Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich die Antwort des Senats gelesen habe, habe ich mich gefragt: Sind wir verrückt geworden? Mir waren solche Liga-Auswertungen bisher gar nicht bekannt. Wie kann man Randale, Krawall, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung noch in ein Ranking stellen? Was sind das überhaupt für Leute, habe ich mich gefragt.
Vielleicht hat Herr Staatsrat Ehmke noch eine bisschen etwas zur Soziologie dieser Täter zu sagen, die ein Ranking machen, diesen Krawall machen und diese Straftaten begehen, damit wir noch einen Aspekt hinsichtlich der Prävention bekommen. Wagensportliga! Gut, dass wir das in Bremen nicht haben. Wer zündet die meisten Autos an? Wie kann man sich so etwas vorstellen?
Aber es gibt halt diese Randale-Bundesliga, und aus der Beantwortung des Senats ist erkennbar, dass wohl auch einige Ereignisse in Bremen in diese RankingLiga eingeflossen sind. Sie sind eben vorgetragen worden. Das will ich jetzt nicht im Einzelnen wiederholen. Dabei fällt auf, dass sich alle diese Taten gegen Polizeibeamte oder gegen polizeiliche Einrichtungen, Streifenwagen und Gebäude der GdP richten. Wer ein solches Verhalten in einer Tabelle bewertet, heizt natürlich Nachahmer an. Er provoziert quasi zum Mitmachen, er provoziert durch das Bejubeln, dass man sich an einem entsprechenden sozialwidrigen und strafbaren Verhalten beteiligt. Leider reicht das noch nicht aus, weil es noch nicht ein konkretes Auffordern zu einer Straftat ist, aber wir sollten dennoch für die Zukunft diese Tabellen, diese Aufrufe, dieses Kommentieren im Auge behalten und sorgfältig prüfen, ob nicht doch im Einzelfall die Grenze zum Auffordern überschritten wird.
Auseinandersetzungen unter verfeindeten HooliganGruppen – nun gut, wer sich prügeln und wamsen will, soll das meinetwegen machen.
Ich bin noch nicht am Ende! Dennoch wird darauf auch zu achten sein. Aber besorgniserregend sind die Angriffe auf die Polizei und die Tatsache, dass die Polizei überwiegend durch Personen oder Gruppen aus dem linksextremistischen Bereich angegriffen wird.
Über 30 Körperverletzungen in einer Bundesligasaison! Herr Ehmke, da würde mich auch die Art der Verletzungen interessieren. Wie sind die im Einzelnen ausgefallen? Auch das sollten Sie vielleicht ein bisschen konkretisieren.
Nach dem Anstieg von politisch motivierter Kriminalität ist von Herrn Senkal in seiner Anfrage auch gefragt worden. Sie ist bei den Ausländern in den letzten Jahren im Schnitt auf über 30 pro Jahr angestiegen. Aus dem rechten Milieu über 100 Straftaten, aus dem linken knapp unter 100! Alles dies zeigt deutlich, dass wir es hier mit einem Potenzial von Menschen zu tun haben, die unseren Staat, seine für sie handelnden Personen und unsere Grundordnung ablehnen oder bekämpfen wollen. Die Taten sind überwiegend anlassbezogen. Eine richtige Struktur unter diesen Tätern kann ich noch nicht so ganz erkennen. Es fehlt da die Stringenz, und es fehlt vielleicht auch der ideologische Hintergrund, wie wir das in den Siebzigerjahren in ganz anderen Ausmaßen hatten.
Ganz anders – das kommt in der Beantwortung auch zum Ausdruck – ist der Bereich Islamismus zu beurteilen. Da sehe ich durchaus eine Struktur, eine Kontinuität und eine Radikalisierung, und es gilt, auch darauf ein besonderes Augenmerk zu haben.
Aus allem aber ergibt sich auch, dass sich durch diese Art der Kriminalität der Polizeiaufwand erhöht hat und es daher gut ist, dass wir uns mit der Erhöhung der Zielzahlen für die Polizei beschäftigen. Auch hieraus erfährt das Ganze noch einmal eine neue Begründung.
