Protokoll der Sitzung vom 22.07.2015

Ich will diese Schwerpunkte nennen, es sind die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Verbesserung der Bildungschancen für unsere Kinder, Sicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven, die Schaffung der Voraussetzungen für weiter wachsende Städte und die Gewinnung weiterer Einwohner für Bremen und Bremerhaven, das Gelingen der Energiewende, aber eben auch eine neue Politik in der Region und die Modernisierung der Verwaltung.

Wir haben an den Anfang unseres Koalitionsvertrags sehr bewusst die Themen Arbeit und Arbeitspolitik gestellt, denn Arbeit ist ein zentraler Schlüssel für die Überwindung von Ausgrenzung und Armut. Für uns ist das deshalb ein ganz wesentlicher Auftrag, und den haben wir übernommen im Sinne einer Kontinu

ität des Bündnisses für den sozialen Zusammenhalt und des Bürgerschaftsausschusses zur Bekämpfung und Prävention von Armut und sozialer Spaltung.

Wir wollen den Menschen Arbeit bieten, denn Armut entsteht aus Arbeitslosigkeit, und neue Beschäftigungschancen mindern Armut. Deshalb konzentrieren wir uns darauf in einem Bundesland, in einer Wirtschaft, die ein Phänomen hat: Wir haben eine starke Wirtschaft, boomende, international wirkende Branchen, und wir haben in den letzten Jahren viele Arbeitsplätze geschaffen, aber trotzdem fallen wir im Vergleich zu anderen im Bereich der Arbeitslosigkeit ab. Diese Spaltung müssen wir angehen.

Ich will hier deutlich sagen, Leiharbeit und Werkverträge spielen dabei leider eine traurige Rolle. Wenn ich heute in der Zeitung lesen muss, dass die Arbeitnehmerkammer festgestellt hat, dass wir in der Gastronomie mehr Minijobs haben als sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, dann ist das etwas, das wir ändern und angehen müssen,

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

und wir haben dazu konkrete Themen angesprochen.

Wir werden uns in neuer Weise dem Jobcenter zuwenden, denn das muss ein leistungsfähiger Dienstleister sein. Beim Jobcenter sind 70 000 Menschen in Bremen sozusagen unter Vertrag. Wir wollen diese Rolle aufnehmen, wollen unsere Rolle als kommunalen Anteil darin nutzen und den kommunalen Einfluss stärken, denn wir brauchen eine gemeinsame Strategie, um insbesondere im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit etwas zu unternehmen. Es wird dort um ganz praktische Fragen gehen wie die Umschichtung zwischen Eingliederungs- und Verwaltungskostenbudgets, Betreuungsrelationen und anderes, aber wir wollen auch dafür sorgen, dass die Geschäftsführung des Jobcenters künftig kommunal gestellt wird, meine Damen und Herren.

Wir werden in dem Zusammenhang die Möglichkeiten bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nutzen und uns aufgrund unserer engen Spielräume auch darauf konzentrieren müssen, die Möglichkeiten zu nutzen, die uns die Bundesebene schafft, sowohl seitens der Agentur für Arbeit als auch seitens der Bundesregierung und des Bundesministeriums für Arbeit. Wir brauchen eine Planungssicherheit und müssen die verschiedenen Gruppen ins Auge fassen und beispielsweise Qualifizierungstreppen für Alleinerziehende aufbauen, damit sie nicht abgeschlossene Berufsausbildungen beenden oder überhaupt eine Ausbildung beginnen können.

(Beifall SPD)

Danke für die Unterstützung!

Sie sehen, dass wir uns den Menschen mit langer Arbeitslosigkeit ausdrücklich zuwenden wollen. Wir

