Mit Erheiterung habe ich Ihre Ideen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gelesen, dort beschreiben Sie die Idee der Ausrichtung eines maritimen Kongresses und Präsenz bei europäischen Partnern. Ehrlich gesagt, da sind wir fernab der Realität, und mit Buddhafahrten nach Brüssel kommen wir hier in Bremen nicht weiter.
Wenn sich die Ideen für Unternehmen im Mikromillimeterbereich halten, sind Sie in Bezug auf den Arbeitsmarkt wirklich übereifrig, leider aus unserer Sicht nicht im positiven, sondern tatsächlich im negativen Sinn. Im Koalitionsvertrag einigen Sie sich eher auf die deutliche Beschränkung von Leiharbeit, Werkverträgen und natürlich auch Minijobs.
Dieser Schritt, meine Damen und Herren, ist eine massive Einschränkung der flexiblen Beschäftigung, und das ist wirklich fatal. Für Unternehmen bedeuten nämlich gerade diese Instrumente, auf Auftragsspitzen und vor allem Krankheitsfälle schnell reagieren und diese abfangen zu können. Als bei uns diverse Mitarbeiter im Lkw-Bereich ausgefallen sind, haben wir einen Fahrer eingestellt und ihn nach kurzer Zeit aus der Leiharbeit in ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis übernommen. So kann es auch gehen! Das ist die große Chance für die Menschen, und diese sollten wir ihnen auch geben dürfen.
Wenn wir uns die andere Seite ansehen, bedeutet diese Chance für die Mitarbeiter – in dem Fall sind es eher Schüler, Studenten, Rentner und junge Familien – einen Hinzuverdienst, und ich sage Ihnen, keiner von ihnen würde sich ausgebeutet fühlen, aber jeder vermisst am Ende die 450 Euro in seinem Portemonnaie.
Die Unternehmen wollen Arbeitsplätze schaffen und übrigens auch gemeinsam für den Standort Bremen erfolgreich sein und diesen erfolgreich machen, und dann sollten wir sie dabei unterstützen, anstatt ihnen ständig nur Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
Zum Thema Bürokratieabbau findet sich interessanterweise auf 139 Seiten Lektüre gar nichts, stattdessen gibt es unzählige Ansätze zur Regulierung, zum Beispiel des Bindens von Azubi-Anteilen, es gibt Eingriffe in die Tarifautonomie, bis hin zur Auswahl der Fachkräfte und dem, was man mit älteren Arbeitnehmern zu machen hat. Der Staat versucht in diesem Werk wirklich, die Wirtschaft zu bevormunden.
Wissen Sie, was das Ende vom Lied sein wird? Dass die Unternehmer nur noch das Risiko tragen, aber in ihrem eigenen Unternehmen nichts mehr zu sagen haben!
Positiv ist in diesem Kapitel tatsächlich die Ausrichtung auf die Existenzgründungen, denn dazu finden sich sehr gute Ansätze und Ideen wieder. Diese müssen jetzt schnell umgesetzt werden, damit wir auch hier in Bremen Zuwächse im Bereich der Wirtschaft und der Unternehmensgründungen haben. Gerade bei Unternehmensgründern ist der Bürokratieabbau extrem wichtig, an diesen Hürden scheitern noch zu viele. Deshalb haben wir dazu die Idee, zum Beispiel eine dreijährige Karenzzeit zu etablieren für Formalitäten, zum Beispiel für die Steuervoranmeldung, Meldungen beim Bundesanzeiger oder bei den Statistischen Landesämtern.
Hilfreich wäre dort übrigens auch eine Kooperation mit Unternehmensverbänden, wie zum Beispiel „Die Familienunternehmer“, oder auch das i2b-Netzwerk, um dort ehrenamtliches Engagement, aber vor allem auch um qualifiziertes Mentoring zu ermöglichen, damit Existenzgründungen auch erfolgreich verlaufen und nicht schnell wieder rückläufig sind.
Zum Schluss möchte ich es mir doch nicht nehmen lassen, noch etwas zum Thema Finanzen zu sagen! Es erinnert etwas an eine Realsatire, dass sich das Kapitel „Finanzen“ quasi im Anhang der Koalitionsvereinbarung befindet, vor allem, wenn man sich anschaut, wie besonders dramatisch die Lage hier im Land Bremen ist. Es befinden sich auf mehreren Seiten Absichten für Strategieentwicklungen, wie sich die Lage verbessern könnte, dann gibt es noch eine CircaBeschreibung der Mehrausgaben, übrigens nicht einmal nach einer ökonomischen Betrachtung, denn Sie gehen nur vom Best-Case-Szenario aus, und das ist absolut fatal.
