt, und deswegen ist es angezeigt, und auch nur deswegen, dass wir die erste und zweite Lesung durchführen. Im Übrigen gab es Anhörungsmöglichkeiten für die beteiligten Verbände, die auch genutzt worden sind. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sie können sich vorstellen, dass das für die Grünen eine sehr wesentliche Debatte ist. Als der Zwischenfall in den USA in Harrisburg stattfand, gab es Erklärungen, die Technologie sei ja damals noch nicht ganz ausgereift gewesen, gewisse amerikanische Schlamperei sei vielleicht auch im Spiel gewesen. Man hatte jedenfalls eine Erklärung, warum es bei uns nicht passieren könnte.
Zu Tschernobyl hat man gesagt, das ist sowieso veraltete Technik, diesmal hat man gesagt, es ist sowjetische Schlamperei und die Geheimhaltung der Behörden in der damaligen Sowjetunion. Es gibt immer noch Menschen, und man kann sie manchmal im Fernsehen sehen oder auch in der Presse nachlesen, die sagen, Fukushima liegt in einem Erdbebengebiet, es gab einen Tsunami, all das haben wir in Deutschland nicht, und deswegen sind die Kernkraftwerke in Deutschland immer noch sicher. Deswegen traue ich nicht so ganz dem Frieden, der zurzeit in der Politik herrscht, weil wir alle die Erfahrung gemacht haben, dass man sehr schnell bei aktuellen Ereignissen einmal auf eine andere Linie umschwenkt, aber wenn es dann darum geht, langfristig die tatsächlichen Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zu ziehen, dann verschwinden viele doch wieder. In dieser Debatte geht es darum, dass wir auch wirklich Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen ziehen und diese festschreiben, und das ein für alle Mal, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es hat mit dem Tsunami und den anderen Dingen, die gesagt worden sind, gar nichts zu tun. Im schwedischen Forsmark an der Ostsee, 2006, gab es einen Netzkurzschluss im dortigen Stromnetz, der sich so ausgewirkt hat, dass er auf das dortige Atomkraftwerk durchgeschlagen hat und die Notstromaggregate versagten. Die Betriebszentrale war in Dunkelheit gehüllt, es gab keinen Strom mehr, und der damalige Betriebsingenieur von Vattenfall, der heute ja auch dankenswerterweise sehr viel für die Aufklärung über dieses Phänomen tut, sagt, es war genau 7 Minuten vor einer Kernschmelze. Kein Tsunami, keine Sowjetunion, keine Gründe, die immer wieder vorgetragen werden, sondern in Schweden, in einem Hochtechnologieland, einfach nur wegen einem Kurzschluss ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
im Netz! Nun hoffe ich, dass keiner mehr kommt und sagt, dass es in Deutschland keinen Netzkurzschluss geben kann. Wir haben Ereignisse in deutschen AKWs gehabt, die in der Tat darauf hindeuten, dass wir, wenn wir das Problem haben, schnell abschalten müssen und es keine Notstromversorgung gibt, dass die gleichen Ereignisse ablaufen würden, wie sie zurzeit in Fukushima ablaufen.
Ist das also, wie man es international manchmal nennt, die sogenannte german Angst, dass wir Deutschen vor allem, was wir nicht so richtig beurteilen können, tiefe Angst haben? Oder ist es nicht viel mehr so, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir in Deutschland Glück haben, dass wir froh sein müssen, dass es seit vielen Jahrzehnten eine kritische öffentliche Bewegung gibt, dass es Menschen gibt, die sich in Bürgerinitiativen, in der Wissenschaft, in den Medien, überall engagieren und dass wir heute deswegen auch sehr viel weiter sind, nicht nur in der Frage der Gefahrenabwehr für die Bevölkerung, weil wir erkannt haben, dass wir mit der Atomkraft in Deutschland auf einem völlig falschen Weg sind, sondern dass wir natürlich auch bei der Entwicklung regenerativer Energien sehr viel weiter sind, wie wir in Zukunft ohne dieses Risiko die Energieversorgung in Deutschland sicherstellen können?
Woran erkennt man denn, dass Atomkraftwerke gar nicht sicher sein können? Es ist ganz einfach, und manche Menschen wissen es nicht: Atomkraftwerke können Sie nicht versichern! Es gibt niemanden, der ein Atomkraftwerk versichert, der Betreiber ist von der Haftung freigestellt, es haftet der Staat und damit der Steuerzahler. Das ist einmalig in der Geschichte, und das zeigt, dass dieses Risiko nicht beherrschbar ist. Wir wissen es seit vielen Jahrzehnten, und wir Grünen haben seit vielen Jahrzehnten dagegen gekämpft, dass mit diesem Wahnsinn in diesem Land Strom erzeugt wird.
Im Übrigen, weil es angesprochen worden ist, ein kleiner Hinweis: Das heißt aber auch, dass wir auch international auf die Atomwaffen gänzlich verzichten müssen, denn wenn in der zivilen Nutzung die Atomkraft so unsicher ist, wie es uns Fukushima im Moment lehrt, was heißt das dann, wenn die gleiche Atomkraft im Dienste von Geheimhaltung, Militärs und Waffenarsenalen genutzt wird? Das heißt, wir müssen auch genauso schnell wie aus der zivilen Nutzung der Atomkraft auf die endgültige Abschaffung aller Atomwaffen weltweit dringen.
In Japan, in Fukushima werden alle Vorhersagen über die Unbeherrschbarkeit von Störfällen, über die Unumkehrbarkeit von Kernschmelze und über die
radioaktive Verstrahlung, für die Sie uns oft kritisiert haben – ich führe diese Debatte seit 25 oder 30 Jahren –, die wir als Grüne getroffen haben, übertroffen. Es wirkt extrem hilflos, wenn Sie im Fernsehen die Herren der Betreiberfirma in ihren seltsamen Plastikuniformen vor die Mikrofone treten sehen, und Sie haben wirklich nicht das Gefühl, und ich kenne sehr viele Menschen, denen das so geht, dass hier Menschen durch diese Herrschaften geschützt werden, etwa vor Strahlung. Sie haben das Gefühl, diese Herrschaften haben gerade ein Problem, ein IkeaRegal aufzubauen, und bekommen es nicht hin und treten so vor die Menschheit, um sie vor Verstrahlung zu retten.
Das bedeutet das, was die Kollegen Rupp und Dennhardt angesprochen haben: Hier übernehmen Konzerne ein Risiko, das sie am Ende auf sehr viele Tausende von Menschen oder sogar manchmal Hunderttausende von Menschen übertragen, das sie selbst niemals zu beherrschen gelernt haben. Nur ihre Illusion, die sie immer geschaffen haben, und es gibt politische Parteien, die diese Illusionen allzu gern geglaubt haben, auch hier in dieser Bürgerschaft, hat dazu geführt, dass es ihnen zeitweise erlaubt war, ein solches Risiko unter die Menschheit zu bringen.
Hier muss man schon noch einmal sagen, Sie haben sich von diesen Aussagen und von der Verheißung auf einen angeblich billigen – dazu ist schon viel gesagt worden, zu den Preisen könnte man sehr viel sagen – und vor allen Dingen angeblich sicheren Strom verlocken lassen. Sie haben uns als Dagegen-Partei bekämpft, Sie haben die Anti-Atomkraft-Bewegung als teilweise sogar systemgefährdend bezeichnet, ich kann mich an diese Zeiten noch gut erinnern. Sie haben immer suggeriert, dass dann, wenn man das eine oder andere Atomkraftwerk abschalten würde, die große Stromlücke käme, Sie haben es etwas bildlicher ausgesprochen, Sie haben gesagt, dann gehen in Deutschland die Lichter aus.
Es ist sehr dankenswert, dass Herr Brüderle nicht nur sein Protokoll vom Bundesverband der Deutschen Industrie offengelegt hat, es ist auch sehr dankenswert, dass er am selben Tag noch, als die Bundesregierung das Moratorium beschlossen hat, sich hingestellt und mit einem breiten Lächeln gesagt hat, Probleme mit der Stromversorgung, wenn wir jetzt acht Atomkraftwerke auf einmal abschalten und diese drei Monate vom Netz nehmen, gäbe es überhaupt nicht, und er wisse gar nicht, wie man darauf kommen könne, dass es da Probleme mit der Stromversorgung gibt. Da kann man wirklich sagen, trink, Brüderle, trink! Mehr fällt einem dazu wirklich nicht mehr ein.
Wenn jemand sich so vor die Menschen stellt und glaubt, man könne sie noch im 21. Jahrhundert derartig verdummen, wie das teilweise – –.
Prost! Es war leider kein Wein darin, insofern war der Anlass nicht ganz gut gewählt.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal dazu kommen, wie wir nun die politische Lage in Deutschland einzuschätzen haben! Mich macht es, und da geht es mir so wie dem Kollegen Dennhardt, und ich habe einen Dissens zu dem Kollegen Rupp, eher nachdenklich und skeptisch, wenn nun plötzlich alle ganz schnell aus der Atomkraft heraus wollen. Ich will es aber gleichwohl nutzen, selbstverständlich will ich es gleichwohl nutzen und will auch mit allen zusammenarbeiten, die das jetzt so sagen. Der Hamburger CDU-Vorsitzende Schira, der noch vor ganz Kurzem für die Laufzeitverlängerung war, sagte in Hamburg in der Presse, er finde, die Atomkraft sei sowieso etwas völlig Mittelalterliches. Das ist interessant, wenn man es so von dem einen auf den anderen Tag kann.
Auch Frau Dr. Mohr-Lüllmann, die jetzt leider nicht im Saal ist, die Spitzenkandidatin der CDU, hat im bremischen Fernsehen bekannt, dass sie als Naturwissenschaftlerin schon immer gewusst hätte, dass die Atomkraft hochgefährlich sei.
Wir werden aber nicht den Fehler machen, sehr verehrter Herr Röwekamp und liebe Kollegen der CDU, jetzt zu sagen, das interessiert uns alles nicht, was Sie sagen, und wir haben sowieso immer Recht gehabt, sondern wir werden das Gegenteil machen, wir werden versuchen, Sie auch auf der Bundesebene zu verpflichten, dass Sie jetzt bei einem möglichst schnellen Atomausstieg mitmüssen, bei einem endgültigen Abschalten dieser acht Atomkraftwerke und bei einem Besiegeln, dass wir in wenigen Jahren – und ich glaube, das ist in wenigen Jahren technisch und juristisch machbar – aus dieser Atomkraft aussteigen. Dann können Sie beweisen, ob diese Wende eine wirkliche Erkenntnis oder nur ein Lippenbekenntnis war, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es werden immer noch, und das war auch heute in einigen Reden der Fall, extrem viele falsche Dinge erzählt, zum Beispiel, dass wir jetzt über Nacht Mengen von Atomstrom aus Europa importieren müssten. Die Wahrheit ist, dass Deutschland ein Nettoexportland von Strom ist, und zwar in horrenden Zahlen. Wir haben im Jahr 2010 14 Milliarden Kilowattstunden Strom in das Ausland exportiert, unsere aktu
elle Kraftwerkleistung liegt bei 135 000 Megawatt und der maximale Bedarf in Deutschland bei 77 000. Das heißt, wenn Sie und auch die Herrschaften der Stromkonzerne den Leuten nach wie vor das Märchen erzählen, dass wir Strom importieren müssten und dass dann die Franzosen und andere mit ihren Atomkraftwerken quasi einstehen müssten, ist das totaler Blödsinn.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss!
