Protocol of the Session on November 20, 2014

Login to download PDF

Deswegen empfiehlt die IEA folgerichtig: „We should leave the oil before the oil leaves us.“

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich meine: Das könnte auch eine gute Überschrift für eine bremische Strategie zum Umgang mit den Risiken der Erdölversorgung sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie uns aus der fossilen Energiewirtschaft aussteigen, bevor das Öl zur Neige geht!

Lassen Sie uns gemeinsam Ideen entwickeln, wie wir die Wirtschaft hier am Standort in Bremen und Bremerhaven zukunftsfähig machen können: eine

grüne Logistik, die mit sparsamen Antrieben auskommt, eine Automobilindustrie, die auf Effizienz statt auf PS setzt, eine Nahrungsmittelindustrie, die verstärkt wieder auf Regionalität setzt, und ein Handwerk, das sein Geld mit der energetischen Gebäudesanierung verdient!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das sind für mich Zukunftsperspektiven für ein Ende unserer Abhängigkeit vom Erdöl. – Vielen Dank!

Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Strohmann.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Normaler- weise geht die Reihenfolge nach der Antrag- stellung! Aber okay! – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Was normal ist, entscheidet die Präsidentin! – Abg. S t r o h - m a n n [CDU]: Das ist auch gar kein Pro- blem!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Schierenbeck! Fakt eins ist: Wir haben im Moment eine Ölschwemme, weil ohne Ende produziert wird. Das ist einfach so. Fakt zwei ist: Wir haben im Moment einen Ölpreis von 74 Dollar. Das sind circa zwei Drittel dessen, was in Ihrer Anfrage steht. Sie haben natürlich insoweit recht: Das Öl ist endlich – natürlich, genauso, wie die Erde irgendwann einmal explodieren oder implodieren wird oder wir alle sterben werden. Die Frage ist nur: Wann? Wann ist es zu Ende? Es gibt Prognosen von dem einen oder dem anderen, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Wir kennen noch die Bücher aus den Achtzigern, von der Jahrtausendwende, 2010. Nichtsdestotrotz ist das heute nicht die Frage. Heute geht es um die Bremer Strategie, wie Sie gesagt haben.

Eines ist auch klar – das sagt auch der Senat in der Beantwortung auf Ihre Große Anfrage –, nämlich dass wir in Bremen weniger Erdöl brauchen. Der Verbrauch ist um drei Prozent gesunken. Das ist erst einmal eine gute Botschaft. Das hängt natürlich – ganz klar – auch mit effizienterer Fahrzeugtechnik zusammen.

(Zuruf)

Natürlich haben wir die. Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie als Fahrradfahrer das nicht wissen. Wenn Sie sich einmal den Durchschnitt des Flottenverbrauchs der Fahrzeuge ansehen, werden Sie feststellen, dass er sinkt. Dass sich Leute größere Autos kaufen, ist eine andere Sache. Sie können ja vielleicht wieder einmal eine Verbotsorgie durchführen. Dann wollen wir einmal sehen, was dabei herauskommt.

(Abg. Frau N e u m e y e r [CDU]: Schnack denen nichts an! – Beifall bei der CDU)

(A) (C)

(B) (D)

Der nächste Bereich ist die Wärmeerzeugung. Ein wichtiger Bereich – Kraftfahrzeuge und Wärmeerzeugung sind in Bremen der Hauptanteil; das ist gar nicht die produzierende Industrie – ist der der Heiztechnik. Da gibt es mittlerweile sehr effiziente Ölheizungen. Wir haben gerade bei Neubauten den Trend, auf Gas zu setzen. Was heute in Bremen gebaut wird, ist zum großen Teil über Gastechnik abgesichert. Das führt – das blenden Sie ein wenig aus – zur nächsten Abhängigkeit. In Kürze werden wir Gas ausschließlich aus Russland importieren.

(Zuruf der Abg. Frau D r. S c h i e r e n - b e c k [Bündnis 90/Die Grünen])

Das ist auch endlich und schafft neue Abhängigkeiten.

