Ich denke, wir haben zehn Jahre gewartet. Die Wirtschaft hat sich da nicht bewegt, einige haben sich bewegt, und die anderen wollen bewegt werden, und das wollen wir damit tun! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE begrüßt natürlich diesen Antrag, doch lassen Sie mich noch einige Anmerkungen im Namen meiner Kollegin Frau Troedel machen! Es ist beschämend für eine moderne und demokratische Gesellschaft, dass Frauenquoten überhaupt notwendig sind, und es ist beschämend, dass die bereits im Jahr 2001 eingegangene sogenannte Selbstverpflichtung der Wirtschaft offensichtlich keinerlei Auswirkungen auf das Handeln der Unternehmen hat.
Nicht nur bei der Erhöhung des Frauenanteils auf Führungsebenen – nebenbei bemerkt, da die Selbstverpflichtung offenbar frei ist von verpflichtendem Handeln – reichen Bitten und Appelle wie im vorliegenden Antrag leider nicht aus. Wie im Begründungstext bemerkt, wurden erst Korrekturen vorgenommen, wenn auf einer gesetzlichen Grundlage Möglichkeiten für Sanktionen gegeben sind. Auch ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
in Deutschland müssen offensichtlich Sanktionsmöglichkeiten geschaffen werden. Das ist mehr als armselig für eine Gesellschaft, die seit über 70 Jahren die Gleichberechtigung im Grundgesetz festgeschrieben hat.
Ebenso wie Sanktionsmöglichkeiten müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Frauen möglich machen, diese hoch dotierten Führungsaufgaben zu übernehmen. Diese Rahmenbedingungen stützen sich auf zwei gleichgewichtige Eckpunkte, das festgeschriebene Recht auf Teilzeitarbeit und bestmögliche Versorgung und Förderung der Kinder.
Im Antrag wird Norwegen als beispielhaft dargestellt. In Norwegen besuchten im Jahr 2008 87 Prozent aller Kinder zwischen einem und fünf Jahren einen Kindergarten, mit steigender Tendenz. Im Jahr 2009 ging der norwegische Gesetzgeber noch einen Schritt weiter, alle Kinder zwischen einem und fünf Jahren haben heute Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Dieser Anspruch wird auch tatsächlich umgesetzt, viele neue Kindergärten wurden gebaut. In Bremen sieht die Situation völlig anders aus: Im Jahr 2017 werden im Land Bremen 687 Betreuerinnen und Betreuer in Kindertageseinrichtungen fehlen. So ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht zu erreichen!
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine Quotierung im Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung ebenso vonnöten wäre wie die Quotierung bei den Aufsichtsratsposten. Weshalb gibt es so wenige männliche Erzieher in diesen Bereichen? Liegt es möglicherweise an der schlechten Bezahlung, die den vielfältigen Anforderungen im Elementarbereich einfach nicht gerecht wird? Sie sehen, diesem Antrag müssen weitere folgen, um Veränderungen zu bewirken, aber der Anfang ist gemacht. Wir stimmen dem Antrag zu, und ich würde mich freuen, wenn die FDP es sich auch noch einmal anders überlegen würde, aber ich glaube, bei Herrn Dr. Möllenstädt habe ich die Hoffnung verloren. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Möllenstädt, es ist immer wieder eine interessante Erfahrung, Ihre Reden im Bereich der Frauenpolitik zu hören.
Ich stelle fest, auch Sie haben da noch echten Nachholbedarf, ich würde Ihnen da einmal eine grundsätzliche Schulung empfehlen. Mehr möchte ich dazu gar nicht sagen!
Zwei Drittel aller Deutschen sind nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung der Überzeugung, dass es keine gleichen Chancen im Beruf für Frauen und Männer gibt. Insbesondere Frauen glauben nicht an einen beruflichen Aufstieg. Hauptgrund für die Benachteiligung der Frauen ist insbesondere die Doppelbelastung durch Beruf und Familie, die im Alltag Probleme bereitet. Diese nüchterne Situationsbeschreibung verwundert nicht, wenn man sich die immer noch gelebte Unternehmenskultur in vielen Unternehmen ansieht. Der beste Mitarbeiter, ob Mann oder Frau, ist immer noch in Vollzeit tätig – inklusive Überstunden – und jederzeit bereit, den Firmenbelangen eigene, zum Beispiel familiäre Belange unterzuordnen, sowie durchsetzungsstark und karrierebewusst.