Das Gegenteil ist der Fall. Wir werden in der Lage sein, Strom nach wie vor in ausreichendem Maß zu produzieren, wir müssen aber, und das haben wir Grüne seit Jahr und Tag gesagt, den Ausbau der regenerativen Energien extrem beschleunigen. Wir stehen selbstverständlich dafür ein, dass wir dafür Netze brauchen, dass wir dafür Flächen brauchen, dass wir dafür möglichst große Windräder an Land brauchen, dass wir dafür Offshore-Anlagen brauchen, dass wir dafür Speicheranlagen brauchen, dass wir dafür Solaranlagen auf Dächern brauchen. Das muss jetzt möglichst schnell geschehen, und dann werden wir eine Situation – und das nehme ich allen ab, das nehme ich Ihnen ab und jedem Menschen, der auch nur ein bisschen sensibel die Medien aus Japan verfolgt –, wie sie die japanischen Kraftwerksbetreiber, die japanische Politik und die führenden Damen und Herren ihrer eigenen Bevölkerung zurzeit zumuten, in Deutschland niemals erleben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens, dass die CDU und die FDP, die während der rot-grünen Regierungszeit bei den Gesprächen über Hartz IV Rot-Grün massiv gedrängt haben, niedrigere Sätze zu schaffen, wesentlich schärfer heranzugehen und damals einen großen Druck entfaltet haben, dass diese Gesetze so verabschiedet werden, sich heute hinstellen und so tun, als ob sie damals auf der Seite der Entrechteten gewesen wären: Das Gedächtnis der Menschen währt länger, und jeder weiß, welche Rolle damals CDU und FDP in diesen Verhandlungen eingenommen hatten.
Zweitens, natürlich gibt es jetzt einen Kompromiss, und ich verstehe vollständig, dass man den so oder so ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
bewerten kann. Selbstverständlich spielen die bremischen Interessen eine hervorragende Rolle, und es ist schon sehr bemerkenswert und bundesweit auch gemerkt worden, dass eine Finanzsenatorin, die viele Jahre und Jahrzehnte auch Sozialpolitikerin war, hier nicht zugestimmt hat, obwohl Bremen auch einige finanzielle Vorteile von diesem Kompromiss hat.
Das liegt an einem einzigen Punkt. Da sind wir Grüne uns mit der Finanzsenatorin und der kompletten Fraktion und Partei hier in Bremen, aber auch bundesweit, vollständig einig: Ein im Grundgesetz verankertes Existenzminimum ist nicht verhandelbar und kann auch nicht gegen Länderinteressen gegengerechnet werden. Ein Existenzminimum ist ein Existenzminimum, und deswegen muss es ordentlich berechnet werden. Das ist der einzige Grund, warum die Grünen dieses ansonsten sehr vielschichtige Angebot von Kompromissen, das man meines Erachtens auch sehr differenziert bewerten kann, abgelehnt haben. Deswegen haben wir uns im Unterschied zur SPD dazu entschieden, diesen Kompromiss so nicht mitzutragen.
Deswegen wird sich, wie in der Koalition üblich – Frau Garling hat es, finde ich, in einer sehr sachlichen und guten Weise hier auch noch einmal dargestellt – Bremen am Freitag im Bundesrat enthalten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat ist das ja eine viele Jahre währende Diskussion, und ich verschweige hier nicht, dass es in der grünen Fraktion in den letzten Jahren über diese Frage auch eine sehr intensive Debatte gegeben hat. Ich finde, es ist am Ende des Tages eine Abwägung der Aspekte der Spielsuchtbekämpfung, das hatten wir ja schon in der Debatte vorhin über die Automaten, wo wir in Bremen mit der Vergnügungssteuer mindestens einen kleinen Hebel in der Hand haben selbst und auf der bundesweiten Ebene die Frage des Staatsvertrags zum Glücksspiel.
Wir haben in der Vergangenheit, und diese Bedenken sind in der Tat immer noch nicht ganz ausgeräumt, ein Problem mit der Umsetzung des staatlichen Monopols gehabt, weil – das kommt aber auch bei allen Befürwortern des Monopols als selbstkritische Überlegung mit hinein – natürlich ein Monopol im Bereich der Sportwetten, wo man gerade einmal circa zehn Prozent des Sportwettenmarkts überhaupt abdeckt und alles andere von privaten Wettanbietern abgedeckt ist, in die Schwierigkeit kommt, als Staat rein ordnungspolitisch – oder wenn Sie auch einmal die Glaubwürdigkeit des Staates betrachten – ein Monopol zu beanspruchen und dann nicht durchsetzen zu können oder zu wollen, dass dieses Monopol auch tatsächlich umgesetzt wird und 90 Prozent des Marktes dann von privaten Anbietern im Sportwettenbereich angeboten werden. Das ist nach wie vor so, und das ist nach wie vor auch, glaube ich, ein Problem, weswegen wir ja mehrfach vom EuGH zitiert wurden und auch die Ministerpräsidenten in sehr intensiven Beratungen einen Weg suchen, wie man dieses Problem lösen kann. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Für die grüne Fraktion hat sich in dieser Situation die Frage der Bekämpfung der Spielsucht, die Frage einer kohärenten Lösung auf jeden Fall in der Abwägung als vorrangig dargestellt. Deswegen tragen wir den koalitionären Antrag hier mit, der in der Tendenz auch in eine ähnliche Richtung wie der CDU-Antrag geht. Die Differenz zwischen dem Antrag der Koalition und der CDU hat der Kollege Tschöpe soeben dankenswerterweise schon erwähnt, daher brauche ich das nicht noch einmal zu tun. Ich kann Bürgermeister Böhrnsen, der ja mit den Ministerpräsidenten diese schwierigen Verhandlungen führt, aber signalisieren, dass wir der Position, die das Land Bremen dort immer eingebracht hat, also Erhalt des Monopols zur vordringlichen Bekämpfung der Spielsucht in Deutschland, auf jeden Fall den Vorrang einräumen. Wenn es im Bereich der Beratungen Überlegungen der Ministerpräsidenten gäbe, den einen oder anderen Flexibilisierungspunkt dort einzubauen, was die Sportwetten angeht, sind wir da sicher aufgrund der Vorgeschichte unserer Überlegungen als grüne Fraktion in Bremen gesprächsbereit. Ich hatte es ja erwähnt, dass wir hier den einzigen Punkt sehen, der möglicherweise einer Kohärenz des Gesamtpakets noch entgegensteht.
Ich gehe aber davon aus – und das ist im Moment vielleicht mit Ausnahme des Landes SchleswigHolstein so, wo ja die dortige CDU-Fraktion sehr intensiv für die Aufhebung des Monopols die Trommel rührt –, dass sich die Ministerpräsidenten auf der Basis des Glücksspielmonopols einigen und es zu einem neuen Staatsvertrag kommt. Die Bremer Fraktion der Grünen sieht hier keine Hindernisse auf dem Weg, dass das Land Bremen dies vertrauensvoll unterstützt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Welche Gründe liegen für die von Fahrgästen monierten überfüllten Züge der neuen RegioS-Bahn vor?
Zweitens: Was hat der Senat unternommen, um seinen Einfluss auf den Betreiber geltend zu machen, diese Missstände abzustellen?
Drittens: Ab wann ist mit einem ausreichenden Angebot an Fahrgastplätzen auf den Strecken der Regio-S-Bahn zu rechnen?
Sie haben geschildert, dass es aufgrund der Vorkommnisse nach dem Start der S-Bahn zu Gesprächen gekommen ist. Wie ist Ihr Eindruck, nachdem die bremische und die niedersächsische Landesregierung dort aktiv geworden sind, wie der Betreiber auf die vielen Meldungen in der Öffentlichkeit – wahrscheinlich auch direkt bei dem Betreiber und bei den Behörden – reagiert hat und wie der Wille erkennbar ist, diese Dinge, vor allen Dingen die Kapazitätsfragen, die Enge in den Wagen, nun schnell zu beheben?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie bewertet der Senat die Auswirkungen des vom beurlaubten Oberbürgermeisters von Bremerhaven, Jörg Schulz, beantragten Ausscheidens aus dem Justizdienst auf die Rechtmäßigkeit der Ernennung eines neuen Bremerhavener Oberbürgermeisters?
Zweitens: Welche Rolle spielt dabei der am 1. November 2010 in einstweiliger Anordnung erlassene Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen, „einen zweiten Oberbürgermeister erst dann zu ernennen, wenn rechtsbeständig feststeht, dass der amtierende Oberbürgermeister in den Justizdienst des Landes Bremen zurückkehrt“?
Drittens: Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass Herr Schulz keinen einzigen Arbeitstag im Justizdienst verbracht hat, im Hinblick auf den Umgang mit den Institutionen und ihren Regeln im Land Bremen?
Herr Senator, im Rahmen der Erörterung dieses Gegenstandes, über den wir gerade sprechen, gab es im Senat Erkenntnisse oder Einsichten, dass möglicherweise die Verankerung der Kommunalaufsicht im Land Bremen an ähnliche Fälle angepasst oder weiterentwickelt werden müsste? Oder hat sich ergeben, dass für Sie als zuständigem Senator oder den Senat insgesamt die Art, wie wir Kommunalaufsicht in den entsprechenden Gesetzen der Verfassung verankert haben, so ausreichend ist?
Heißt das, dass Sie auch nicht festgestellt haben, dass möglicherweise die Art, wie die Kommunalaufsicht verfasst ist, uns dort einschränkt und dass möglicherweise eine Weiterentwicklung der Kommunalaufsicht im Land Bremen wünschenswert wäre, völlig unabhängig von diesem konkreten Fall?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Man kann über Gegenstände, die wir hier verhandeln, sehr verehrter Herr Dr. Möllenstädt, völlig unterschiedlicher Meinung sein. Man kann über Schrifttum, das existiert, Meinungen, die auch Mitglieder des Senats äußern, die Sie angesprochen haben, völlig unterschiedlicher Meinung sein.
Was meines Erachtens überhaupt nicht geht und vielleicht den Zustand der FDP reflektiert, ist, dass Sie glauben, auf solche Begriffe wie Glühweinseligkeit und Räucherstäbchen zurückgreifen zu müssen, wenn Sie hier eine politische Debatte führen, und deswegen weise ich das auf das Schärfste zurück, dass Sie das getan haben.
Vielleicht ist das Ihr Niveau, unseres ist es jedenfalls nicht. Ansonsten, bis auf diesen Ausrutscher, den wir uns, wie ich finde, eigentlich im Umgang untereinander nicht erlauben sollten, war es ja eine sehr ruhige und sachliche Debatte, und ich glaube, dass es dem Gegenstand auch angemessen ist. Es ist ja manchmal ganz hilfreich, gerade wenn solche Debatten etwas hochkochen und etwas Pulverdampf erzeugen, wenn man noch einmal versucht, die öffentlich gemachten Aussagen und die Fakten überein zu bringen, und da gibt es natürlich auch für die Öffentlichkeit, das gebe ich gern zu, missverständliche Äußerungen.
Nehmen wir einfach einmal zwei Zitate von zwei Herren, die sich im Ansatz eher näher stehen. Der Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Weser, der Bürgermeister a. D. Herr Wedemeier sagte im „Weser Report“ vom 9. Januar 2011: „Der BUND gefährdet die maritime Wirtschaft in der Weserregion mit fast 100 000 Arbeitsplätzen.“ Das ist die Aussage.