wollen hier Fortschritte erzielen und dafür sorgen, dass auch Angebote bereitgehalten werden, die sozialintegrativ ausgerichtet sind. Wir haben gerade in den sogenannten schwierigen Stadtteilen und Quartieren in unseren Städten schon viele Angebote, diese müssen aber bleiben. Öffentliche Beschäftigung ist notwendig in diesen Stadtteilen, auch zur Unterstützung der dortigen Infrastruktur, meine Damen und Herren!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir werden uns um verzahnte Angebote im Bereich der Qualifizierung kümmern, dafür sind Hilfen wie Schuldnerberatungen, Suchtberatung und psychosoziale Beratung nötig, weil viele Menschen erst wieder in die Lage gebracht werden müssen, aus ihrer sozialen Situation herauszufinden und ihre gesellschaftliche Teilhabe auszuüben. Das gilt im Übrigen auch – und ich adressiere das sehr ausdrücklich – für die geschlechtsspezifische Teilung auf dem Arbeitsmarkt, wir haben immer noch zu wenig Arbeitsmarktzugänge für Frauen in diesem Land.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir werden – letzter Gedanke zur Arbeitsmarktpolitik! – dies, wie gesagt, nicht alleine in Bremen und Bremerhaven stemmen können, wir werden es auch nicht alleine stemmen können mit den Maßnahmen, die der Bund und die Bundesagentur jetzt zur Verfügung stellen. Deshalb werden wir auch auf Bundesebene politisch aktiv werden und unsere Rolle nutzen müssen. Es gibt gute Vorschläge zum Aktiv-/Passivtransfer und viele Verbesserungsvorschläge zur Stärkung der Instrumente der Arbeitsförderung. Diese müssen endlich verbindlich umgesetzt werden, damit wir in Regionen wie Bremen und im Norden eine gute Chance für die Menschen aufbauen können.

Gute, qualifizierte Arbeit braucht auch gute Ausbildung, und darum haben wir uns insbesondere darauf ausgerichtet zu sagen, wir wollen der Arbeitslosigkeit den Nachwuchs nehmen und dafür sorgen, dass junge Menschen eine Chance haben, deshalb die Schwerpunkte auf Ausbildung und auch die Jugendberufsagentur. Dieser Senat wird diese Anstrengungen der letzten Legislaturperiode fortführen und – wenn möglich – ausbauen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Gute Qualifizierung fängt an bei den ganz Kleinen, deshalb haben wir uns im Bereich der Bildung auch entschlossen zu Strukturmaßnahmen und nicht nur zur Ausweitung und Verbesserung der notwendigen Angebote und des notwendigen Personals, und eine wesentliche Aufgabe wird in diesem Zusammenhang die Zusammenlegung der Bereiche Kindergärten und

Bildung werden. Wir wollen die Bildungspolitik vom Kind her denken und nicht von den Institutionen her.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Darum muss man in der Spitze anfangen, meine Damen und Herren, damit man am Ende den Elementarbereich vernünftig aufbauen kann mit Erziehungsund Bildungsaufgaben, und eine Rahmenplanung, eine Bildungsplanung, die sich von den Kindergärten durchzieht in die Grundschulen und die eine Verbesserung schafft, ist ein zentrales Vorhaben zur Stärkung von Sprachförderung, Inklusion und Armutsprävention. Elternarbeit wird dabei eine wichtige Rolle spielen.

Ich will es hier ausdrücklich sagen, das wird ein Reformprozess, der nicht von heute auf morgen zu schaffen ist. Wir stehen dafür, bei diesem Reformprozess die Beteiligten mitzunehmen, wir setzen auf Dialog und Zusammenarbeit. Ich will es ausdrücklich auch in dieses Haus hinein sagen: Wir brauchen auch die Unterstützung des Parlaments bei dieser Mammutaufgabe, und ich hoffe auf Ihre Unterstützung!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Insbesondere bei der Kindertagesbetreuung wollen wir weiterhin besser werden. Wir wollen den Rechtsanspruch auf 30 Stunden pro Woche für alle Kinder ab dem ersten Geburtstag ausweiten, wir wollen beim Ausbau der Kindertagesbetreuung ein Augenmerk legen auf die Stadtteile, die es insbesondere brauchen und die große Herausforderungen haben. Wir werden auch das nicht ganz allein schaffen, und deshalb bin ich sehr glücklich – und ich habe vernommen, dass alle Teile des Hauses sich darüber freuen –, wie gestern in Deutschland geurteilt wurde: Das Betreuungsgeld, meine Damen und Herren, ist vom Tisch!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Kinder und Eltern brauchen Angebote – das ist jedenfalls die Auffassung des Senats und der rot-grünen Koalition –, damit die Kinder früh in soziale Zusammenhänge kommen und die Eltern die Möglichkeit haben, für den Erwerb des Lebensunterhalts tätig werden zu können.