Wir brauchen insgesamt einen Bewusstseinswandel in den Unternehmen, denn inzwischen klagen auch immer mehr Männer, die Elternzeit nehmen oder Teilzeit arbeiten, um ihren Anteil der Familienarbeit aktiv mitzugestalten, über die gleichen Probleme. Es ist also in Wirklichkeit gar kein reines Frauenproblem, sondern ein Problem, wenn Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur von Frauen wahrgenommen wird. Zukunftsfähige Unternehmen investieren daher massiv in den Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und erhöhen so ganz nebenbei den Anteil von Frauen in Führungspositionen. Frau Hoch hat es angesprochen, die Telekom hat ohne eine Gesetzesvorgabe die Zeichen der Zeit erkannt und verkündet, bis Ende 2015 eine Quote von 30 Prozent Frauenanteil in Führungspositionen durchsetzen zu wollen. Schon ein halbes Jahr später sind echte Resultate in ganz vielen unterschiedlichen Bereichen sichtbar, und das zeigt, wo ein Wille ist, findet nicht nur Symbolpolitik statt.
Die ersten drei Forderungen Ihres Antrags werden wir aus diesem Grund auch unterstützen, da Sie dort fordern und den Senat verpflichten, selbst tätig zu werden. Darüber hinaus unterstützen wir natürlich ebenso die Werbung in der privaten Wirtschaft im Land Bremen für einen vierzigprozentigen Frauenanteil in den Aufsichtsgremien. Nur wer selbst als gutes Vorbild vorangeht, kann von anderen ebenfalls etwas verlangen.
In diesem Zusammenhang möchte ich allerdings auf zwei Punkte aufmerksam machen, zum einen auf die Debatte, die wir vor kurzem zum Thema Landesgleichstellungsgesetz hatten: Da hat die ZGF dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass der Frauenanteil an Entsendungen in öffentliche Ämter und
Kommissionen während der Zeit der Großen Koalition 42 Prozent – also fast 50 Prozent – betrug und in den letzten drei Jahren durch die rot-grüne Regierung auf 29 Prozent zurückgeführt wurde. Das zeigt, dass wir hier an der Stelle nicht nur Anträge schreiben, sondern tatsächlich auch handeln müssen.
Einen zweiten Punkt möchte ich auch noch nennen: Sie wissen, dieser Antrag unterliegt der sogenannten Diskontinuität, das heißt, er ist für den nächsten Senat nicht bindend. Wir als CDU-Fraktion werden aber darauf achten, dass dieser hier heute formulierte politische Wille auch tatsächlich umgesetzt wird, zumindest in den ersten drei Punkten.
Hinsichtlich des vierten Punktes, der Bundesratsinitiative, stellen wir fest, dass eine reine starre gesetzliche Regelung ein durchaus zweischneidiges, schwieriges Schwert ist. Wir haben auch in anderen Bereichen eine Quote eingeführt oder gesetzliche Forderungen aufgestellt, ich nehme einmal die Frauenförderpläne. Wir streiten oder diskutieren regelmäßig darüber, wie wenig diese gesetzliche Vorgabe tatsächlich umgesetzt worden ist. Sie werden nicht überarbeitet, wir haben da Probleme, wir haben da Schwierigkeiten, das zeigt, eine gesetzliche Vorgabe allein wird uns an dieser Stelle überhaupt nicht weiterhelfen. Wir müssen es schaffen, das Bewusstsein in den Köpfen der Menschen in den Unternehmen zu verändern.
Norwegen, meine Vorrednerin hat es erwähnt, ist einen sehr interessanten Weg gegangen. Dort arbeiten Frauen sehr viel mehr in Vollzeit und sind in der zweiten und dritten Führungsebene und Hierarchie der jeweiligen Unternehmen schon sehr verankert. Deswegen war es auch sehr schnell möglich, an dieser Stelle die 40 Prozent Frauenanteil zu erreichen. Hier in Deutschland haben wir das Problem nicht nur ganz oben, in den DAX-geführten Unternehmen, in den Topgremien, sondern wir haben auch darunter in der zweiten und dritten Führungsebene leider, das muss man deutlich sagen, noch zu wenig Frauen, weil wir eben – das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe ich schon angesprochen – an dieser Stelle noch deutlich nachjustieren müssen.