Der Senat antwortet auf die Frage, wie die Polizei damit umgeht, dass sie gut aufgestellt sei und keinen akuten Handlungsbedarf sehe. Zum Teil sieht sie einen für die Ausrüstung. Body-Cams sollen eingesetzt werden. Vielleicht wird das zur Prävention beitragen. Psychische Folgeerscheinungen sind angesprochen worden. Die Polizei sagt, dass sie ein gutes therapeutisches Beratungsteam habe. Hierzu würde mich vom Staatsrat interessieren, wie viel Beamte dies in Anspruch nehmen und wie das in dem einen oder anderen Fall von der Intensität her zu bemessen ist.
Die Polizei verfügt über ein systemisches Einsatztraining. Sie ist in der Lage, einzeln, in Streifenwagenbesatzung oder auch als geschlossene Einheit zu reagieren. Sie verhält sich in diesen Stresssituationen professionell. Aufgrund all dessen kann ich für uns als FDP-Fraktion und als FDP insgesamt nur unseren Respekt und unsere Anerkennung für diese besonnene polizeiliche Arbeit aussprechen.
Die Kolleginnen und Kollegen haben das Recht auf parlamentarische Unterstützung für personelle und sachliche Notwendigkeiten.
Es ist auch angesprochen worden, einen neuen Straftatbestand zu schaffen. Wir haben das schon einmal in anderem Zusammenhang diskutiert. Ich denke, im Saarland und auch in Hessen wird über einen neuen Straftatbestand nachgedacht. Dabei geht es um eine Vorverlagerung. Es soll also nicht darauf ankommen, dass eine Aktion zum Erfolg wird und eine Körperverletzung eintritt; allein den zielgerichteten Versuch, einen Polizeibeamten zu verletzen, will man unter Strafe stellen.
Ich schlage vor, wir warten ab, was dort an Ergebnissen herauskommt, und dann kann man überlegen, ob wir von Bremen aus ein Signal nach Berlin senden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angriffe gegen Polizeibeamte sind ein ernstes und wichtiges Thema. Eine Polizei, die unsere Bürgerrechte wahrt und schützt, ist für einen funktionierenden Rechtsstaat unverzichtbar.
Gewalttätige Attacken auf die Polizei sind daher völlig inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen.
Man kann allerdings finden, dass die vorliegende Anfrage vielleicht einen etwas falschen Fokus setzt. Diese Beiträge auf der Indymedia-Plattform, um die es in der Anfrage geht, sind zweifellos eine üble Geschmacklosigkeit. Darüber müssen wir nicht diskutieren. Aber wer glaubt ernsthaft, irgendjemand würde Polizeibeamte nur deshalb angreifen, weil er damit in der Randale-Bundesliga auf Indymedia ein paar Punkte sammeln kann? Ich halte das für Quatsch.
Auch wenn es auf Indymedia Randale-Bundesliga heißt, geht es dabei nicht, wie man vielleicht meinen könnte, um Fußball, sondern um Linksautonome. Das geht in der Anfrage und dann auch in der Antwort manchmal ein bisschen durcheinander. Einigermaßen absurd wird es, wenn es zum Vorfall in der Silvesternacht in Lesum heißt:
„Die Motivation der Täter ist bisher nicht nachvollziehbar. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Tat für die Randale-Tabelle verübt wurde.“
Wenn man nichts über das Motiv weiß, kann man auch nichts ausschließen. Das ist so richtig wie banal. Ist es aber sinnvoll, einen Zusammenhang herzustellen, für den objektiv rein gar nichts spricht? Ich denke, nicht. Es muss um Fakten und nicht um Spekulationen gehen.
Unabhängig davon, wer für einzelne Vorfälle verantwortlich ist, stellt sich natürlich die Frage: Was tun? Wie verringern wir das Risiko für unsere Polizistinnen und Polizisten, Opfer von Gewalt zu werden? Ein Instrument dazu haben wir vor zwei Wochen in der Innendeputation beschlossen und auf den Weg gebracht, die sogenannten Body-Cams. Wir glauben, dass solche Body-Cams tatsächlich einen präventiven Effekt haben können. Wir werden das demnächst auch hier in der Bürgerschaft debattieren.
