Protokoll der Sitzung vom 24.06.2016

dass der Einsatz wichtiger parlamentarischer Rechte, begonnen beim Untersuchungsausschuss, ein Misstrauensvotum, aber auch die Anrufung des Staatsgerichtshofs in den letzten drei Wochen in einer nahezu spielerischen Art und Weise, mit den Bällen jonglierend, hier eingebracht und wieder gestrichen worden ist. Ich halte das für eine große Gefahr für einen ernsthaften, dem Land Bremen verantwortlichen politischen Stil.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Insbesondere halte ich es für eine Gefahr, wenn ich mir anschaue, dass der nicht leichte Vorwurf der Verfassungswidrigkeit des Landeshaushalts en passant damit vom Tisch gewischt wird, dass man Terminsorgen hat. Es ist unverantwortlich, damit so umzugehen. Es hat sich in der Sache nichts geändert. Wenn

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Sie das ernst gemeint hätten, hätten Sie es beibehalten müssen. Sie spielen und nehmen die Menschen in Bremen und Bremerhaven nicht ernst. Das kann nicht so weitergehen!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte Sie wirklich darum, das zu ändern. Ich verstehe die heutige Zusammenfassung in diesem versuchten Misstrauensantrag so, dass Sie versuchen wollen, vor der Sommerpause noch reinen Tisch zu machen und danach bitte ordentliche, sachbezogene Oppositionsarbeit machen. Wir können das in diesem Land gut gebrauchen. Gehen Sie daran!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Kas- tendiek [CDU]: Gut, dass wir Sie nicht zufriedenstel- len!)

Zur Sache will ich gern auch aus Sicht des Senats zu dem vermeintlich und angeblich verfassungswidrigen Haushalt etwas sagen. Es ist schon darauf hingewiesen worden, wie wir das auch rechtlich abgesichert haben, übrigens mit einem Gutachter, der auch auf Bundesebene große Beachtung findet, weil er bisher das Land Bayern vertreten hat und schon mit großer Aufmerksamkeit gesehen worden ist, dass dort unsere Position in diesem Fall unterstützt worden ist und unterstützt wird.

Ich will auch einmal in der Sache sagen, da Sie sagten, dass dieser Haushalt verfassungswidrig sei, wir hätten als Koalition beziehungsweise der Senat hätte Einsparungsvorschläge unterbreiten und einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können: Ich will nicht darüber reden, dass die CDU-Fraktion keinen einzigen Vorschlag eingebracht hat, sondern dass der Haushalt für das Jahr 2016 um 280 Millionen Euro umfangreicher geworden ist, weil wir gesagt haben, dass wir die Flüchtlinge nicht gegen die Menschen in Bremen und Bremerhaven ausspielen. Das ist der Grund.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das sind 280 Millionen Euro. Die FDP hat sich hingesetzt – das finde ich parlamentarisch sehr anerkennenswert –, Vorschläge unterbreitet und den Bremerinnen und Bremern, den Bremerhavenerinnen und Bremerhavenern aufgezeigt, was es heißen würde, 200 Millionen Euro einzusparen. Mit Ihren Vorschlägen wären sie beim Stabilitätsrat nicht durchgekommen. Trotzdem war es schon ein Programm des Kahlschlags und zeigt, wie notwendig unser Ansatz für den Zusammenhalt und das Wachstum in unserem Land ist und wie richtig das war.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will die anderen Argumente nicht wiederholen, sondern nur sagen, dass die Finanzsenatorin vor dem

Hintergrund großer Verantwortung gehandelt hat. Wir haben uns – ich bedanke mich noch einmal beim Parlament – mehr Zeit im Senat lassen. Sie haben das Verfahren beschleunigt. Wir haben uns die Zeit gelassen, weil die Finanzsenatorin gesagt hat, dass wir diese Zeit brauchen und wir das sorgfältig und gut begründet Punkt für Punkt machen müssen. Das haben wir geschafft. Herzlichen Dank an Karoline Linnert für diese großartige Leistung!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Nun kommt jeder Vorwurf – der Abgeordnete Röwekamp spricht davon –, wir hätten uns seit 2013 solche Warnhinweise eingehandelt. Ich will das einmal sortieren. Als Rot-Grün 2007 die Koalition und den Senat gebildet hat, hatten wir eine Situation, in der wir nicht wussten, wie es finanzpolitisch weitergeht.

