Protokoll der Sitzung vom 22.10.2014

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete

Frau Bernhard.

Sehr geehrter

Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Im Jahr 2012 hatten wir als LINKE uns mehrfach danach erkundigt, wie viel Geld die Jobcenter Bremen und Bremerhaven ungenutzt nach Berlin zurückgeben. Es stellte sich damals heraus, dass es fast zehn Millionen Euro waren. Das ist viel Geld, das der Landesar beitsmarktpolitik in Bremen fehlt, zum Beispiel für Bildungsgutscheine, Fortbildungen und letztendlich auch für Förderungen von Arbeitsverhältnissen, die man mit diesem Geld hätte finanzieren können. Da mals waren sich alle vier Fraktionen einig, dass es ein sehr schlechter Vorgang und faktisch eigentlich ein Skandal war, trotzdem konnte man nichts tun, die zehn Millionen Euro gingen ungenutzt zurück.

Im Jahr 2013 wurde der Mittelabfluss enger kon

trolliert, und der Senat konnte fast die vollständige Ausschöpfung der Mittel melden. Seither ist das Ganze anscheinend wieder etwas aus dem Blick geraten. Wir als LINKE haben glücklicherweise in der Arbeitsdeputation einen vierteljährlichen Bericht eingefordert, der uns den Stand der Mittelabschöp fung wiedergibt. So hat sich in der Deputationssitzung im September herausgestellt, dass in diesem Jahr wieder sehr viele – nicht so viele wie damals, aber deutlich zu viel – Mittel wieder zurückgehen sollen. Wir gehen davon aus, dass es 4,5 Millionen Euro sein werden, die uns nicht zur Verfügung stehen.

Das ist dieses Mal besonders provozierend, weil wir

das erste Mal Landesmittel für die Arbeitsmarktpoli tik verwenden. Man muss sich vorstellen, wir geben auf der einen Seite circa vier Millionen Euro in das System hinein, und auf der anderen Seite fließt es eigentlich vom Jobcenter wieder zum Bund zurück. Ich meine, man könnte das Geld dann direkt Berlin überweisen, das ist doch völlig widersinnig.

Ich möchte an der Stelle auch noch einmal ganz

grundsätzlich darauf eingehen, dass wir selbstver ständlich das Jobcenter und auch die Umsetzung des SGB II durchsetzen, inklusive der Sanktions induzierung, es ist also eine sehr verwerfliche An gelegenheit. Wir haben auf keiner Ebene, weder auf bundespolitischer noch auf landespolitischer Ebene, je versäumt, darauf hinzuweisen, dass wir selbstverständlich mit dieser Gesetzgebung niemals einverstanden sein können. Das ist allerdings über haupt kein Grund, nicht auch darauf hinzuweisen, dass es noch einmal innerhalb dieser miserablen Gesetzgebung Verschlechterungen gibt.

Es gibt sicher vieles, das man an den Rahmenvorga

ben der Bundesagentur verbessern könnte. Sie führen in Ihrem Antrag, den Sie gestern erst eingereicht ha ben, eine ganze Reihe von Veränderungen an, die wir durchaus teilen, zum Beispiel die EGT-Ausstattung, also den auskömmlichen Eingliederungstitel für die Verwaltung. Allerdings finde ich die Argumentation, dass wir damit immer noch deutlich besser als der Bundesdurchschnitt dastehen, völlig verfehlt.

(Beifall bei der LINKEN)

In Bremen ist bezüglich der Arbeitslosenzahlen

eine deutlich schlechtere Entwicklung als im Bundes durchschnitt zu verzeichnen. Wenn man sich anschaut, dass wir bei den Arbeitslosenzahlen bundesweit das Ranking der Länder auch noch mit zehn bis elf Milli onen durchschnittlich für Bremen und Bremerhaven anführen, dann ist das wirklich betrüblich.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich verstehe überhaupt nicht, und meine Fraktion

kann das auch in keiner Weise nachvollziehen, dass eine Institution wie das Jobcenter, wenn sie im April feststellt, dass Geld zur Verfügung steht, das offenbar im Laufe des Jahres nicht ausgegeben werden wird, nicht in der Lage ist, es in diesem Jahr in irgendeiner Weise sinnvoll zu verwenden. Das kann mir wirklich niemand erzählen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich weiß nicht, ob sich das Jobcenter dadurch auf

der Bundesebene besonders beliebt macht – das ist möglich –, aber aus der Sicht der Kommune und des Landes halte ich das Verhalten des Jobcenters für weitgehend inakzeptabel.