Unsere Aufgabe ist es, diese gläserne Decke weiter aufzubohren. Das kann man nicht allein mit einer gesetzlichen Quote machen. Dazu gehört viel mehr, deswegen werden wir dem Punkt vier nicht zustimmen. Ich beantrage für die CDU-Fraktion getrennte Abstimmung, die ersten drei Punkte zusammen und den vierten Punkt einzeln, damit wir das hier an dieser Stelle entsprechend dokumentieren können. – Danke schön!
Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft! Für den Senat muss ich der Analyse, die die Rednerinnen aller Fraktionen hier vorgetragen haben – Entschuldigung, Herr Dr. Möllenstädt, und der Redner! – eigentlich nichts hinzufügen, denn die Situation in der Wirtschaft ist offenkundig so, wie sie hier auch beschrieben worden ist. Selbstverständlich nimmt der Senat, wenn die Bürgerschaft so beschließt, wie hier vorgeschlagen, die Beschlüsse der Bürgerschaft auch ernst. Er nimmt die Bitten nicht nur zur Kenntnis, sondern er wird versuchen, sie auch umzusetzen. Ich will mich jetzt auf den Bereich beschränken, auf den der Senat unmittelbaren Einfluss hat, nämlich den eigenen, den öffentlichen Bereich mit den Aufsichtsräten. Die Frage der Qualität der Aufsichtsräte, Herr Dr. Möllenstädt, Sie haben ja insbesondere dazu geredet. Unabhängig davon, ob es sich um Frauen oder um Männer handelt, versuchen wir in dieser Legislaturperiode erstmalig regelmäßige Informations- und Schulungsveranstaltungen für Aufsichtsräte, an denen sehr viele Aufsichträte, die in den öffentlichen Unternehmen sind, auch tatsächlich teilnehmen, auch Aufsichtsräte aus den Reihen der Bürgerschaft und mittlerweile auch Aufsichtsräte aus den Reihen der mitbestimmten Unternehmen, der Gewerkschaften und der Betriebsräte. All das führt schon zu einer Qualitätsverbesserung und auch zu einer größeren Transparenz der Arbeit. Derzeit läuft gerade wieder ein solcher Durchgang von Schulungen für Aufsichtsräte. Das ist die Frage der Qualität. Da haben wir, glaube ich, keine Meinungsverschiedenheiten darin, dass die Qualität von Frauen und von Männern in Aufsichtsräten eher von den individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen abhängt und dass die Frauen nicht durch ihr Geschlecht oder dadurch, dass sie vielleicht nicht immer so viel Erfahrung in diesen Gremien haben, irgendwie anders, schlechter oder qualitätsmäßig nicht akzeptabel seien. Das sind einfach Legenden, es ist eher umgekehrt. Ich sitze zum Beispiel in einem Aufsichtsrat eines öffentlichen Unternehmens, in dem es in der Mehrheit Frauen gibt. Das ist kein Sozialunternehmen, sondern ein Unternehmen, das auch große wirtschaftliche Schwierigkeiten hat. Ich stelle dort fest, seitdem es so ist – denn ich war auch schon in dem Aufsichtsrat, als die Männer noch die Mehrheit hatten –, wird dort sehr viel präziser gefragt, sehr viel klarer die Geschäftsführung kontrolliert, als es vorher üblich war. Insofern kann ich die Eindrücke von Frau Hoch, die sie hier vorhin ein bisschen hat anklingen lassen, nur bestätigen.
Im Übrigen aber müssen wir als Senat einfach Selbstkritik üben, dass wir die gesteckten Ziele bisher ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nicht erreicht haben. Als die rot-grüne Regierung ihr Amt angetreten hat, betrug die Frauenquote in den Aufsichtsräten öffentlicher Gremien gerade einmal 20 Prozent. Wir haben sie bis jetzt auf 27 Prozent gesteigert, aber das sind lange noch nicht die 40 Prozent, die Sie hier vorschlagen, und man muss einfach sagen, es ist auch für uns ein schwieriger Prozess. Dieser ist darin begründet, dass es im öffentlichen Dienst keineswegs anders ist als in Wirtschaftsunternehmen. Die leitenden Funktionen sind weit überwiegend von Männern besetzt. Das heißt, dass die Auswahl wenigstens in den Spitzenämtern der öffentlichen Verwaltung für Aufsichtsräte für Frauenmandate äußerst begrenzt ist.
