Wenn man europäische Antworten finden will, dann ist es auch ganz klar, dass man das ganze DublinAbkommen endlich auf den Prüfstand stellen muss.
Konkret in Europa und auch in Deutschland erleben wir gerade einen sehr schwierigen Spagat. Es ist wahr, wir haben gerade in den letzten Wochen eine Welle
der Hilfsbereitschaft erlebt. Ich muss sagen: Neben dem Dank, den der Bürgermeister hier schon ausgesprochen hat und den ich selbstverständlich wiederhole, waren es auch wohltuende Bilder, nachdem in den Sommermonaten eher die Bilder von Randalen vor Flüchtlingsheimen, von angezündeten Flüchtlingsheimen, von Wutbürgern und von Demonstrationen Rechter durch die Medien geisterten. Es war sehr wohltuend zu merken, dass unsere Gesellschaft nicht mehr so funktioniert. Es fällt nicht mehr auf einen solchen Boden wie in den Neunzigerjahren. Wir reagieren im Großen und Ganzen anders.
Trotzdem erleben wir gerade einen Spagat in Deutschland. Der großen Welle der Hilfsbereitschaft steht eine Unfähigkeit der Politik gegenüber, mit der Situation zurechtzukommen. In den letzten Wochen haben wir verstärkt Rufe nach schärferen Gesetzen gehört. Das Schengen-Abkommen hat einer ersten realen Bestandsprobe schon nicht mehr standgehalten. Die EU-Staaten können sich nicht auf Quoten und erst recht nicht auf die einzige sinnvolle Antwort in dieser Situation einigen, nämlich legale Einwanderung nach Europa zu ermöglichen.
Im Moment gibt es keine europäische Diskussion darüber, dass das Dublin-Abkommen, das legale Grenzübertritte in die innereuropäischen Länder verhindert und den Mittelmeerstaaten die Verantwortung aufzwingt, abgeschafft wird. Es gibt lediglich eine Diskussion über Quoten, aber auch da ist keine vernünftige Lösung in Sicht. Innerhalb Europas gibt es auch keine Diskussion über legale Einwanderung, die vielleicht viele Probleme lösen würde, auch das Problem der Arbeitsmigration und der Armutsmigration innerhalb Europas. Es wird im Moment auf europäischer Ebene noch nicht einmal in Erwägung gezogen, dass es Menschen gibt, die aufgrund ihrer verzweifelten Lebenssituation vielleicht nur auf Zeit nach Europa wollen, um sich eine existenzielle Grundlage zu erarbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Rufe nach neuen und schärferen Gesetzen werden keinen Menschen von der Flucht abhalten. Wer aus Krieg und Elend flieht, wer in Syrien lebt und die Wahl hat, von Fassbomben oder von der IS getötet zu werden, den interessiert ehrlich gesagt überhaupt keine Diskussion, ob das AsylbLG Auszahlungen in Taschengeld oder in Sachleistungen vorsieht. Das interessiert sie nicht. Man wird sie nicht davon abhalten können.
Das ist eine Diskussion, die den Menschen hier Sand in die Augen streut. Die Menschen, die derzeit nach Europa fliehen, wollen nichts anderes als ihr Leben retten. Sie wissen sogar aus den letzten 15 bis 20 Jahren, dass viele, die das vor ihnen versucht haben, im
Mittelmeer ertrunken sind. Sie wissen sogar, dass sie Elend und Gewalt und vielleicht sogar den sicheren Tod in Kauf nehmen, um nach Europa zu kommen. Sie lassen sich nicht von Rufen nach verschärften Asylgesetzen oder von Rufen nach einer verschärften Diskussion, wie man hier mit ihnen umgeht, abhalten. Wer das glaubt und versucht, das der Bevölkerung zu suggerieren, der streut den Leuten Sand in die Augen.
Nur ein Nebensatz: Es gibt derzeit Verhandlungen über finanzielle Hilfen für die Kommunen, ich habe das heute Morgen auch gesagt, darauf gehe ich gleich noch ein, sie sind natürlich wieder mit einem vergifteten Angebot wie der sicheren Herkunftsregelung und einer Gesetzesverschärfung verbunden.
