Obwohl der Qualifizierungsbedarf bei den Langzeitarbeitslosen besonders hoch ist, erleben wir und stellen fest, dass gerade die Menschen aus diesem Bereich entsprechende Angebote nur im sehr geringen Maße annehmen. Dabei stellen alle Fachinstitute fest, dass künftig immer verstärkter ungelernte und angelernte Kräfte auf dem Arbeitsmarkt kaum noch eine Chance haben. Es mögen genug Akademiker da sein, aber in Deutschland fehlen rund 30 000 Ingenieure. Wir müssen im Land Bremen die Zahl der Studienanfänger in den mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern wie Nanotechnologie, Logistik und Biomaterialphysik erhöhen, wir müssen mehr internationale Studierende gewinnen, und wir müssen die Abbrüche bei den Studierenden verringern.
Der Anteil der Arbeitskräfte im Alter von 50 bis 64 Jahren wird aus unserer Sicht steigen. Gerade der ältere Mensch verfügt aber über umfassendes Wissen und Erfahrung. Die lebenslange Qualifizierung ist notwendiger denn je. Um die Erwerbsquote von Frauen zu erhöhen, muss man die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, und zwar dringend.
Deswegen können wir das hier aber noch einmal diskutieren. Ich denke, das dürfte nicht die Schwierigkeit sein, weil es hierher passt.
Bevor dies alles doch hoffentlich auch in Angriff genommen und mit geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen begonnen werden kann, ist eine kurzfristige, möglichst genaue Bedarfsanalyse der Branchen in Bremen und Bremerhaven, die besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind, natürlich unter enger Einbindung der Kammern vorzunehmen. Ich kann hier sagen, dass Sie uns mit Ihrem Antrag eigentlich zuvorgekommen sind. Damit können wir aber gut leben. Wir legen jedoch großen Wert darauf, dass Sie nicht nur allein auf die Wirtschaft schielen und dies
Den Antrag sehen wir jedoch als ein starkes Signal für den richtigen Weg, der zukünftig eingeschlagen werden sollte. Darum werden wir diesem Antrag auch voll und ganz überzeugt zustimmen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Bei soviel Einigkeit will ich jetzt keinen Streit suchen, Herr Nestler.
Zwei Anmerkungen muss ich zu Ihnen doch machen. Ihr feuriges Plädoyer für die Qualifizierung wundert mich doch, nachdem Sie gestern in der Debatte über den Etat genauso feurig für Ihre Beschäftigungsträger ins Feld gezogen sind. Das ist das Erste, den Euro kann man leider nur einmal ausgeben, das ist leider so, und vor allen Dingen geht es Ihrer Fraktion immer ums Sparen. Das Zweite ist, was die Windkraft in Bremerhaven betrifft, das ist nun eine Branche, die in besonderer Weise ihre Ausbildungsverpflichtung nicht erfüllt. Das muss man nun wirklich einmal sehr deutlich sagen.
Frau Nitz, zu Ihnen muss ich sagen, es ist nicht so gedacht, dass jetzt unser Antrag das Patentrezept für die Behebung der Arbeitsmarktprobleme in Bremen ist. Ich glaube aber, es muss uns wirklich zu denken geben, dass wir nicht auf eine Situation zusteuern, wo wir in Bremen einerseits einen hohen Sockel an Langzeitarbeitslosen von 20 000 oder mehr haben und andererseits dann hier den Fachkräftebedarf nicht decken können. Da plädiere ich dafür und habe ja offensichtlich auch die Unterstützung hier, das Potenzial, das wir in Bremen haben, so weit es geht auszuschöpfen. Dazu gehören natürlich die Arbeitslosen, aber dazu gehören auch noch andere.
Als zweiter Punkt liegt mir, hier hatte ich die Ausbildung genannt, insbesondere noch die betriebliche Weiterbildung am Herzen, weil es in meinen Augen nicht nur um Arbeitsplatzschaffung geht, sondern auch um Sicherung von Arbeitsplätzen. Wir haben in den Betrieben An- und Ungelernte, für die es dringend erforderlich wäre, zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze die Möglichkeit zur Weiterqualifizierung zu haben. Wir haben hier in Bremen – Frau Schön hat darauf hingewiesen – und in Deutschland eine un
terdurchschnittliche Weiterbildungsaktivität der Betriebe von nur gut 40 Prozent gegenüber 60 Prozent anderswo. Auch hier muss angesetzt werden.
Frau Abgeordnete, wenn Sie einen runden Tisch nach Vorbild der Bremer Vereinbarung einsetzen möchten, können Sie dann zusichern, dass Sie in diesem Fall auch die Erwerbslosenverbände diesmal mit an den Tisch holen?
Ich will erst einmal gar nichts zusichern, weil ich den Senat auffordern will, das zu machen. Mir liegt, ehrlich gesagt, gerade daran, im Gegensatz zur Bremer Vereinbarung – nicht, wie Frau Schön sagt, und „immer fort“ –, dass immer mehr und Neue noch dazukommen, weil ich nicht den Eindruck habe, dass das die Bremer Vereinbarung in ihrer Arbeitsfähigkeit gestärkt hat, sondern dass die wesentliche Akteure dazukommen. Ich will aber nicht ausschließen, dass das auch die Arbeitslosenverbände sind.