Im Senat sind immerhin noch drei von sieben Senatsmitgliedern Frauen. Schauen wir auf die Staatsratsebene! In Bremen – ich lasse einmal Berlin beiseite – sind zwei von zehn Staatsräten Frauen, und davon arbeitet eine Frau noch in einem Ressort, das im eigenen Bereich überhaupt keine Aufsichtsräte hat.
Schaue ich bei uns in die Behörde der Senatorin für Finanzen – die ich hier entschuldigen muss, da sie heute eine Finanzministerkonferenz in Berlin hat, und die sicher gern selbst zu diesem Thema hier ihre Anmerkungen gemacht hätte –, sehe ich in unser eigenes Ressort: Wir haben vier Abteilungen, davon wird eine einzige Abteilung von einer Frau geleitet. Wir haben 30 Referate, insgesamt zwei Referate werden von Frauen geführt. Da sehen Sie das Problem, das sich dann natürlich bei der Besetzung von Aufsichtsräten fortsetzt. Im Senat wird mittlerweile bei jeder Neubesetzung des Aufsichtsrats sofort die Frage gestellt, wo wir eine qualifizierte Frau haben, die dieses Mandat wahrnehmen kann. Es ist mühselig, und deshalb kann ich Ihnen nicht versprechen, dass wir zu Beginn der nächsten Legislaturperiode auf einen Schlag die 40 Prozent erreichen.
Unabhängig aber vor der Diskontinuität, die der Beschluss hier heute dann erleiden wird, wenn dieses Parlament seine Arbeit abgeschlossen hat, gehe ich davon aus, dass der Senat, in welcher Konstellation auch immer, diese Beschlüsse der Bürgerschaft weiter verfolgen wird, da es im eigenen Interesse ist, auch im Interesse des Senats, Frauen so zu fördern, dass sie nicht nur in Verwaltung, sondern in Spitzenstellungen in gleicher Anzahl wie Männer sind – dann brauchen wir wirklich keine Quote mehr, wenn wir so etwas erreicht haben –, dass auch in den Aufsichtsund Kontrollgremien, die der Staat, das Land Bremen, die Stadtgemeinde Bremen zu besetzen haben, tatsächlich der Anteil der Frauen so groß ist, wie er ja auch sonst unter den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst ist, denn dort haben die Frauen die Mehrheit.
Abschließend möchte ich noch auf einen Punkt hinweisen, er geht an Sie, aber nicht nur an Sie: Aufsichtsräte, zumindest im öffentlichen Bereich, aber auch viele im Privatbereich, werden nicht nur vom Senat besetzt. Im Augenblick besetzen Sie als Bürgerschaft Mandate, und ganz viele öffentliche Un
ternehmen, fast alle Unternehmen im Land Bremen haben Aufsichtsräte, in denen Arbeitnehmervertreter sind, entsandt von Betriebsräten, Personalräten und Gewerkschaften. Dort sind leider die Verhältnisse so, hier in der Bürgerschaft sind noch am ehesten die 40 Prozent erreicht, aber unter den Betriebsräten ist die Frauenquote keineswegs höher als unter denen vom Senat entsandten. Ich glaube, das zeigt, dass hier auch insgesamt gesellschaftlich noch viel Arbeit vor uns steht. Ich hoffe, wir kommen da, wie Sie ja wollen, zügig voran, und wir kommen auch auf Bundesebene zügig voran. Insofern sind die Aktivitäten, die hier angeregt werden, für ein Gesetz, das die Verhältnisse der freien Wirtschaft regeln soll, unserer Ansicht nach auch ein vernünftiger Vorschlag. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden. Zuerst lasse ich über die Punkte eins bis drei des Antrags abstimmen. Wer den Punkten eins bis drei des Antrags der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/1420 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Punkt vier des Antrags der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/1420 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!