Emanuel Schiffer, Geschäftsführer von Eurogate, allen bekannt als unser Unternehmen, an dem wir beteiligt sind, das ein führender Weltmarktplayer im Containerumschlag ist, sagt im „Sonntagsjournal“ vom 24. Januar 2010, wörtliches Zitat von Herrn Schiffer: „Konkrete Auswirkungen auf die Umschlagsmengen seien durch den verspäteten Weserausbau jedoch nicht zu spüren. Die angekündigten Ultra ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Large Vessels der Containerredereien seien noch gar nicht gebaut, und die anderen großen Schiffe wie die der S-Klasse der Maersk Line erreichen die Terminals problemlos.“
Ich sage das deswegen, weil da ja gar nicht Ökologie auf Ökonomie trifft, wie es so oft als Gegensatz zu hören war, sondern zwei nicht nur in Nuancen, sondern auch im Kern unterschiedliche Einschätzungen aus der Hafenwirtschaft selbst geäußert werden. Vielleicht ist eine Lehre, die ich für mich daraus ziehe, dass, wenn wir versuchen, Übertreibungen zu unterlassen, wir jeweils, unseren eigenen Positionen eher nützen, als wenn wir behaupten, dass nun gleich 100 000 Arbeitsplätze gefährdet sind. Also, es ist vielleicht auch auf allen Seiten, und ich will mich da selbst jederzeit einschließen, einmal ganz gut, wenn wir die Fakten, wie sie sind, zur Kenntnis nehmen.
Vielleicht ist es auch richtig, und es ist für die Debatte vielleicht auch noch einmal für die Zukunft hilfreich, wenn wir mehr versuchen – in diese Kritik und Selbstkritik würde ich mich selbst auch einschließen –, dass wir Verständnis für die jeweils andere Argumentation in dieser Angelegenheit aufbringen. Im Moment haben wir die Situation, dass diejenigen, die sich vor allen Dingen, wie ich finde, völlig legitime Sorgen um die Wirtschaftsentwicklung und um die Arbeitsplätze machen – weil das natürlich in einem Land wie Bremen mit einer so hohen Arbeitslosigkeit und mit einem so geringfügiger als im Rest der Republik angekommenen Aufschwung immer ein zentrales Thema sein muss –, sich auch intensiv mit den Fragen der Klimaerwärmung, der Deichsicherheit, mit der Frage, wie wir überall in Deutschland Überflutungen zu bewältigen haben und was Flüssevertiefungen damit zu tun haben, beschäftigen, und umgekehrt, und da würde ich mich selbst in die Selbstkritik natürlich auch mit einnehmen, dass diejenigen, die diesen Aspekt betonen, immer auch deutlich machen, dass das nicht heißt, dass die Frage von Arbeitsplätzen, von Arbeit, Beschäftigung, Steueraufkommen und Zukunft der Wirtschaft keine Rolle spielt. Das ist ja manchmal in der Debatte so, dass das gegeneinander gestellt wird.
Wir müssen aber zwischen diesen wirtschaftlichen Überlegungen und den teilweise, wenn Sie sich einmal die Flüsse anschauen, desaströsen Auswirkungen von Flussbegradigungen und Flussvertiefungen und auch den Gefahren der Überflutungen und viele andere Dinge abwägen. Nehmen Sie als Beispiel die Gefahr der Versalzung der Wiesen in der Wesermarsch, zu der die niedersächsischen Landwirte wahrscheinlich auch noch einiges zu sagen haben! Also, das ist eine Kritik an diejenigen,
die diese ökologische Aspekten ausblenden, es ist aber auch eine, wenn Sie es so wollen, Erkenntnis, dass diejenigen, die das nach vorn stellen, immer auch nicht vergessen dürfen, dass die Fragen der Zukunft unserer Wirtschaft und der Arbeitsplätze im Land Bremen natürlich eine überragende Rolle spielen.
Jetzt zum Planfeststellungsverfahren: Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass man einer Behörde, die ein voluminöses Werk von 1 600 hochkomplizierten technisch und rechtlich anspruchsvollen Seiten vorgelegt bekommen hat, um ein Einvernehmen zu erklären, nun sagt, das solle sie einmal ganz schnell und am besten bis übermorgen machen. Wie ernst nehmen Sie denn tatsächlich diese Prüfung?
Es liegt jetzt vor,
und Sie müssen doch auch einsehen, dass es selbstverständlich so ist, dass je gründlicher Sie das prüfen, umso standfester ihre Haltung vor Gericht ist. Ich möchte jetzt einmal an dieser Stelle – und darauf werde ich vielleicht noch einmal zurückkommen – das Verfahren zum Bauabschnitt 2.2 der A 281 erwähnen. Selbstverständlich ist es doch so, dass, wenn Sie dann in dem verkürzten Verfahren, das wir inzwischen nach Bundesverkehrswegerecht haben, vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Niederlage erleiden, alles länger dauert, kostenträchtiger und komplizierter wird, was Sie dann machen. Daher ist doch eigentlich eine gründliche Prüfung dieser Unterlagen auch in Ihrem Interesse. Das kann doch gar nicht außer Frage stehen, Herr Röwekamp, ich verstehe Sie da an gar keiner Stelle.
Ich komme gleich darauf. Selbstverständlich, das ist ja ein wichtiger Punkt.
An dieser Stelle habe ich überhaupt gar kein Verständnis, dass die Bundesregierung aus FDP und CDU einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der für uns eine enorme Rolle spielen wird, der inzwischen im Bundeskabinett und in Berlin in der Diskussion ist, nämlich im Planfeststellungsverfahren die Anhörung der Träger öffentlicher Belange fakultativ zu stellen, das heißt, nur noch in das Benehmen zu setzen, wann eine solche Anhörung stattfindet oder nicht. Ja, was
haben Sie denn aus Stuttgart 21, was haben Sie denn aus den unterschiedlichen Verfahren gelernt, wenn Sie jetzt wieder mehrere Schritte rückwärts machen wollen in der Bundesregierung, um diese Verfahren außer Kraft zu setzen?
Das kann doch unmöglich Ihr Ernst sein! Das Gegenteil ist doch der Fall. Diese Anhörungen schaffen doch Akzeptanz.
Diese Anhörungen schaffen eine Stimme für diejenigen, die bei diesen Großprojekten auch gehört werden sollen, sie schaffen meines Erachtens auch eine größere Schnelligkeit, und sie schaffen eine Senkung der Kosten. Ich bin mir jetzt gar nicht im Klaren, ob der Bundesrat letztendlich nur mitberaten würde, wenn der Gesetzentwurf eingebracht wird, oder ob er sogar eine Mitentscheidung treffen muss. Ich bin mir aber ganz sicher, dass die Länder, und zwar völlig unabhängig von der Parteifarbe, ganz große Bedenken haben werden, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, der ein großer Rückschritt durch die Bundesregierung ist, was die Beteiligung der Bürger an diesen Verfahren angeht.
Jetzt zum Schluss natürlich noch einmal zu der Frage des Sofortvollzugs: Was wäre denn gewesen, wenn wir bei dem Bauabschnitt 2.2 der Bundesautobahn A 281 nicht im Senat beschlossen hätten, dass wir die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig abwarten?
Hätten Sie denn vielleicht Spaß daran gehabt, einen begonnenen Bauabschnitt dann wieder abreißen zu müssen? Glauben Sie wirklich, dass es dann schneller geht, dass das kostengünstiger ist, dass das im Sinne der Wirtschaft oder von wem auch immer ist, wenn man zu bauen anfängt und Leipzig dann diese Dinge stoppt und man am Ende des Tages begonnene Maßnahmen entweder wieder abreißen oder sonst irgendwie etwas machen muss? In dem Fall war es eine kluge Entscheidung des Senats, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat das bestätigt, abzuwarten. Jetzt sitzen Sie ja auch alle mit uns zusammen am runden Tisch, und man versucht, eine Lösung mit der Wirtschaft und mit den Bürgerinitiativen zu finden, und ich glaube, auch das ist eine Lehre aus Stuttgart 21 und vergleichbaren Verfahren, dass wir es so machen sollten.
Das heißt am Ende des Tages, für die Weservertiefung – und das kann ich hier noch einmal ganz deutlich sagen – ist diese Entscheidung in die Hände des Rechtsstaates gelegt. Es wird rechtsstaatlich entschieden werden, ob es einen Sofortvollzug gibt oder nicht. Es gibt ja manchmal auch kritische Äußerungen zum Rechtsstaat, ich will nicht näher darauf eingehen, in jüngster Vergangenheit habe ich mir eine angehört, die mir nicht so gut gefallen hat. Ich habe volles Vertrauen in den Rechtsstaat, ich werde auch allen diesen Dingen mit vollem Vertrauen entgegensehen. Im Rechtsstaat wird im Bundesverwaltungsgericht dann am Ende entschieden: Ist ein Sofortvollzug möglich? Gibt es einen Eilentscheid? Wie ist die Entscheidung in der Hauptsache? In dessen Hände können wir, glaube ich, diese Entscheidung auch ganz gut legen.
Da wir jetzt ein Verfahren haben, das letztinstanzlich und in nur einer Instanz ist, werden danach die Dinge so umgesetzt, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat. Dafür stehen selbstverständlich auch Bündnis 90/Die Grünen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie bewertet der Senat mit Blick auf die Umsetzung eines neuen Gebührenmodells die finanziellen Auswirkungen auf Radio Bremen?
Zweitens: Wie wird vermieden, dass Liquiditätslücken auftreten, die den Auftrag von Radio Bremen gefährden?
Drittens: Wann rechnet der Senat mit einem Ende der jahrelangen Feilscherei um eine auskömmliche und stabile Finanzierung von Radio Bremen innerhalb der ARD?
Es gab ja auch in Bremen einige Bedenken, vor allen Dingen im Bereich kleinerer und mittelständischer Unternehmen, Handwerksbetriebe, die auch an die Fraktionen hier im Haus, an den Senat herangetragen worden sind, nun ungewöhnliche Nachteile durch das neue Haushaltsmodell erdulden zu müssen. Gab es hierüber Gespräche, und können Sie inzwischen den Betroffenen versichern, dass dieses Modell, das ja bundesweit gelten soll, nicht zu solchen übergebührlichen Nachteilen führt?
Sie haben es beschrieben als eine positive Nacharbeitung dieser Probleme, die dort angesprochen worden sind. Ist dies auch in Bremen mit denjenigen, die sich vorher dort zu Wort gemeldet haben, noch einmal kommuniziert worden? Ist diese Veränderung, die es im Kreis der Ministerpräsidenten auf diese Beschwerden hin gegeben hat, denn hier auch den entsprechenden Beschwerdeführern mitgeteilt worden?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mir vorstellen, dass Sie in den Reihen der CDU und der FDP manchmal, wenn es niemand hört, denken: Wie mit dem Klammerbeutel gepudert muss eigentlich unsere Bundesregierung gewesen sein, als sie einen gesellschaftlichen Konflikt beschlossen hat, der nicht in die eine Richtung oder in die andere Richtung geht? Der große Kompromiss von Rot-Grün damals ist auch kritisiert worden, von der Atombewegung als zu sehr auf die Realitäten eingehend, von der Industrie als zu scharf. Daran merkt man schon, dass es ein historischer Kompromiss war. Dass Sie diesen Kompromiss aufkündigen und sich wirklich vorgenommen haben, dieses Land noch einmal nach all den Jahren in diese Auseinandersetzung um die Atomkraft zu schicken! Am Wochenende hat man gesehen, was dabei herauskommt!
Es gibt eine breite gesellschaftliche Mehrheit gegen dieses Vorhaben, und es gibt eine breite Unterstützung, die Nutzung der Atomkraft in Deutschland in den nächsten Jahren auslaufen zu lassen. Da sind wir als Bremer und Bremerhavener doch vornweg. Wir sind auf einem hervorragenden Weg mit dem dramatisch schnellen Ausbau – viel schneller, als man es je vorhatte, als man es je geglaubt hatte – der regenerativen Energien. Einen Ersatz zu finden, der weder CO2-Immisionen, noch radioaktive Strahlung produziert, noch solche Transporte, sondern der vom Wind, von der Sonne, von der Wasserkraft und vielem anderen lebt, das ist der Weg.