Es ist dann erreicht worden, dass wir Konsolidierungshilfen bekommen. Diese bekommen wir seit 2011. Es sind 300 Millionen Euro. 2011 haben wir den Haushalt für 2011 vorgelegt und haben 300 Millionen Euro bekommen. 2013 haben wir den Haushalt vorgelegt und 300 Millionen Euro bekommen. 2014 haben wir den Haushalt vorgelegt und 300 Millionen bekommen. Auch für 2015 hat Karoline Linnert vor wenigen Wochen 300 Millionen Euro mitgebracht. 1,5 Milliarden Euro hat diese Finanzsenatorin nach Bremen gebracht!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das begründet kein Misstrauen, sondern Unterstützung und nichts anderes.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Nun kommt Herr Röwekamp und behauptet in einer sehr freien Interpretation, was in dem Brief steht. Darum habe ich mir das, was der Stabilitätsrat beschlossen hat, noch einmal vorgenommen. Es gibt vorher nichts in dieser Art. Es ist kein Wort davon, Sie werden es hören, dass man immer schon gewarnt hätte und jetzt würde es reichen. Das war ja Ihr Argument.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Ist denn vorher gewarnt worden?)

Auch wenn gewarnt worden ist, hat es immer Diskussionen gegeben. Ich habe es eben gesagt. In jedem Jahr haben wir das Ziel erreicht und 300 Millionen Euro bekommen, ohne CDU im Senat.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ein CDU-Finanzsenator hat das, jedenfalls nach meiner Erinnerung, in der Vergangenheit oft nicht geschafft. Der Stabilitätsrat stellt fest – das ist der Text –, dass Bremen die für das Jahr 2015 vorgesehenen

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Sanierungsmaßnahmen umgesetzt hat. Die vorgegebene Obergrenze der Nettokreditaufnahme wurde eingehalten. Die 2016 geplante Nettokreditaufnahme, das ist jetzt der Punkt für den Sanierungsgang, der nächstes Jahr überprüft wird, ist mehr als doppelt so hoch wie die Obergrenze der Nettokreditaufnahme nach der Sanierungsvereinbarung.

(Abg. Imhoff [CDU]: Ach nein!)

Richtig, das war die politische Entscheidung, die flüchtlingsbedingten Mehrkosten separat auszuweisen, nichts anderes ist der Hintergrund.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Dann sagt der Stabilitätsrat, die vom Land für das Jahr 2016 ergriffenen und im Sanierungsprogramm angekündigten Maßnahmen reichen nicht aus, um den vereinbarten Sanierungsplan einzuhalten, und fordert uns zur verstärkten Haushaltssanierung auf. Das ist die Konsequenz und dessen Auffassung. Wir werden das jetzt nacharbeiten, aber wir haben unsere Rechtsposition. Mit dieser stehen wir sehr gut da. Ich bin sehr sicher, dass wir die Arbeiten, die hier zu leisten sind, leisten werden. Wir werden auch im nächsten Jahr erfolgreich sein.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das zweite Thema, das zur Begründung eines Misstrauensantrags herangezogen wurde, ist der Vorwurf bei der Bremer Landesbank und ihren wichtigen Herausforderungen. Das ist hier vielfach dargelegt worden. Der Kollege Björn Tschöpe hat es sehr gut verdeutlicht, wie die Verantwortung nach den unterschiedlichen rechtlichen Situationen ist. Das hat sehr zur Sachaufklärung beigetragen.