Ich bin sehr froh, dass die Grünen in Bremen gesagt haben, sie tragen diesen Weg nicht mit, weil er unsinnig ist, nichts bringt und nur zu einem führt: Gesetzesverschärfungen verschärfen nur die Bedingungen nach innen, das ist auch ganz klar. Sie sorgen hier vielleicht für eine Obdachlosigkeit von abgelehnten Asylbewerbern. Sie sorgen hier für verschärfte Lebensbedingungen. Sie verhindern hier eine Integration. Genau das ist der Punkt, den wir eigentlich nicht mehr wollen, Herr Röwekamp, weil wir dann wieder bei den Fehlern der Neunzigerjahre sind. Diese sollten wir nicht machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Kollege Röwekamp, ich habe Ihr gestern veröffentlichtes Papier mit Interesse gelesen. Ich habe auch gesehen, dass Sie eine Menge Vorschläge machen, die in der Vergangenheit gerade von der CDU immer abgelehnt worden sind. Ich bin sehr froh darüber, dass Sie das jetzt anders sehen. Insbesondere Ihre Einlassungen zur Gesundheitsversorgung et cetera und auch zur Frage der Bus- und Straßenbahntickets müssen wir diskutieren. Diese finde ich total sinnvoll. Es gibt aber ein paar Sachen, die genau vor dem Hintergrund dessen, was ich eben gesagt habe, eigentlich nicht unwidersprochen bleiben.
Es gibt ein individuelles Recht auf Asyl, das hat der Kollege Möhle schon gesagt. Es gibt auch individuelle Abschiebungshindernisse, die nicht nur durch die Situation im Herkunftsland, sondern vielleicht auch durch die persönliche Situation bedingt sein können, zum Beispiel wegen dort nicht behandelbarer Krankheiten.
Natürlich muss man die Asylverfahren verkürzen. Auch diese Menschen haben aber ein Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren, weil das Recht auf Asyl nun einmal ein individuelles Recht ist. Auch diese Menschen haben ein Recht darauf, ein gerichtliches
Es ist genau die Wiederholung der Fehler der Neunzigerjahre, diese Menschen dann vorab von der Integration fernzuhalten, indem man sagt, sie müssen länger in Übergangswohnheimen bleiben, und KitaVersorgung, Spracherwerb und so etwas gibt es dann nicht. Diese Wiederholung brauchen wir hier nicht, lieber Herr Kollege Röwekamp.
Nahezu alles, was in den letzten Wochen im bundesweiten politischen Raum diskutiert wird, bringt uns in der Frage vor Ort tatsächlich nicht mehr weiter. Wir müssen uns einfach klarmachen, dass die Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten dauerhaft kommen, weiterhin kommen und hierbleiben werden. Auch das hat einer meiner Vorredner schon angesprochen.
Die Menschen, die hier ganz sicher Asyl bekommen, weil sie zum Beispiel aus Syrien kommen, werden hier bleiben. Das ist eine große Anzahl junger Männer. Sie werden ihre Familien nachholen können und es auch tun. Das heißt, wir sind in einer Situation, in der wir ganz klar sagen müssen: Die Ursachen von Flucht und Vertreibung wird angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft niemand so schnell ändern können, also müssen wir uns den Folgen stellen. Wir müssen uns so den Folgen stellen, dass es von Anfang an ein guter Weg wird, die Integration gelingt und es eine vernünftige und demokratische Teilhabe für diese Menschen gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns dieser Tatsache stellen, wird klar, dass wir tatsächlich auch hier in Bremen andere Diskussionen führen und andere Hebel ansetzen müssen. Wir brauchen aber auch eine Diskussion, die derzeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen erfolgt. In vielerlei Hinsicht ist die Situation heute interessanterweise eine andere als Ende der Achtziger- oder Anfang der Neunzigerjahre. Das ist im Grunde schon ein bisschen schizophren. Anfang der Neunzigerjahre war die öffentliche Infrastruktur weitgehend in Ordnung und die öffentliche Stimmung total mies. Jetzt ist die öffentliche Infrastruktur weitgehend nicht mehr in Ordnung, aber die öffentliche Stimmung ist alles andere als mies, sondern sehr, sehr zusprechend und aufgeschlossen.