Sie haben gesagt, Sie brauchen die Atomkraft, um diesen Weg den Weg zu ebnen. Das Gegenteil ist der Fall: Sie blockieren die Netze und die Stromerzeugung mit den regenerativen Energien. Sie blockieren im Übrigen – das wird relativ selten gesagt – auch die Investitionsströme, weil bei dem Ausbau der Windenergie natürlich ein ganz zentraler Punkt ist, dass die sehr hohen benötigten Finanzmittel generiert werden, um Milliarden Euro auf hoher See zu investieren. Auch das blockieren Sie, Sie blockieren insgesamt eine Entwicklung in Deutschland. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Worin wir uns in der Tat ganz einfach von den Franzosen, den Schweden und den Finnen unterscheiden – sehr viele Sachen machen sie auch toll –, was sie aber ganz verkehrt machen, ist, dass sie auf Kernkraft und auf neue Atomkraftwerke setzen. Deutschland hat diesen Weg nie beschritten, sondern wir haben den Weg in Deutschland beschritten, dass wir sagen, wir wollen aus dem Risiko, das radioaktive Strahlung für die Menschen hat, so schnell wie möglich heraus, und wir wollen aus dem Risiko dieser Transporte heraus. Jetzt sind wir bei dem Punkt, den wir heute hier in der Bürgerschaft diskutieren. Das heißt für Bremen ganz eindeutig, dass wir Nein sagen zu Transporten dieser hoch radioaktiven Brennstoffe über bremisches Gebiet,
und das ist eine ganz klare Aussage.
Es wäre in der Tat überhaupt nicht nachzuvollziehen, wenn man grundsätzlich diesen Weg politisch geht, wie es Rot-Grün macht – sowohl im Bund als auch hier in Bremen – und man dann schulterzuckend und achselzuckend sagen würde: Dann lassen wir die Dinge einmal über unsere Häfen laufen. Ich finde eine Darstellung in der Öffentlichkeit im Übrigen völlig verkehrt, nämlich die Darstellung, man müsste das gegen die Hafenwirtschaft und gegen unsere bremischen Betriebe durchsetzen, seien sie nun im Mehrheitsbesitz der Freien Hansestadt Bremen oder privat.
Meine Erfahrungen aus den Gesprächen ist eine ganz andere: Die Horrorvorstellung, dass das, was im Wendland geschehen ist, einige Tage oder Wochen später in den bremischen Häfen passieren könnte und den Umschlag der Container, der Autos, der Waren in den Häfen über Tage oder Wochen lahmlegen könnte, ist eine betriebswirtschaftliche Horrorvorstellung für Betriebe. Deswegen machen wir diese Dinge mit den Betrieben zusammen, Seite an Seite, sowohl aus Sicherheits- als auch aus Umwelt-, als auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ich glaube, dass man dort niemanden zum Jagen tragen muss, dieses Bewusstsein ist in diesen Betrieben hervorragend entwickelt,
und zwar auf beiden Seiten, bei der Unternehmensleitung und bei den Betriebsräten. Ich glaube, hier gibt es ein hervorragendes Bewusstsein, dass es eine große Schädigung der Betriebe bedeuten würde, wenn man zuließe, dass nun nach dem Wendland auch noch der Hafen in Bremerhaven zum Schauplatz dieser Auseinandersetzungen wird.
Noch einmal meine Bitte an den Kollegen Rupp von der LINKEN: Wir haben uns das wirklich sehr
intensiv angeschaut. Sie sagen, alle Güter der Gefahrenklasse 7 sollen nicht mehr durch Bremen transportiert werden. Das sind aber auch die sehr schwach strahlenden Abfälle aus Röntgen-, MRT- und CT-Anlagen aus Krankenhäusern und Arztpraxen, das ist ganz schwach radioaktives Material aus Forschungsinstituten der Universität und Ähnliches, was weder genehmigungspflichtig ist noch gesundheitsschädlich in der Form. Sie können natürlich nicht die bremischen Krankenhäuer oder das bremische Gesundheitswesen lahmlegen.
Wenn der Kollege Herr Erlanson jetzt hier wäre – er ist, glaube ich, krank, ich wünsche ihm gute Genesung! –, hätte ich ihn gefragt, ob er denn als Betriebsrat am Krankenhaus Links der Weser den Vorschlag teilt, dass man nun für ganz Bremen und Bremerhaven den kompletten Klinikabfall, der leicht radioaktiv verstrahlt ist, nicht mehr transportieren und nicht mehr hin- und herfahren soll. Das ist im Grunde genommen ein Lahmlegen des bremischen Gesundheitswesens. Ich weiß nicht, ob Sie es intendiert haben, Sie haben es jedenfalls aufgeschrieben, und das ist der zentrale Grund, warum wir einen eigenen, vernünftigen Antrag gemacht haben und diesen Antrag der LINKEN, den Sie formuliert haben, ablehnen.
Wir werden uns am Ende des Tages für die bremische Bevölkerung hinstellen müssen und glaubhaft und glaubwürdig – heutzutage in Zeiten des Internets ist die Bevölkerung auch jederzeit in der Lage, das zu überprüfen – sagen können und müssen, dass wir alles getan haben, was in der rechtsstaatlichen Macht dieses Landes Bremen steht, diese Transporte über Bremen zu verhindern. Wenn dann die Kanzlerin und der Bund meinen, gegen den Willen Bremens diese Transporte durchsetzen zu müssen mithilfe des Atomrechts, des EU-Rechts, der Bundespolizei oder mit wem auch immer, muss das die Bundeskanzlerin verantworten. Aus Bremen jedenfalls wird sich aus dieser Koalition niemand an dem Versuch, diese hochgefährlichen Transporte über Bremen zu transportieren, beteiligen, und das ist auch gut so! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Imhoff hat gesagt, wir sollten das ein bisschen positiver sehen, sollten einmal ein bisschen lächeln, und er hat gesagt: Mensch, dieser Beschluss der Bundesregierung bedeutet das erste Mal, dass sich die CDU zum Atomausstieg bekennt. Es war mir neu, dass ein Bekenntnis, dass ich aus etwas aussteigen will, sich dadurch materialisiert, dass ich das, woraus ich aussteige, erst einmal noch um zwölf Jahre verlängere. Das ist eine Logik, Herr Imhoff, die sensationell ist!
Da sind Sie wirklich top, Sie sollten einmal Logikkurse an der Volkshochschule geben! Wenn Sie es jemandem erklären können, sind Sie wirklich spitze!
Sankt-Florians-Prinzip, und um welche Transporte geht es, wenn wir jetzt hier über Bremen sprechen? Es geht hier unter anderem um einen Transport aus Ahaus nach Majak in Russland. Das ist Sankt-Florians-Prinzip!
Sie können es sich jeden Tag im Fernsehen und in der Presse anschauen, wie es dort in Russland zugeht. In dieses Lager, das seit 1952 massiv verstrahlt ist, Atommüll zu schicken, ist Sankt-Florians-Prinzip!
Dieser Transport soll nicht über Bremen gehen, und das ist eine gute Gelegenheit – weil Senator Mäu––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
rer das ja jetzt gerade auch von gestern auf heute angekündigt hat –, an dieser Stelle noch einmal dem Senat nicht nur für die Haltung, sondern auch für die konkreten Schritte und für alles, was Sie getan haben, allesamt, wie Sie dort sitzen, zu danken. Ich bedanke mich hier ausdrücklich noch einmal im Namen der Koalition, dass dieser Senat das so ernst nimmt, konkrete Schritte einleitet, die richtigen Worte findet und auch handelt. Recht herzlichen Dank!
Herr Dr. Buhlert hat versucht, hier noch einmal wieder etwas aufzubringen, was im Grunde genommen von allen wissenschaftlichen Experten widerlegt ist, nämlich die Stromlückenlüge. Die Stromlückenlüge ist etwas sehr Bekanntes. Man behauptet einfach, es gäbe eine große Lücke bei der Stromversorgung, und die könne entweder nur durch die Atomkraft oder über zig neue Kohlekraftwerke geschlossen werden. Es gibt viele Studien, die nachweisen, dass wir ein Überangebot an Strom haben und wir bei dem Tempo der regenerativen und beim Weiterbetrieb bestehender Gas- und Kohlekraftwerke in diese Stromlücke nicht hineinkommen. Sie machen es ein bisschen so, wie es der berühmte und seit gestern auch als Buchautor bekannte amerikanische Präsident Bush mithilfe von Herrn Blair gemacht hat.
Es ist mir doch egal, ob Sie das wollen oder nicht, das mache ich einfach! Was glauben Sie denn?
Man hat gesagt, es gibt Massenvernichtungswaffen im Irak, deswegen müssen wir dort intervenieren. Dann ist man hingefahren, hat keine gefunden und gesagt, ist auch vollkommen egal, war trotzdem prima! So ähnlich ist es mit der Stromlückenlüge: Es gibt die Stromlücke nicht, und deswegen muss man sie auch nicht mit Atomkraft schließen. So einfach ist es!
Herr Dr. Möllenstädt, das wollte ich hören, dass Sie sich eines Tages noch einmal über Stil äußern. Wir haben letztens im Krankenhausausschuss schon miteinander gesprochen, wir können es auch noch ganz oft machen, ich streite mich gern mit Ihnen! Wenn Sie hier über Stil diskutieren wollen, hervorragend!
Das können wir noch sechs Monate und ein paar Tage so weitermachen. – Vielen Dank!
Sie bemängeln gerade, dass nicht genug Steuereinnahmen von den Unternehmen hereinkommen. Ist Ihnen bewusst, dass der Beschluss zur Abwasser GmbH bedeutet hätte, dass die Unternehmen Vorsteuerabzug hätten machen können und dadurch noch weniger Steuern eingenommen werden würden, also dass das gar nichts miteinander zu tun hat, was Sie gerade sagen?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Möllenstädt, Sie sagen, das sei hier Herumgejammere, und Sie sagen, die Aufregung sei völlig unangebracht. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie angebracht die Aufregung angesichts dieser Reformpläne oder dieser Gesetzespläne Ihrer Bundesregierung hier in diesem Haus ist.
Ich finde, man kann sich den lieben langen Tag gar nicht genug darüber aufregen.
Kann man zwei so verschiedene Themen wie Gesundheitsreform und Hartz-IV-Reform in eine Aktuelle Stunde oder in eine Rede packen? Ja, man kann es, weil gleiche Grundprinzipien der schwarz-gelben Bundesregierung angewandt werden, wenn Sie zu Ihren politischen Entscheidungen kommen! Das Erste ist das monatelange Chaos zwischen den Koalitionspartnern, innerhalb der Parteien und Fraktionen der Bundesregierung, innerhalb der Koalition, und aus diesem Chaos, das ahnte man schon seit Wochen und Monaten, kann gar nichts Vernünftiges herauskommen, weil Sie untereinander gar nicht vernünftig miteinander reden. Das Einzige, was Sie zu leiten scheint, ist, sich gegenseitig zwischen CSU, CDU und FDP zu bekämpfen, und so sehen diese beiden Gesetzesvorlagen Ihrer Bundesregierung auch aus.
Das zweite Grundprinzip: Sie haben vor der Wahl und auch im Koalitionsvertrag Dinge angekündigt, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nehmen wir die Gesundheitsreform, von denen nun nichts umgesetzt wird. Sie haben ganz große Töne gespuckt. Was herauskommt, sind jetzt Beitragserhöhungen, und die auch noch mit einer Schieflage zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück.
Das dritte Grundprinzip: Die Partikularinteressen, das ist ein schwieriges Wort, man könnte auch sagen, die Lobbys, die bei Ihnen vor der Tür stehen aus Industrie, aus Pharmaindustrie, aus vielen anderen Zusammenhängen, haben sich durchgesetzt, für die sind Sie empfänglich, und für die machen Sie Politik. Das ist Ihre Zielgruppe, das ist Ihre Peergroup, und das sieht man auch diesen Gesetzen ganz deutlich an. Auch das ist ein Grundprinzip Ihrer Politik.