Eigentlich gleicht unser Haushalt hier einem absoluten Messiehaushalt: immer neue Arbeitsweisen, es gibt Strategieentwicklungen, Programme ohne Stukturen, und die Kernaufgaben des Staates, nämlich Bildung, Sicherheit und Wirtschaft, werden dabei absolut aus dem Blick verloren.
Anstatt hier jetzt endlich einmal konsequent Aufgaben- und Ausgabenkritik zu üben, ist nahezu die einzige Idee – einige gibt es ja doch! – für die Konsolidierung des Haushalts ein riesiger Berg an Steuererhöhungen: Heuschreckensteuer, Zweitwohnsitzsteuer, Grundsteuer, Hundesteuer, Parkgebühren, Citytax, und jetzt ist sogar der Weg freigemacht worden für die Einführung von Wettbürosteuern, Waffenbesitzsteuern und die Möglichkeit zu einer Erhöhung der Grunderwerbssteuer.
Meine Damen und Herren, Sie stellen sich immer als einzig soziale Kraft dar. Laut Ihrer Aussage wollen Sie etwas für die kleinen Leute tun, was Sie hingegen machen, ist aber alles andere als sozial: Sie belasten den normalen Bürger über Gebühr, nur um bei sich selbst den Gürtel nicht enger schnallen zu müssen.
Die Grundsteuer wird zum Beispiel auf die Mieter umgelegt, und die Hundesteuer betrifft so viele Menschen, für die der Hund aber doch ein Mitglied der Familie ist. Wie weit soll es denn noch gehen? Wollen Sie auch noch die Luft besteuern?
Ich glaube, es ist Zeit, dass sich der Staat auf die Kernaufgaben konzentriert und endlich eine schlanke und effiziente Verwaltung bekommt. Acht Jahre lang hatten Sie Zeit, sich über Strategien zu unterhalten, aber in den nächsten vier Jahren müssen Sie jetzt endlich einmal liefern!
Ich kann nur dringend an Sie appellieren, die Gelder aus der Aufhebung des Betreuungsgelds direkt in die Kindergärten fließen zu lassen – vor allem in die personelle Ausstattung, aber eben auch, um den richtigen Rahmen für eine hervorragende Entwicklung zu setzen und die Betreuungszeiten zu verlängern –, denn auf einer Vollzeitstelle arbeitet man nun einmal von 8 bis 17 Uhr, und es ist unsere Pflicht und Verantwortung, den Müttern die Möglichkeit zu geben, in Vollzeit zu arbeiten, wenn sie es denn wollen.
Wir leben in einer veränderten Welt und dürfen stolz sein auf das, was die Menschen in Bremen leisten und geleistet haben,
aber es gibt noch sehr viel zu tun, damit wir unser Potenzial und unsere Zukunftschancen hier endlich ausnutzen. Wir brauchen neue, frische und vor allem mutige politische Ideen, und wir brauchen eine Bereitschaft zur Leistung und den Willen zur Veränderung, dann werden wir vielleicht auch das Ziel „Bremen 2030 – Land mit Zukunft“ endlich erreichen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man der Debatte gefolgt ist, dann ist hier ja ein Bild von dieser Stadt und dieser Koalitionsvereinbarung gemalt worden, das jemandem als kulturpolitisch Interessierten ein bisschen daran erinnert, dass Hieronymus Bosch und Bruegel solche Dinge gemalt haben: Überall drohen Ungemach und kleine rot-grüne Dämonen oder Teufelchen aus schierer Gemeinheit oder Unfähigkeit, drangsalieren den Bürger und bekommen nichts hin –
aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, es steht vieles nicht im Koalitionsvertrag, vieles kann man diskutieren, manches finden Sie schwieriger, anderes finden Sie besser. Ich möchte aber einmal auf ein paar Probleme hinweisen, die in dieser Stadt real sind und hier gelöst werden müssen, und dabei ist es im Übrigen völlig egal, welche politische Konstellation wir gerade haben.