Bremen wird nicht zu den Ländern gehören, die jetzt darüber reden, so etwas auf Landesebene zu machen. Ich setze sehr darauf und finde, wir brauchen das Geld, alle Fraktionen, auch die Opposition, haben dies geäußert, das hat mich sehr gefreut. Der Bund wird uns das nicht vorbehaltlos geben, aber ich finde, solche Überlegungen, wie sie die Bundesfamilienministerin angestellt hat, indem man sagt, wir müssen die Qualität verbessern und das Geld gezielt dafür geben, gehen in die richtige Richtung, und vielleicht muss man damit auch innovative Projekte in Gang brin

gen und zum Beispiel eine 24-Stunden-Kita anbieten für Erwerbstätige in den Randzeiten des Tages. Ich bin in der Erwartung, dass die Bundesregierung uns da gute Vorschläge macht, von denen auch wir in Bremen und Bremerhaven profitieren werden, meine Damen und Herren!

Wir sehen diese Aufgaben nicht als Aufgaben einzelner Senatsmitglieder, das ist eine Gesamtverantwortung des Senats. Was die Zusammenfügung der Bereiche Kinder und Bildung betrifft, haben wir eine Senatskommission gebildet, die in der ersten Sitzung des Senats eingerichtet wurde und gestern ihre Arbeit aufgenommen hat. Dieser Senat bearbeitet die wichtigen Fragen zügig und zielstrebig, und das wird auch so weitergehen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Im Bereich Bildung sehen wir natürlich auch, dass wir zur Absicherung der Unterrichtsqualität, aber auch zur Absicherung des Unterrichts selbst Verstärkungen vornehmen müssen. Deshalb haben wir beschlossen, 200 Vollzeitkräfte in den Unterricht zu bringen, und wir werden dies umsetzen.

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Lehrer?)

Wie das im Einzelnen strukturiert ist, werden Sie – das kann ich Ihnen schon verraten, da ich ja die Senatsvorlagen kenne – nachher auch in der Fragestunde erfahren. Ich sage Ihnen, für Bremen und Bremerhaven wird es eine Verstärkung geben.

Wir wollen den Unterrichtsausfall deutlich reduzieren, wir wollen eine erhöhte Vertretungsreserve, und wir wollen auch krankheits- oder schwangerschaftsbedingten Unterrichtsausfall abwenden. Das ist das Ziel, und wir werden vor allem den organisationsbedingten Unterrichtsausfall reduzieren. Es ist nicht nur eine Frage von Krankheitsfällen und Ähnlichem, sondern man kann auch das Angebot, die Organisation, die Umsetzung stärken. Darum setzen wir auf Eigenständigkeit und Verantwortung der Schulen und werden mehr Budgetverantwortung und mehr Autonomie beim Personaleinsatz schaffen. So werden wir dazu beitragen, Unterrichtsausfall zu reduzieren und Qualität zu steigern, was wir dringend müssen, denn wir haben die Aufgaben der Inklusion. Bremen ist dort weit vorn, und das ist auch gut so, das wollen wir uns nicht kaputtreden lassen, meine Damen und Herren!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Der weitere Ausbau von Ganztagsschulen wird nach unseren Möglichkeiten erfolgen, und – auch das will ich sagen, weil es ja ein Anliegen des gesamten Hauses ist und ich mich wirklich freuen würde, wenn wir da das gesamte Haus diesmal bei der Fortschreibung des Bildungskonsenses hinter uns bekämen – wir wer

den schnell die Gespräche suchen, denn es muss Sicherheit in den Strukturen herrschen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir setzen auf Ausbildung und Bildung, denn dies ist für die Persönlichkeitsentwicklung der Menschen von elementarer Bedeutung. Heutzutage, in einer immer komplexeren Welt, ist Bildung der Schlüssel zu allem, Bildung ist auch der Schlüssel dazu, dass in entwickelten Industrie- und Dienstleistungsländern wie Deutschland die Wirtschaft eine Zukunft hat und der Wirtschaftsstandort stark ist. Bremen ist der fünftgrößte Industriestandort in Deutschland, es ist aufgestiegen. Wir haben starke Industrien, wir sind ein Raumfahrtstandort. Ich zitiere einmal den früheren Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung, Peter Hintze, er hat Bremen das „Silicon Valley der europäischen Raumfahrt“ genannt. Ich finde, darauf können wir stolz sein!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben wichtige Industriebereiche und ein Automobilwerk, das ein Schlüssel ist, ein Koordinator für die weltweite Arbeitsteilung, die heute in der Branche üblich ist, ein starkes Stahlwerk, eine starke Lebensmittelwirtschaft.