Die Frage ist: Welches sind die Alternativen? Da sind Sie fast gar nicht. Da sind Sie nur voller Ideen. Die Alternative zu Öl und Gas bleiben regenerative Energien. Da sind wir uns – glaube ich – alle einig.

Beim Verkehr ist die Frage, inwieweit wir auf Elektromobilität setzen können. Ich rede nicht nur vom Elektroauto, sondern davon, in dieser Stadt, in diesem Land Modelle zu schaffen, mit denen wir über Elektromobilität unabhängiger von Öl werden. Die BSAG ist schon dabei. Sie sitzen ja selber im Aufsichtsrat. Das Ziel ist, die Busverkehre 2020 ausschließlich über Elektromobilität zu betreiben. Das ist im Grunde genommen eine vernünftige Sache, bei der wir sparen können.

Das Zweite ist die energetische Sanierung. Sie haben es auch angekündigt. Das würde nicht nur weiterhin Arbeitsplätze und Arbeit für die Handwerker schaffen, sondern wäre auch sinnvoll. Aber da sperren Sie sich aus ideologischen Gründen nach wie vor. Wir fordern schon lange die steuerliche Geltendmachung von energetischer Sanierung.

(Zuruf der Abg. Frau D r. S c h i e r e n - b e c k [Bündnis 90/Die Grünen])

Sonst funktioniert das doch nicht. Man kann das gut und schön finden. Aber Sie können sich doch nicht hinstellen und hier predigen, wenn Sie sehen: Die Leute wollen das nicht. Dann muss man ihnen Modelle anbieten, dass sie es machen, und hier nicht herumfabulieren.

(Beifall bei der CDU)

Das ist es, was mich bei Ihrer Strategie ärgert. Sie haben uns die Welt erklärt. Das finde ich auch gut. Sie haben ja nichts Falsches gesagt. Das ist schön für ein Seminar. Das können wir gerne einmal machen. Sie haben nämlich noch ein paar Sachen vergessen: die geostrategischen Auswirkungen, die die Erdölschwemme hat, und dass sie USA mittlerweile autark sind. Einmal unabhängig davon, welche Auswir

kungen Fracking hat, ist die Frage: Welche geostrategischen Auswirkungen hat das auf Europa, auf Deutschland? Die USA sind die größte Militärmacht und eine Schutzmacht des Westens. Was passiert, wenn sie sich komplett zurückzieht? Welches sind die Abhängigkeiten zu Russland vor dem Hintergrund der Ukraine und dergleichen? Ich hätte Lust, mit Ihnen eine abendliche Podiumsdiskussion zu machen und dieses wichtige Thema nicht hier einmal eben in fünf Minuten abzuhandeln. Hätten Sie eine Kleine Anfrage gestellt, hätte ich gesagt: Prima!

Sie stellen sich hin nach dem Motto: Am Bremer Wesen soll die Welt genesen. Bremer Strategie! Sie machen sich mit der ganzen Sache ein bisschen lächerlich. (Beifall bei der CDU)

Dafür ist es ehrlicherweise einfach zu wichtig.

Ich frage Sie: Was haben Sie in dem Bereich Unabhängigkeit von Öl in den letzten Jahren in Ihrer Regierung gemacht? – Nichts. Wir kommen gleich dazu: die ganze Infrastruktur, öffentliche Gebäude – alles katastrophal, keine energetische Sanierung. Sie haben keine Modelle geliefert, nur immer nach Berlin, Berlin, Berlin gerufen. Sie haben nichts gemacht. Das muss man klar und deutlich sagen. Sie haben, außer Papier zu füllen, nichts gemacht. Das reicht nicht. (Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Gottschalk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Bremische Strategie zum Umgang mit Risiken der Erdölversorgung und steigenden Ölpreisen“ – unter diese Überschrift haben wir die Große Anfrage gestellt. Es ist richtig – darauf ist hingewiesen worden –: Allein in den letzten vier Monaten ist der Ölpreis in der Spitze um 30 Prozent gefallen.