Das vierte Grundprinzip: Die Vorgaben des Verfassungsgerichts werden nicht eingehalten. Das können Sie hier auch nicht schönreden, es ist einfach so, und das kann man im Detail auch nachweisen. Das sind die gemeinsamen Grundprinzipien dieser beiden Reformvorhaben. Ist es so, das könnte man bei der Hartz-IV-Gesetzgebung vermuten, dass Sie nur arme Menschen, dass Sie nur Transferempfänger als diejenigen, die Sie weiter belasten, im Auge haben? Nein, das ist nicht so. An der Gesundheitsreform sieht man, dass Sie auch die Normalverdiener, die normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer quasi als diejenigen ansehen, die Sie schröpfen, um anderen etwas zuzuschieben. Das ist auch ein Grundprinzip Ihrer Politik und auch dieser beiden Reformen, über die wir heute reden.
Sie sagen, wir sollen uns nicht aufregen, ich sage Ihnen einmal, was mich ganz besonders ärgert: Sie spielen jetzt die Niedrigverdiener gegen die HartzIV-Empfänger aus.
Welcher Niedrigverdiener, welcher Mensch mit einem geringen Einkommen, der den ganzen Tag arbeitet – dahin wenden Sie sich ja von CDU und FDP immer, das sind diejenigen, mit denen Sie versucht haben, dieses politisches Vorhaben zu begründen –, hat etwas davon, wenn Sie jetzt die Hartz-IV-Sätze so drehen und wenden, dass das mit den fünf Euro und mit den null Euro für die Kinder dabei herauskommt? Kein Mensch mit einem niedrigen Einkommen hat etwas davon. Sie tun zwar öffentlich so, und Sie bekommen dafür auch Zustimmung, weil vieles in der Öffentlichkeit unklar geblieben ist, aber aus
schließlich ein gerechter Mindestlohn würde diesen Menschen etwas nützen. Den Regelsatz der HartzIV-Empfänger nicht weiter höher festzusetzen, nützt diesen Menschen überhaupt nicht, meine Damen und Herren.
Das ist jetzt genau der Trick, wie Sie Ihre HartzIV-Reform verkaufen wollen. Sie sagen, das ist zwar vielleicht hart für diejenigen, die kein eigenes Einkommen haben, aber für die, die wenig verdienen, für die vielen, die den ganzen Tag arbeiten gehen, ist das doch eine Befriedigung, wenn man sagt: Seht her, die Hartz-IV-Empfänger bekommen auch nicht mehr! Gleichzeitig verweigern Sie ihnen den Mindestlohn, der ihnen zusteht.
Wie ist es bei den Kindern und Jugendlichen? Da haben Sie einen Eindruck erweckt, als ob nun ganz viele Dinge hinzukämen, damit diese Kinder und Jugendlichen endlich aus der Abhängigkeit ihrer Eltern, teilweise schon Großeltern von Transfereinkommen herauskommen. Nur, da haben Sie gar nichts Konkretes gesagt: Sie haben weder Konkretes zu der Höhe gesagt, Sie haben weder gesagt, wie die Chipkarte umgesetzt werden soll, Sie haben den Zugang und den Bezug völlig unklar gelassen. Dass ausgerechnet die Jobcenter, deren eigentliche Aufgabe es sein sollte, die Menschen zurück in die Arbeit zu bringen, jetzt auch noch hier in diesem Fall den Musikunterricht oder die Nachhilfe organisieren sollen, ist ein absolut schlechter Witz. Das ist ein schlechter Witz für die Betroffenen, das ist ein schlechter Witz für die Jobcenter, und es ist eine vollkommen absurde Idee.
Lassen Sie mich an dieser Stelle, da man an sozialpolitische Themen auch zu Recht heute nachdenklich herangehen soll, noch ein kleines Wort an die Fraktion DIE LINKE richten! Herr Erlanson, Sie haben gesagt, und ich weiß gar nicht, wo das bei Ihnen endet, 500 Euro Regelsatz, 10 Euro Mindestlohn, 30-Stunden-Woche, wahrscheinlich mit vollem Lohnausgleich! Natürlich können Sie auch, wenn Sie damit innerparteilich Probleme haben, dann sagen, 1 000 Euro Hartz IV, 20 Euro Mindestlohn und 20-StundenWoche bei vollem Lohnausgleich. Ich weiß nicht, wer bei Ihnen dann Vorsitzender wird, wer da die höchsten Zahlen erfindet.
Wir müssen auch einmal einsehen, dass Sozialpolitik keine reine quantitative Veranstaltung ist. Es ist nicht so! Das sehen wir daran, dass die Verfestigung von sozialen Notlagen nicht allein durch die Milliarden Euro gelöst werden kann, die bundesweit von Bund, Ländern und Kommunen für Sozialpolitik ausgegeben werden. Deswegen sollten wir wenigstens
einmal einen Gedanken darauf verwenden, dass der Transfer nicht das Einzige ist, sondern dass wir eine soziale Infrastruktur im Bildungs- und auch im Sozialwesen brauchen, dass wir Hilfen und Projekte brauchen, die wir auch evaluieren müssen, ob sie den Menschen auch tatsächlich etwas nützen. Das ist ein zweites Feld, wo wir uns sozialpolitisch profilieren können und müssen, da nicht allein wie bei Ihnen quantitativ die Höhe der Zahlen den Menschen auf Dauer weiterhilft, sondern auch die Qualität von sozialpolitischer Arbeit, von Bildung, von Infrastruktur für ein besseres Leben eine ganz große Rolle spielt, und die kommt bei Ihnen in keiner einzigen Rede, in keinem einzigen Antrag vor, meine sehr verehrten Damen und Herren von der LINKEN.
Das heißt aber nicht, dass die Höhe des Regelsatzes diesem Punkt untergeordnet ist. Ich gebe Ihnen in der Frage des Regelsatzes absolut recht, ich sage nur, die qualitative Debatte über die Qualität von Sozialpolitik muss dazukommen. Die Höhe des Regelsatzes ist keine Frage, die wir ins Belieben von beliebigen Rechentricks stellen können, sondern sie ist – und das haben sowohl Sie als auch der Kollege Tschöpe gesagt, und ich schließe mich dem ausdrücklich an – eine Frage der Menschenwürde und der Menschenrechte, sie ist im Grundgesetz verbrieft. Hier gibt es einfach kein Vertun, hier muss endlich ein Regelsatz her, der dieser Menschenwürde, die im Grundgesetz und auch vom Bundesverfassungsgericht gefordert wird, entspricht. Das ist im Moment in dieser Vorlage der Bundesregierung nicht der Fall.
Lassen Sie mich noch, ich hatte es am Anfang gesagt, auf die Gesundheitsreform zurückkommen! Wir Grünen werben seit langem dafür, eine Bürgerversicherung in der Krankenversicherung einzuführen, die alle mit einbezieht, die heute in die Krankenversicherungen nicht einzahlen. Eine solche Bürgerversicherung ist überfällig, und sie würde auch viele Probleme des Defizits, das beschrieben worden ist, lösen. Was Sie jetzt machen, ist gar keine Reform, es ist einfach eine Erhöhung der Beitragssätze. Das ist das Schlichteste, was man tun kann. Was Sie dann noch machen, Sie sagen: Na ja, die Beitragssätze sollen steigen, darauf soll auch noch ein Einmalbetrag kommen, den sollen in Zukunft aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen, der Anteil der Arbeitgeber wird bei 7,3 Prozent eingefroren.
Ihr Bundesvorsitzender, Herr Westerwelle, ist in den Wahlkampf hinausgegangen und hat mehr Netto vom Brutto versprochen. Sind höhere Krankenkassenbeiträge für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
mehr Netto vom Brutto? Sie sind weniger Netto vom Brutto, meine Damen und Herren, und das große Versprechen – fast hätte ich einen freudschen Versprecher gemacht – haben Sie nicht gehalten, das Sie im Bundestagswahlkampf hier angekündigt haben. Ich glaube, dass etliche der Stimmen Ihrer knapp 15 Prozent, die Sie damals geholt haben, auf dieses Versprechen, dass die Menschen weniger Sozialabgaben zahlen müssen, auch zurückgehen.
Wenn Sie einmal schauen, wie Ihre Gesundheitsreform kommentiert wird, dann haben Sie praktisch gar keinen Ausweg, als hier auch selbstkritisch einmal nach vorn zu gehen und zu sagen, dass das im Prinzip ein riesiger Flop ist. Die Einzelheiten sind hier ja schon genannt werden, ich brauche sie nicht zu wiederholen.
Was ist die Kommentarlage dieser Gesundheitsreform des FDP-Gesundheitsministers Rösler? Da heißt es entweder in einem Kommentar der „Welt“, die Ihnen durchaus nahestehen dürfte, „Wieder ein Gesundheitsreförmchen“, oder in der „Tagesschau“ das Motto des Kommentars: „Armseliger hätte die Reform nicht sein können“. Ich darf noch weiter zitieren aus dem Kommentar in der „Tagesschau“: „So einfallslos ist bisher noch kein Gesundheitsminister in Deutschland ans Werk gegangen. Die Versicherten zahlen die Zeche. Bei Industrie und Pharmaherstellern wird dagegen nur ein ganz kleines bisschen der Gewinn gekappt.“ Selbst in dem weiteren Springer-Organ, nämlich der „Bild“, wird Ihre Gesundheitsreform schlichtweg, wie es dort so üblich ist, in einer sehr kurzer Formel beschrieben: „So krank ist die Gesundheitsreform dieser Bundesregierung.“
Ich weiß gar nicht, ob Sie irgendwo jemanden – ich habe lange gesucht – gefunden haben, der diese Art der Gesundheitsreform, nämlich Beitragserhöhung schlicht auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umzulegen, weitere Pauschalbeträge oben daraufzusatteln und dann in einem sehr undurchschaubaren System des angeblichen Sozialausgleichs, das auch noch nicht finanziert ist, das auch noch nicht beschlossen ist, das Sie nur ankündigen, dann dies kompensieren zu wollen für diejenigen, die es nicht bezahlen können – –.
Das ist keine grundlegende Reform des Gesundheitswesens, das ist kein Begrenzen der Gewinne der Pharmaindustrie, das ist kein Zurückschrauben der Honorare der Ärzte.
Hier machen Sie auch noch gesundheitspolitisch einen großen Fehler: Sie begrenzen die Honorare der Hausärzte stärker, Sie begrenzen die Honorare der Fachärzte sehr viel weniger, Sie machen den Krankenhäusern das Leben schwer – das werden Sie in Bremen bei den kommunalen, aber auch den freigemeinnützigen Krankenhäusern sehen –, und Sie
bevorzugen einseitig Apotheken, Pharmaindustrie und die Fachärzte. Genau das scheint auch das Ziel zu sein, denn man hat nicht den Eindruck, dass das zufällig geschieht, sondern dass es Ausfluss Ihrer Politik ist, meine Herren von der FDP!
Herr Präsident, ich komme zum Schluss! Wenn Herr Dr. Möllenstädt hier entweder überzeugt oder auch mit der Verzweiflung, dass man es von Bremen aus auch wenig anders machen kann, wenn die Bundesregierung hier so vorprescht, versucht, diese beiden Reformen schönzureden, wenn er sagt, wir sollten uns nicht aufregen, es würde schon alles gut, dann hat er sich, glaube ich, sehr getäuscht. Ich glaube, dass neben der Auseinandersetzung um die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke die Auseinandersetzung um den sozialen Frieden in unserem Land in diesem Herbst und Winter eine große Rolle spielen werden. Wir Grünen sind auf jeden Fall an der Seite derer, die von Ihnen zusätzlich belastet werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, das ist ein sehr guter Anlass, auch einmal wieder aus dem politischen Alltagsgeschäft herauszutreten und uns mit einer doch eher grundsätzlicheren, tiefer gehenden Thematik zu beschäftigen, zumal wir am nächsten Wochenende nun zentral die Feiern zum Tag der Deutschen Einheit hier in Bremen durchführen. Ich glaube, dass es sehr gut für Bremen ist, gerade in seiner Lage auch zu zeigen, dass wir eben ein unverzichtbarer Bestandteil dieses deutschen Bundesstaates, dieses föderalen Systems sind und sowohl willens als auch in der Lage, solche Feiern hier erfolgreich durchzuführen, genau wie alle anderen 15 Bundesländer.