Wir haben die Seestadt Bremerhaven, sie ist strukturell pleite, egal wie man es rechnet und ob man zu einem strukturellen Defizit von 18 Millionen Euro oder von 30 Millionen Euro kommt. Wenn ich mir diese Stadt anschaue, stelle ich fest, dass das Land etwas tun muss, und zwar aus zwei Gründen, denn wir sind nur deshalb ein Zwei-Städte-Staat und ein Bundesland, weil es Bremerhaven gibt, und Bremerhaven soll weiterhin als Kommune existieren können. Das ist der innerbremische Teil.
Der außerbremische Teil ist aber, dass Bremerhaven, die Kommune Bremen und das Land Bremen bei der Betrachtung zur Schuldenbremse sowieso gemeinsam gerechnet werden. Das heißt, wir, die Abgeordneten des Landtags, müssen uns überlegen, wie wir mit Bremerhaven umgehen und dauerhaft sicherstel
Dazu hat diese Koalition – das ist, meine ich, tatsächlich einmalig in der Geschichte unseres Zwei-StädteStaates – ein Angebot gemacht und gesagt, wir bieten der Stadt Bremerhaven mit ihren strukturellen Defiziten strukturelle Hilfe an. Dabei geht es ja nicht um die Landespolizei oder um irgendwelche Landeslehrer, sondern wir haben gesagt: Wir bieten euch an, dass wir alle Pensionäre zu Landespensionären, alle Lehrer zu Landeslehrern und alle Beschäftigten, die im öffentlichen Dienst im Schulbereich tätig sind, zu Bediensteten des Landes machen. Das wäre eine echte strukturelle Hilfe für Bremerhaven,
sie hätte aber noch den weiteren Effekt, dass die vorhandenen Doppelstrukturen endlich abgebaut werden könnten.
Wir als Land müssen gewährleisten können, dass Bremerhaven lebensfähig bleibt. Gleichzeitig müssen wir es schaffen, dass bei der Gewährung struktureller Hilfen Synergieeffekte eintreten, weil wir keinen Speicher haben, auf den wir zurückgreifen können, sodass wir sagen könnten, die Doppelstrukturen leisten wir uns auch noch, sondern es geht darum, die Selbstständigkeit in Bremerhaven zu erhalten.
Dafür hat dieser Koalitionsvertrag eine entsprechende Lösung aufgezeigt, egal was andere Menschen dazu sagen müssen. Er macht ein Angebot, und alle, die in Bremerhaven Verantwortung tragen, müssen sich sehr genau überlegen, wie sie damit umgehen. Meiner Meinung nach gibt es nicht viele Alternativen zum Abbau von Doppelstrukturen zwischen Bremen und Bremerhaven gegen gleichzeitige Sicherung.
Ich will ein zweites Bild zeichnen, das wir lösen müssen und werden und wozu wir uns verpflichtet haben: Anfang der Neunzigerjahre hat man in Bremen gedacht, man sei unglaublich innovativ, und man hat Straßenbahnen gekauft, für die es keinen Testlauf gegeben hat. Es wurden Testfahrten mit dreigliedrigen Straßenbahnzügen durchgeführt. Dann hat man gesagt, das ist eine prima Idee, sie sehen gut aus, sind behindertengerecht und sparsam, aber wir hätten gern noch ein viertes Abteil am Ende. Man hat sie nie testgefahren, aber man hat sie bestellt. Jetzt, nach 20 Jahren, stellt man fest: Diese Straßenbahnen sind kaputt – und es geht hier auch nicht in irgendeiner Weise um Luxus – und können in wenigen Jahren nicht mehr fahren.
Darauf kann dieses Gemeinwesen zwei Antworten geben. Die eine Antwort ist: Wir kaufen keine neuen Straßenbahnen, und dann gibt es weniger Straßen
bahnen, niedrigere Taktfrequenzen und weniger Straßenbahnverbindungen, und Strecken werden eingestellt. Diese Antwort hätte man geben können. Wir als Rot-Grün haben uns anders entschieden – und ich glaube, dass sich auch die anderen ernst zu nehmenden Fraktionen in diesem Haus anders entschieden hätten –, wir haben nämlich gesagt, wenn diese Straßenbahnen kaputt und nicht mehr in der Lage sind, Menschen zu transportieren, dann müssen sie ersetzt werden.