Führen wir uns das und diese Hilfsbereitschaft vor Augen, die wir in Bremen im Grunde nicht erst in den letzten Wochen erleben! Viele Menschen, engagieren sich in der Nachbarschaft von Übergangswohnheimen und kümmern sich auch um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Wenn man das weiß, muss man die Frage diskutieren, wie es in Bremen weitergehen soll, wie die Länder und wie der Bund angesichts der positiven Stimmung reagieren sollen, die im Grunde jetzt auch die Wirtschaft hat.
Wir sind ein Einwanderungsland. Wir brauchen Einwanderung. Wie müssen wir diese Situation künftig lösen? Wir müssen Flucht, Vertreibung und die Tatsache von Migration endlich nicht mehr als Belastung empfinden, sondern als einen Schritt, den wir als in die Zukunft gerichtet denken müssen. Genau an dieser Stelle komme ich jetzt mit meiner grundlegenden Kritik. Wir haben nämlich ein Problem, das das verhindert. Das ist das Problem der unterfinanzierten öffentlichen Haushalte.
Der Senat musste die Prognosen aktuell nach oben korrigieren. Bis zum Ende des Jahres werden vermutlich 10 000 geflüchtete Menschen in Bremen leben, davon 2 000 unbegleitete Minderjährige, die allein in diesem Jahr neu hinzukommen. Das wäre selbst dann eine Herausforderung, wenn Bremen nicht gerade unter restriktiven Haushaltsbedingungen leiden würde.
Das verstärkt natürlich die Situation um Probleme, die wir in unserem Bundesland auch ohne die hohe Anzahl von Flüchtlingen haben. Wir haben zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Es ist schön, dass es jetzt hier angekommen ist, dass wir einen kommunalen Wohnungsbau brauchen. Ehrlich gesagt ist die Zeit aber schon ein bisschen vergangen. Wir haben seit vier Jahren darüber geredet. Man hätte schon längst loslegen müssen, man ist hier auf Sicht gefahren. Jetzt müssen wir die Situation tatsächlich verändern, und zwar unter einem enormen Zeitdruck, wie der Kollege Möhle es gesagt hat.
Wir haben auch vorher schon eine unterausgestattete Schullandschaft gehabt. Das hat die Ausbildungssituation verschärft. Wir haben einen unzureichend ausgestattetes Jugendhilfesystem geschaffen, um nur einmal diese drei Baustellen zu nennen. Was die öffentliche Infrastruktur angeht, brauchen wir also insgesamt dringend Abhilfe, und zwar nicht nur aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen. Wir brauchen dringend Abhilfe, wir brauchen dringend mehr Geld in den öffentlichen Kassen.
Zurzeit fokussiert sich die Diskussion mit dem Bund eher auf die Notunterbringung, auf die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen, das hat auch Herr Sieling eben gesagt. Damit ist natürlich auch die Forderung verbunden, dass der Bund für diese Kosten mit aufkommt und die Kommunen nicht alleinlassen darf. So berechtigt diese Forderung auch ist, sie vernebelt ein bisschen den Sachverhalt, dass wir mittelfristig auch verstärkte Investitionen in andere öffentliche Infrastruktur brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die liegt nach wie vor in der Verantwortung von Ländern und Kommunen.
In dem dritten und jetzt vorliegenden Sofortprogramm des Senats wird das auch zum Teil deutlich, nämlich dann, wenn für das Jahr 2016 weitere 73 Stellen für das Bildungsressort zur Sicherstellung der Sprach
kurse veranschlagt werden. Wenn wir uns erinnern, hat die Koalition aus der verkorksten Situation hinsichtlich der Unterrichtsversorgung insgesamt Konsequenzen gezogen und gesagt, wir brauchen aber auch für diesen Bereich 200 zusätzliche Lehrer und Lehrerinnen. Im Grunde genommen brauchen wir im Sinne einer aufholenden Entwicklung in einigen Stadtteilen sogar mehr. Da stellt sich also die Frage, wie das alles finanziert werden soll.