Ausdrücklich möchte ich an dieser Stelle gewichten, dass wir ein starkes und wichtiges Handwerk haben, das nicht zu vergessen ist. Das Handwerk wollen wir stärken und haben das im Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten. Wir wollen die öffentliche Auftragsvergabe modernisieren, die Vergabeverfahren vereinfachen und die Wertgrenzen für Vergaben anheben. Wir wollen dafür sorgen, dass solche Auftragsvergaben natürlich weiterhin sozialen und ökologischen Anforderungen entsprechen, aber sie sollen vereinfacht werden. Das Handwerk muss gestärkt werden. Das Handwerk ist übrigens auch ein Partner, der Ausbildungsplätze anbietet. Darum setzen wir sehr auf diese Zusammenarbeit zwischen Senat und Wirtschaft.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir werden uns auch den sogenannten neuen Bereichen zuwenden, auch solchen Bereichen, bei denen man, wenn man auf sie setzt, nicht automatisch auf der sicheren Seite ist. Innovation hat immer etwas mit Risiko zu tun. Wir haben aber gute Erfahrungen gemacht beim Setzen auf neue Akzente, wie beispielsweise bei der Kreativwirtschaft. Wir werden diesen Weg weitergehen und weiter die Grundlagen schaffen, indem wir auf die Bereitstellung ausreichender und geeigneter Gewerbeflächen setzen, und das ist im Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten: Hansalinie, Industriepark, Bremer Wollkämmerei, Technologiepark, Airport-Stadt, Güterverkehrszen

trum, das sind die wichtigen Stichworte, die wir im Auge haben. Wir wollen diese Erfolgsgeschichte an einem Standort, der mit strengen Flächenrestriktionen zu tun hat, fortsetzen, auch über die Landesgrenzen hinaus schauen und Gebiete wie zum Beispiel AchimWest in Kooperation voranbringen, denn das Bremer Kreuz ist sowohl auf der bremischen als auch auf der niedersächsischen Seite ein starker Standort, den wir stärker in den Mittelpunkt stellen und weiterentwickeln wollen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wirtschaftskraft kann man in Bremen und Bremerhaven nicht ohne das Thema Häfen diskutieren; das ist unsere traditionelle Grundlage, die Universalhäfen, die nationale Bedeutung haben. Die seewärtige Erreichbarkeit ist von entscheidender Bedeutung. Wir wissen, wie schwer es ist, die Gerichtsentscheidungen zur Weservertiefung und auch gerade das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zeigen uns das. Ich will hier aber aus Sicht des Senats darstellen – und im Koalitionsvertrag haben wir das so vereinbart und festgehalten –, dass wir das notwendige Einvernehmen erklären werden, um sicherzustellen, dass die Vertiefung der Außenweser realisiert werden kann, und zwar natürlich unter Berücksichtigung der ökologischen Kriterien. Wir wollen die Kompensation durch entsprechende Ausgleichsmaßnahmen, wir wollen aber vor allem dafür sorgen, dass auch die Qualität der Weser weiter beachtet wird und werden diese Maßnahmen auch im Geleitzug mit Niedersachsen machen, da stehen wir im Wort, und dieses Wort müssen wir halten, meine Damen und Herren!

Die Hafenpolitik wird aber auch mehr und mehr ein Thema für die norddeutsche Kooperation. Der JadeWeserPort wird der Bereich sein, in dem wir heute mit Niedersachsen kooperieren und den wir gemeinsam mit Niedersachsen für die Zukunft auf den Weg bringen wollen. Wir alle wissen, wie schwer dieser Weg ist, aber dort muss man mit Augenmaß und vor allem Zielstrebigkeit weitergehen. Ich will ausdrücklich sagen, dass ich mit meinem niedersächsischen Kollegen Stephan Weil einer Meinung bin: Niedersachsen und Bremen haben immer betont, dass der JadeWeserPort offen für eine verstärkte Kooperation mit Hamburg ist. Dem schließe ich mich ausdrücklich an, meine Damen und Herren! Bei uns stehen, wie in Niedersachsen auch, die Türen offen, ich lade die Hamburger ein, einfach hindurchzugehen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)