Nach wie vor skeptisch sind wir aber, was den sogenannten Schutzparagrafen angeht. Es gibt, wie bereits erwähnt, Bundesratsinitiativen von Hessen und dem Saarland, einen neuen Straftatbestand für tätliche Angriffe auf Polizeikräfte, Feuerwehrleute und Angehörige des Rettungsdienstes zu schaffen. Ganz wichtig: Wir reden hier nicht von Schutzlücken, die geschlossen werden sollen, sondern es geht lediglich um Verschärfungen des Strafmaßes. Dabei geht es aber nicht nur um Hasskriminalität, bei der aus menschenverachtenden Motiven Polizisten angegriffen werden. Für solche Straftaten wurde kürzlich erst der Paragraf 46 des Strafgesetzbuches geändert. Die von Hessen und dem Saarland beantragten Änderungen betreffen hingegen auch minderschwere Fälle, bei denen gerade keine brutale Gewalt ausgeübt wurde und die aus einer möglicherweise hektischen Situation eines Polizeieinsatzes heraus entstanden sind. Auch solche minderschweren Fälle müssen natürlich verfolgt werden. Aber wenn dabei in jedem Fall drakonische Mindeststrafen verhängt werden müssen, wird das nach meiner Überzeugung nicht zu mehr Respekt vor der Polizei führen, sondern es kann die Gräben noch vertiefen, und damit wäre den Polizeibeamtinnen und ‑beamten am allerwenigsten gedient.
Das Strafmaß für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wurde erst vor wenigen Jahren deutlich angehoben. Wir sollten es den Gerichten nicht noch schwerer machen, Einzelfallgerechtigkeit walten zu lassen. Jeder Einzelfall ist anders, und die Richter und die Schöffen an den Gerichten sind durchaus in der Lage, bei geltender Rechtsgrundlage alle relevanten Aspekte in das Strafmaß einfließen zu lassen.
Wer glaubt, durch ein höheres Strafmaß würden solche Straftaten verhindert, macht sich und anderen etwas vor.
Wenn man sich die wissenschaftliche Forschung von Gewalt gegen Polizei anschaut, stößt man interessanterweise vor allem auf drei Personengruppen, die besonders oft durch Gewalt gegen Polizeikräfte auffallen. Das sind erstens stark alkoholisierte Menschen, zweitens Menschen mit Migrationshintergrund und drittens Menschen, die selbst schon einmal Opfer von polizeilichem Fehlverhalten wurden oder bei denen es solche Menschen im persönlichen Umfeld gibt. Soweit die wissenschaftlichen Erkenntnisse! Wer das Problem von Gewalt gegen Polizisten also ernsthaft an der Wurzel packen will, muss sich daher vor allem mit diesen drei Personengruppen beschäftigen.
Wie schaffen wir es, den übermäßigen Konsum von Alkohol zu bekämpfen? Da sollte es nicht um Verkaufs- oder Konsumverbote gehen. Aber wieso ist eigentlich Alkoholwerbung noch immer fast uneingeschränkt erlaubt?
Wie schaffen wir es, das Ansehen der Polizei auch bei Menschen mit Migrationshintergrund zu fördern? Wir brauchen mehr Polizistinnen und Polizisten, die selbst Migrationshintergrund haben.
Nicht zuletzt die Frage: Wie schaffen wir eine bessere Fehlerkultur innerhalb der Polizei, denn Gewalt erzeugt Gegengewalt, und wenn einzelne Polizisten bei der Ausübung des Gewaltmonopols über die Stränge schlagen, dann schürt dies Unmut, der sich bei nächster Gelegenheit gegen die Polizei entladen kann.
(Abg. Kastendiek [CDU]: Das ist unerträglich, was Sie wieder erzählen! – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Jetzt wird es wieder schräg!)
So sind auch die Erkenntnisse, die im Auftrag der Innenministerkonferenz durch Christian Pfeiffer und seine Kollegen in Niedersachsen herausgefunden wurden! Das kann man auch einfach einmal zur Kenntnis nehmen!
Nein! Darum ist es im besten Interesse aller Polizistinnen und Polizisten, wenn wir unseren Rechtsstaat entschieden verteidigen, gegen Angriffe von außen, aber auch gegen Grenzüberschreitungen von innen.