Das kam überraschend. Wenn man es sich anschaut, stellt man fest, dass im Wesentlichen vier Faktoren diskutiert werden: Da ist erstens die Abschwächung der Weltwirtschaft. Da ist zweitens die Reaktion der Finanzspekulation auf diese Abschwächung der Weltwirtschaft. Drittens haben wir – Herr Strohmann hat das etwas angedeutet – den Preiskampf auf den internationalen Ölmärkten zwischen Saudi-Arabien und den USA vor dem Hintergrund des Frackings. Viertens liegen hinter uns Jahre, die einen riesigen, einen Superboom an Investitionen in der Erdölindustrie gesehen haben.

Allein seit dem Jahr 2010 sind über 2,5 Billionen Dollar in diesen Bereich investiert worden. Es sind insbesondere dieser Investitionsboom und auch das Fracking, die Spekulationen nähren, dass wir es mit dem Anfang einer längeren Ölschwemme, wie sie

(A) (C)

(B) (D)

auch Herr Strohmann als Möglichkeit in Aussicht gestellt hat, zu tun haben. Ich denke aber, Herr Strohmann, mit Sicherheit lässt sich das in diesem Bereich aber nicht sagen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wenn Frau Hendricks das Fracking auch noch zulässt!)

Darüber können wir sprechen. Herr Röwekamp, ich will es einmal so sagen: Delegiert wird die Verantwortung an die niedersächsische Regierung. – Aber lassen Sie mich meinen Gedanken fortführen. Wenn man sich anschaut, was zu erwarten ist, so sind manche Studien zum Frackingpotenzial in den USA weitaus skeptischer und sehen dort den Peak schon im Jahr 2020. Wir wissen, dass Preise, wie sie jetzt nach unten fallen, durch Finanzspekulationen sehr schnell wieder hochgejubelt werden können, und wir kennen auch die organisierte Marktmacht der Förderstaaten und der Ölmultis, sodass wir davon ausgehen müssen, dass die Ölpreisentwicklung ein latentes Risiko bleiben wird.

Ich denke aber, dass unabhängig davon die Reduzierung des Ölverbrauchs ohnehin auf unserer Agenda steht, und dies einfach aus Gründen des Klimaschutzes. Das Einzige, das sich möglicherweise ändert, ist, dass die Entwicklung des Ölpreises nicht mehr der stille Helfer ist, der gewissermaßen einen latenten Druck ausübt und dazu beiträgt, dass Öl eingespart wird.

Wenn wir das sehen und den Blick nach Bremen wenden, ist zu fragen, was wir hier tun können. Frau Dr. Schierenbeck und Herr Strohmann haben schon darauf hingewiesen, dass der mit Abstand größte Bereich des Erdölverbrauchs mit 75 Prozent auf den Verkehr entfällt. Insoweit müssen wir in der Tat fragen: Was können wir von Bremen aus eigentlich tun?

Die Hauptherausforderung besteht in der Konversion vom Verbrennungsmotor zum Elektromotor. Hierauf können wir von Bremen aus natürlich nur begrenzt Einfluss ausüben. Wir können unsere Hausaufgaben erledigen, indem wir Projekte unterstützen – zum Beispiel das Ausprobieren von Elektrobussen bei der BSAG und den Versuch, dort so schnell wie möglich zur Umstellung zu kommen –, und wir können uns auch umschauen, was ansonsten im Bereich der Elektromobilität gemacht werden kann.

Wir haben den Verkehrsentwicklungsplan sehr intensiv debattiert, wir haben gesehen, wie stark auch die Beharrungsstrukturen im Hinblick auf eine Umstellung sind. Die wesentliche Aufgabe in diesem Bereich wird darin bestehen, die Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans beharrlich und konsequent zu verfolgen.

Mein Fazit aus den Antworten auf diese Große Anfrage lautet: Eigentlich liefern sie keine alarmierend neuen Ergebnisse, es gibt aber auch nicht den geringsten Grund, in den Anstrengungen zur Verrin

gerung des Ölverbrauchs nachzulassen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zu einer Kurzintervention erhält Frau Dr. Schierenbeck das Wort.

Sie wird auch kurz. Ich möchte nur auf das eingehen, was Herr Strohmann gesagt hat.