Protokoll der Sitzung vom 18.10.2007

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion Die Linke mit der Drucksachen-Nummer 17/105, das ist die Neufassung der Drucksache 17/89, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Die Linke)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP und Abg. T i t t m a n n [partei- los])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Wahl eines Mitglieds der staatlichen Deputation für Soziales, Jugend, Senioren und Ausländerintegration

Der Wahlvorschlag liegt Ihnen schriftlich vor.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Wahl.

Wer entsprechend dem Wahlvorschlag wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) wählt entsprechend.

(Einstimmig)

Keine zusätzliche Einleitung von Salz-Abwässern in die Werra und Weser

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der FDP, Die Linke und der CDU vom 16. Oktober 2007 (Drucksache 17/99)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Loske.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Düngemittelkonzern K+S Kassel plant den Bau einer 63 Kilometer langen Abwasserpipeline, um zukünftig 700 000 Kubikmeter Salzlauge jährlich in die Werra einzuleiten. So würde

sich bei diesen zusätzlichen Salzfrachten der Salzgehalt um bis zu 10 Prozent in Bremen erhöhen. Meine Damen und Herren, wer so etwas plant, der verfällt in die Politik der Vergangenheit zurück, in der man einfach Abwässer eingeleitet hat, ohne sich um die Umwelt und die Auswirkung auf die Tier- und Pflanzenwelt zu scheren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich hatte gehofft, dass diese Zeiten vorbei wären und wir in der Umweltpolitik und in unserem Umweltverständnis schon längst weiter wären und dass wir gerade in diesem Bereich seit der Wende längst ein Häkchen für angegangene und verbesserte Umweltprobleme auf der schier langen Liste haben machen können, aber dem ist wohl nicht so.

Ich kann mich noch gut an die Diskussion erinnern, als ich 1991 nach Bremen gezogen bin, dass der ökologische Zustand der Weser aufgrund der salzhaltigen Abwässer der Kaliwerke im Osten kritisch war und die Weser einen extrem hohen Salzgehalt hatte. Trinkwassergewinnung war überhaupt nicht denkbar. Durch die Stilllegung ehemaliger thüringischer Kaliwerke wurde die Salzbelastung zwischen 1990 und 2000 bis zu 90 Prozent reduziert, und wir haben mit Erleichterung festgestellt, auch, wenn der Salzgehalt seitdem stagnierte und nicht weiter gesenkt werden konnte, dass sich der Zustand der Weser in dieser Hinsicht in den letzten Jahren verbessert und der Fluss sich erholt hat.

Nun soll, in meinen Augen rücksichtslos, dieser Erfolg wieder gefährdet werden. Das können wir nicht stillschweigend hinnehmen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Der ökologische Zustand der Werra ist immer noch als kritisch einzustufen. Nach den Maßstäben der EUWasserrahmenrichtlinie ist sie sogar in die schlechteste Gewässerklasse einzustufen. Für die Wiederherstellung eines guten ökologischen Zustands von Werra und Weser entsprechend der Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist eine weitere drastische Reduzierung des Salzeintrages erforderlich.

Wir wollen, dass die Werra als einer der Quellflüsse der Weser wieder ein Süßwasserfluss wird. Die zusätzlich geplanten Pipeline-Einleitungen der Kalilauge würden nicht nur die Trinkwasserversorgung in dieser Region gefährden, sondern auch Flora und Fauna in der Werra schädigen und Auswirkungen bis nach Bremen haben. Nicht nur ökologische Auswirkungen sind zu befürchten, sondern auch wirtschaftliche; zum einen Auswirkungen auf den Tourismus, aber mehr Salz im Werra- und damit Weserwasser bedeutet auch eine stärkere chemische Beeinträchtigung und Korrosion der technischen Wasserkraftanlagen. Schon heute sind Ölemulsionen aufgrund des Salzgehaltes in den Stahl

werken unbrauchbar, wenn ein Leck in der mit Weserwasser gekühlten Anlage auftritt.

Auf der anderen Seite wollen wir das neue Weserkraftwerk, auch hier können wir uns keine Schäden durch eine erhöhte Korrosion leisten. Unser Bestreben muss es sein, langfristig und dauerhaft eine Absenkung des Salzgehaltes in den Flüssen zu erreichen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich erwarte von einem Unternehmen, natürlich unter Berücksichtigung von Arbeitsplätzen, dass innovative Verfahren zur alternativen Entsorgung der salzhaltigen Abwässer geprüft werden. Ich will nicht, dass die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie zur Verbesserung des ökologischen und chemischen Zustands der Werra und Weser mit Füßen getreten werden. Ein Problem ist, dass der derzeit geltende Grenzwert für Kalisalze viel zu hoch ist.