Das ist vielleicht ein kleiner Nebenaspekt. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Ich habe selbst genug eigene Erfahrungen, weil meine Familie je zur Hälfte aus dem Westen und aus dem Osten stammt und ich die DDR auch durch regelmäßige Besuche von frühester Kindheit an kennengelernt habe. Wenn man sich den Zustand – und jetzt reden wir einfach einmal nur über das, was Sie Volksvermögen nennen, nennen wir einmal den Zustand der Produktionsstätten, Herr Erlanson, ich gehe einmal auf Ihren Beitrag ein – der Produktionsstätten, der Betriebe, der Kindertagesstätten, der Schulen, aber auch der Wohnungen angeschaut hat und wenn Sie dann sagen, dass durch die Wiedervereinigung quasi Volksvermögen zerstört worden wäre, und wenn Sie sich anschauen, wie eine Schule, ein Kindergarten und ein Betrieb in diesen Bundesländern heute aussehen, dann ist das schon reichlich absurd!
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatten natürlich mit einer Produktion, die so auf den Hund gekommen war, und mit solchen veralteten Methoden ohne die notwendigen Ressourcen und ohne die notwendigen Dinge, die man dazu braucht, gar keine Chance mehr. Da waren nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der DDR schuld, aber das gesamte Produktionssystem war so am Ende, dass sie gar keine Chance mehr hatten, dies in welcher Form auch immer fortzusetzen. Da ist nicht danach Volksvermögen zerstört worden, sondern davor, und zwar durch die Art und Weise, wie man damit umgegangen ist.
Ich fand es ein bisschen schade, ich hatte im Grunde genommen vor, Sie für den zweiten Absatz Ihrer Einleitung zu Ihrem Antrag ausdrücklich zu loben und zu begrüßen, dass Sie dies aufgeschrieben haben. Sie haben es jetzt durch die Rede wieder ein bisschen zunichtegemacht, weil Ihre Rede nichts von dem Geist, der in diesem zweiten Absatz Ihres Antrags steht, widergespiegelt hat. Da hätte ich mir gewünscht, dass Sie, Herr Erlanson, oder eine oder einer Ihrer Kolleginnen oder Kollegen das noch einmal hier nach vorn gestellt hätten. Sie hatten es wahrscheinlich nicht ohne Motivation, ohne Begründung aufgeschrieben.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass Sie eine ganze Reihe von intensiven Diskussionen in der Partei, in der Fraktion hatten, die diese Absätze begleitet haben. Wenn man von diesem Absatz ein bisschen etwas in Ihrer Rede gespürt hätte, in dem Sie noch einmal eine sehr nachdenkliche Bilanz der Geschichte der DDR ziehen und in dem Sie sich vor allen Dingen – was mir sehr wichtig ist – positiv auf die de
mokratischen Aufstände in den Ländern des Ostblocks und die Bürgerbewegung beziehen, ich finde, das ist etwas, woran man hätte anknüpfen können, und das ist leider dann in der Rede fehlgeschlagen. Vielleicht waren Sie auch gegen diesen Absatz, das könnte ja sein, Sie haben so viele verschiedene Richtungen, die Sie da vereinen müssen. Es ist ein bisschen schade, dass Sie es heute nicht geschafft haben, daran anzuknüpfen, weil es ein Stück Gemeinsamkeit mit den anderen vier Fraktionen hier im Haus hätte herstellen können, wenn man solche Ansätze weiter nach vorn stellen würde in Ihrer Fraktion. Ich glaube, es geht nicht nur mir so, dass ich das gut fände.
Wenn Sie jetzt gesagt haben, in der DDR gab es Gleichheit ohne Freiheit, dann ist das ja schon einmal eine Erkenntnis.
Sie haben völlig recht, Herr Dr. Kuhn, es gab natürlich ein paar, die waren sehr viel gleicher als die anderen, und wir wissen auch ganz genau, wer gemeint war und welches Parteibuch man haben sollte. Aber wenn man jetzt rein formal die Gesamtbevölkerung anschaut und wenn man diesen einzigen volkswirtschaftlichen Indikator, den sogenannten Gini-Koeffizient anwendet, der über die gesamte Bevölkerung die Einkommensunterschiede abbildet, dann war er in der Tat dort relativ positiv, aber wenn Sie meinen, wer noch gleicher war, als alle anderen, ich glaube, das ist völlig d’accord.
Jetzt sagen Sie aber, in dem heutigen System würde das quasi ausgeglichen, heute haben wir Freiheit ohne Gleichheit. Was Sie damit machen, ist ja, dass Sie die Zustände, unter denen die Menschen in der DDR größtenteils, jedenfalls die, die ich persönlich gekannt habe und heute noch kenne, gelitten haben, gleichsetzen mit heutigen Verhältnissen im wiedervereinten Deutschland. Es ist keineswegs so, und das wäre meine Kritik an dem, was Frau Allers gesagt hat, dass diese Entwicklung zu Ende ist. Ich verstehe sehr gut, dass Sie vorgetragen haben, Sie sind stolz auf viele Dinge. Der Eindruck aber, dass die Entwicklung zu Ende ist, den dürfen wir nicht erwecken, denn es gibt sehr viele Baustellen, an denen wir noch arbeiten müssen, und die soziale Frage ist natürlich eine solche Baustelle!
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident! Wenn Sie sagen, der Verlust an Freiheit in der DDR ist quasi ungefähr genauso schwerwiegend wie der Verlust an Gleichheit in der heutigen Bundesrepublik, dann verkennen Sie die Realität auch in der sozialen Lebenssituation in diesem Land. Überlegen Sie die vielen Milliarden Euro, die bei uns zum Nachteilsausgleich, für soziale Transfers, Infrastruktur, Projekte, für den Versuch, Menschen, denen es nicht so gut geht im Leben, tatsächlich lebenswürdige Umstände zu ermöglichen, ausgegeben werden! Daher glaube ich, dass sich eine Gleichsetzung der Aspekte Freiheit und Gleichheit und eine gleiche Kritik an beiden Aspekten in beiden Systemen verbietet.
Wie gesagt, Sie hätten es durch den ganz klein durchscheinenden Ansatz in Ihrem Antrag vielleicht hinbekommen können, dass wir hier wenigstens zu einer Grundgemeinsamkeit in der Auffassung kommen, wenn schon nicht über die damalige DDR, dann doch darüber, was wir im heutigen grundsätzlichen System der Bundesrepublik Deutschland haben. Es ist ein bisschen schade, dass Sie das jetzt durch die Rede verhindert haben. Vielleicht kommt noch der eine oder der andere aus Ihrer Fraktion nach vorn und rückt das wieder gerade. Mich persönlich würde es freuen – gerade kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit –, wenn wir auch in diesem Punkt ein wenig mehr Einheit in diesem Haus hätten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wegen der Kürze der Zeit noch einige Bemerkungen: Sie haben mich als Redner der Partei Bündnis 90/Die Grünen aufgerufen. Ich finde, das ist nach wie vor ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
eine hervorragende Sache, dass sich unsere Partei aus einem Teil Bürgerbewegung und aus einem Teil westdeutscher Elemente zusammensetzt und dass man es heute noch im Namen hört und spürt, so holprig das auch manchmal ist und so sehr man versucht ist, es abzukürzen. Dieses Bündnis 90/Die Grünen ist eine Erinnerung daran, dass es in diesem Land mehrere Traditionen gibt, auch politische Traditionen, aus denen man kommen kann. Wir mögen in unserer Partei, das ist bei uns auch Konsens, diese Tradition sehr, sehr lang aufrechterhalten!
Ich wollte aber gar nicht über uns sprechen, denn um uns geht es gar nicht, sondern es geht um die deutsche Einheit.
Ich wollte zwei Aspekte noch einmal ansprechen, zum einen die Frage, wie das mit Kritik oder der Erwähnung von Problemen im Zusammenhang mit deutscher Einheit ist? Ich finde nicht, dass das etwas ist, was nicht in die Diskussion gehört, sondern es gehört unmittelbar dazu, dass man einen solchen Prozess auch benennt, indem man auch benennt, welche Schwierigkeiten es nach wie vor gibt. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie das auch so gemeint haben, Frau Allers.
Wenn man sich einmal die schwerwiegendsten, grundlegendsten Probleme anschaut – ich nenne nur einmal Langzeitarbeitslosigkeit, Folgen des demografischen Wandels, Klima, soziale Spaltung, Fragen wo die Wirtschaft hingeht, was ist mit der Schuldenproblematik, Rechtsextremismus –, dann ist doch das Erstaunliche daran, dass man nicht mehr schafft, es Ost oder West zuzuordnen. Selbst wenn man es unbedingt will, man würde es nicht schaffen. Auch die Probleme, auch die Schwierigkeiten, an denen wir als Politiker arbeiten müssen, sind inzwischen gesamtdeutsch. Insofern ist auch die Thematisierung derjenigen Dinge, die noch vor uns stehen, eine schwere Arbeit mit vielen Aufgaben.
Die Probleme, die wir als Politikerinnen und Politiker in Deutschland noch haben, sind gesamtdeutsche Probleme und keine Probleme allein des Ostens oder des Westens mehr. Insofern wachsen wir auch hier zusammen. Wenn der demografische Wandel ein Problem ist, gibt es natürlich in den neuen Bundesländern ein größeres Problem, da es noch eine Abwanderung in den Westen und hier eine ganz andere Geburtenstruktur und Verteilung gibt. Es ist aber natürlich ein Problem gesamtdeutscher Art, das wir alle gemeinsam haben. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir uns an einem solchen Wochenende dazu bekennen, gemeinsam daran zu arbeiten und nicht Ost gegen West auszuspielen, je nachdem, was für ein Thema gerade aufgerufen wird. Das sollten wir nicht tun!
Ich wollte – damit es nicht so aussieht, als ob das hier unterdrückt wird, das klang ja heute Morgen in der Geschäftsordnungsdebatte so ein bisschen an – noch einmal auf die Proteste am Wochenende eingehen. Schaut man sich die einschlägigen Aufrufe an, gehöre ich zu denjenigen Menschen, die erst einmal grundsätzlich das Recht auf Demonstrationsfreiheit sehen, das Recht auf Kritik, das Recht auf Anmeldung, dass man etwas anders sieht, selbst wenn die Mehrheit noch so groß ist. Dieses Recht ist umso wichtiger für die Wenigen, die es anders sehen und abweichen. Dass Dissidenten nicht mundtot zu machen sind, sondern dass sie ihre Kritik laut und möglichst klar sagen dürfen, das haben wir auch aus der Geschichte der DDR gelernt. Deswegen gehört auch Kritik an einem solchen Wochenende dazu, sie ist gar nichts Schlechtes.
Wenn man sich aber den einschlägigen Aufruf verschiedener Gruppen einmal genau anschaut und sich die Texte einmal durchliest, erschrickt man doch sehr. Ich will wegen der Kürze der Zeit und auch, um dem Ganzen nicht noch eine besondere Bedeutung zu verleihen, nur noch einen einzigen Punkt herausgreifen. Es gibt in diesem Aufruf einen Punkt, in dem noch einmal die Kritik formuliert wird. Erstaunlicherweise kommt man dazu zu sagen, das ist nun nicht die Kritik am Kapital und an wem auch immer, an den Regierenden, sondern es steht hier wörtlich, ich zitiere, „die systemoppositionelle Kritik an Volk und Nation“. Wenn das Volk der Fokus der Kritik derer ist, die hier opponieren, was heißt das eigentlich, und in welcher Konsequenz bewegen wir uns da eigentlich?