Der Senat beziffert die Haushaltsrisiken für 2015 mit insgesamt 250 Millionen Euro. Davon sind 126 Millionen Euro zusätzliche Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Das bedeutet aber nichts anderes als dass Bremen auch ohne die Flüchtlinge ein Problem hat und wir an die Grenzen stoßen, und zwar auch an die Grenzen der Sanierungsvereinbarung, die Bremen abgeschlossen hat.
Wenn man das insgesamt betrachtet, dann muss man, denke ich, nicht nur darum streiten, dass der Bund die Kosten für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen stärker übernimmt, sondern natürlich auch die Diskussion führen, wie öffentliche Infrastruktur aussehen soll. Dazu muss man auch die Annahmen ganz grundsätzlich infrage stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir haben diesen Kreislauf hier öfter diskutiert. Wir als Linke haben ihn immer kritisiert und gesagt: Wenn man eine schlechte öffentliche Infrastruktur hat, dann führt das im Endeffekt natürlich auch dazu, dass die Sozialleistungen steigen, weil wir die Menschen nicht in Ausbildung und nicht in Arbeit bringen. Wir haben diesen Teufelskreis hier oft genug kritisiert. Nun stoßen wir in dieser Frage tatsächlich an das Ende des Machbaren. Wenn man sich die Haushaltsrisiken ansieht, dann kann man festhalten: 2015 würde es Bremen ohne die zusätzlichen Flüchtlinge, die wir in den letzten Monaten bekommen haben, vielleicht gerade noch schaffen, aber 2016 ist unter den 2009 vereinbarten Bedingungen tatsächlich so ziemlich Feierabend.
Als Fraktion DIE LINKE fragen wir uns natürlich, woher das Geld für den dringend benötigten sozialen Wohnungsbau kommen soll, wenn man diese Bedingungen nicht grundsätzlich infrage stellt. Der Bund hat jetzt in Aussicht gestellt, dass es vielleicht ein Programm für sozialen Wohnungsbau geben wird, sozusagen eine Art Konjunkturpaket, aber auch ohne diese Soforthilfemaßnahmen wissen wir, dass das Statistische Landesamt sagt – die Diskussion hatten wir gestern –: Auch ohne Flüchtlinge haben wir in den nächsten Jahren 20 000 Neubremerinnen und Neubremer zu erwarten. Auch sie müssen unterkommen. Nicht alle dieser Neubremerinnen und Neubremer sind niedersächsische Migrantinnen und Migranten, die sich in der Privatwirtschaft entstandene Wohnungen leisten können.
Nun kommen in diesem Jahr noch mehr Flüchtlinge, als wir uns das vor drei Jahren vorgestellt haben. Es wird etwas dauern – darüber muss man sich keine Illusionen machen –, bis sie die deutschen Sprachkenntnisse haben, bis sie deutsche Schulabschlüsse haben, bis sie in Ausbildung sind. Es wird auch etwas dauern, bis die im Ausland erworbenen Berufsabschlüsse anerkannt werden. Das heißt, es wird auch etwas dauern, bis diese Menschen hier einen Arbeitsplatz haben, auf dem sie ein Einkommen erzielen, mit dem sie sich das Bremer Mietniveau leisten können.
Es ist gut und richtig, dass die GEWOBA seit zwei Jahren versucht, Wohnungen für Flüchtlinge bereitzustellen, und eine Quote eingeführt hat, aber das verstärkt den Druck auf diejenigen in Bremen, die sowieso schon auf günstigen Wohnraum angewiesen sind. Daher ist es gut und richtig, dass in den vergangenen zwei Wochen ein Richtungswechsel erkennbar ist und hier das Bekenntnis dazu gefallen ist, dass Bremen kommunalen und sozialen Wohnungsbau wieder selbst in Gang setzen muss.