Der geplante Bau der Salzpipeline mit einer Nutzungsdauer von 50 bis 100 Jahren und Kosten von circa 30 Millionen Euro macht nur bei einem Fortbestehen des jetzigen Grenzwertes Sinn, zumindest, wenn er für einen mittelfristigen Zeitraum bestehen bleibt. Eines aber, meine Damen und Herren, muss man wissen: Dieser Grenzwert richtet sich in keiner Weise nach ökologischen Kriterien, er hat nicht den Schutz von Flora und Fauna im Sinn. Dieser Grenzwert stammt aus dem Kriegsjahr 1942 und beruht auf der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft zur Einleitung von salzhaltigen Abwässern. Es ist in all den Jahren versäumt worden, sich dafür einzusetzen, dass dieser Grenzwert wieder herabgesenkt wird, und zwar auf einen Wert, der seiner eigentlichen Bestimmung, nämlich dem Schutz der Umwelt von irreversiblen Schäden durch Chemikalien, entspricht.

Ein gesunder Zustand der Weser liegt bei maximal 100 Milligramm pro Liter Chlorid. Wir wollen, dass eine deutliche Absenkung des noch bis 2012 geltenden Grenzwertes für Chlorid von bisher 2500 Milligramm pro Liter auf ein realistisches und umweltverträgliches Maß herabgesenkt wird. Das Festhalten an alten Grenzwerten ist nicht zielführend.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben diesen Antrag eingereicht, um von Bremen aus ein deutliches Signal nach Hessen als Träger des Genehmigungsverfahrens zu schicken, wo zurzeit das Genehmigungsverfahren für diese Salzlaugenpipeline läuft, und ich freue mich außerordentlich, dass dieser Antrag fraktionsübergreifend von allen Parteien hier in der Bürgerschaft getragen wird. Wir schließen uns hiermit den anderen Land- und Kreistagen an, wie zum Beispiel dem Hessischen Landtag im Juli 2007, der sich auch über alle Parteien hinweg gegen eine zusätzliche Salzeinleitung in die

Werra mit den Auswirkungen auch für die Weser ausgesprochen hat.

Wir brauchen eine Politik, die wirtschaftliches Handeln und einen nachhaltigen Umgang mit der Natur in Einklang bringt. Ökonomische Interessen, meine Damen und Herren, dürfen nicht über ökologische Aspekte siegen. Eine zusätzliche Einleitung von salzhaltigen Abwässern steht diesem Prinzip entgegen. Daher lehnen wir den Bau der Salzpipeline ab. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die frühere Unwissenheit der Menschen und gar Ignoranz der Wirtschaft haben unsere Umwelt an den Rand einer Katastrophe geführt. Ein Beispiel hierfür war das große Waldsterben – jeder von uns hat noch die traurigen Bilder vor Augen –, eine sinkende Trinkwasserqualität, eine Überdüngung der landwirtschaftlichen Flächen, Flüsse wurden mit Schwermetallen und chemischen Rückständen belastet, die zum Ergebnis hatten, dass ein großes Fischsterben stattfand. Das war besonders zu sehen bei dem Super-GAU, als Chemierückstände über das Löschwasser in den Rhein eingetragen wurden.

Auch wurden die Flüsse über die Einleitungen der Bergbauindustrie immer weiter übersalzen. Darauf musste einfach reagiert werden, und im Laufe der Jahre, ich denke, es war Anfang der Neunzigerjahre, wurden Hunderte Millionen Euro investiert über alle Anrainerländer, um dieser Übersalzung entgegenzutreten. Das hatte zum Ergebnis, dass allein in der Weser der Salzgehalt um das Zehnfache gesenkt werden konnte.

Nun aber möchte die Firma K+S dieses positive Ergebnis für sich ausnutzen, mit fragwürdigen Argumenten eine Pipeline bauen lassen und ihre Produktionsreststoffe wieder in den Fluss einleiten. Das, meine Damen und Herren, ist ein Skandal, denn wir haben investiert, um genau dem entgegenzuwirken! Über dieses Tun würde unsere Umwelt wieder einmal nachhaltig geschädigt werden, unsere Flüsse werden versalzen, unsere Fischbestände werden rückläufig sein, denn wir haben ja Süßwasserflüsse, keine Salzwasserflüsse. Die Trinkwasserqualität würde weiterhin geschädigt werden, denn diese Firma will ja nicht nur das Wasser in die Flüsse einleiten, sondern sie will es auch in den Boden pumpen, was eigentlich ungeahnte Möglichkeiten für Umweltverschmutzung in sich birgt.

Aufgrund dieser Planung müssen wir jetzt aktiv werden. Dieser Antrag, der uns jetzt hier zur Abstimmung vorliegt, wird natürlich von uns getragen, denn

wir alle sind eigentlich in der Pflicht, etwas für unsere Bürgerinnen und Bürger zu tun. Daher bin ich froh, dass wir diesen Antrag heute gemeinsam beschließen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der Linken und beim Bündnis 90/ Die Grünen)