Das Volk steht sozusagen im Zentrum der Kritik der Demonstranten. Ehrlich gesagt, es ist mir eiskalt den Rücken heruntergelaufen, denn was ist, wenn man das ein bisschen weiter denkt, die Konsequenz dieser Aussage? Dass wir nun die Bevölkerung, nicht etwa regierende Parteien, Politiker, wen auch immer, für etwas verantwortlich machen, sondern das gesamte Volk! Hier ist auch von mit Winkelementen bewehrtem Partymob die Rede. Das meint die ganz normalen Bürgerinnen und Bürger, die am Wochenende aus Bremen und von außerhalb kommen wollen, um diesen Tag der Deutschen Einheit zu feiern. Wenn man es so angeht – das sind sicherlich nur einige ganz wenige, und ihr Geisteszustand dürfte auch nicht allzu wohlbehalten sein –, wenn man das zum Ansatz der Kritik macht, endet das in einer Konfrontation, in der man im Grunde genommen das Volk beseitigen muss, um seine eigenen politischen Ansichten durchzusetzen.
Wir alle kennen Beispiele, in denen versucht worden ist, das so zu machen. Deswegen finde ich, dass wir an diesem Tag, auch wenn wir Differenzen wie jetzt in diesem Haus bei den Anträgen zwischen vier
Fraktionen und der LINKEN haben, auch wenn wir andere Differenzen haben, solchen Ansätzen geschlossen und eindeutig und mit einer klaren Haltung an diesem Wochenende entgegentreten sollten. Kritik darf jede Chance haben, sich zu artikulieren. Das Volk ins Zentrum der Kritik zu stellen, es quasi an den Pranger zu stellen, kann niemals in Ordnung sein. Hiergegen werden wir uns aus der Bremischen Bürgerschaft heraus ganz klar abgrenzen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang der Debatte, das hatten wir heute schon ein paar Mal, steht ja immer die Frage: Ist es eigentlich legitim, ist es richtig, einen solchen Antrag hier in diesem Hause zur Verhandlung zu stellen? Ich finde es schon! Wir haben des Öfteren hier die Debatte, auch die Kritik, nach dem Motto gehabt, das habe im Landtag gar nichts verloren. Das haben jetzt nicht Sie gesagt, aber wir kennen das ja!
Ich finde schon, dass sich ein Landtag in der Bundesrepublik Deutschland mit einer solchen elementaren Frage von Krieg und Frieden, vom Bundeswehreinsatz in Afghanistan, auseinandersetzen sollte und dass man anlässlich dieses Antrags dann auch die Gelegenheit wahrnehmen sollte, vielleicht die gemeinsamen, aber eben auch die unterschiedlichen Positionen zu diskutieren. Das ist ja kein leichtes Thema.
Ich selbst habe von der Zeit, als ich den Kriegsdienst verweigert und meinen Zivildienst abgeleistet habe, bis heute immer eine deutliche Distanz und Skepsis zu allen militärischen Unternehmungen gehabt, egal, von wem sie ausgehen, und ich habe sie auch heute noch. Nur die geringste Art der Begeisterung oder der positiven Darstellung für das, um was es hier geht, ist mir vollkommen fremd. Dennoch ist es ja ein kompliziertes Thema, bei dem es nicht nur um uns geht.
Bei Herrn Tittmann hatte man den Eindruck, es gehe irgendwie um eine Art völkische Einstellung, es gehe immer, wenn auf der Welt irgendetwas passiert, um die Deutschen, und alle anderen Schicksale auf der Welt, das dürfte bei ihm ja durchgehend so sein, sind ihm vollkommen egal, und das hat er hier ja auch schon zum Ausdruck gebracht. Es ist eine Art des Rassismus, dass man sich weigert, Leiden auf der Welt, wie auch immer man es möglicherweise lindern kann, überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, wenn nicht Deutsche betroffen sind. Das fand ich schon neben dem ganzen Haufen Unsinn, den er hier in seiner Rede gesagt hat, sehr bemerkenswert.
Man darf, glaube ich, nicht vergessen, dass wir in dem Fall ein UNO-Mandat als Grundlage haben. Das scheint ein bisschen auch bei Ihnen, Herr Beilken, so gesehen zu sein, Sie haben zwar korrekt von einer den Frieden erzwingenden Maßnahme gesprochen, haben sich aber darüber gewundert, dass das so ist. Das sollte man vielleicht bei einer solchen Gele––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
genheit dann noch einmal sagen, es ist schon ein kleiner Unterschied zwischen purer Willkür, wenn Staaten sich beispielsweise zusammenschließen und militärisch irgendwo intervenieren, und der Tatsache, wenn die UNO einen deutlichen und ganz klaren Auftrag ausspricht.
Für uns Grüne ist das ein Thema, bei dem wir, ähnlich wie schon bei vergleichbaren Einsätzen, sehr ringen, sehr viel miteinander diskutieren. Es wurde angesprochen: Einige von uns, gerade von der politischen Bundesebene, sind sehr oft in Afghanistan, informieren sich vor Ort. Es gibt sehr heftige, sehr kontroverse Debatten bei uns in der Partei zu diesem Thema. Wir machen es uns nicht so leicht. Ich glaube, mit der Forderung, heute einfach abziehen, und dann ist alles gut, macht man es sich als politische Partei einfach ein bisschen zu leicht. Das ist etwas, das wir nicht tun wollen, sondern wir wollen uns der Komplexität und der Schwierigkeit dieser Aufgabe stellen. Dazu gehören eine ganze Menge Punkte, die mit dem Satz, ziehen wir doch heute ab, dann wird sich der Rest von allein erledigen, einfach nicht zu lösen sind und auch nicht gelöst werden, meine Damen und Herren!
Es gibt ein paar Eckpunkte, und dazu gehört schon, dass man eine realistische Abzugsperspektive hat. Ich glaube, dass man immer deutlich machen muss, dass die Verantwortung auf Dauer für Frieden und Sicherheit letztendlich bei den Afghanen im Land selbst liegen muss, dass wir hier nur Hilfestellungen leisten können. Der Kollege Oppermann hat es auch angesprochen, das ist ganz klar auch die grüne Auffassung. Man kann dann darüber streiten, ob es 2013 oder 2015 eher geht. Es muss jedenfalls eine realistische und nicht allzu ferne Perspektive sein, dass man mit den militärischen Maßnahmen auch aus Afghanistan hinaus kann.
Bei einem Punkt, den Sie angesprochen haben, Herr Beilken, würde ich sofort sagen, da haben Sie vollkommen recht. Sie haben angesprochen, dass das Geld, das dort ausgegeben wird, in der Tat fehlt, um wichtige Dinge im Bereich der Bildung, Ökologie, Wirtschaft, Arbeitsplätze, sozialen Errungenschaften und so weiter durchzuführen. Die Entscheidung war ja bisher, dass man dennoch – schweren Herzens sozusagen – diesen Aufgaben zustimmt. Sie haben recht, es ist natürlich auch eine große finanzielle Belastung, die sich die Länder, die dort engagiert sind, aufgebürdet haben.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss! Wir müssen den zivilen Aufbau stärken, wir müssen die Menschen schützen, wir müssen Errungenschaften, die es im Bereich der Bildung, der Ausbildung, vor allen Dingen der Frauenrechte, ich möchte diesen Punkt auf gar keinen Fall hier vergessen, gibt, sichern und schützen, und wir müssen den afghanischen Staat in die Lage versetzen zu versuchen, sich auf Dauer
das ist die einzige wirkliche Alternative – gegen die Angriffe der Taliban und anderer zu schützen und seinen Entwicklungsweg, der noch sehr holprig und steinig ist, weiter zu gehen. Deshalb sind wir im Moment in Afghanistan. Dazu leisten viele Menschen einen Beitrag.
Mit diesem Versuch, an einem anderen Ort der Welt einen Beitrag zu einer positiven Entwicklung zu leisten, sollten wir uns, glaube ich, auch immer in diesem zivilen Sinne identifizieren und hoffen, dass wir den militärischen Teil ganz schnell beenden können und den zivilen Aufbauteil noch lange mit sehr viel Engagement, unter anderem auch mit Geld, fortsetzen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kol––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
legen! Herr Tittmann, wenn Sie, was ich einmal vermute, nachdem wir Sie heute gehört haben, Bewerbungsreden für die Spitzenkandidatur der NPD zur nächsten Bürgerschaftswahl halten wollen, würde ich Sie ganz dringend bitten, diese nicht hier in der Bremischen Bürgerschaft zu halten, sondern dann zur NPD zu gehen, sich dort zu bewerben und nicht hier solche Reden zu halten, wie Sie es heute getan haben. Die brauchen wir hier in diesem Haus ganz bestimmt nicht.
Sie sollten schweigen, wenn es um diese Themen geht, weil Sie keinerlei Legitimation haben, sich heute hier dazu zu äußern.
Unter den demokratischen Fraktionen, finde ich, ist es eine legitime Anfrage, eine legitime Idee, dieses Thema zu diskutieren, gleichwohl bin ich dem Kollegen Ehmke dankbar, dass er schon in seinem Beitrag einmal versucht hat, die Relationen herzustellen, in denen wir hier in Bremen über diese Dinge reden. Die CDU hat vergleichbare Anfragen und Anträge, glaube ich, in mehreren Bundesländern gestellt. Man versteht, dass sie in Berlin und Hamburg – auch das haben Vorredner gesagt – zurzeit einen anderen politischen Handlungsdruck haben als wir hier in Bremen. Das können Sie im Übrigen auch der Antwort des Senats wunderbar entnehmen. Ich komme zu Berlin aber gleich noch einmal zurück, weil man ja auch von anderen Bundesländern hin und wieder eine ganze Menge lernen kann. Mit dem von Ihnen so versuchten Kniff, Herr Kollege Hinners, zu sagen, Linksextremismus zum einen, linksextreme Gewalt zum anderen und dann doch Linke als Ganzes so ein bisschen in einen Topf zu werfen und dann miteinander zu verrühren, die Partei DIE LINKE kommt dann dort auch noch mit hinein, ich glaube, das sollte man nicht tun. Mit links, lieber Kollege Hinners, und das kann ich für mich und für meine grünen Parteifreunde sagen, verbinden sich immer noch die Begriffe Emanzipation, Freiheit, Solidarität, soziale Frage, Menschenrechte. Das sind für uns Begriffe, mit denen man uns nicht durch die Dörfer jagen kann, mit denen man uns nicht erschrecken kann, und die Plakate der CDU aus den Fünfzigerjahren mit dem Gespenst aus dem Osten können Sie heute noch aufhängen, es wird sie aber keiner mehr anschauen, sehr geehrter Herr Hinners.
In diesem Sinne, wie ich es gerade definiert habe, verorten sich auch die Grünen seit ihrer Gründung
in diesem politischen Feld, und ich finde, es ist absolut ein gutes Gefühl, sich politisch mit diesen Begriffen auch so zu verorten. Wenn Sie das mit Gewalt vermischen, dann ist es deswegen schlecht, weil es verhindert, dass wir uns mit dem Phänomen ernsthaft auseinandersetzen, dass politische Überzeugungen umschlagen oder auch Anlass oder nur Vorwand für Gewalttaten sind. Deswegen komme ich noch einmal gern auf Berlin zurück! In Berlin gibt es natürlich, anders als in Bremen, inzwischen ein Problem: Viele Kreise glauben, dass sie mit, wie ich finde, relativ sinnloser Gewalt gegen Sachen – die aber natürlich auch ganz leicht zum Schaden von Menschen ausarten kann – versuchen, Politik zu machen.