Der Vorwurf, dass sich eine Finanzsenatorin mit Elan und Vehemenz für Bremen und die Bremer Landesbank einsetzt und man sich dabei im Ton vergriffen habe, dass dieses Engagement einen Misstrauensantrag begründet, ist schon abenteuerlich. Ich erwarte vom Senat und von meiner Finanzsenatorin und Bürgermeisterin Linnert, dass sie so vorgeht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das hat sie getan und mit allem, mit dem man kämpfen kann, gekämpft.

Ich will auch noch ein Wort zur Situation der Bremer Landesbank sagen, weil wir uns von einem Zeitungskommentar zum nächsten hangeln müssen. Wir bekommen von selbst ernannten Fachleuten viele Einschätzungen. Wir haben Substanz. Leute, die die harte Substanz bewerten können, möchte ich einmal zu Wort kommen lassen, und zwar den Präsidenten des Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Sagen Sie ruhig Herr Hickel!)

Früher war er Finanzminister in Bayern und Politiker der CSU. Er sagte in einem Interview der „Wirtschaftswoche“ auf die Frage, warum jetzt die Bremer Landesbank gerettet werden müsse – ich zitiere –: „Die Bremer Landesbank ist seit vielen Jahren ertragreich und solide. Der Kapitalbedarf ist wegen Wertberichtigungen in einem Geschäftsbereich entstanden. Die Eigentümer haben sehr schnell klargemacht, dass sie zu ihrer Verantwortung stehen. Solch entschlossenes Handeln würde ich mir auch bei anderen Banken wünschen.“ Der Mann hat Ahnung, und er hat recht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Eckhoff [CDU]: Wo ist das Gutachten dazu? Das gibt es nicht!)

Ich würde mir so etwas auch häufiger aufgeschrieben und ausgesprochen von allen, die sich hinter Bremen stellen, wünschen. Bei diesem Misstrauensantrag und gerade bei der Frage der Bremer Landesbank geht es natürlich auch um Politik. Das kann hier niemand wegreden. Ich werde gleich etwas dazu sagen, dass man hier der Auffassung ist, es sei eine Sachfrage, bei der man einmal so und einmal so als Fraktion Koalitionen bilden könnte. Nein, das ist hier etwas mehr. Dass es sich um Politik handelt, konnte man sehr schön an dem Interview sehen, das Jens Eckhoff vorgestern dem „Weser-Kurier“ gegeben hat und das gestern abgedruckt worden ist. Dort findet sich zum einen der Hinweis auf die Frage, dass Bremen die Bank mit eigenen Mitteln hätte stützen sollen. Das ist, schlank ausgesprochen, schon der Hinweis auf die rechtlichen Dinge, die geprüft worden sind. Natürlich ist darüber gesprochen worden.

Ich will aber auch einmal auf Folgendes hinweisen: In diesen Zeiten, in denen man auf der einen Seite aus derselben Partei das Misstrauensvotum begründet, man sei zu leichtfertig mit dem Haushalt umgegangen, sagt man hier en passant: Greift doch einfach einmal hinein, holt 200 Millionen Euro und steckt sie in die Bank, aber wir wissen nicht, wie die Zukunft aussieht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist nicht solide. So einfach ist das nicht. Wir werden für die weiteren Verhandlungen alle Optionen im Auge behalten. Dafür steht die Finanzsenatorin, die auch nach dem heutigen Tag diese Verhandlungen weiterführen wird.

Ich komme zu einem zweiten Punkt, bei dem die Politik deutlich wird, um die es hierbei geht. Da schlägt der Abgeordnete Eckhoff vor – wahrscheinlich in Erinnerung an seine zweifelhaften und jedenfalls damals Gott sei Dank nicht realisierten Taten als damaliger

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Bausenator –, dass man doch einfach ein paar Anteile der GEWOBA herausnehmen und damit dieses Geld finanzieren könne. Ich will hier einmal sagen: Wir werden alles dafür tun, dass GEWOBA und BLG in dieser Situation gesichert werden.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage Ihnen von der CDU an dieser Stelle: Lassen Sie die Finger von der GEWOBA! Hier geht es um viele Menschen. Hier geht es um gutes Kapital, das darin steckt.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)