Ich will aber noch auf zwei oder drei weitere Punkte hinweisen, die hier noch gar nicht erwähnt worden sind. Der eine Punkt ist, dass wir es uns leisten, dass gut qualifizierte Frauen berufsfremd arbeiten oder ihre Karrieremöglichkeiten nicht wahrnehmen können, weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen noch immer nicht verwirklicht ist.
Ich finde es auch ganz wichtig, dass die Betriebe immer noch, trotz der Diskussion um die Rente mit 67, statt die Fähigkeiten Älterer zu nutzen, ältere Mitarbeiter auf das Abstellgleis schieben, dass Bewerbungen älterer Mitarbeiter im Papierkorb landen und dass altersgerechtes Arbeiten in den Betrieben immer noch ein Fremdwort ist. Schließlich und endlich die hohe Arbeitslosigkeit: Wenn zwei Drittel der Arbeitslosen Unqualifizierte sind, müssen wir stärker berufsbezogene und abschlussbezogene Qualifizierungen anbieten. Dies alles sind Ansatzpunkte für einen solchen runden Tisch, der gemacht werden müsste.
Ich will aber in besonderer Weise darauf hinweisen – und da war ja hier ein kleiner Unterschied zwischen Herrn Nestler und Frau Nitz –, ich sehe sehr wohl, dass die Betriebe, die Wirtschaft in erster Linie für die betriebliche Aus- und Weiterbildung in der Pflicht sind. Es ist die Aufgabe eines solchen run
den Tisches, die Betriebe in die Pflicht zu nehmen. Allerdings sehe ich sehr wohl, dass ein Umdenken nicht nur in den Unternehmensleitungen, sondern auch bei den Beschäftigten erfolgen muss. Schließlich und endlich will ich noch sagen, dass wir eine ganze Menge Geld, über 20 Millionen Euro, ausgeben für staatliche Qualifizierungsprogramme für Arbeitslose, aber auch für betriebliche Fortbildung. Ich sage einmal ganz deutlich, ich würde mir wünschen, dass diese Gelder auf stärkere Nachfrage in den Betrieben stoßen würden, denn während wir, wie die Debatte im Augenblick zeigt, die Mittel für öffentlich geförderte Beschäftigung gut dreimal ausgeben könnten, müssen wir häufig Mittel für betriebliche Qualifizierung anbieten wie sauer Bier, damit sich Betriebe überhaupt bereit erklären, sich mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einem solchen Programm zu beteiligen. Ein Beispiel ist das Programm Qualifizierung in Kurzarbeit, wo eine ganze Menge Mittel an den Bund zurückgegangen sind.
Zusammengefasst: Wir plädieren also für ein Bündnis für Qualifizierung und für Fachkräfte. Meiner Meinung nach müssten in erster Linie die Sozialpartner dabei sein und die Politik, dazu müssten Betroffene und auch Fachleute des Arbeitsmarkts dabei sein. Es wird aber vor allen Dingen jetzt erst einmal auch darum gehen, hier Denkanstöße zu geben, einen Bewusstseinswandel in den Betrieben herbeizuführen, gemeinsame Verabredungen zu treffen und schließlich auch alle Beteiligten dann gemeinsam in die Verantwortung zu nehmen. Nur so, glaube ich, kann es gelingen, dass wir an diesem Punkt in unserer Region in Bremen und Bremerhaven ein Stück weiter kommen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache es auch ganz kurz. Frau Ziegert, nichts wird besser, wenn man etwas behauptet, das ein anderer nicht gesagt hat. Ich habe gestern in der Haushaltsdebatte ganz klar gesagt, auch für die Beschäftigungsträger, dass Mittel im BAP gekürzt worden sind, die diese jetzt in eine Situation bringen, die wirklich nicht gut ist und wo viele daran denken, dass sie unter Umständen ihre Tätigkeit einstellen. Dazu stehe ich heute und gestern, und dazu werde ich auch morgen stehen. Darauf können Sie sich verlassen!
Ich habe gestern aber auch ganz klar gesagt, dass wir hohen Wert auf mehr Qualifikation legen. Ich habe
gesagt, dass Beschäftigung, die vollständig sinnlos ist, überdacht werden muss, ob wir sie in dieser Art und Weise, wie sie derzeit durchgeführt wird, auch weiter durchführen. Auch bei dieser Meinung bleibe ich, weil ich ganz einfach denke, dass nur Beschäftigung uns aus der Misere hilft.