Im Berliner Abgeordnetenhaus, wenn wir uns einmal einen Blick über den Tellerrand gönnen, hat es eine Erklärung der Fraktionsvorsitzenden – und jetzt hören Sie wegen der Mischung gut zu! – der CDU, der LINKEN, der SPD und der Grünen gegeben. Warum der FDP-Fraktionsvorsitzende nicht dabei war, habe ich nicht herausfinden können, es erscheint mir auch nicht logisch, aber vielleicht kann sein Kollege Woltemath hier in diesem Haus das noch erklären.
Die vier Fraktionsvorsitzenden – und ich sage ausdrücklich, der Fraktionsvorsitzende der LINKEN ist dort mit dabei gewesen – haben eine gemeinsame Erklärung mit der Überschrift „Brandanschläge sind kriminell und kein Ausdruck politischen Handels“ im Berliner Abgeordnetenhaus zusammen verfasst, zusammen vorgetragen. Ich darf nur einmal einen kurzen Satz daraus zitieren:
„Die im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE verurteilen diese Straftaten auf das Schärfste. Wir fordern alle politischen Aktiven, Verbände, Organisationen und Parteien auf, solche Straftaten zu verurteilen und sich klar davon zu distanzieren. Brandanschläge sind kein Ausdruck politischen Handels, sie dürfen weder akzeptiert noch gerechtfertigt werden. Gewalt ist kontraproduktiv und erschwert den notwendigen politischen Dialog über soziale Verantwortung in den Stadtteilen. Wer sozialen Zusammenhalt will, muss Gewalt ablehnen.“ Ich finde, das ist eine hervorragende Erklärung, und ich bin froh, dass meine beiden Kollegen im Berliner Abgeordnetenhaus dies maßgeblich mit vorangetrieben und die anderen vier Fraktionen dies dort unterstützt haben.
Ich finde, wenn man Gewalt ganz klar so abgrenzt und ausgrenzt und sich einerseits dazu auch eindeutig verhält als politische Kraft und andererseits politische Meinungen, politische Bestrebungen, politische Parteien und politische Richtungen nicht gleichzeitig mit dem Anhängsel der Gewalt versucht zu diffamieren und zu versenken, dann ist das ein seriöser und or
dentlicher Umgang mit diesem Thema. Hier haben Sie das Gegenteil versucht, das ist schade, aber noch ist es ja, glaube ich, nicht zu spät. Wir stehen für diesen Ansatz, wie er in Berlin gewählt worden ist. – Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Um vielleicht noch einmal auf den Punkt einzugehen, den Sie beide, Herr Woltemath und Herr Hinners, angesprochen haben: Wir leben ja in diesem Land schon ein bisschen länger, einige noch ein bisschen länger, aber alle haben wir Erfahrungen in der Geschichte gemacht, und als ich vorhin, Herr Hinners, die Worte klammheimliche Freude gehört habe,
klammheimliche Sympathie gehört habe: Das ist ein Muster – das müssen Sie leider so zur Kenntnis nehmen –, das in den Siebzigerjahren mit einem ganz bestimmten Hintergrund verwendet worden ist. Diesen Begriff hat man aufgegriffen, um die berechtigte und vollkommen glasklare Empörung über den Terrorismus der RAF nicht nur gegen die RAF zu wenden, sondern gleich auch noch gegen eine ganze Reihe von demokratischen und politischen Kräften. Das steckte heute in dem, was Sie gesagt haben, und relativ viele in diesem Haus verwahren sich, glaube ich, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
dagegen, dass dies heute, 2010, noch einmal so aufgegriffen wird, sehr geehrter Herr Hinners!
Deswegen mein Wunsch der Trennschärfe gegen Gewalt und gegen Extremismus!
Ja, trennscharf, aber dort wo sich Menschen politisch bewegen, ihre Meinungen äußern, politisch aktiv sind, bitte keinen Versuch, mit solchen Begriffen die Dinge in einen Topf zu werfen und zu vermischen! Wenn wir uns da einig sind, umso besser! – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Vorredner dahingehend korrigieren, dass das interfraktionell Gegenstand war,
wenn meine Erinnerung mich nicht trügt.
Ich weiß nicht, ob Sie oder sonst jemand von Ihrer Fraktion da waren! Ich glaube, Herr Dr. Möllenstädt war nicht da, ich habe ihn jedenfalls nicht gesehen. Ich glaube, es gibt einen Bedarf bei diesen vielen Gesetzen und Verordnungen, die hier in diesem Gesetzespaket zur Debatte stehen, endlich einmal Klarheit über die Verlängerung zu schaffen, und ich glaube, dass die Anträge so übersichtlich und so einfach strukturiert sind, dass es allen Fraktionen möglich sein müsste, sich heute dazu zu verhalten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen anders, als ich es insgeheim befürchtet hatte, ist das – mit den beiden Ausnahmen, die schon beschrieben worden sind – eine sowohl der Wahl, den Personen als auch dem ganzen Vorgang angemessene Debatte, und ich möchte mich ausdrücklich bei meinen Vorrednern dafür bedanken – mit diesen beiden Ausnahmen von Herrn Timke und Herrn Tittmann –, dass diese Debatte bis hierhin so geführt worden ist.
aber auch das Ernstnehmen von uns selbst, indem wir Verfahren, die wir einmal in Gang setzen, ordentlich und vertrauensvoll miteinander zu Ende bringen, dass wir nicht draußen herumlaufen und dieses Verfahren mit Worten wie zum Beispiel Filz belegen, oder was sonst noch gesagt worden ist, weil es findet sich im Verfahren selbst meines Erachtens keine Spur davon.
Die Koalition hat neben inhaltlichen Schwerpunkten in ihrem Koalitionsvertrag von Anfang an einen hervorragenden Wert auf die Auswahl qualifizierter Persönlichkeiten für herausragende Posten in Bremen gelegt, und ich finde, das ist uns, und ich sage es extra dazu, ganz oft im Einvernehmen mit der Opposition gelungen. In den letzten drei Jahren hat es sich aus einer Reihe von Zufällen ergeben, dass viele der leitenden Positionen in Bremen neu zu besetzen waren, diese wurden wirklich mit hervorragenden Männern und Frauen besetzt.
Ich bin, ehrlich gesagt, stolz darauf, dass wir heute eine neue Landesdatenschutzbeauftragte, eine neue Präsidentin des Landesrechnungshofs, einen Polizeipräsidenten, einen Intendanten von Radio Bremen, einen Flughafenchef, einen Chef der Wirtschaftsförderung haben, und ich könnte ganz lange hier stehen und Aufzählungen machen – ich möchte denen, die ich jetzt nicht erwähne, nicht zu nahe treten, ich habe nur nicht so viel Redezeit –, wir haben sehr viele dieser absolut wichtigen Topjobs in Bremen hervorragend besetzt. In den meisten Fällen hat die Opposition diese Auswahl auch geteilt, das heißt, dieser Schwerpunkt – Bremen wird auch vorangebracht, indem wir hervorragende Männer und Frauen in hervorragende Positionen heben – ist ein Pfeiler dieser Koalition, und auch in diesem Verfahren ist an dieser Grundmaxime dieser Koalition überhaupt nichts zu deuteln, und mit der Auswahl beider Kandidaten wäre im Prinzip dieser Kurs, hervorragende Leute in hervorragende Stellen, ganz klar und eindeutig weitergeführt, egal, was heute bei dieser Abstimmung dabei herauskommt, meine Damen und Herren!
Wir haben, und das waren der Sinn und der Geist dieses Verfahrens, wie es heute hier vorgelegt worden ist, keine Fraktionsabstimmung herbeigeführt, wir haben keine Probeabstimmung gemacht, sondern wir haben es so gemacht, wie wir es auch offiziell und öffentlich gesagt haben, wie es in diesem Hause heute ist. Jeder und jede Abgeordnete wird heute eine Entscheidung treffen, am Ende werden wir auszählen, werden wir eine Mehrheit sehen, und dann werden
wir eine Vizepräsidentin oder einen Vizepräsidenten des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen haben. Ich bitte dann alle, dieses Ergebnis so zu respektieren, wie es zustande kommt, das Verfahren ist jetzt genauso gewählt worden, und dann die Diskussion um den Rechnungshof, um seine Vizepräsidentschaft und um die Personalpolitik in diesem Bereich auch einzustellen.
Lassen Sie mich zu dem, was Herr Tittmann hier gesagt hat, Kollege Tschöpe hat eigentlich das Wesentliche gesagt, doch noch einmal sagen: Ich finde, wir können stolz darauf sein, dass wir auch in Auseinandersetzungen untereinander in den fünf Fraktionen hier im Hause niemals, und ich betone niemals, ein solch niedriges Niveau, wie es heute von ihm hier an den Tag gelegt worden ist, erreichen, sondern dass wir uns auch in solch schwierigen Debatten sachlich miteinander auseinandersetzen. Darauf bin ich stolz! – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich vor allen Dingen deswegen gemeldet, weil ich mich noch einmal über die Frage der ökologischen Bedeutung dessen, was Sie da beantragen, mit Ihnen unterhalten wollte. Vorher muss man aber noch einmal sagen, alle Beteiligten – auch die RWE, die jetzt auf dem CT 1, wenn er hergerichtet ist, damit beginnt –, ich betone, alle Beteiligten, und Sie, Herr Müller, sind, glaube ich, der Einzige, der es nicht mitbekommen hat, haben diese Vereinbarung unter der Voraussetzung abgeschlos––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
sen, dass es eine vorübergehende Lösung in den nächsten zwei bis drei Jahren ist, bis dann ein richtiger Hafen am Platz ist, und dass alle Gründe, ökonomische, aber auch logistische und technische Gründe dagegen sprechen, das ist nicht nur der Containerumschlag, der möglicherweise wieder anzieht, sondern es sind sehr viele andere Gründe. Es geht ja bei diesem Hafen darum, dass sie fertig montierte Anlagen auf hohe See bringen, und wenn sie das stückweise machen wollen, dann funktioniert das natürlich auf die Dauer so nicht.
Wir sind sehr froh, dass es diese Übergangslösung gibt, weil wir dadurch schneller sozusagen an den Markt kommen und weil die Offshoreenergie ja ganz schnell ausgebaut werden muss, aber es gibt wirklich niemanden, der glaubt, außer Ihnen, dass man das auf Dauer, auf Jahrzehnte hinaus, dort am CT 1 machen kann.
Mich hat aber etwas ganz anderes umgetrieben. Schauen Sie manchmal fern oder lesen Zeitung? Haben Sie im Golf von Mexiko in den letzten Wochen mitbekommen, welche Katastrophe es ist, Erdöl in küstennahen Gebieten zu fördern, und dass wir gerade dabei sind, einen ganzen Ozean zu zerstören, indem dieses Erdöl zu Millionen Tonnen dort jeden Tag ausläuft? Ist Ihnen klar, wenn wir einerseits die Ölförderung, andererseits Tschernobyl – an das Sie sich auch erinnern können müssten – und die CO2und Feinstaubemission der Kohlekraftwerke haben, dass wir dann sehr schnell in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren die regenerativen Energien – und das geht von der Menge her, das leuchtet, glaube ich, jedem ein, nur Offshore durch große Windanlagen in dem Bereich der Meere aufzustellen –, dass wir aus ökologischen Gründen die Entwicklung schnell und in großem Stil vorantreiben müssen, wenn wir nicht so weitermachen wollen, wie Sie es jeden Tag in den Medien beobachten können, wie es jetzt im Golf von Mexiko gerade mit der Erdölförderung ist?