Wir finden es daher richtig und wichtig, mit dem Bund morgen bei der Ministerpräsidentenkonferenz, aber auch insgesamt nicht nur über die Kosten der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu reden. Ich finde, wir in Bremen müssen uns an dieser Stelle insgesamt die Frage stellen, ob das System mit der Sanierungsvereinbarung, der Schuldenbremse und den nicht vorhandenen öffentlichen Einnahmen die Probleme inzwischen nicht so verschärft hat, dass es eigentlich sowieso schon nicht mehr haltbar wäre und in der jetzigen Situation mit den neuen Herausforderungen eigentlich ganz und gar nicht mehr haltbar ist.
An dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, läuft auch die Argumentation der Verfechter der Schuldenbremse etwas ins Leere. Das müssen wir tatsächlich in die öffentlichen Diskussionen einbringen. Wenn nicht Bremen, wer sonst? Die Verfechter der Schuldenbremse haben immer gesagt: Wir haben einen demografischen Wandel und rückläufige Einwohnerzahlen, also brauchen die Kommunen gar nicht mehr so viel Geld, das war eine der Begründungen. Jetzt erleben wir aber einen Bevölkerungszuwachs, und zwar auf Dauer. Das heißt, diese Annahmen sind nicht mehr haltbar. Deswegen finde ich es nicht richtig, nur zu sagen, man muss mit dem Bund verhandeln, damit wir ad hoc Hilfe bekommen, sondern wir müssen natürlich über die Voraussetzungen insgesamt verhandeln. Die Klugen unter uns wissen auch, dass wir diese
Einwanderung brauchen. Sie kommt aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Für die Zukunft bringt sie uns eher Lösungen als Probleme und ist für uns positiv.
Spätestens an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir wissen, dass wir keinen Bevölkerungsrückgang mehr haben, sondern auf Dauer einen Bevölkerungszuwachs, muss die Diskussion über die Finanzierung der öffentlichen Haushalte und die Verteilung der öffentlichen Mittel bei Bund, Ländern und Kommunen meines Erachtens eine ganz andere Dynamik bekommen, als es in den vergangenen Monaten der Fall gewesen ist.
Ich möchte an dieser Stelle auf eines hinweisen, vor allem an die CDU gerichtet: Selbst wenn die Kommunen jetzt bei Herrn Schäuble etwas herausschlagen, wird die Frage der öffentlichen Einnahmen unter diesen Voraussetzungen langfristig auch den Bund betreffen. So schlägt die SPD beispielsweise gerade vor, ein kommunales Wohnungsbauprogramm, sozusagen ein Konjunkturpaket, in Gang zu setzen. Besser spät als nie! Wir brauchen es. Ich denke, auch der Bund wird sich dann von ein paar Annahmen verabschieden müssen, denn egal, was man bislang aus ökonomischen oder sozialen Gründen von der Diskussion um das Dogma der schwarze Null gehalten haben mag: Ohne die Einnahmeseite zu betrachten, wird sich diese Diskussion meines Erachtens zukünftig nicht mehr halten.
Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich: Ja, die ganze Situation kostet den Bund, die Länder und die Kommunen im Moment ein bisschen Geld, aber das ist sinnvoll investiertes Geld. Wir müssen es von vornherein richtig machen. Im Übrigen gibt es für die SPD jetzt vor der Bundestagswahl überhaupt keinen Grund, sich vom Thema Steuererhöhung und Vermögenssteuer zu verabschieden, ganz im Gegenteil! Wir müssen diese Situation anders bewerten.
Es wurde eben zweimal gesagt: Wir haben eine Situation wie vor 25 Jahren nach der Wiedervereinigung. In diesem Zusammenhang wird auch öfter gesagt: Wir haben eine Situation wie nach 1945. Das halte ich, ehrlich gesagt, für ein bisschen übertrieben, aber in einigen Fragen, wie man öffentliche Infrastruktur aufbaut, ist es natürlich berechtigt. Wenn man sich diese beiden Situationen anschaut, dann sieht man, dass damals Lösungen gefunden wurden. In den Fünfzigerjahren wurde eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur, und in den Neunzigerjahren wurde der Solidaritätszuschlag eingeführt. Ich finde, diese Diskussion müssen wir auch jetzt führen, denn ansonsten stoßen wir an Grenzen, und zwar nicht nur im Bundesland Bremen, sondern in allen Bundesländern und Kommunen.