Natürlich bin ich dafür, mit den Betrieben zu sprechen, natürlich bin ich dafür, die Betriebe auch aufzufordern, ihre Ausbildungsplätze einzurichten und Ausbildung durchzuführen. Nur eines sage ich auch: Auch die Verwaltung hat die Verpflichtung, in ihren Maßnahmen, in ihren Arbeitsprogrammen verstärkt auf Qualifizierung hin zu arbeiten, weil nur – und dabei bleibe ich – das der Weg ist, den wir in diesem Land brauchen, um wieder Arbeitskräfte zu bekommen, und zwar in der Stadt Bremen und in der Stadt Bremerhaven, die dort nicht nur ihr Auskommen finden, sondern auch den Haushalt so stützen, dass es ihnen mit Sicherheit hinterher ein bisschen besser gehen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße den Antrag ausdrücklich. Die praktische Umsetzung dieses Antrags würde ermöglichen, die Initiativen des Senats, darunter die Fachkräfteinitiative meines Hauses und die Innovationspolitik des Wirtschaftssenators, zu unterstützen und auch die Reichweite deutlich zu vergrößern. Ich will hier auch sagen, dass in den sogenannten Rathausgesprächen, zu denen der Bürgermeister in regelmäßigen Abständen eingeladen hat – wir hatten in der letzten Woche dieses Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kammern, der Gewerkschaften und dem Senat –, dieses Thema auch eine wichtige Rolle gespielt hat, und wir haben uns darüber ausgetauscht.
Gegenwärtig haben wir – das ist hier auch mehrfach betont worden – nicht einen generellen Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt, dazu ist die Unterbeschäftigung auf dem regionalen Arbeitsmarkt noch viel zu dominant. Selbst in Zeiten der Krise hatten auch Unternehmen in Bremen und Bremerhaven teilweise Probleme, ihre freien Stellen qualifiziert und zeitnah zu besetzen. Als unbestritten gilt, dass mittel- bis langfristig die Gefahr besteht, dass es zu einem Fachkräftemangel bei gleichzeitiger Unterbeschäftigung kommen kann. Das Erwerbspersonenpotenzial wird aufgrund demografischer Entwicklungen sinken, und die Altersstruktur wird sich erheblich nach oben verschieben. Der beruflichen Qualifizierung von Beschäftigten und Arbeitslosen kommt ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
deshalb in Zukunft eine noch zentralere Rolle als gegenwärtig zu. Wir wissen aus Untersuchungen, dass sich bremische Unternehmen durchaus mehr als andere im Bundesgebiet in Sachen Weiterbildung engagieren. Aber auch in unserer Region, dass sage ich ganz deutlich, gibt es in diesem Feld deutlich noch Luft nach oben, und das kann und muss besser werden, denn Qualifizierung und Weiterbildung sind und bleiben auch ganz wichtige Entwicklungspotenziale und Wettbewerbsvorteile für Betriebe und Unternehmen. Ungelernte und angelernte Beschäftigte profitieren noch zu selten von Weiterbildung. Betriebliche Weiterbildung ist allzu oft wenig grundlegend, und leider erschöpft sie sich häufig in Produkt- oder Herstellerschulungen. Aber auch für Arbeitslose muss im Feld der beruflichen Weiterbildung noch mehr getan werden. Deswegen sage ich an dieser Stelle – auch wenn wir es gestern diskutiert und debattiert haben – ganz deutlich noch einmal, ich verurteile hier die Politik der gegenwärtigen Bundesregierung, die bei der Arbeitsförderung kürzt und hier unsozial handelt, kontraproduktiv und weiter für eine weitere und zunehmende Spaltung sorgt. Das ist so nicht hinzunehmen!
Meine Damen und Herren, für ganz zentral halte ich die Forderung des Antrages, dass die Unternehmen selbst noch stärker zur Verantwortung zur Deckung des Fachkräftebedarfs herangezogen werden und hier auch mehr noch als bisher Verantwortung übernehmen. Ich will Ihnen ein Beispiel, weil das auch schon angeklungen ist, aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, Windenergien nennen. Ich bin vor einigen Wochen, ich glaube, ich habe das an anderer Stelle schon einmal gesagt, bei der Eröffnung des Windkompetenzzentrums in Bremerhaven gewesen, und ich glaube, auch da gibt es Potenziale, die weiter gefördert werden müssen. Es gibt noch eine zu große Zurückhaltung der Unternehmen in dieser Branche, sich den Bereichen von Ausbildung und Weiterqualifizierung wirklich intensiv zuzuwenden, und das, denke ich, müssen wir gemeinsam verändern und auf den Weg bringen.
Klar ist, dass Handeln staatlicher Akteure, also hier auch des Senats oder der Bundesagentur, bleibt unverzichtbar, es kann und darf aber betriebliches Handeln nicht ersetzen, allenfalls Anreize setzen oder/ und ergänzen. Nach dem Prinzip, es ist nur gut, was man auch tut, müssen wir auf eine deutliche Ausweitung betrieblicher Qualifikationsangebote für Beschäftigte und Bewerberinnen und Bewerber hinwirken. Mein Haus würde dann in enger Kooperation mit dem Wirtschaftssenator die Initiative zur Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses ergreifen. Die aktive Mitarbeit und Unterstützung durch die bremische Wirtschaft bleibt dabei unverzichtbar. – Herzlichen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/1421 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!