Der Senat ist zu 50 Prozent Träger der sogenannten

gemeinsamen Einrichtung, und ich frage mich ernst haft, wo der Einfluss bleibt. Er überlässt die Steuerung der Arbeitsmarktpolitik weitgehend dem Jobcenter. Es passiert überhaupt nichts, wenn dieser Zustand sichtbar wird. Wenn wir jetzt nicht diesen Antrag gestellt und die Berichte angefordert hätten, dann würde ich schwer bezweifeln, dass es dort irgendeine

Art von Agitation gegeben hätte. Selbst wenn, ist es so, dass jetzt von Rot-Grün einzig und allein die Anforderungen an den Bund gestellt werden. Es wird aber nicht mit dem Jobcenter überlegt, wie man das Geld noch in diesem Jahr sinnvoll verwenden kann.

Man kann sich durchaus darüber streiten, ob es

besser ist, die Landearbeitsmarktpolitik respektive die Umsetzung des SGB II in alleiniger kommuna ler Trägerschaft zu haben, das kann Vorteile und Nachteil haben. So, wie es im Moment ist, dass wir das faktisch dem Jobcenter zu hundert Prozent überlassen, muss ich ganz ehrlich sagen, das ist ein Modell, das nicht einmal gesetzlich vorgesehen ist. Wir als LINKE haben darauf bestanden, dass der Antrag jetzt noch behandelt wird, bevor es wieder zu spät ist. Wir haben es auch schon im Jahr 2012 erklärt. Wenn man die Eingliederungsmittel sinnvoll verwenden will, dann muss man auch Überplanun gen vornehmen, man kann nicht nur mit 100 Prozent planen. Es müssen auch Modelle überlegt werden, die beispielsweise über eine Kofinanzierung durch das Land sichergestellt werden, um qualifizierte und sinnvolle Projekte durchzuführen. Ich denke, es gibt durchaus Mittel und Wege, wenn der Wille vorhanden wäre, das ist er aber nicht. Es ist Ihnen, wie es scheint, faktisch egal, ob das Geld Bremen nicht zur Verfügung steht.

Wir haben das Modell Joboffensive, das auch über

kommunale Mittel finanziert wird. Als Sozialsenato rin muss man sich doch fragen, wenn Mittel an den Bund zurückgegeben werden, warum über bremische Mittel eine Kofinanzierung stattfinden muss.

Das – finde ich – ist eine vollkommen falsche Ent

wicklung.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann im Moment keine andere Konsequenz

daraus ziehen, als dass Sie sich vom Jobcenter auf der Nase herumtanzen lassen.

Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder sind

Sie mit dieser Politik einverstanden – was ich falsch finde und was man nicht akzeptieren kann , oder Sie finden diese Art und Weise auch verkehrt, können sich aber nicht adäquat dagegen zur Wehr setzen. Beides ist eine Art von Entwicklung, die es nicht zu akzeptieren gilt.

Wir müssten doch gemeinsam ein großes Inter

esse daran haben, dass wir diese Gelder unseren Bremern und Bremerinnen sinnvoll zur Verfügung stellen. Für das Jobcenter gäbe es durchaus Hand lungsspielräume, Qualifizierungsmaßnahmen, auch sozialversicherungspflichtige Maßnahmen einzurich ten; diese nutzt das Jobcenter in keiner Weise aus. Das ist ein weiterer Punkt.

Dass wir hier sozusagen eine rückwärtsgewandte

Arbeitsmarktpolitik machen, indem wir tatenlos zusehen, wie Geld verschwindet, setzt dem Fass eigentlich noch die Krone auf.

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Das setzt dem Fass die Krone auf!)

Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Ich

möchte, dass wir ihn in irgendeiner Art und Weise sinnvoll bearbeiten. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächsten rufe ich Herrn

Kollegen Reinken auf.

Herr Präsident, meine sehr

verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sind überzeugt, Frau Bernhard, dass das sinnvolle Vorgehen bei diesem Thema und Ihren Antrag zu behandeln, der ist, dass Sie alle unserem Antrag, den wir als Dringlichkeitsantrag eingebracht haben, zustimmen.

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Das bringt die Kiste zum Überlaufen!)

Denn der Dringlichkeitsantrag, den wir eingebracht

haben, macht den Weg frei dafür, dass die von Ihnen hier geschilderten Probleme, die in der Tat einen Zu stand beschreiben, den wir alle nicht wollen, nämlich dass Geld zurückgegeben wird – darin sind wir uns völlig einig –, am Ende nicht mehr vorkommt. Der schlechte Zustand, dass Mittel, die dem Eingliede rungstitel oder dem Verwaltungsbudget zustehen, am Ende des Jahres zurückgegeben werden, hatten wir – das haben Sie richtig zitiert – schon mehrfach. Es ist aber nicht so, dass man, wenn man darüber diskutiert, völlig von den Gründen abstrahieren kann, aus denen sie entstanden sind. Ich will deswegen daran erinnern.

2012 war es so, dass wir im Jahre 2011 erfahren